Uns vereinen die traurigen Blicke und die Wut im Bauch, richten wir diese Tage unsere Aufmerksamkeit auf Griechenland. In der Nacht des 17. Septembers wurde der 34-jährige Antifaschist und Rapper Pavlos Fyssas, aka. Killap P, in Keratsini, unweit von Athen von Faschisten ermordet.
Am besagten Abend ging er gemeinsam mit seiner Freundin und einem anderen befreundeten Pärchen durch den Arbeiterbezirk von Piräus, als sie gegen 0 Uhr von einer Gruppe von 15-20 Faschisten angepöbelt wurden. Mit den Worten „Was tust du hier, du weißt, dass in diesem Kiez kein Platz für dich ist“ wurde Pavlos und seine BegleiterInnen die Straße hinunter gejagt bis sie auf eine weitere Gruppe von etwa 10 Faschisten stießen, welche sie umzingelten. Nicht weit von dem Szenario entfernt stoppte ein Auto und ein mit einem Messer bewaffneter Mann steig aus, lief in Richtung Pavlos und rammte ihm das Messer in die Brust, sowie in den Unterleib.
Während des ganzen Geschehens waren Bullen der Motorrad-Einheit DIAS in unmittelbarer Nähe, die sich erst durch die energischen Aufforderungen einiger PassantInnen einmischten. Ein großer Teil der Angreifer war zu diesem Zeitpunkt schon verschwunden, jedoch konnte Pavlos im Schock seinen Finger auf seinen Mörder richten, der dann von den Bullen festgenommen wurde.
Pavlos wurde nach 30 Minuten von der Ambulanz ins Krankenhaus gebracht, wo nur noch sein Tod festgestellt werden konnte.
Jetzt ist bekannt, dass es sich bei dem Mörder um den 45-jährigen Faschisten Georgios Roupakias handelt. Alle Behauptungen, sei es von Seiten der Medien oder der Neonazi-Organisation Chrysi Avgi selbst, er habe nichts mit den Faschisten zu tun gehabt oder das es sich bei der tödlichen Auseinandersetzung um einen Streit unter Hooligans gehandelt habe, können zweifellos als Lügen angesehen werden. Roupakias ist bekannt als faschistischer Schläger, als einer fürs „Grobe“, aus dem näheren Kreise von Chrysi Avgi. Er besuchte Veranstaltungen und nahm an Ausflügen Teil, die von der „Golden Morgenröte“ organisiert wurden. Diese Informationen stammen nicht nur von Aussagen lokaler AntifaschistInnen, sondern sind auch durch Bilder belegt.
Roupakias seinerseits gestand den Mord, wie auch seine parteiliche Mitgliedschaft in Chrysi Avgi.
Schon am selben Tag formierten sich antifaschistische Proteste, Demonstrationen von mehreren Tausenden, aus denen es zu Angriffen auf Parteibüros der Neonazis von Chrysi Avgi kam. Die Bullen reagierten in gewohnter Manier mit Brutalität, die auch dazu führte, dass ein Teilnehmer der Demonstration, durch eine Tränengasgranate, ein Auge verlor. Um die hundert Menschen wurde in Gewahrsam genommen.
Die Wut und Bestürzung über den Mord ist gewaltig, denn Pavlos war in Hip-Hop Kreisen ebenso bekannt, wie in politisch linksradikalen Kreisen. Er machte keinen Hehl aus seiner antifaschistischen Einstellung und verhöhnte und beleidigte Chrysi Avgi in seinen Lyrics.
Alles Gründe, weshalb er den Faschisten ein Dorn im Auge war.
Liest man in der internationalen Presse, dass die Regierung nun „hart“ gegen Faschisten und Neonazis, besonders gegen Chrysi Avgi, vorgehen will, so ist dies Spott und Hohn gegenüber all den Opfern faschistischer und rassistischer Gewalt.
Jahrelang nährte der Staat eine fremdenfeindliche Grundstimmung.
Durch seine Asylpolitik und die damit einhergehenden polizeilichen „Säuberungsaktionen“, wie die Operation „Gastfreundlicher Zeus“, wo Polizeieinheiten durch Großrazzien papierlose MigrantInnen festnimmt und interniert, wird seit Jahren ein Drohszenario gegen alles Fremde erschaffen. Die von staatlicher Seite erschaffene Krise, welche den Volkszusammenhalt, also die Einheit des griechischen Volkes in solch schweren Zeiten beschwört und alles Nicht-Griechische als Störfaktor denunziert, macht Platz für völkische, faschistische Kräfte, wie etwa Chrysi Avgi.
Die Neonazi-Organisation, welche seit 1985 Hooligans und Skinheads des rechten, militanten Flügels vereint, sitzt nun auch seit den Wahlen letzten Jahres mit 18 Plätzen erstmals im griechischen Parlament. Durch diese Duldung und Anerkennung als verfassungsmäßige Partei, die dadurch ausgeschöpften staatlichen Gelder und den Schutz, den sie nun offiziell von seitens der Polizei erwarten können, etablierten sich die Faschisten im Stadtbild.
Die Gesellschaft akzeptiert ihr Treiben, denn die Partei und ihre Trupps bieten Schutz vor „Kriminellen“, die sie in den MigrantInnen ausmachen, organisieren Essensausgaben nur für GriechInnen und patroullieren „ihre“ Nachbarschaft. Sie besetzen Cafes und schaffen dadurch immer wieder Ausgangspunkte für Gewalt gegen Andersdenkende und MigrantInnen.
Es ist kein Wunder, dass die Bullen erst so spät in die Auseinandersetzung in Keratsini eingriffen. Ein großer Teil, besonders der jüngeren Bullen, steht den Ideen von Chrysi Avgi sehr recht nah. Es scheint ihnen Recht zu sein, dass eine faschistische Schlägerbande, die „Drecksarbeit“ verrichtet, die sie wiederum nur zu einem bestimmten Teil selbst ausführen können.
Dabei sei nicht nur an die ständigen Angriffe und Repression gegen anarchistische und anti-autoritäre Strukturen erinnert, sondern auch an die Brutalität gegen vermeintlich papierlose MigrantInnen.
Gerade die Motorrad-Einheiten der DIAS und DELTA sind für ihre offensichtliche Zusammenarbeit mit Faschisten seit Jahren bekannt. Sie informieren die Neonazis über Razzien gegen MigrantInnen, damit sie auch „teilnehmen“ können, während sie gleichzeitig faschistische Übergriffe verschweigen. Man braucht sich hierbei nicht an den Skandalen der letzten Jahre, in denen Neonazis und Bullen Hand in Hand gingen, abarbeiten. Jeder oder jede, der/die sich mit dem Erstarken faschistischer Kräfte in Griechenland beschäftigt, wird zwangsläufig über die enge Verstrickung der Bullen mit den Neonazis stolpern.
Das nun, nach dem Mord an Pavlos Fyssas ein härteres Vorgehen gegen Neonazis gefordert wird, kann ganz klar als Notwendigkeit des Staates gesehen werden, um nicht selbst als aktiver Unterstützer ins Visier zu gelangen und um die Verantwortung und Mitschuld von sich zu stoßen.
Der Staat und seine Exekutive machte es erst möglich, dass sich Organisationen wie Chrysi Avgi in der Gesellschaft integrieren konnten. Es scheint als möchte der Staat die Welt, die nun auf ihn schaut, beruhigen und besänftigen, in der er jene Faschisten bekämpfen will, die er einst so fleißig gefüttert und gedeckt hat. Wenn es nun heißt, der Staat will beispielsweise die rassistischen Essensausgaben der Neonazi-Partei unterbinden, ihnen keinen Schutz mehr gewähren, so doch nur, weil er sie aus dem Schußfeld nehmen will.
Sind sie, die Faschisten, ihm vielleicht über den Kopf gewachsen? Bewegen sie sich vielleicht nicht mehr in den Bahnen, in denen sie ihm, dem Staat, nützlich sein könnten? Fragen die auch an den deutschen Staat gestellt werden müssen.
Wo war die Anteilnahme und die staatliche Intervention, als Faschisten pogromartig MigrantInnen durch die Straßen jagten und ermordeten?
Sie war nirgends....
Warum sollten wir von einer Regierung, einem Staat wie Griechenland, nur das geringste, ernst zu nehmende antifaschistische Engagement erwarten, wenn er selbst so tief in all dem verstrickt ist.
Erwarten wir hier in Deutschland nur das Geringste? Zu Viel ist geschehen und toleriert, bis aktiv unterstützt und gefördert wurden.
Rassismus, Xenophobie und Faschismus begegnet uns tagtäglich, nicht nur weil es gerade in Krisenzeiten üblich ist, die eigene Last auf all das vermeintlich Fremde zu schieben, sondern auch weil der Staat und seine Behörden diesen menschenverachtenden Gedanken den Platz einräumt. Wie oft hören wir von PolitikerInnen, „unsere Demokratie“ müsse all dies aushalten, denn die Meinungsfreiheit sei das höchste Gut.
Faschismus ist aber keine Meinung.....
Antifaschismus und Antirassismus kann nur praktisch und selbstbestimmt von den Menschen ausgehen, deren Fähnchen sich nicht nach dem Wind des Kapitals und der eigenen Machterhaltung richten. Die glaubhafte Bekämpfung des Faschismus wird niemals von Parteien ausgehen, denn das Problem liegt tiefgreifend in der gesellschaftlichen Struktur. Ein Verbot durch die Regierung wird die Wurzeln dessen nicht brechen.
Faschistische Schläger und rassistische Stimmungsmacher haben weder Akzeptanz noch Toleranz verdient. Sie sollten nicht einmal mehr ruhig schlafen können.
Für einen konsequenten Antifaschismus fernab von Staat, Macht und Kapital!
Selbstorganisation und gegenseitige Hilfe gegen die Volksgemeinschaft!
Solidarität mit den antifaschistischen und sozialen Kämpfen in Griechenland und weltweit!
φασιστες κουφαλες ερχονται κρεμαλες
Faschisten, ihr Dumpfbacken, eure Galgen warten schon auf euch!
Demonstration in Solidarität mit den antifaschistischen Kämpfen in Griechenland und in Erinnerung an Pavlos Fyssas
Freitag, der 27. September
18:30 Uhr Heinrichplatz
Berlin-Kreuzberg
Spread the word!!!
Informative Links zu den Kämpfen in Griechenland und Recherchen zu Neonazistrukturen-und Aktivitäten:
de.contrainfo.espiv.net
blog.occupiedlondon.org
icantrelaxingreece.wordpress.com
und danach
direkt hier hin und mit den genoss_innen diskutieren:
https://linksunten.indymedia.org/de/node/95254