Militanter Generalstreik in Athen

Anarchistischer Aufruf

Der erste Generalstreik nach den Wahlen in Griechenland hat sich erneut in einem Zusammenstoß mit der Staatsmacht entladen. Das Ausmaß war geringer als im Februar. Während Gewerkschaften und bürgerliche Gruppen schon im Vorfeld zum heutigen Streik mobilisierten, war die Vorbereitung aus dem anarchistischen Spektrum verhalten.

 

Im Vorfeld machten Gerüchte die Runde, Chrisi Avgi wolle an der Demonstration teilnehmen und für diesen Fall hätte es keinen Konsens gegeben, wie man diesen Block aus der Demo entfernt hätte. Weil es die Befürchtung gab, ein militanter Angriff auf einen Naziblock könnte die Demo spalten und den Faschisten nützen, wären dann einige anarchistische Gruppen aus der Demo ausgestiegen.

In den letzten Tagen schien es dann eher so, das die Faschisten zusammen mit Polizei einzelne Einkaufsstrassen vor Plünderung schützen wollten. Der Terror der letzten Monate hat ein Klima der Angst geschaffen, denn der gemeine Nazi sticht einfach mit dem Messer zu ohne Repression befürchten zu müssen. Wie die Präsenz der Nazis heute um die Demo herum war lässt sich schwer sagen, am Vorabend hatten sie noch eine Migrantenjagd bei Platia Ameriki gestartet.

Eine unüberschaubare Menschenmasse versammelte sich heute ab 12 Uhr im Zentrum Athens. Während das Ende noch vor dem Polytechnio stand, waren die ersten Blöcke schon vor dem Parlament. Die Stalinisten führten eine getrennte Demo bei Omonia durch.

 

Der anarchistische Block lief über die Demo verstreut mit. Die Reaktionen auf die Vermummten, die einen Benzingeruch verströmten waren unterschiedlich; von Zustimmung bis handgreiflicher Ablehnung. Wenn auch einige zivilgesellschaftlichen Gruppen es bevorzugen sich Zusammenschlagen zu lassen, wie am Vortag in Madrid, sind diese Zusammentreffen unterschiedlicher Protestformen auf Großdemos ein wichtiges Element einer manchmal hitzigen Streitkultur.

 

Die Polizei hatte auch nach den letzten Ausschreitungen gelernt und diesmal ein Spalier aus 3 Reihen vor den Luxushotels am Syntagma aufgestellt. Als die DemonstrantInnen mit diesen Einheiten aneinander gerieten, entlud sich schnell der Frust auf allen Seiten. Es kam zu heftigen Auseinandersetzungen mit Molotov Cocktails und Steinen. Die Riot Polizei MAT griff viel schneller als sonst von allen Seiten des Syntagma an. Nachdem sie in der letzten Woche sogar eine Demo von Polizeigewerkschaftern gegast hatten, waren sie heute sehr verbissen, trotz geplanter Gehaltskürzungen.

Nach einer Stunde Kampf hatte ein Großaufgebot die Demonstration auseinander gejagt. Es gab über 100 Verhaftungen und zahlreiche Verletzte auf allen Seiten.

Nachdem ein einzelner Verkehrspolizist von abziehenden Demonstranten in die Mangel genommen wurde, rückten mehrere Gruppen MAT nach Exarchia ein. Daraus entwickelten sich weitere Riots, die auf weitgehend unvorbereitete AnwohnerInnen trafen. Die Bullen waren auch hier ungewöhnlich schnell, besetzten Kreuzungen nur kurz um kein Ziel zu bieten. Zum Einsatz kamen verschiedene Chemikalien, Blendschock und Granaten mit Plastikschrapnell. Auch der neue Wasserwerfer wurde gesichtet.

 

Die Regierung handelt gegen den Willen fast aller Bevölkerungsschichten, das hat die Beteiligung an der heutigen Streikdemo gezeigt. Ob sich die Menschen einer weiteren Absenkung des Lebensstandarts wirksam entgegenstellen kann aber nicht nur an solchen Ausschreitungen gemessen werden. Täglich wird in den Medien von Selbstmorden berichtet, Obdachlose und Bettler mit verfaulten Beinen sind im Zentrum Athens eine alltägliche Erscheinung. Symbolhaft waren auch die Gäste eines trotz Streik geöffneten Lokals, die dem Treiben absolut gleichgültig zusahen, um dann panisch zu flüchten als sie ins Kreuzfeuer von MAT und Steinewerfern gerieten.

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Danke für den informativen Artikel.Folgende Abschnitt vertehe ich nicht so ganz:

 

"Im Vorfeld machten Gerüchte die Runde, Chrisi Avgi wolle an der Demonstration teilnehmen und für diesen Fall hätte es keinen Konsens gegeben, wie man diesen Block aus der Demo entfernt hätte. Weil es die Befürchtung gab, ein militanter Angriff auf einen Naziblock könnte die Demo spalten und den Faschisten nützen, wären dann einige anarchistische Gruppen aus der Demo ausgestiegen."

 

Wären sie aus der Demo ausgestiegen, um Chiris Avgi zu bekämpfen? Das wäre für mich die einzige Lösung, dass es unter AnarchistInnen diesen Konsens gegeben hätte oder habe ich hier etwas falsch verstanden?