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Gegen eine städtebauliche Entgleisung
Am Freitag, 2. August gegen 15 Uhr wurde der Bahnsteig des alten Güterbahnhofs in der Eisenbahnstraße in Tübingen besetzt. Dieser befindet sich im Zentrum eines großen und innenstadtnahen Areals, das überwiegend der Bahn AG gehört und in den nächsten Jahren neu bebaut werden soll. Ein Gesamtkonzept für diesen neuen Stadteil wird ggf. bereits im September im Gemeinderat beschlossen.

Ziel der Besetzung war es, auf diesen Umstand hinzuweisen, eine Zwischennutzung des verwahrlosten Areals für unkommerzielle kulturelle Projekte einzuforden und die Forderung nach einem lebendigen Erinnern an die hier im Nationalsozialismus eingesetzten Kriegsgefangenen und Zwangsarbeiter*innen zu unterstützen. Während der Besetzung wurde sich intensiv mit der Geschichte des Ortes und den aktuellen Planungen auseinandergesetzt.

Mit einem "Ja" zu dem Großprojekt würden viele Entscheidungen über die Lebensumstände der Anwohnenden über deren Köpfe hinweg beschlossen. Details scheinen dann nicht mehr verhandelbar. Zum Beispiel welche Teile der Güterhalle bestehen bleiben? Welcher Wohnraum soll für wen entstehen? Wem wird er gehören und was wird er kosten? Gerade im Austausch mit vielen Besucher*innen und Sympathisant*innen wurde deutlich, wie wenig in der Öffentlichkeit über die Planungen bekannt ist. Allein aus diesem Grund halten wir einen baldigen Beschluss über den Gesamtplan für verfrüht und illegitim. Es drohen sich letztendlich Verwertungsinteressen und damit in der Konsequenz Verdrängung und Segregation durchzusetzen.

Wie eine Stadtgestaltung von unten aussehen könnte, war zentrales Thema der Workshops während der Besetzung. Es wurden neue Bündnisse geschmiedet und Schritte verabredet um über die Planungen des alten Güterbahnhofs zu informieren und unserer Forderung nach unkommerziellen Räumen Nachdruck zu verleihen. Die Besetzung des alten Bahnsteigs ist hiermit zunächst beendet. Wir rechnen jedoch mit weiteren Signalen gegen diese städtebauliche Entgleisung. Der Zug ist noch nicht abgefahren!

Das Einundzwanziguhrplenum.