18 Jahre Isolationshaft beendet

JVA Celle wachturm

Seit nunmehr 18 Jahren saß Peter Wegener in Isolationshaft. Jetzt wurde sie aufgehoben.

Zur Vorgeschichte
Es war im Frühsommer 1995, als Peter und Günter Finneisen in der JVA Celle sich entschlossen angesichts der ungewissen Aussichten, einen Beamten als Geisel zu nehmen. So erkämpften sie sich ein Fluchtauto, Geld und zumindest für einige Stunden ihre Freiheit. Jedoch wurden beide kurze Zeit später von Spezialeinsatzkräften festgenommen und wieder inhaftiert.



Isolation ohne Ende


Nach diversen Verlegungen von Gefängnis zu Gefängnis, stets mit maximalen Isolationsbedingungen, landete Peter vor Jahren in der niedersächsischen JVA Sehnde (http://www.justizvollzugsanstalt-sehnde.niedersachsen.de/), im Volksmund auch „Alcatraz des Nordens“ genannt, aufgrund der extremen Sicherheitsstandards.

Peter saß all die Jahre in Isolationstrakten, durfte anfangs die Zelle nur gefesselt verlassen; erst nach vielen Jahren wurde diese Maßnahme dahingehend „abgemildert“, dass er „nur“ bei Verlassen des Isotraktes gefesselt wurde. Die Zellenausstattung spartanisch zu nennen, wäre noch geschmeichelt.

Dazu das entwürdigende Prozedere sich vor Verlassen der Zelle nackt ausziehen zu müssen, um andere Kleidung anzuziehen; wie dann auch vor Rückkehr in die Zelle: das Ganze nochmal. Wenn er also mal in den Hof wollte für seine Stunde Spaziergang im Käfig oder er Besuch bekam, hieß das stets: mehrfach nackt ausziehen.

Erst 2012 beendete dieses unwürdige Theater des Nackt-Ausziehens die zuständige Strafvollstreckungskammer. Außerdem erstritt sich Peter das Recht zumindest in seiner Zelle ein privates T-Shirt tragen zu dürfen, anstatt Gefängniskleidung.

Über all die Jahre versuchte er sich trotz der HIV-Infektion körperlich fit zu halten und Kontakt in die Freiheit, aber auch brieflich zu anderen Gefangenen zu halten, was zumindest ein wenig die Isolationshaft erträglicher machte.

Ein harter Schlag für ihn war der Tod seiner Frau vor einigen Jahren.


Ende der Isolation


Nachdem Peter Anfang 2012 seine Strafen abgesessen hatte und nunmehr in Sicherungsverwahrung gelangte, nahm der Druck auf die Justizverwaltung, die langdauernde Isolationshaft auf absehbare Zeit zu beenden, zu. Schon vor wenigen Jahren, Anfang 2011, hatte die taz (http://www.taz.de/!66422/) die damals 15 Jahre dauernde Isolation seines Kompagnons Günter Finneisen zum Anlass für einen großen Artikel genommen, in dessen Folge die niedersächsische Justiz bei Günter die Isolation aufhob und ihn in den Normalvollzug verlegen musste.

Bei Peter sollte es noch bis zum 20. Juni 2013 dauern. An diesem Tag wurde er von der JVA Sehnde in die JVA Rosdorf (http://www.justizvollzugsanstalt-rosdorf.niedersachsen.de/) verlegt, da dort zentral die niedersächsischen Sicherungsverwahrten untergebracht sind. Zwar brachte man ihn in einem „besonders gesicherten Bereich“ unter, jedoch hat er nun endlich uneingeschränkt Kontakt zu Mitverwahrten, einen TV mit Computer in der Zelle, dazu ein Telefon. Er darf Bargeld besitzen und im von REWE betriebenen Gefängnissupermarkt einkaufen.

Im ersten Augenblick fühlte er sich, als wäre er „im Hotel Waldorf Astoria“ angekommen, denn nach 18 Jahren kärglichstem Leben in Isolationstrakten, erschien es ihm fast wie in einem Märchen, wie er berichtet, war es ein „Kulturschock“ für ihn.

Schon 2010, in Folge des oben erwähnten taz-Artikels, hatte die renommierte Kriminologin Prof. Frommel die langdauernde Isolation schlicht als Folter bezeichnet.


Ausblick für Peter


Ob Peter mittelfristig dann aus der Haft entlassen wird, bleibt abzuwarten, zumindest sind nun die Aussichten für ihn jetzt wesentlich besser als noch vor wenigen Wochen.



Thomas Meyer-Falk, z.Zt. JVA Bruchsal
(ab dem 08. Juli 2013: c/o JVA (SV-Abtl.), Hermann-Herder-Str. 8, 79104 Freiburg)
http://www.freedom-for-thomas.de
https://freedomforthomas.wordpress.com

Wer sich über die Biografie von Peter Wegener näher informieren möchte, unter seinem früheren Namen Strüdinger gibt es auf wikipedia einen Eintrag:
http://de.wikipedia.org/wiki/Peter_Str%C3%BCdinger

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Seit wan solidarisieren wir uns mit gewöhnlichen Schwerkriminellen? Seit wann bietet Indy dafür eine Platform?

Wenn du aus dem Artikel die menschenverachtenden Praktiken nicht herauslesen kannst, für die es sich zu solidarisieren lohnen würde, kann dir diese Frage wohl niemand beantworten. Weiter gibst du mit deinem vokabular zu verstehen, dass das doitsche Recht und Gesetz viel für die Zählt. Von welchem "wir" sprichst du überhaupt, und wer will deine Solidarität denn überhaupt haben?

Weil bei Schweerkriminellen so eine Behandlung aufeinmal gerechtfertigt ist? Einen Menschen, wieso auch immer, 18 Jahre lang sensorischer Deprivation auszusetzten ist menschenverachtend durch und durch. Und ein Staat, in dem es eine Option ist unbequeme Menschen in Isolation fast zwei Dekaden verroten zu lassen ist meiner Ansicht nach auf jeden Fall ein Thema für indymedia. Vorallem wenn die bisherige Berichtserstattung sich auf einen Artikel der taz beschränkt. Man sollte sich keiner Illusion hingeben, solche Methoden von Folter sind auch im einunzwanzigsten Jahrundert in Deutschland noch zu finden und kein vereinzeltes Überbleibsel aus der Zeit der deutschen Terrorhysterie.