Fundamentalismus macht krank – IMMER und ÜBERALL

Xavier Naidoo

Trigger- & Contentwarning: Sl*tshaming, Sexismus, R*pe Culture und Homophobie

Am 29. Juni 2013 werden sich tausende Menschen treffen um christlich-fundamentalistische Ideologie zu konsumieren. Dieses Treffen wird als eins der Open-Air Ereignisse diesen Sommer beworben und findet eine dementsprechende Resonanz in der Gesellschaft.1 Die Besucher_innen können sich auf Verschwörungstheorien (inklusive (strukturellen) Antisemitismus und Antiamerikanismus), Homophobie, Sexismus und hirnloses Jesus-/Gottabgefeiere vorbereiten. Allerdings wird den Meisten gar nicht auffallen, auf was sie sich da eingelassen haben. Für diese Personen handelt es sich einfach nur um ein Konzert von Xavier Naidoo. Allerdings steht dieser für die angeführte Themen und thematisiert mindestens eins davon konsequent in fast jedem Lied.

 

Über Xavier Naidoo wird auf der eigenen Homepage geschrieben: „Er polarisiert, er fasziniert, er löst Diskussionen aus.“1 Das stimmt! Der Müll, den er verbreitet muss einfach dazu führen, dass sich Personen in min. zwei Gruppen/Lager aufteilen: Verblendete christlich-fundamentalistische, bürgerliche bzw. rechte Pfeifen2, die von ihm fasziniert sind und emanzipatorische Personen (wie uns), die einfach nur angewidert und genervt von ihm sind. Die daraus entstehende Diskussion bleibt unausweichlich!

 

Die mediale Diskussion über das von ihm geschriebene Lied „Wo sind“ ist das aktuellste und sicherlich auch eins der Beispiele seiner widerlichen Ideologie.3 So setzt Xavier Naidoo (Ritual-)Morde an Kindern mit Schwangerschaftsabbrüchen, dem Selbstbestimmungsrecht jeder Frau*, gleich. Außerdem lebt er, in rechtspopulistischer Manie(r), seine Gewaltphantasien gegenüber Kindesvergew*ltigern4 (es geht übrigens ausschließlich um männlich sozialisierte Kinder) aus und reproduziert patriarchale5 Strukturen, in dem er nach starken Männern sucht, die alles wieder ordnen können. Zusätzlich dazu folgt der faschistisch anmutende Ruf nach einem Führer, der wieder aufräumen soll.6 Im nächsten Satz propagiert er Hass gegen Homosexuelle und setzt Schwule7 mit Kindesvergew*ltigern gleich. Zu diesem Punkt kam eine sogenannte Rechtfertigung8, allerdings relativiert diese den Text in keinster Weise und ist nur ein Versuch der Verschleierung seiner Homophobie.

 

Der Fundamentalismus zeigt sich auch in der Häufigkeit, in der Gott oder anderes christliches Zeug thematisiert wird, und vor allem dadurch, dass es mit allem in Verbindung gebracht wird, egal ob passend oder nicht. Rettung naht gewiss aus einem hohen Haus9 prophezeit er uns. Im Kontext seiner anderen Lieder, in denen er u.a. davon spricht, dass alles besser ist, wenn himmlische Zustände10 auf der Erde herrschen, kann davon ausgegangen werden, dass in diesem hohen Haus ein gewisser Gott lebt. In einem anderen Lied singt er:Liebe ist real, so real wie Höllenqualen11. Dementsprechend können wir davon ausgehen, dass Naidoo an die Hölle glaubt. Ein weiterer Beweis, dass er ein fundamentalistischer Christ ist.

 

Wer Scheiße propagieren möchte, der muss das ordentlich machen und so übt Xavier Naidoo sich auch (ausführlich) als Verschwörungstheoretiker. Und lässt (strukturellen12) Antisemitismus13 und Antiamerikantismus14 dementsprechend nicht aus.

 

In „Deutschland ist noch nicht verloren“ singt er: „Eure Gifte eure Waffen verursachen nur Magenkrämpfe.“ Fast so, als ob nur eine unsichtbare Macht und nicht etwa die Normalbevölkerung so etwas hat15 und damit Mist baut16. Struktureller Antisemitismus ist kein Einzelfall bei Naidoo. Diese, für strukturellen Antisemitismus typischen, undefinierten Mächte kommen auch in „Bist du aufgewacht“ vor, wo von „Ihnen“, die uns an allem Guten hindern bzw. „dir“ Steine in den Weg legen gesprochen wird. In „Raus aus dem Reichstag“ gibt er den „deutschen Bänkern“ die Schuld an der sogenannten deutschen17 Krise. Dabei blendet er aus, dass diese „Krise“ eine globale ist und es wird klar, dass er - vor allem, da er sich des strukturell antisemitischen Klischees der „gierigen Bänker“ bedient - vollkommen ausblendet, dass das System Kapitalismus das Problem ist und nicht Einzelpersonen!

 

Offensichtlich aus Minderwertigkeitskomplexen heraus glaubt er daran, dass nur Personen aus den USA (Neben Deutschland und den USA gibt es aber echt noch genug beschissene staatliche Konstrukte, die er kritisieren könnte.) etwas Böses machen und fragt: „Warum stopfen wir den unverschämten Cowboys nicht das Maul, [und wie als Bestätigung für seinen deutsch-nationalen Minderwertigkeitskomplex schiebt er hinterher:] denkt ihr wir sind blöd, denkt ihr wir sind dumm“18 weiter schrieb Naidoo: Osama wacht morgens ohne Bart auf und reckt sich […] Cowboys rufen an und sagen alles ist cool, alles läuft nach Plan, keiner wird etwas erfahren19.  

 

Zu allerletzt noch eine weitere Form der problematischen Weltauffassung Xavier Naidoos:

Die Welt als „Babylon-System“ anzusehen. Der Begriff kommt aus der Rastafaribewegung und meint, angelehnt an das laut dem alten Testament von Gott zerstörte Babylon, die westliche Zivilisation. Diese wird für alles Übel der Welt verantwortlich gemacht. Daraus folgt, dass „das Reich Gottes“ erst kommt, wenn das „Babylon-System“ zerstört wurde. Der Begriff findet sich in Textzeilen wie: „[...]wenn Babylon fällt. Mehr und mehr wird ihnen Macht entweichen“20 oder bei sexistisch konnotierten Abwertungen wie „Hure Babylon“21

 

Unserer Meinung nach sind die Zustände und die Art und Weise, wie in den europäischen und nordamerikanischen Breitengraden gelebt wird auf keinen Fall verteidigenswert. Im Gegensatz zu Personen, die von einem „Babylon-System“ ausgehen, glauben wir nicht an eine (Welt)Macht, die alles steuert, lenkt und/oder manipuliert. Sondern lehnen diese Form von strukturell-antisemitischen Verschwörungstheorien aus o.g. Grund ab.

 

Dieser Weg wird kein leichter sein – Fundamentalismus entgegentreten!

Projekt.IL


1Ganz Salzburg bzw. die (weitere) Umgebung ist voll mit Werbeplakaten.

1http://www.xaviernaidoo.de/about

2Als Beispiel sei hier ein frei-kirchlicher Spinner genannt, der Xavier Naidoo während einer Predigt als den „besten Wanderprediger unserer Zeit“ bezeichnete.

3Der Text um den es im folgenden Absatz geht, wird von uns weder zitiert noch verlinkt, da er eine widerliche und fragwürdige Genauigkeit aufweist und eine abstrakte Erklärung schon als eine Zumutung erscheint.

4Da der Großteil an sexualisierten Gewalt und sexualisierten Übergriffen von Männern* ausgeht, sprechen wir hier nur von männlich sozialisierten Personen, um die gesellschaftlichen Verhältnisse nicht zu verschleiern.

5Patriarchat meint die (soziale) Erhöhung von Männern* gegenüber Frauen* im Bezug auf Privilegien.

651% aller Österreicher_innen stimmen ihm da sicher zu.

Siehe: http://derstandard.at/1244460578904/Wertestudie-Studie-Sehnsucht-nach-de...

7Selbst beim Denunzieren bleibt er patriarchal.

8Auch diese wird nicht zitiert oder verlinkt, da der thematisierte Text dort veröffentlicht ist und wir auch die Rechtfertigung als Zumutung ansehen.

9Aus: Das hat die Welt noch nicht gesehen, Xavier Naidoo

10Siehe; Alles kann besser werden, Xavier Naidoo

11Aus: Das hat die Welt noch nicht gesehen, Xavier Naidoo

12Struktureller Antisemitismus meint keinen direkten Antisemitismus, sondern Ideologien/Ansichten, die Antisemtismus (argumentativ) ähneln.

13Antisemitismus ist - sehr kurz gesagt - der Hass auf Jüdinnen_Juden bzw. deren Dämonisierung.

14Antiamerikanismus meint, kurz gesagt, die Dämonisierung der USA als Ursprung und Schauplatz allen Bösen.

15Ca. 500.000 Österreicher_innen müssen nach Schätzungen 2012 ihre Waffen registrieren lassen. (http://kurier.at/politik/500-000-oesterreicher-muessen-waffen-registrier...)

162011 gab es fast 5000 gerichtliche Urteile wegen Straftaten mit Waffengebrauch. http://www.bmi.gv.at/cms/BMI_Service/SB_2011/KRIMINALITAETSBERICHT_2011.pdf

17Für ihn scheint nur die Krise in Deutschland schlimm zu sein.

18Aus: Aufklärungsarbeit, Xavier Naidoo

19Aus: Aufklärungsarbeit, Xavier Naidoo

20Aus: Volle Kraft voraus, Xavier Naidoo

21Aus: Babylon System, Xavier Naidoo

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was die ganzen Sterne, zum Beispiel, bei "Vergewaltigung" und die "Content and Triggerwarning" zu bedeuten hat?
Diese Frage ist wertungsfrei, vielleicht hat jemand ja mal einen Link, der mir weiterhilft, das zu verstehen.

THX!

Der gängige Sprachgebrauch ist ein hauptsächlich "männlich" geprägter, was hier aufgebrochen wird.

Die formulierungen sind eingerichtet um keinen Menschen verbal auszugrenzen, die sterne fungieren als Platzhalter für das unbestimmbare.

Auf den Sprachgebrauch zu achten ist wichtig und löblich, für mich ist dieser Text jedoch derart gezwungen korrekt, das ich beinahe lachen muss.

"Content- und Triggerwarnungen" bei denen einzelne Wörter "entschärft" werden erinnern stark an scheuklappen, zumal sie im falle von Vergew*ltigung absurd sind. Menschen auf potentiell psychisch belastende Inhalte zu warnen in allen ehren, aber ein solches Maß an vorgespielter Rücksichtnahme stinkt zum Himmel nach Profilierung und einem wettstreit, wer sich denn nun Politisch unverfänglicher ausdrücken kann....

Der Naidoo wird auch nicht schlauer...

 

wenn wir schonmal beim Thema Fundamentalismus sind -

auch innerhalb der Linken wird sich immer mehr Fundamentalismus als unreflektierte Projektionsfläche bedient und nationalistisch-fundamentalistische Nationalbewegungen die auf völkischer Blut und Boden-Ideologie basiert.

Zum Beispiel wenn mal wieder skandiert wird:  Friede, Freude, Zionismus, etc. 

 

Das ist kein Umgang mit der Geschichte sondern einfach nur stumpfsinnige Hingabe an mittelalterlicher Kacke.

Genau das ist eben keine völkische Blut und Boden Ideologie, denn Die Grundintension des Zionismus ist es einen Schutzraum für Jüd*innen zu schaffen, wobei egal ist, ob der einreisende Mensch konvertiert ist, oder die vorigen Generationen auch schon jüdisch waren. Also nix mit Blut.

Überhaupt ist die angeführte Parole einfach ein prozionistisches Statement, was die Notwendigkeit eines Bewaffneten Kollektivs für Jüd*innen unterstreicht. Der Ausschließende Charakter, den du mit dem völkischen fälschlicherweise kritisieren willst ist von außen dermaßen offensichtlich aufgezwungen. In der jüdischen Weltbevölkerung gab es nämlich erst nach der Shoa so etwas wie eine Mehrheit, die zionistisch war.

Naidoo ist ein homophober und frauenfeindlicher Arsch (ich hoffe, ich trete jetzt niemandem zu nahe), und eine Auseinandersetzung mit seinen Thesen ist mit Sicherheit begrüssenswert. Aber, Sorry, was ihr macht, schiesst dann doch den Vogel ab. Eines der Zitate (Nr. 3), das mich wirklich interessiert hätten, zensiert ihr in eurem eigenem Tex mit 'Der Text um den es im folgenden Absatz geht, wird von uns weder zitiert noch verlinkt, da er eine widerliche und fragwürdige Genauigkeit aufweist und eine abstrakte Erklärung schon als eine Zumutung erscheint.' Ihr verweist auf ein Zitat, von dem ihr glaubt, dass ihr die geneigte LeserInnenschaft davor schützen müsst. Das ist entweder doof stalinistisch oder einfach nur strunzdoof. Aber eine emanzipatorische Kritik an der fundamentalistisch-christlichen MöchtegernLyrik von Naidoo ist ab dann nicht mehr möglich. 

Dann kann man seinen Scheiß auch einfacher kritisieren, dass aus Mannheim eh noch nie was gescheites gekommen ist. Das wäre dann genauso konsistent.

Die Kritik an Babylon ist eine Form des Antiimperialismus, geboren aus der indigenen Überlegung im Kulturgut des Imperialismus selbst einen Archetyp zu finden welcher veranschaulicht was daran grundsätzlich verkehrt ist. Daher der Rückgriff auf die jüdische Erfahrung mit der altertümlichen Hegemonialmacht und die damit verbundene moralische Indifferenz des Konzepts, welches angesichts der Zivilisationskatastrophe ebensowenig wie diese zwischen bigottem Gruppendenken und emanzipatorischer Systemkritik unterscheidet. Von Karl Marx her kommend ist das am klarsten nachvollziehbar aus der Dichtomie vom Reich der Naturnotwendigkeit und dem Reich der Freiheit, nur dass dort das Bilderverbot für das Inner- und Außerhalb der Zwangsverhältnisse als selbstverständlich zugrundeliegt welches der "Babylon"-Rhetorik so gänzlich fremd ist. Das Ende des Imperialismus ist eine Menschheitshoffnung die unabhängig vom Bewußtseinsstand geteilt wird, und das ikonische Geschichtsbild macht über alle Kulturdifferenzen hinweg klar dass es dabei ums System geht und nicht bloss ums Personal.