Leipzig: Bericht zur Demonstration "Gegen jeden Sozialdarwinismus!"

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150 Menschen protestieren gegen das Urteil im Prozess gegen die Mörder des Wohnungslosen André K. und gegen Sozialdarwinismus - Gericht berücksichtigt sozialdarwinistisches Tatmotiv nicht - Spendenaufruf für ein würdiges Begräbnis von André K.

 

150 Menschen demonstrierten am 25. Januar 2013 in Leipzig unter dem Motto "Gegen jeden Sozialdarwinismus". Die AG Sozialdarwinismus und die Kampagne "Rassismus tötet!" haben im Zusammenhang mit der Urteilsverkündung im Prozess gegen die Mörder des Wohnungslosen André K. zu dieser Aktion aufgerufen.

 

In der Nacht zum 27. Mai 2011 wurde der schlafende André K. am Oschatzer Südbahnhof von mindestens fünf Männern im Alter von 16 bis 36 Jahren brutal zusammengeschlagen. K. erlag am 1. Juni 2011 seinen schweren Verletzungen. Unter den mutmaßlichen Tätern befindet sich auch Ronny

S.(27), der der nordsächsischen JN, der NPD-Jugendorganisation, zuzurechnen ist.

 

Nach über einjähriger Verhandlung vor dem Leipziger Landgericht ist am 25.Januar das Urteil gegen die fünf Täter im Prozess um die Tötung des wohnungslosen André K. gesprochen worden. Trotz der Forderung der Nebenklage, die Angeklagten Sebastian B. und Ronny S. wegen Mord aus

niederen Beweggründen sowie die drei jugendlichen Beschuldigten wegen Körperverletzung mit Todesfolge zu verurteilen, folgte das Gericht dem nicht. Die Angeklagten erhielten hohe Haftstrafen, jedoch untersuchte das Gericht zu keiner Zeit ein sozialdarwinistisches Tatmotiv.

"Die Täter", so Miriam Schleicher, Pressesprecherin der Kampagnengruppe, "sind Neonazis, die aus sozialdarwinistischen Motiven gehandelt haben. Sie haben Andre K. ermordet, weil sie ihm ein geringeren sozialen Status zugeschrieben haben."

 

Diese Tat kann nur als Spitze eines gesamtgesellschaftlich verbreiteten Sozialdarwinismus gesehen werden. Das Handeln von Gerichten und Polizei ist dafür exemplarisch, auch in diesem Fall: So äußerte der polizeiliche Ermittlungsführer, dass ihn ein Tatmotiv nicht interessiere, wenn er doch

die Täter habe. "Das Tatmotiv wird nicht nur ausgeblendet, es wird gar nicht erst danach gesucht. Die gleichen Beamt_innen waren auch für die Hausdurchsuchungen bei zwei der Täter verantwortlich und fand keine Hinweise für deren rechte Gesinnung, wobei sich die Frage stellt, ob

überhaupt danach gesucht wurde?", so Schleicher.

 

Auch Richter Nobert Göbel reproduzierte das Ungleichwertigkeitsdenken der Täter, indem er Zeug_innen und auch die Täter aufgrund ihres vermeintlichen sozialen Status herabwürdigte. Das Verhalten des Richters illustriert die gesellschaftliche Einbettung sozialdarwinistischen Denkens. "Täter, wie die im Fall des ermordeten André K., setzen lediglich um, was durch Gesellschaft und Politik vorgegeben wird.", so Schleicher.

 

Auf der Demonstration wurde in einem Redebeitrag auch auf die Folgen städtischer Ordnungspolitik für sozial Marginalisierte hingewiesen. Sitzgelegenheiten im innerstädtischen Raum wurden schon vor Jahren derart umgestaltet, dass darauf Schlafen nicht möglich ist. Durch das nächtliche Schließen der Sparkassenfilialen in Leipzig werden Wohnungslose, die sich dort in kalten Jahreszeiten aufwärmen, gezielt ausgeschlossen. Solche und ähnliche Maßnahmen haben schwere Konsequenzen für die Betroffenen:

Die Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe e.V. zählt 274 Wohnungslose, die seit 1991 erfroren sind, weil sie keinen Schutz gefunden haben. Miriam Schleicher dazu: "Abwertungs- und Ausschlussmechanismen gegenüber sozial Benachteiligten, wie sie an Bahnhöfen und Innenstädten Praxis sind, müssen ein Ende haben. Nicht über Verbote, sondern durch Ursachenanalyse sozialer Benachteiligung ist eben jene aufzuheben. Verbote manifestieren Benachteiligungen und Ausschlüsse lediglich durch ihre Unsichtbarkeit."


Spendenaufruf RAA Sachsen e.V.:

Was immer noch vonnöten ist, ist ein würdiges Grab für André K. Die Familie des Getöteten wurde durch die Polizei von dessen Ermordung nicht informiert. Als die Angehörigen die Todesnachricht erhielten, war Andre K. bereits beerdigt: in einem Urnensozialgrab. Die Familie möchte nun eine

würdige Ruhestätte für Andre K. Die dafür entstehenden Kosten sollen durch Spenden erbracht werden. Bisheriger Spendenstand: 1.350,-Euro

 

Spendenkonto:

Jugend-, Kultur- und Umweltzentrum e.V.

Konto: 2200024013

BLZ: 860 555 92 (Sparkasse Leipzig)

Verwendungszweck: Spende Umbettung André K.

 

Bericht zum Urteil auf Linksunten:

 

Leipzig: Urteil im Prozess gegen die Mörder des Wohnungslosen André K. - Ein Prozessbericht

 

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"Die Angeklagten haben ihren Tag unterschiedlich verbracht und stießen später aufeinander. Zu diesem Zeitpunkt standen die Beschuldigten bereits unter Alkoholeinfluss."

https://linksunten.indymedia.org/de/node/77176

Dann ist doch klar, dass da wohl kaum eine Staatsanwaltschaft irgend ein rechtes Motiv erkennen will, wenn die Mörder nicht wussten, was sie taten. Klar, die Gewaltschwelle sinkt noch mehr. Das Spannendste mmn ist das, das in Teilen der Nazi-Szenen ein Alkoholproblem herrscht.

So etwas muss mehr in die Öffentlichkeit, also "unpolitische" Themen. Lockt mehr Leute an, denn was "Sozialdarwinismus" ist, wissen wohl nicht so viel. Ok, muss jede_r selber wissen, wo Schwerpunkte zu setzen sind. Die Demo war auf jeden Fall wichtig, denn die Staatsanwaltschaft hat sich für die SD-Theorie nicht mal ansatzweise interessiert.

Ach ja, Betrunkene Faschos kannst du bei der Machtergreifung (die hoffentlich nie kommt) und einem anschließenenden Angriffskrieg gegen Polen nicht wirklich gebrauchen. Leute nehmen oft Drogen, weil Sie depressiv und frustiert sind. Bei den Leipziger Nazis kann z.B. ein Frustmotiv sein, dass die seit 2011 keine Demonstration mehr hier angemeldet haben, was dem antifaschistischen Engagement in der Stadt glücklicherweise zu verdanken ist. Für so eine große Stadt und dann auch noch in Sachsen sind die NPD Strukturen sehr schwach ausgeprägt.

Never ever fascism!

Und immer und immer und immer wieder stellt sich die Frage:

WARUM gewähren die VerfasserInnen von Indy-Artikeln über Nazis selbigen den Schutz der Anonymität, indem sie die Klarnamen der Faschos, obwohl bekannt, nicht ausschreiben, den Nachnamen auf das Initial abkürzen???

Weil die Bildzeitung das auch so macht, ihr nichts anderes kennt und die Macht des Gewohnten euch dazu verleitet?

neben ronny schleider besteht die vermutung, dass zwei der drei jugendlichen, tommy j. und chri k., revision eingelegt haben.

 

http://www.sz-online.de/sachsen/nachrichten-2501525.html

 

 

 

Dienstag, 05.02.2013

 

Nach Tod eines Obdachlosen

 

Revision gegen drei Urteile

Oschatz. Drei junge Männer, die den Tod eines Obdachlosen in Oschatz zu verantworten haben, wehren sich gegen ihre Urteile. Sowohl der Hauptbeschuldigte Ronny S. als auch zwei weitere Verurteilte haben Revision eingelegt. S. war wegen Totschlags zu 13 Jahren verurteilt worden, hatte seine Beteiligung aber bestritten. Drei weitere Männer akzeptierten ihre Strafen. Sie hatten einen 50-Jährigen am Oschatzer Bahnhof massiv verprügelt und schwer verletzt liegen gelassen. Er starb wenige Tage später. Wie stark rechtsextremes Gedankengut bei der Tat eine Rolle spielt, wurde nicht voll aufgeklärt. (sh)