Ein Fall von Konservatismus – die Manheimer Klimaphobie

Reclaim the Fields

In Manheim sollen durch das Klimacamp einige Leerstandshäuser und eine Bank verwüstet worden sein. Die heutige Suche nach den Wüstungen verlief allerdings ergebnislos. Allen Monopolpressephantasien zum Trotz stehen die Gebäude noch auf den jeweiligen Grundstücken. Wer nicht des versprochenen Spektakels wegen nachguckt sondern um sich davon zu überzeugen ob es tatsächlich so ernst ist wie in die Briefkästen gesteckt, darf sich darüber freuen daß das Papier bei der gegenwärtigen Brandgefahr immerhin noch zum Hundehaufenwegmachen taugt. Doch die Leute mit den Gehwagen sind tief gekränkt.

 

Das konservative Mantra lautet: Gesetze. Nun sind Gesetze aber kein Wert an sich sondern ein Mittel einem Wert Geltung zu verschaffen. Der Gesetzesvorbehalt besagt nicht daß Gesetze über allem stünden sondern daß sie über der Autorität stehen. Ein solcher Wert kann beispielsweise das Recht auf Natur sein bzw. auf das Behalten einer vertrauten Umgebung und/oder eines selbstbestimmten Lebensentwurfs, in welchen druckreifen Formulierungen auch immer das damit Benannte umfaßt wird aus dem sich die jeweilige persönliche Nichtübereinstimmung mit der Umsiedlungspolitik des RWE ergibt.

Ginge es lediglich um Heimat wäre seitens des Monopolkonzerns für alles gesorgt: Selbst wer seine Toten nicht der Spekulation vorauseilend bestattet hat bekommt die Umbettung gratis dazu. Doch Heimat ist immer nur das was mensch denen die es vorher schon verloren haben nicht mehr gönnt. Darüber hinaus das zu behalten was mensch auch allen anderen gönnt ist die Grundhaltung aus der heraus der Hambacher Forst besetzt wurde. Der Wert der Erhaltung des Genannten brach das für die Situation wertlose Gesetz, und das völlig zu Recht da dieses sich als ungeeignet herausstellte die Gier des Konzerns zu bändigen.

Um den Durchbruch aufrechtzuerhalten hätte es freilich im örtlichen Umfeld eine schnellere öffentliche Bewußtwerdung benötigt daß die totale Unmöglichkeit der Situation dem RWE anzulasten ist, und nicht anderen die gegen vergleichbare Bedrohungen in ihrer Region vielleicht noch schwieriger ankommen. Das gilt auch für die neuerlichen Hausbesetzungen. Sind die zeitweilig wiederbelebten Häuser durch die Wiederbelebungsbemühungen in Mitleidenschaft gezogen worden oder durch die gewaltsamen Räumungen? Wird es nicht ohnehinein als ein Ding der Unmöglichkeit empfunden daß sie leer zurückgelassen werden mußten?

Andernorts mag vielleicht jemand fragen: Was haben die Leute in Manheim bloß mit dem RWE, das ist doch nur ein Stromvertrag? Hier könnte eine derartige Fragestellung eventuell für absurd gehalten werden. Hier wird aber gesagt: Was haben die Leute von andernorts bloß mit der Sparkasse, das ist doch nur eine Kontoführung? Daß der Konzern persönliche Existenzen ruiniert wird dabei ignoriert. Früher nannte man das Sanktfloriansprinzip. In solchen Dingen ist es aber möglich dazuzulernen.

Das Maß der Mißgunst ist jedoch zum Überlaufen gebracht mit der Anschuldigung es wäre unfair die Möglichkeit in Betracht zu ziehen daß hier "Überfall auf Gleiwitz" gespielt worden sein könnte. Wer anläßlich dessen auf Gesetze pocht ohne zu merken daß es hohl klingt sollte entweder den Mund halten oder gefälligst ein Gesetz machen was dafür sorgt daß es nicht vorkommen kann daß Polizeispitzel Steine in Schaufensterscheiben schmeißen. Dann bräuchte ein solches Szenario auch nicht erwogen werden.

Wenn aber der angesammelte Gesetzesschrott mit all seinen Kurzschlüssen und Einsturzgefahren einer Extremsituation wie der Bändigung eines selbstzerstörerischen Monopolkonzerns standhalten soll ist es unabdingbar auch die Risiken zu betrachen. Werden die verleugnet wird damit die Ansicht befördert Konservatismus sei keine Meinung sondern eine Täuschung. Die Kosten trägt die Allgemeinheit die es versäumt hat bessere Gesetze zu machen, und der Bank tut der dingliche Verlust nicht weh denn sie ist ja keine natürliche Person, sondern bloß eine Gelddruckmaschine mit Arbeitsplätzen die mit Ersatzteilen genauso gut oder schlecht funktioniert.

Die Öffentlichkeit, auch eine kleine und regionale, kann sogar noch etwas daraus lernen. Denn wer sich eingebildet hat alle Probleme kämen immer nur davon daß Leute Gesetze nicht beachten muß jetzt die eigene Situation noch mal von vorn durchdenken. Dabei gilt es zu berücksichtigen daß wenn mit den Gesetzen alles so funktionieren würde wie vorgesehen die ganze Problematik der Umsiedlungen und Umbettungen nicht existieren würde. Und vom RWE zu zu verlangen daß es sich an Gesetze hält ist ja doch irgendwie so wie zu einem Atomreaktor zu sagen er möge bitte nicht auslaufen. Könnte das Kraftwerk reden dann müßte es darauf entgegnen: Wenn Du das nicht willst dann mußt Du mich abschalten.

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