(Wien) Wer wird denn gleich spucken?

noWKR Fronttranspi

Die Aufregung ist groß nach einigen „Gewalttaten“ gestern Abend bei den Blockaden gegen den WKR-Ball in Wien. Vor allem ein Video, in dem zu sehen ist, wie ein älteres Pärchen beim Versuch, zu Ball zu kommen, bespuckt, beschimpft und mit Wasser besprüht werden sowie eine Farbbeutelattacke auf den Manche aus der FPÖ sehen darin schon bürgerkriegsähnliche Zustände, seit dem Ballabend hat sie bereits 8 Presseaussendungen gemacht, in denen sie sich über Sicherheitschaos, Krawall-Profis, Anarcho-Kumpananen etc. aufregen. Einige größere Zeitungen, vor allem der Kurier und die Presse, nahmen den Ball auf, und sprechen von Krawallnacht und (Fast-)Eskalation. Die Presse hatte ihre Fotostrecke mit „Nazis weden kalt gemacht“ betitelt.

Es waren übrigens die gleichen Zeitungen, die im Vorfeld durch übelste Spekulationen die Stimmung angeheizt haben. Aber auch zumindest 2 linke Projekte (bawekoll, uebermorgen) haben sich praktisch im Affekt von den Aktionen distanziert und fordern einen Diskussionsprozess. Deswegen hier eine notwendige Entgegnung:

 

 

Worüber gesprochen wird & worüber geschwiegen wird

 

Egal, wie mensch zu den Vorfällen am Albertinaplatz, wo beide Geschichten passiert sind, steht, fällt auf, worüber gesprochen und worüber geschwiegen wird. Nicht gesprochen und nicht distanziert wird z.B. über einen Naziangriff um Mitternacht beim Parlament, bei dem 2 Menschen im Krankenhaus genäht werden mussten. Über Polizeigewalt, die im Laufe der Nacht immer schlimmer wurde, wird kaum ein Wort verloren. Oder über angepisste Taxler, die meinen, auch Blockaden nicht anhalte zu müssen, und so Leute massiv gefährden, wird ebensowenig gesprochen. Nach unseren bisherigen Informationen mussten gestern Nacht zumindest 4 Leute ins Spital gebracht, Leute, die in der „offiziellen Verletztenstatistik“ der Polizei und der Medien nicht vorkommen. Diese Beispiele relativieren oder rechtfertigen die Vorfälle am Albertinaplatz keineswegs. Rechtfertigen können dies nur die Menschen, die das gemacht haben. Doch von unserer Seite kann es zu einer ernsthaften Gewaltdiskussion erst dann kommen, wenn auch diese anderen Formen der Gewalt miteinbezogen werden. Bis dahin ist die Diskussion im besten Fall verkürzt und im schlimmsten Fall verlogen und die Rechtfertigung für mehr (Staats-)Gewalt!

 

Was ist Gewalt?

 

Das Wort Gewalt kommt aus dem althochdeutschen und bedeutet soviel wie stark sein und beherrschen. Dies zeigt, dass Gewalt auf den Herrschaftsmechanismen der Gesellschaft entspringt. Andreas Mölzer ist selbst innerhalb der FPÖ rechtsaußen und hat die Funktion eines Chefideologen inne. Seine Zeitung „Zur Zeit“ ist eine Sammlung von Holocaustleugnungen, rassistischer und antisemitischer Hetze. Er bereitet damit den Boden auf für Taten wie z.B. dem Brandanschlag auf ein Flüchtlingsheim in Batschuns (hier gab es deutlich weniger Aufregung) erst vor wenigen Tagen. Und nun wollen sich diese Gesellen als Opfer darstellen. Bei diesen Spiel machen wir nicht mit!

 

Eine militante Geschichte

 

Um nun auf die Proteste gegen den WKR-Ball zurückzukommen. Die Leute, die sich einen friedlichen Protest oder gar Ignorieren des Balles wünschen, dem sei die Geschichte des Balles ans Herz gelegt. Der Ball konnte 55 Jahre ungestört und unbeachtet stattfinden. Er war eines der größten Feste der Burschenschaften im deutschsprachigen Raum, ein Vernetzungstreffen internationaler Rechtsextremisten mitten im Zentrum Wíens, und kein Mensch hat sich daran gestört. Erst durch die militanten Demos 2008 und 2009 wurde ein Erregungskanal geschaffen, durch den die Rolle der Burschenschaften sowie von Nationalismus, Antisemitismus und Sexismus thematisiert und skandalisiert wurden!

 

Einmal andersrum

 

Abschließen wollen wir mit einem Gedankenexperiment: Mensch stelle sich vor, was passiert wäre, wenn 2 erkennbare Antifaschist_innen in eine Nazidemo von 300 Leuten geraten würde, darunter einige aus dem schwarzen Block. Wäre es auch bei Bierduschen, Spuckattacken und Farbbeutel geblieben? Die Antwort auf diese Frage gibt leider auch der Abend selbst.

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Im Nachgang des europäischen Aktionstags gegen den Kapitalismus am 31. März 2012 (M31) in Frankfurt am Main, in dessen Verlauf es zu medial stark aufgebauschten Ausschreitungen kam, entstand eine Gewaltdebatte, die aber bisher kaum über die konkreten Aktionen hinaus weiter geführt wurde. Als Versuch des ersten Schrittes dazu hatte die campusantifa frankfurt damals die "Fragmente zur Gewalt" verfasst:

 

http://campusantifa.blogsport.de/2012/09/20/fragment-zur-gewalt/

Wiens Polizeipräsident Gerhard Pürstl im KURIER-Interview


KURIER: Herr Pürstl, die FPÖ wirft der Polizeiführung Totalversagen vor. Sie hätten das Gefahrenpotenzial verkannt ...

 

Gerhard Pürstl: Das ist völliger Unsinn. Wir haben die Lage vorher ordentlich beurteilt und uns dann zwei Ziele gesetzt. Das eine war, dass die Demonstrationen friedlich verlaufen. Zweites Ziel war es, die Routen zur Hofburg freizuhalten. Beide Ziele wurden in vollem Umfang erreicht.

 

Aber es wurden einige, die zum Ball wollten, mit Farbbeuteln beworfen und bespuckt.


Heuer gab es sieben angemeldete Großdemonstrationen, die absolut friedlich verlaufen sind. Es war uns aber klar, dass sich die Menge danach verteilen wird und Aktivisten versuchen werden, Straßenblockaden zu errichten. Es ist dann unsere Aufgabe, diese Blockaden aufzulösen und die Menschen, die zum Ball wollen, zu schützen. Das haben wir erreicht.

 

Wie konnte es dann zu den Angriffen kommen?


Es gibt vier leicht Verletzte. Das ist bei einem Einsatz mit solchen Ausmaßen nichts. Ich verstehe, dass es unangenehm ist, wenn man belästigt wird. Aber wir brauchen auch die Unterstützung der Ballgäste, das haben wir auch im Vorfeld mit den Veranstaltern besprochen. Wenn dann aber einzelne Leute nicht, wie ausgemacht, mit dem Taxi oder der U-Bahn auf den freigehaltenen Routen zur Hofburg fahren, sondern mitten durch die Demonstranten spazieren, können wir nicht verhindern, dass sie bespuckt werden. Wir können nur so schnell wie möglich zu ihnen eilen und sie schützen.

 

Das klingt ganz so, als glaubten Sie, das seien bewusste Provokationen gewesen?


Wenn hohe Funktionäre kurz vor dem Ball in ein Lokal außerhalb der Sperrzone essen gehen, obwohl sie wissen, dass Tausende unterwegs sind, die mit dem Ball nicht einverstanden sind, liegt die Vermutung nahe. Ich glaube, man sucht jetzt einen Sündenbock dafür, dass der Ball heuer kein großer Erfolg war. Das haben sich die Wiener Polizisten aber nicht verdient.

 

Werden Sie nächstes Jahr wieder Demos genehmigen?


Die FPÖ hätte am liebsten, dass wir ganz Wien absperren und nur die Ballgäste in die Stadt lassen. Wir können diese Versammlungen aber nur verbieten, wenn es ausreichend Hinweise auf Gewaltbereitschaft gibt. Die gab es diesmal nicht. Die Aktivisten mögen zwar oft nicht nett ausschauen, aber sie sind im Grunde friedlich.

 

Quelle: http://kurier.at/chronik/wien/akademikerball-schlagabtausch-nach-der-bal...

DemonstrantInnen.

Warum wird drüber in den Medien nicht berichtet?