Beschränkung der Verteidigung - weitere Zeugen - Angeklagte*r wird Wort entzogen - Kein Urteil - Verfahren eingestellt
Die
von Anfang an offensive Prozessführung des*der Angeklagten führte nun
in der 3. Hauptverhandlung am 28.8.2013 im Amtsgericht Köln zu einer
Einstellung des Verfahrens nach § 153 StPO Abs. 2. Die Kosten trägt die
Staatskasse. Vorausgegangen war ein rechtsgültiger Strafbefehl im Jan.
2013 mit 30 Tagessätzen à 30€, gegen den nach Wiedereinsetzung in den
vorherigen Stand Widerspruch eingelegt wurde. Deshalb wurde im Februar
2013 die Hauptverhandlung eröffnet.
siehe auch: Bericht der 2. Hauptverhandlung
Der 3. Verhandlungstag
Heute am 28.8.2013, den 3. Tag der Hauptverhandlung, die schon in der Beweisaufnahme angekommen war, waren weitere Zeug*innen geladen. Sie sollten u.a. Klarheit über den Strafantrag verschaffen bei dem das Datum fehlte, ein anderer Sachbearbeiter eingetragen ist als der, der unterschrieben hat und außerdem, ob der Antragsteller überhaupt befugt ist einen solchen Antrag zu stellen. Aus der Akte ging nämlich letzteres nicht 100%ig hervor. Neben fünf Polizeibeamten war also auch der Strafantragsteller geladen. Insgesamt mit der Verhandlung vom 14.8.2013 sah es Richter Wettich wohl als nötig an 9 Zeugen für ein Hausfriedensbruch-Prozess zu laden. Für die einen mag das unverhältnismäßig sein, für die anderen geht es eben um's Prinzip. In der Verfahrensakte ist nicht umsonst von Beginn an seitens der Staatsanwaltschaft vermerkt, dass es sich um einen „politischen Prozess“ handelt, der der Abschreckung dienen soll. Dennoch sind nicht alle geladenen Zeug*innen erschienen. Wie das so ist, sind sie wenn's knifflig wird „im Urlaub“, „dienstlich verhindert“ oder „haben keine Ladung bekommen“, wie es eine Zeugin gehört haben mag.
Beginn der Sitzung
Nach den von Richter Rettich Wettich angeordneten doppelten Einlasskontrollen und körperlicher Durchsuchung, durften der*die Angeklagte und die Zuschauer*innen nach Kopie ihres Ausweises den Sitzungssaal 2 betreten. Nach eröffnen der Hauptverhandlung um kurz nach 9 Uhr durch Richter Wettich wurden die Zeugen belehrt. Anschließend stellte der*die Angeklagte Anträge auf Ablehnung des vorsitzenden Richters, da dieser ihm gegenüber befangen ist und die Verteidigung beschränkt. Gründe waren die „Sitzungspolizeiliche Anordnung“ für die es keinen Grund gab, sowie dass der Hinweis auf die Mängel im Strafantrag vom Angeklagten kam. Letzteres erweckte bei der*dem Angeklagten den Anschein Richter Wettich wolle ein Urteil sprechen und hätte sich nicht ernsthaft mit der Akte befasst. Außerdem gewährte Richter Wettich keine Abzüge der Sitzungsprotokolle und Gerichtsbeschlüsse, obwohl sie dem*der Angeklagte*n zur angemessenen Verteidigung zustehen.
15 min Unterbrechung...
Richter RWettich kam wieder in den Saal um seinen Beschluss, bzw. wie er es nennt, dem „Gerichtsbeschluss“ zu verkünden. Solidarische Prozessbeobachter*innen und Angeklagte*r blieben dabei kollektiv sitzen. Die Ablehnungsgesuche wurden als unzulässig verworfen, da sie nicht rechtzeitig gestellt seien.
Es folgten weitere Anträge von der*dem Angeklagte*n. Einen zum bequemen Sitzen inkl. Hochlegen der Beine, da dies die Konzentration steigert. Denn darauf ist er als juristische Laie angewiesen, besonders nachdem Pflichtverteidiger verweigert und Rechtsbeistand nicht zugelassen wurden. Richter Wettich stellte den Antrag zurück, wie auch schon zwei Beweisanträge in der Verhandlung vom 14.8.2013. Der andere Antrag war, ebenfalls zur Steigerung der Konzentration, Speisen und Getränke im Sitzungssaal zuzulassen. Dazu wurde detailliert mit einer Ausführung begonnen. Der Staatsanwalt hörte gar nicht erst zu und las stattdessen eine Zeitschrift. Nach wenigen Minuten reichte es auch dem Richter. Er unterbrach den Antrag und beschnitt wiedereinmal die angeblichen Rechte zur Verteidigung. Als der*die Angeklagte daraufhin unverzüglich ein Antrag auf Ablehnung des vorsitzenden Richters stellen wollte, da dieser ihm kein rechtliches Gehör gewährt, unterbrach Richter Wettich erneut den Antrag mit: „Ich entziehe ihnen das Wort“. Der Richter brach somit das Gesetz und begann mit der Zeugenvernehmung.
Zeugenvernehmung
Bei allen Zeugen handelte es sich, bis auf den Strafantragsteller selber, ausschließlich um Polizeibeamte. Belastendes konnte jedoch keine*r von ihnen hervorbringen. Einige konnten sich "nur wage erinnern“ und/oder waren nicht selbst vor Ort. Besonders amüsant für einige Prozessbeobachter*innen war ein geladener Zeuge, der nach nicht einmal einer Minute wieder entlassen wurde, da er schlicht und einfach weder vor Ort war, noch was zum Tathergang sagen konnte. In den Zuschauerreihen erhallte Gelächter.
Ein Zeuge sagte aus, dass die Einfahrt zum Gelände, das laut Anklageschrift besetzt worden war, offen stand. Das Gelände wäre somit gar nicht befriedet. Keine Zeug*in konnte den*die Angeklagten identifizieren oder gar bezeugen, dass er*sie im Gebäude gewesen sei.
Oft sagten die Zeug*innen Dinge aus, die nichts mit dem Gegenstand der Hauptverhandlung zu tun hatten. So seien anrückenden Polizeibeamte in der Nacht der Besetzung mit Steinen, Zäunen und Gegenständen beworfen worden.
Der*die Angeklagte nutzte das Recht die Zeug*innen befragen zu dürfen. Auch hier beschränkte Richter Wettich wieder die Rechte des*der Angeklagten und „beanstandete Fragen“ wie „Wie geht’s?“. Dennoch ergab die Befragung, dass eine Befriedung des Geländes nicht bezeugt werden konnte. Nachdem der letzte Zeuge seine Aussage gemacht hatte unterbrach Richter Wettich die Hauptverhandlung und Richter, Staatsanwaltschaft und Angeklagte*r begaben sich ins Hinterzimmer zum „Gespräch unter sechs Augen“.
Der Deal
Nach 15 min. kamen Staatsanwalt, Richter und Angeklagte*r wieder in den Saal und es kam zu einer weiteren Unterbrechung um 20 min., da der Staatsanwalt noch Zeit benötigte. Nachdem dieser im Gebäudekomplex herumgehuscht war ging es weiter. Wieder begaben sich Richter, Staatsanwalt und Angeklagte*r in das Hinterzimmer. Nach weiteren 10 min. erschienen Staatsanwaltschaft und Angeklagte*r im Saal. Während der Angeklagte Platz nahm, lungerte der Staatsanwalt nervös am Fenster herum mit Blick nach draußen. 5-10 min. dauerte es bis Angeklagte*r und Staatsanwalt erneut ins Hinterzimmer gerufen wurden. Dieses mal dauerte es nur kurze Zeit bis alle Beteiligten wieder zurück im Verhandlungssaal waren. Der Richter verkündete den Deal:
Der*die Angeklagte*r willigt ein die gestellten Anträge zurückzunehmen. Das Verfahren wird nach 153 StPO Abs. 2 eingestellt. Die Kosten fallen der Staatskasse zur Last. Richter Wettich kommentierte noch, dass er so etwas bisher noch nicht erlebt hatte und der*die Angeklagte maßgeblich zu der Einstellung beigetragen hat. Dieser könne das ruhig als „Sieg für sich verbuchen“ beim nächsten mal jedoch werde es nicht mehr so laufen.
Fazit
Durch die offensive Prozessführung konnte ein ursprünglich rechtsgültiger Strafbefehl abgewehrt werden. Der Staatsanwalt wollte unbedingt ein Urteil haben, da es sich laut ihm um ein „politischen Prozess“ handle. Selbst dem Richter schien dies dann jedoch nicht mehr tragbar, nachdem 9 Zeugen geladen wurden, von denen die meisten bereits gehört wurden, und diese keine ernsthaften Belastungen für den*die Angeklagte*n machen konnten. So konnte eine Einstellung des Verfahrens und ein Absehen der Staatsanwaltschaft von der weiteren Verfolgung erreicht werden. Kosten trägt die Staatskasse. Wäre der Strafbefehl akzeptiert worden, gäbe es nun ein rechtsgültiges Urteil mit 30 Tagessätze à 30€.
- Gerichte sind zum Essen da! -
- Leere Häuser zum besetzen! -
spitze!
scheiße ja! genauso muss das laufen. das justizsystem an der nase herumführen und zeigen wie lächerlich dieser ganze mist ist.
danke für die berichterstattung! es war köstlich von richter RWettichs gerichts zu hören!
tanz um sich selbst
"Richter, Staatsanwaltschaft und Angeklagte*r begaben sich ins Hinterzimmer zum „Gespräch unter sechs Augen“."
Wo ist den das Justizsystem an der Nase herumgeführt worden, wenn das eher ein "Deal" wurde, ob nun der vermeintliche "Angeklagte" nun dabei war oder nicht ... es also eher um ne "persönliche unschuld" ging ...
"Der Angeklagte hat mit seinem Verhalten sehr zu einer Einstellung des Verfahrens beigetragen."
Da wird keine Justiz vorgeführt oder de-maskiert, da wird ko-operiert ...
na ja ....
Kölner Stadtanzeiger
Ein Artikel im Kölner Stadtanzeiger dazu.