Reaktionäres Ballvergnügen: Studentische Verbindungen (Corps, Burschenschaften und Co.) veranstalten 2. Auflage eines „Akademikerballs“ am 26.10. im Dresdener Ballhaus Watzke
Die Gesellschaft zur Förderung studentischer Kultur (GFSK) organisiert auch in diesem Jahr einen „Akademikerball“ und kommt damit ihrem Ziel näher, diesen zu einem „festen Bestandteil des kulturellen Lebens von Dresden“ zu machen. Am Hintergrund der Verantwortlichen und Gäste hat sich indes wenig geändert. Sie sind allesamt dem Milieu studentischer Verbindungen zuzuschreiben, unter ihnen auch einige mit völkischer Ausrichtung und personellen Überschneidungen zur Neuen Rechten wie auch zur organisierten Neonaziszene.
So gehört die Dresdner Burschenschaft Cheruscia neben dem Corps Teutonia
nach wie vor zu den einflussreichsten Verbindungen in der GFSK. Die
Burschenschaft stellte mit Sandro Hersel und Lars Rickelt zwei der
bisherigen Vorsitzenden und steht inhaltlich der sogenannten Neuen
Rechten nahe, mit der sie auch personell eng verbunden ist. Zum festen
Personal des Dresdner „Zentrums für Jugend, Identität und Kultur“ gehört
auch das Cheruscia-Mitglied Johannes Schüller. Die Burschenschaft bot
sowohl Henry Nitzsche, der Türken als „Parasiten“ bezeichnete, als auch
Reinhard Günzel, bekannt durch antisemitische Ausfälle im Zuge der
Hohmann-Affäre, ein politisches Podium. 1998 erregte die Cheruscia
außerdem mit einem Skandal überregionale Aufmerksamkeit, weil sie
zusammen mit Neonazis ein „Winterkolleg zu Erkenntnissen der
Militärgeschichte“ in Räumen der TU Dresden organisierte. Öffentliche
Distanzierungen erfolgten nicht und bei Veranstaltungen wird nach wie
vor revanchistische und nationalistische Literatur aus den beschriebenen
Spektren vertrieben. Darüber hinaus mobilisieren weitere
Burschenschaften, zum Teil auch aus der rechtsradikalen
Burschenschaftlichen Gemeinschaft, zum Dresdner „Akademikerball“.
Die GFSK selbst versuchte lange Zeit unter Verschweigung ihres
Verbindungshintergrunds Einfluss an der Universität und in der
organisierten Studierendenschaft zu gewinnen. Mittlerweile liegt der
Schwerpunkt ihrer Arbeit, nicht zuletzt aufgrund der Aufklärungsarbeit
des Studentenrats, im verbindungsinternen Milieu. Gerade weil viele
Verbindungen den Spagat zwischen Tradition und Moderne nicht überstehen,
orientieren sich auch die wichtigsten Dresdner Verbindungen am
Auftreten ihrer Bundesbrüder und –schwestern in Süddeutschland und vor
allem Österreich, wo der Einfluss rechtsradikaler und völkischer
Burschenschaften am größten ist. So sollte sich auch in Dresden an einer
Ballkultur, „wie sie in München, Wien oder Graz seit Jahren sehr würdig
und prunkvoll gepflegt wird“, ausgerichtet werden. Vor allem die Bälle
in Graz und Wien sind als Sammeltreffen der Europäischen Rechten
bekannt; der Wiener Ball wird mittlerweile allein von Hans Christian
Straches FPÖ organisiert.
Im letzten Jahr schlugen die öffentlichen Auseinandersetzungen um den
Ball lokal hohe Wellen. Ralf Prescher, derzeitiger Vorsitzender der
GFSK, stellte zahlreiche Anzeigen gegen Kritiker wegen Verleumdung. Nach
kurzer Zeit wurden sämtliche Verfahren eingestellt. Vermutlich aus
diesem Grund hält sich die GFSK dieses Mal bedeckter und macht keine
Einladungen und Zusagen zum Ball mehr öffentlich. Ob Felix Menzel oder
Kerstin und Frank Volta wieder eingeladen wurden, ist uns daher nicht
bekannt. Menzel ist durch seine Verurteilung wegen Beleidigung der
Grünen-Politikerin Claudia Roth überregional bekannt geworden, gründete
aber auch eine vom Verfassungsschutz beobachtete Schülerburschenschaft
in Chemnitz und initiierte die Gründung einer weiteren in Staßfurt
(Sachsen-Anhalt). Außerdem ist er Chefredakteur des neurechten
Jugendmagazins „Blaue Narzisse“ und pflegt ein enges Verhältnis zur
Burschenschaft Cheruscia. Das Ehepaar Volta dagegen engagiert sich stark
für die GFSK sowie deren zugehörige Verbindungen und unterstützt
darüber hinaus offen Monarchisten und Nationalisten.
Die Erklärung der GFSK, sich „ausdrücklich von jeglicher
extremistischer, nationalistischer oder menschenverachtender Haltung“ zu
distanzieren, scheint daher nach wie vor zweifelhaft. Darüber hinaus
stellt sich die Frage, wie lange das renommierte Ballhaus Watzke für
eine solche Veranstaltung zur Verfügung steht. Denn jenseits eines
fragwürdigen und rituellen, am 19. Jahrhundert orientierten
Traditionalismus, geben die aufgeführten Begleitumstände genug Gründe,
in Zukunft auf solche Gäste zu verzichten. Wir hoffen daher, dass dies
der letzte Dresdner „Akademikerball“ gewesen sein wird.
Veranstalter von Akademikerball prüfen rechtliche Schritte
Veranstalter von Akademikerball prüfen rechtliche Schritte gegen Stura-Mitglied der TU Dresden
Dresden. Die Veranstalter des zweiten Akademikerballs der Gesellschaft zur Förderung Studentischer Kultur (GFSK) behalten sich rechtliche Schritte gegen den politischen Referenten des Studentenrats der TU Dresden vor.
Wie Anke Prescher, Mitorganisatorin der GFSK, am Freitag gegenüber DNN-Online mitteilte, habe man bereits im vergangenen Jahr eine Strafanzeige gegen Stefan Taubner wegen Verleumdung eingereicht, die letztlich ohne Erfolg blieb. Da Taubner auch dieses Jahr gegen die Tanzveranstaltung wettert, die verschiedene studentische Verbindungen und Einzelpersonen nach Dresden lädt, prüfe man derzeit erneut rechtliche Schritte. „Wir wollen lediglich die Tanztradition pflegen. Jeden Versuch unsere akademische Veranstaltung in die rechte Ecke zu drängen, weisen wir entschieden zurück“, so Prescher, die die Vorverurteilung seitens der Sächsischen Linken und des Stura-Referenten als kleingeistig empfindet.
Die Veranstalter des Balls distanzieren sich auf ihrer Homepage selbst von extremistischem Gedankengut und sehen sich selbst im Zeichen von Weltoffenheit, Toleranz und Demokratie. „Wir hatten dieses Jahr lediglich eine Anfrage einer fragwürdigen Verbindung, die wir sofort abgelehnt haben“, so Prescher.
Taubner, Referent für politische Bildung des Stura, sieht in dem Treffen indes ein reaktionäres Ballvergnügen: „Nach wie vor gehört neben dem Corps Teutonia die Dresdner Burschenschaft Cheruscia zu den wichtigsten Verbindungen innerhalb der GFSK. Die Burschenschaft sorgte in der Vergangenheit mehrfach durch Veranstaltungen mit Rechtsradikalen und Neonazis für negative Schlagzeilen“, so Taubner in einer Mitteilung, die laut Prescher absolut unzutreffend sei. Selbst der Rektor der TU Dresden, Hans Müller-Steinhagen, habe den Stura-Referenten nach dem ersten Ball im Oktober 2012 sprichwörtlich an die Kette gelegt und ihm die Kritik untersagt. Da die Organisatoren ihr Image verbessern wollen, überlegen sie nach eigenen Angaben, den Ball künftig öffentlich zu machen.
http://www.dnn-online.de/web/dnn/nachrichten/detail/-/specific/Veranstalter-von-Akademikerball-pruefen-rechtliche-Schritte-gegen-Stura-Mitglied-der-TU-Dresden-292078019
Zwei Cheruscen in der GFSK
Eine Anfrage einer fragwürdigen Verbindung? Das ist doch lachhaft!
Die beiden Mitglieder der Gesellschaft zur Förderung Studentischer Kultur Robin Hohmann und Lars Rickelt sind auch Mitglied der Aachen-Dresdner Burschenschaft Cheruscia, die im kommenden Jahr den Vorsitz der Deutschen Burschenschaft übernehmen wird.
Dieser Dachverband ist mehr als fragwürdig.