Am Donnerstag, den 26.07.2012, fand unter strengen Einlasskontrollen der letzte Prozesstag und die damit verbundene Urteilsverküdung gegen den Neonazi Sebastian Elsner, vor dem Leonberger Amtsgericht statt. Rund 30 AntifaschistInnen beteiligten sich an einer kritischen Prozessbeobachtung. Der einschlägig bekannte Neonazi Elsner wurde zu einer Haftstrafe von zwei Jahren und drei Monaten verurteilt und muss die Kosten des Gerichtsverfahrens tragen. Anwesende ProzessbeobachterInnen bewerten die Tatsache, dass dieses Verfahren und die – zwar vergleichsweise milde - Verurteilung überhaupt zustande kam als Erfolg der antifaschistischen Mobilisierungen.
Was ist war
passiert?
Die Neonazis
Sebastian Elsner, Dominik Fischer und Aaron Nießner griffen am
11.März 2011 eine Gruppe junger Antifaschisten in der Leonberger
Altstadt an. Nach einem Wortgefecht zückte der Nazi Elsner eine
Gaspistole und zögerte nicht lange um einem der
Antifaschisten mit dieser ins Auge zu schießen. Der Antifaschist
trug schwere Verletzungen davon und musste sich noch am selben Tag
zwei Notoperationen unterziehen, um zu retten was noch zu retten
ist.
Die Verfahren gegen die beiden Mittäter Dominik Fischer, der
schon bei einem Mordversuch auf MigrantInnen in Winterbach auf der
Anklagebank saß, und Aaron Nießner wurden schon im Vorhinein
eingestellt. Stadt und Polizei verschwiegen lange den rechten
Hintergund des Angriffs und wurden nur durch den öffentlichen Druck
antifaschistischer Gruppen aktiv.
Sebastian Elsner musste sich nun
wegen gefährlicher Körperverletzung u.a. vor dem Leonberger
Amtsgericht verantworten. (Informationen zum bisherigen
Prozessverlauf: https://linksunten.indymedia.org/de/node/63664)
"Es wurde aus höchstens
20-30 cm Entfernung geschossen"
Während
des heutigen Prozesstages erwies sich die Aussage von Sebastian
Elsner, in der er schilderte, dass er aus anderhalb
Metern in
Notwehr geschossen habe als falsch. Wiederlegt wurde die Legende des
Nazis durch Aussagen des Augenarztes und eines Sachverstädnigen der
Landespolizeidirektion.
Zuerst sprach der behandelnde Augenarzt
des Antifaschisten und hob nocheinmal die Schwere der Tat hervor,
indem er davon sprach, dass eine Schwächung der Sehkraft weiterhin
bestehen bleibt und diese sich sogar noch verschlechtern und eine
Transplantation der beschädigten Hornhaut nötig sein könne.
Schmauchspuren und eingebrannte Steinchen sprechen zudem für einen
Schuss aus wenigen Zentimetern, so der behandelnde Arzt.
Der
folgende Gutachter der Landespolizei legte mehrere A3 Papiere mit
Schussversuchen aus unterschiedlichen Abständen vor. Aus diesen
Tests und dem Gutachten ergab sich, dass aus "höchstens 20-30
cm Entfernung geschossen wurde, mit Tendenz zu ersterem Abstand.",
erläuterte der Polizeibeamte.
Eine Freundin der drei Neonazis,
die am Tatabend gemeinsam mit ihnen in der Leonberger Altstadt
unterwegs war, sagte als dritte Zeugin am heutigen Porzesstag aus.
Sie erläuterte, dass der Neonazi Aaron Nießner ihr von der Tat via
Facebook erzählte und sie aufgefordert habe, nichts weiter zu
erzählen. Über den Waffenbesitz von Sebastian Elsner war sie zwar
stets informiert, hatte aber nach eigenem Bekunden keine Probleme
damit.
Am Ende der Verhandlung führte Richter Blattner noch
einen Zeitungsartikel über Outings in den Prozess ein. Den Antrag
dafür stellte der Nazianwalt und frühere Frontmann der Naziband
"Noie Werte" Steffen Hammer, der als Verteidiger von
Sebastian Elsner fungierte. Der verlesene Zeitungsartikel
thematisierte mehrere Outingaktionen, die am 2. Juli 2012 in der
Region um Stuttgart stattfanden, eine davon vor dem Haus von
Sebastian Elsner. Der
Angeklagte Elsner wollte es sich danach nicht nehmen lassen, in einer
kurzen Einlassung sein Leid zu klagen und sich dadurch in einen
positives Licht zu rücken.
Pladoyers und Urteil
In dem späteren Plädoyer der Staatsanwaltschaft beantragte diese, dass sich der zuvor geschilderte Outing-Vorfall strafmildernd in diesem Verfahren auszuwirken habe.
Zudem führte die Staatsanwältin immer wieder die "Extremismustheorie" ins Feld, wonach ein allgemeine Problematik zunehmender Gewalt zwischen "Rechts- und Linksextremen" vorhanden sei. Eine Unterscheidung zwischen Nazihorden die Jagd auf Andersaussehende und Andersdenkende machen und denjenigen die hiergegen Widerstand organisieren, blieb hierbei außen vor. Dennoch wies sie auf ettliche Widersprüche in den Aussagen der Nazis hin und verwies auf die falschen Alibis und geplanten Absprachen der Nazis, die erst im Zuge der Ermittlungen der Polizei aufflogen. Als sie die aus ihrer Sicht angemessene Strafe beantragte, forderte sie zwei Jahre und acht Monate ohne Bewährung für den Neonazi.
Politische
Bewertung
Aus
unserer Sicht, verlief die Mobilisierung zur antifaschistischen
Prozessbeobachtung ausgesprochen erfolgreich. An jedem der drei
Prozesstage, waren die Sitzplätze im größten Gerichtssaal des
Leonberger Amtsgerichtes voll besetzt. Dies und die offensive
antifaschistische Thematisierung des Vorfalls direkt nach dem Vorfall
und im Vorfeld des Prozesses dürften mit ausschlaggebend für das
Zustandekommen des Verfahrens und dessen Ausgang gewesen sein.
Es
ist jedoch davon auszugehen, dass es zu einer Berufungsverhandlung in
dem Verfahren kommen wird. Hierbei könnte eine Aussetzung der Strafe
zur Bewährung durchaus mögliches Ergebnis sein.
Ganz unabhängig von der juristischen Ebene des Verfahrens, ist für uns jedoch die politische Ebene das Entscheidende. Das Zustandekommen des Verfahrens aber auch die Versuche der Neonazis in Leonberg Fuß zu fassen zeigen deutlich, dass es an uns liegt den antifaschistischen Selbsschutz im Konkreten und den Antifaschistischen Kampf im Allgemeinen zu führen und uns dabei eben nicht auf Instututionen oder Urteile der bürgerlichen Klassenjustiz zu verlassen.
Verharmlosung
"Gaspistole" ist eigentlich ausreichend um jemanden zu erschießen, jedenfalls auf zu kurze Distanz!
Damit gab es auch schon genug "erfolgreiche Suizide"!
Daher hat das Arschloch bewußt den Tod eines Menschen in Kauf genommen!
Dafür ist das Urteil noch viel zu mild!
Wurde die Problematik vom Gericht nicht ausreichend gewürdigt?