Soli-Koks für „Wolle“: Nationalisten im Drogensumpf

Der als Terrorhelfer beschuldigte Ex-NPD-Funktionär Ralf Wohlleben bekommt nicht nur Rückenwind von der braunen Musikszene

Dem mutmaßlichen NSU-Unterstützer Ralf Wohlleben, genannt „Wolle“, wird nicht nur von Seiten der braunen Musikantenszene eine beachtliche Solidaritätswelle zuteil. Ab dem 6. Mai soll er sich vor dem Oberlandesgericht München verantworten. Nachdem bereits einschlägig bekannte „Blood&Honour“-Bands ihr Liedgut zu einem Soli-Sampler für den 38jährigen Untersuchungshäftling verarbeiteten, wollen sich offenbar auch alte Geschäftsfreunde Wohllebens nicht lumpen lassen. So sind in den letzten Wochen im Umfeld verschiedener Treffpunkte beider Szenen Tütchen mit weißem Pulver und dem Schriftzug „Soli-Koks für Wolle“ in altdeutscher Fraktur aufgetaucht.

 

Das Kokain soll – nicht namentlich genannt werden wollenden Konsumenten zufolge – „überteuert“ und von mäßiger Qualität sein. Der politischere Teil der Kundschaft stört sich aber mehr daran, dass für die Käufer nicht transparent sei, welcher Anteil der Erlöse tatsächlich an Wohlleben fließt. „Ein guter Kamerad kauft sich so was ja nicht zum Spaß“, hieß es bei einem der letzten Umtrünke in der Berliner Neonazi-Kneipe „Zum Henker“, deren Mietvertrag vom Hauseigentümer fristlos gekündigt wurde.

 

Not amused reagiert auch Wohllebens Anwältin Nicole Schneiders auf die Soli-Koks-Aktion – und das nicht nur aus prozesstaktischen Gründen. Die adrette Szene-Juristin will nach eigener Aussage auch aus moralischen Erwägungen heraus nicht mit Drogengeldern bezahlt werden. Außerdem sieht sie den Vorbildcharakter ihres Mandanten für jüngere Aktivisten in Gefahr. „Drogen, egal welche, sind schädlich für unsere Bewegung. Wir Nationalisten sollten jetzt einen klaren Kopf behalten und uns nicht vorsätzlich die Birne vernebeln“, so Schneiders vor Vertrauten bei der zweiten Flasche Jägermeister.

 

Zwar sind Rauschgifthandel sowie der Konsum illegaler Drogen wie Kokain in der rechten Szene umstritten. Insider berichten jedoch, speziell Wohlleben und Beate Zschäpe hätten sich bereits in den 1990er Jahren „öfter mal die Nasen gepudert“. Wohlleben habe „das Zeug auch gelegentlich weiter vertickt“, während Zschäpe nur bei Partys als Konsumentin aufgefallen sei. Von einem Drogenproblem der Hauptangeklagten im NSU-Prozess will der Verfassungsschutz schon lange gewusst und sie deshalb nicht als V-Frau angeworben haben. Ein polizeilicher Ermittler bezweifelte allerdings bei seiner Zeugenaussage im Untersuchungsausschuss des Bundestages, dass dies für den Geheimdienst ein Ausschlusskriterium sei.

 

Der frühere hessische Verfassungsschützer Andreas Temme, der im Zusammenhang mit dem NSU bereits unfreiwillig für Schlagzeilen sorgte, versichert auf Nachfrage energisch, er habe nichts damit zu tun. „Diesmal echt nicht!“ Er kenne Wohlleben nur über drei Ecken, möge Ossis ohnehin nicht besonders und könne „absolut nichts“ für den Umgang seiner zeitweiligen V-Leute. Mit Drogen habe er schon gar nichts am Hut, sagt Temme und versichert, seine auffällig erweiterten Pupillen und die strapazierte Nasenscheidewand seien lediglich Folgen des andauernden Mobbings durch Medienvertreter. „Ich kann ja so einiges ab, aber wenn Hinz und Kunz meint, mich anpissen zu dürfen, dann ist das ein bisschen zu viel des Guten.“

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hammer! made my day.

Vielen Dank für den Artikel.

 

Zukünftig sollte vllt. darauf geachtet werden Nazis (bzw. Neonationalsozialisten) auch als solche zu bezeichnen.

Natürlich sind es schon im weitesten Sinne "Nationalisten" aber diese Bezeichnung unterschlägt den eliminatorischen Rassismus und Antisemitismus, der den deutschen Faschisten eigen ist.

wenn der vs-typ-absatz nicht wär bzw nicht in diesem stil, wärs wenigstens ein "könnte eben auch sein" geworden, so leider im letzten absatz etwas zu unglaubwürdig. ansonsten schönes abbild dessen, dass nichts klar ist und alles möglich ist, weil öffentlich völlig unbekannt ist, wer, was, wann gemacht/unterlassen hat, wer was von wem weiß bzw seit wann wusste, was und wen wir alle -als "auftraggeber" der behörden- bezahlt haben, ... und kann das echt so sein? Die ganzen Jahresberichte klingen doch immer so detailgetreu auskennend...

vs abschaffen wär da evtl mal n anfang

Naja, um zu vermeiden, dass junge Antifas sich bei Diskussionen verzetteln, indem sie das zu 100 Prozent für bare Münze nehmen, muss Satire schon als solche kenntlich gemacht werden.

der bisher beste artikel zum nsu