+++ Großaktionen am Düsseldorfer Flughafen, Roma-Demo zur lokalen Ausländerbehörde, Soli-Besetzungen in Düsseldorf etc. +++ Autoritäre Formierung im Namen von critical whiteness +++ FlüchtlingsaktivistInnen kritisieren falsche Solidarität und fehlende Bezugnahme auf alltägliche Kämpfe +++ Awareness-Gruppe driftet unter Verletzung sämtlicher Mindeststandards in Willkür ab +++ agisra/Beratungsstelle für MigrantInnen erhält Veranstaltungsverbot +++ Politische Debatten fallen ins Wasser +++ Noborder 2013 mit Fragezeichen +++
Bereits im Vorfeld des Nobordercamps ist es innerhalb des Vorbereitungszusammenhangs zu massiven Problemen und Konflikten gekommen, was nicht nur zu einem Alternativaufruf seitens „antiautoritärer antirassistischer Gruppen“ geführt hat, sondern auch dazu, dass verschiedene Zusammenhänge (u.a. aus Belgien und Frankreich) ihr Wegbleiben ausdrücklich angekündigt haben, insbesondere nachdem sie auf dem Noborder-Camp in Stockholm einen unerwarteten Vorgeschmack auf die Debattenkultur des Kölner Camps erlebt hatten. Dennoch bestand bei vielen bis zum Schluss die mehr oder weniger zweckoptimistische Hoffnung, dass es das Camp selbst schon richten würde – spätestens wenn mensch sich live sehen, direkt miteinander sprechen und gemeinsame Aktionserfahrungen machen könne. Allein: Dies und weiteres sollte sich als frommer Wunsch erweisen, denn die Sache wurde noch schlimmer – nicht zufällig sprach daher ein Flüchtlingsaktivist am Tag nach dem Camp auf der internen Mailingliste von einer „Atmosphäre der Angst und der Beklommenheit“, die insbesondere von einer Gruppe auf dem Camp geschürt worden sei (um besagte Gruppe – samt Umfeld – wird es im folgenden noch öfter gehen, wir möchten allerdings auf ihre namentliche Nennung verzichten, allein um die von dieser Gruppe praktizierten Methoden nicht ungebrochen fortzusetzen). Entsprechend drohte das Camp am Ende förmlich zu kollabieren, spätestens nachdem das Infozelt aus Solidarität mit einer von rassistischer Diskriminierung betroffenen Person in Streik getreten war – wobei bereits an dieser Stelle ausdrücklich erwähnt sei, dass der als vermeintliche Täterin benannten Person zu keinem Zeitpunkt mitgeteilt wurde, wann und wo es zu welcher Diskriminierung gekommen sein soll. Mit anderen Worten: Noborder 2012 war politisch, sozial und menschlich ein GAU – nicht anders als der Himmel, aus dem es pausenlos schüttete. Um so wichtiger erscheint nunmehr eine sorgfältige Nachbereitung unter möglichst breiter Beteiligung. Dafür müssen die Dinge zum einen ungeschminkt benannt werden, zum anderen möchten wir dafür plädieren, dass die vor und während des Camps entstandene Kultur des Verdachts, des Misstrauens und der willkürlichen Attacken endlich ein Ende findet. Es muss stattdessen eine Gesprächsatmosphäre geschaffen werden, in der Argumente, Fragen oder Kritiken angst- bzw. unterbrechungsfrei formuliert werden können – auch dann, wenn das Gegenüber mit der Position explizit nicht einverstanden ist oder den Eindruck hat, dass in einem Statement problematische, mithin diskriminierende Anteile mitschwingen könnten.
Noch ein Wort zu uns: Als NoLager Bremen waren wir Teil eines gemischten Zusammenhangs, der mit ca. 20 Personen am Camp und dessen Vorbereitung beteiligt war – vor allem aus Afrique-Europe-Interact, Welcome to Europe, Aktionsbündnis gegen Abschiebungen Rhein-Main und transact. Wir haben auf dem Camp mehrere Veranstaltungen gemacht, das Ausstellungsszelt gestaltet und die beiden Flughafen-Aktionen mitvorbereitet. Der vorliegende Bericht ist allein von uns verantwortet, allerdings ist er aus kollektiven Reflektionen während des Camps hervorgegangen.
I. Aktionen & Workshops
Gerade weil Aktionen notgedrungenerweise nicht im Zentrum dieser Auswertung stehen, sei ausdrücklich darauf hingewiesen, dass es sie durchaus in zahlreicher Form gegeben hat – als da wären: Auftakt-Demo in Düsseldorf aus Solidarität mit den hungerstreikenden Flüchtlingen in bislang sechs deutschen Städten; Kundgebung im Düsseldorfer Abschiebeflughafen (http://www2.de.indymedia.org/2012/07/332750.shtml); Roma-Demo zur lokalen Ausländerbehörde in Köln-Kalk; Aktionshappening mit Konzerten und Redebeiträgen auf der Domplatte; Aktion gegen die zentrale Ausländerbehörde in Köln; Besetzung des französischen Konsulats aus Solidarität mit den Flüchtlingen und MigrantInnen in Calais; Besetzung der Landesgeschäftsstelle von Bündnis90/Die Grünen zur Unterstützung der Hungerstreikenden in Düsseldorf (http://www2.de.indymedia.org/2012/07/332823.shtml + http://thecaravan.org/node/3319); Antirassistischer Stadtspaziergang in Köln; Großdemo am Düsseldorfer Abschiebeflughafen mit 700 bis 800 TeilnehmerInnen (https://linksunten.indymedia.org/de/node/64350 + http://www.youtube.com/watch?v=fRN6FoJDfW4); sowie kontinuierliche Unterstützung der Hungerstreikenden in Düsseldorf (http://www2.de.indymedia.org/2012/07/332950.shtml). Ganz ähnlich das Bild bei den Workshops: Auch hier gab es ein (über-)volles Programm (http://noborder.antira.info/de/program/) - einschließlich Konzerten und Theaterstücken, etwa der Einakter eines ursprünglich aus Tunesien stammenden Aktivisten von Afrique-Europe-Interact, in dem anlässlich eines boats4people-Workshops von den Migrationserfahrungen junger Leute in Tunesien vor und nach der Revolution erzählt wurde.
II. Critical Whiteness
Vorweg möchten wir unserer prinzipiellen Überzeugung Ausdruck verleihen, dass die Auseinandersetzung mit critical whiteness für antirassistische Kämpfe absolut unumgänglich ist (critical whiteness ist ein aus den USA stammendes Konzept, das in der wissenschaftlichen und/oder politischen Auseinandersetzung mit Rassismus nicht die Entrechtung, sondern die Kritik weißer Vorherrschaft und der damit verknüpften Privilegien ins Zentrum rückt). Denn ohne die Impulse und Herausforderungen durch viele unter anderem im critical whiteness-Diskurs aufgeworfenen Fragen und Probleme wären zahlreiche gemischt zusammengesetzte antirassistische Projekte in den letzten 10 Jahren gar nicht möglich gewesen – unter anderem die Folgenden: 5. Antirassistisches Grenzcamp/2002: http://www.nadir.org/nadir/kampagnen/camp02/), NoLager-Netzwerk/2002-2007: http://www.nolager.de/), Afrique-Europe-Interact/seit 2009: http://www.afrique-europe-interact.net ) und das aus dem Noborder-Camp 2009 auf Lesbos hervorgegangen Netzwerk welcome2europe: http://w2eu.net/ + http://w2eu.info/). Auf dem Camp kam es aber zur identitätspolitischen und autoritären Aufladung des Konzepts, so dass critical whiteness nicht mehr zum produktiven Stichwortgeber wurde, sondern zu einer anti-emanzipatorischen Dominanzstrategie. Problematisch war vor allem die bereits im Vorfeld deutlich gewordene Polarisierung bzw. Dichotomisierung, wonach weiße AktivistInnen allein durch ihre gesellschaftliche Positionierung rassistisch seien und sich daher primär mit ihrem eigenen Rassismus auseinander setzen sollten, anstatt staatlichen oder gesellschaftlichen Rassismus aktionistisch zu bekämpfen (zur Veranschaulichung sei nur aus einem offenen Brief aus Berlin zitiert, in dem es heißt: „Wir weiße (Personen), unsere Körper, unsere Stimmen, unsere Gedanken sind immer rassistisch. (…) Entweder wir werden angefragt oder wir halten den Mund! “). Folgerichtig wurde in diesem Zusammenhang auch immer wieder der Überzeugung Ausdruck verliehen, dass so etwas wie gleichberechtigte gemischte Kämpfe nicht wirklich möglich seien – bestimmendes Credo war stattdessen der von der US-amerikanischen PoC-Aktivistin Tamara K. Nopper stammende Slogan „Don't call us, we'll call you“ und nicht etwa das von der (australischen) Murri-Aktivistin Lilla Watson kreierte und 2003 von der Flüchtlingsinitiative Brandenburg auf T-Shirts gedruckte Motto „How is your liberation bound up with mine/Wie ist deine Freiheit mit meiner verbunden?“ (das gesamte Zitat lautet im Übrigen: „"If you have come here to help me, then you are wasting your time. But if you have come because your liberation is bound up with mine, then let us work together."). In der Konsequenz haben die hiermit verknüpften Vorgehensweisen zu einer Vielzahl äußerst problematischer Dynamiken, Auseinandersetzungen und Stimmungslagen geführt – worum es nunmehr etwas genauer gehen soll:
a) Falsche Solidarität: Hinsichtlich der Stimmungslage vieler weißer CampteilnehmerInnen hat beim Abschlussplenum am Sonntag vor allem ein Aktivist von The Voice Refugee Forum sehr pointiert Stellung bezogen. Er meinte, dass sich während des Camps eine Atmosphäre falscher Solidarität aufgebaut habe: Leute würden sich schuldig fühlen, ohne zu wissen, weshalb – entsprechend hätten sich Leute zu Solidaritätsbekundungen gezwungen gesehen, einzig aus der Angst heraus, ansonsten als RassistIn zu gelten. Im Kleinen ist das etwa darin deutlich geworden, wie ein Flüchtlingsaktivist mit afrikanischem Hintergrund berichtete, dass ihm auf dem Camp immer wieder mit übertriebener Höflichkeit der Weg frei gemacht worden sei. Ungleich problematischer war allerdings, dass Statements oftmals entlang von sogenannter Hautfarbe beklatscht wurden – quasi unter Ausblendung des konkreten Inhalts. So berichtete ein Flüchtlingsaktivist beim abschließenden Plenum des Thementags zu critical whiteness am Montag, dass er 7 Jahre lang in Mecklenburg-Vorpommern im Wald gelebt habe und dass er jene weißen AktivistInnen sehr wohl als solidarische MitstreiterInnen betrachten würde, die 2003 in 'sein' Lager gekommen seien. Denn erst dadurch sei es ihm und vielen anderen möglich geworden, im Rahmen des NoLager-Netzwerks der Repression und dem alltäglichen Terror des Lagers in Tramm zu entkommen. Einziger Haken: Dieser Beitrag wurde von Leuten beklatscht, die noch einige Minuten zuvor völlig anders gelagerten, ja gegenläufigen Redebeiträgen vehement zugestimmt hatten. Kurzum: Hier ist die politische Kommunikation in die Falle identitätspolitischer Selbst- und Fremdstereotypisierung getappt, d.h. der strategische Bezug auf gesellschaftliche Positionierungen diente nicht mehr ihrer Überwindung, vorherrschend war stattdessen die Tendenz ihrer (abermaligen) Zementierung.
b) Marginalisierung flüchtlingspolitischer Kämpfe: Das bislang Gesagte heißt allerdings nicht (und auch darauf haben die bislang zitierten FlüchtlingsaktivistInnen stets hingewiesen), dass weiße AktivistInnen vor Rassismus prinzipiell gefeit seien. Die Frage sei allerdings, wie damit umgegangen werden solle: Extrem konfrontativ – und zwar mit der Begründung, dass alles andere nicht helfen würde? Oder aber solidarisch, wie es diverse FlüchtlingsaktivistInnen immer wieder eingefordert haben? Aus unserer Perspektive spricht vieles für letzteres, wie auch der konkrete Verlauf des Camps gezeigt hat. Denn Konsequenz der hier geschilderten Dynamiken war, dass es zu einer Art Hierarchisierung der Problemlagen gekommen ist: Statt praktischer Diskussionen und Gespräche darüber, wie die verschiedenen Kämpfe aufeinander bezogen werden könnten, kreisten viele Camp-Gespräche einzig um die scheinbaren oder tatsächlichen Rassismen im Camp. Kein Wunder also, dass FlüchtlingsaktivistInnen in einem abschließenden, unter dem Motto „Ist das also das No Border Camp“? verbreiteten Statement die Diskrepanz zwischen proklamierten Zielen und Realität heftig kritisiert haben. Konkret ist in dem Text von „Isolierung und Ignorierung von Geflüchteten auf dem Camp“ die Rede, von „Rassismus“, von der „Monopolisierung des Camps durch eine bestimmte Gruppe“ sowie von der fehlenden „Möglichkeit für die Geflüchteten, sich auszudrücken.“ Entsprechend bitter heißt es am Ende: „Letztendlich kehren wir, die Geflüchteten, mit sehr großer Enttäuschung in unsere unterschiedlichen Landkreise zurück.“ Doch nicht nur die problematische Verschiebung von Prioritäten, auch bewegungspolitische Überlegungen sprechen dafür, dass Kritik und Selbstkritik anders formuliert bzw. eingefordert werden sollte, als das in Köln der Fall gewesen ist. Denn soziale Bewegungen sind keine Apparate mit institutionalisierten Strukturen für Vorsitzende, Schatzmeister, Generalsekretäre etc. Im Gegenteil: Es handelt sich um äußerst fragile Gebilde, weshalb bereits ein kurzer Blick in die Geschichtsbücher linker Bewegungen zeigt, dass nur die Allerwenigsten bereit und in der Lage sind, über längere Zeiträume all zu hohe Konfliktlevel auszuhalten (ablesbar etwa an den zahlreichen, im Zuge des antideutschen Diskurses erfolgten Spaltungen innerhalb der Antifa). Gerade deshalb finden wir es wichtig, dass sich spätestens im Zuge der Globalisierungsbewegung (inspiriert unter anderem von den Zapatistas) in größeren Teilen der radikalen Linken ein insgesamt behutsamerer und kompromissorientierterer Auseinandersetzungsstil etabliert hat – also genau das, was wir in Köln so schmerzlich vermisst haben.
c) Campinterne Sicherheitdiskurse: In einer am 4. Tag des Camps publikumswirksam lancierten Kritik seitens der schon mehrfach erwähnten Gruppe hieß es, dass sich PoC („Person of Colour“) und Geflüchtete auf dem Camp unsicher fühlen würden. Begründet wurde dies zum einen mit dem nur unzureichend organisierten Campschutz, zum anderen mit der Existenz von Alkohol und Drogen, die die allgemeine Achtsamkeit schwächen würden und PoC-AktivistInnen ggf. diskreditieren könnten. Als Reaktion auf diese Kritik wurde der Campschutz fortan deutlich intensiviert, was sicherlich kein Fehler war. Und doch blieb ein ausgesprochen fader Beigeschmack. Denn in unseren zahlreichen Gesprächen ist uns keinE einzigeR FlüchtlingsaktivistIn begegnet, die bzw. der sich eigens unsicher gefühlt hätte (d.h. jenseits der leider ohnehin bestehenden Unsicherheiten). Vor allem aber haben alle von uns gefragten FlüchtlingsaktivstInnen darauf hingewiesen, dass sie diese Klage noch von niemandem sonst gehört hätten (und selbst der PoC-Aktivist, der bei der Podiumsdiskussion am Montag-Nachmittag die fehlende Sicherheit vehement an den Pranger gestellt hat, hat seine Kritik im anschließenden persönlichen Gespräch überraschend deutlich relativiert). Vor diesem Hintergrund konnte es nicht überraschen, dass es nicht zuletzt FlüchtlingsaktivistInnen waren, die sich beim Zwischenplenum am Dienstag mit aller Kraft gegen das für die Bar geforderte Verbot von Alkoholverkauf eingesetzt haben – zugunsten einer kollektiven Verantwortlichkeit im Falle davon, dass einzelne zu viel trinken würden. Es dürfte sich von selbst verstehen, dass wir damit keineswegs ausschließen wollen, dass es sehr wohl einzelne PoC und/oder Geflüchtete gegeben hat, die sich aus den genannten Gründen auf dem Camp unsicher gefühlt haben. Dennoch scheint uns vieles dafür zu sprechen, dass die zwischenzeitlich aufgekommene Stimmung reichlich überzogenen war, wonach sich PoC und/oder 'Geflüchtete' auf dem Camp mehrheitlich unsicher fühlen würden. Mehr noch, die Stimmung war unseres Erachtens unangemessen, wie folgendes Beispiel zeigt: Ein Flüchtlingsaktivist aus Süddeutschland meinte im Gespräch am Dienstag, dass er sich in den ersten Tagen sicher und gut auf dem Camp gefühlt habe. Doch dieses Gefühl sei nach der Thematisierung vermeintlich fehlender Sicherheit schlagartig geschwunden, und zwar so stark, dass er eigentlich schon wieder abreisen wollte – ein Plan, den er erst wieder aufgegeben habe, nachdem er sich seine Stimmung in den ersten Tagen nochmal explizit in Erinnerung gerufen hätte. Und noch etwas in diese Richtung: Eigentlich müsste an dieser Stelle auch der Umgang mit black-block-Dresscodes thematisiert werden – einschließlich der bisweilen verunsicherenden bzw. angstmachenden Effekte, die jene unter anderem für Flüchtlinge und Sans Papiers haben können (wie in Köln in mindestens einem Fall geschehen). Da dies jedoch öffentlich nicht möglich ist, möchten wir direkt zu einigen Schlussfolgerungen kommen: In unseren Augen hat während des Camps ein absolut unverantwortlicher Umgang mit Sicherheitsfragen stattgefunden. Mehr noch: Wir können uns nicht des Eindrucks erwehren, dass die Sicherheitsfrage gezielt instrumentalisiert wurde, um einmal mehr Kritik am Camp lancieren zu können (nach dem Motto: „weiße Strukturen scheren sich einen Dreck um die Sicherheitsbedürfnisse von PoC und Geflüchteten“). Wir finden das heuchlerisch und politisch fatal, denn unterm Strich ist auf diese Weise nichts anderes passiert, als aus den hegemonialen Sicherheitsdiskursen bereits bestens bekannt ist – Schäuble 2.0 läßt grüßen...
d) Ausgeliehene Identitäten: Zu einer der größten Eigentümlichkeiten des critical whiteness-Diskurses im Rahmen des Noborder-Camps gehörte zweifelsohne das Phänomen der geliehenen Identitäten, also davon, dass es – wie auf Rückfrage bestätigt wurde – die Position der PoC keineswegs von der Hautfarbe oder ähnlichen 'Erscheinungen' abhängen würde. Bemerkenswert war jener Kniff vor allem deshalb, weil er weißen AktivistInnen eine für den critical whiteness-'Laien' unerwartete Sprechposition einräumte: Nicht nur durften diese mit der gleichen Entschiedenheit und Wut auftreten, wie ihre 'echten' PoC-KollegInnen. Vielmehr hat das auch die Möglichkeit eröffnet (und auf dieses Argument wurde im Rahmen des Vorbereitungsprozesses mindestens zweimal zurückgegriffen), AktivistInnen aus Afrika allen Ernstes zu erklären, dass sie weißer als Weiße aus Europa sein und daher ebenfalls Rede-Stopps erhalten könnten – jedenfalls dann, wenn sie vorgeblich weiße und somit falsche Positionen vertreten würden. Auf jeden Fall dürfte nur so der Umstand erklärbar sein, dass viele der in diesem Papier erwähnten Statements von FlüchtlingsaktivistInnen aus Togo, Nigeria oder Uganda im Rahmen der Camp-internen Debatten ganz offensichtlich weniger ins Gewicht gefallen sind als die von anderen PoC formulierten (critical whiteness) Positionen.
e) Anmaßende Forderungen im Namen von critical whiteness: Die Problematisierung der Sicherheits- und Alkohol- bzw. Drogenfrage war lediglich Teil einer in drei Sprachen knapp eine Stunde lang vorgetragenen Gesamtabrechnung mit dem Camp, bei der insgesamt sieben Punkte angesprochen wurden (jedenfalls in unserer Erinnerung): Neben den schon genannten Themen ging es um die Ablehnung von Fleischverzehr auf dem Camp (was bis dahin nur einige Roma-Familien auf mitgebrachten Grills praktiziert hatten), um die Ablehnung von Kooperation mit Mainstream-Medien sowie Polizei, um Kritik an fehlender Bereitschaft zur Moderation auf dem Camp sowie um eine kritische Auseinandersetzung mit der inneren Verfasstheit der mehrheitlich weiß zusammengesetzten Awarenessgruppe. Viele dieser Forderungen bzw. Themen begleiten soziale Bewegungen bereits seit Jahrzehnten (insbesondere die Frage nach Umgang mit Medien, Polizei und Fleischverzehr). Vor diesem Hintergrund scheint uns auch hier eine krasse Instrumentalisierung des critical whiteness-Diskurses zum Tragen gekommen zu sein, einzig um eigene Positionen autoritär durchsetzen zu können, und zwar zu Fragen, von denen viele im Rahmen des Vorbereitungsprozesses des Camps lang und ausgiebig diskutiert und konsensual entschieden worden sind (wie z.B. der Umgang mit Presse).
f) Plena & kollabierende Debatten: Bislang war noch jedes Nobordercamp seit 1998 Ort für intensive politische Debatten, in Köln sind diese allerdings weitgehend ins Wasser gefallen. Das hatte zum einen damit zu tun, dass viel Zeit und Energie für praktische Fragen draufgegangen ist – beispielsweise hat sich das gesamte Zwischenplenum weitgehend um infrastrukturelle Fragen gedreht, insbesondere die bis nach Mitternacht weilende Alkoholdebatte. Zum anderen gab es immer wieder explizite Sprechverbote: So stellte die schon öfter erwähnte Gruppe im Vorfeld und während des Camps insgesamt 4 Mal eine Plenumssituation her, in der sich ihre VertreterInnen lang und ausführlich zu selbst vorgegebenen Themen äußern durften, alle anderen jedoch ihre Klappe halten mussten – und dieses leider auch getan haben. Vor diesem Hintergrund weisen wir die immer wieder lancierte Behauptung explizit zurück, wonach es im Camp keine Offenheit gegeben habe, sich mit der aus PoC-/critical whiteness-Perspektive formulierten Kritik auseinanderzusetzen. Im Gegenteil: Es gab große Offenheit, eine diesbezügliche Auseinandersetzung zu führen, wie unter anderem aus der Infobroschüre des Camps sowie zahlreichen im Vorfeld verschickten Papieren deutlich wurde – inklusive des oben schon erwähnten alternativen Camp-Aufrufs sowie eines gut besuchten Thementags zu critical whiteness auf dem Camp selbst. Insofern sei hier auch betont, dass die in diesem Zusammenhang immer wieder bemühte Figur psychologisch äußerst simplifizierend ist, wonach Kritik an bzw. Nicht-Übereinstimmung mit der im Camp dominierenden Variante des critical whiteness-Konzeptes Ausdruck von Abwehr sei und dass daher ein konfrontatives Vorgehen gleichsam unumgänglich wäre (eine These, die wir im Rahmen der Vorbereitung schon mal schriftlich ausgeführt hatten und bei Bedarf gerne zur Verfügung stellen).
g) Repressives Verhalten: Nicht nur die allgemeine Kommunikation sollte auf dem Camp reglementiert werden, auch ansonsten herrschte ein äußerst autoritärer Stil, der in vielerlei Hinsicht an den Habitus maostischer K-Gruppen in den 1970er Jahre zu erinnern schien (um nur eine von mehreren immer wieder als Vergleich herangezogenen Parallelen aus der Geschichte linker Bewegungen im 20. Jahrhundert zu zitieren): So wurden unter Verweis auf angeblichen „Kulturkannibalismus“ an Dreadlocks-TrägerInnen kleine Zettelchen mit der Aufforderung „Cut it off!“ verteilt und somit ein absolut starrer, ja ethnisch aufgeladener Kulturbegriff gegen jede Variante hybrider Widerstandskultur propagiert (worunter wir logischerweise nicht ein plumpes multikulturelles 'Vermischungs'konzept verstehen). Des weiteren ist es wiederholt vorgekommen, dass weiße (PoC-)AktivistInnen versucht haben, andere weiße AktivistInnen aus Plena-Situationen 'rauszubegleiten' (ohne dass diese darum gebeten hätten), einfach weil sie emotional zu aufgeregt gewesen sein sollen oder „master suppression techniques“ wie Augenrollen oder kritische Mimik angewandt hätten. Ebenfalls allgegenwärtig ist die ständige Kritik an vermeintlich falscher Begrifflichkeit gewesen: Als beispielsweise im Abschlussplenum ein langjähriger The Voice-Aktivist aus Nigeria von sich als „victim/Opfer“ sprach (allerdings in selbstermächtigender Perspektive), wurde er sofort auf die Notwendigkeit diskriminierungsfreier Sprache hingewiesen: statt „victim/Opfer“ sei es angebrachter, von „negativ von Diskriminierung Betroffenen“ zu sprechen. Wir müssen gestehen, dass derlei Dreistigkeiten jene Momente gewesen sind, wo einem buchstäblich der Atem stockte und sich ernsthaft die Frage aufdrängte, ob es sich beim Nobordercamp überhaupt noch um eine politische Veranstaltung handeln würde. Wie auch immer – spätestens an dieser Stelle scheint auch die Bigotterie der von einigen PoC-/critical whiteness-AktivistInnen artikulierten Kritik an fehlender Moderationsbereitschaft deutlich zu werden. Denn viele Leute hatten sich bereits vor dem Camp entschieden (so auch wir), unter solchen Bedingungen weder moderieren zu wollen noch zu können – im übrigen auch deshalb, weil es bei einem Vorbereitungstreffen in Köln Anfang Juni zu einer tribunalartigen Kritik gegenüber zwei konkreten Personen gekommen war.
h) Pseudo-Selbst-Positionierungen: Unter PoC-/critical whiteness-AktivistInnen ist es mittlerweile üblich geworden, sich vor einem mündlichen oder schriftlichen Redebeitrag selber zu positionieren und somit die eigene Verortung im Rahmen gesellschaftlicher Entrechtungs- oder Privilegierungsverhältnisse explizit sichtbar zu machen – in etwa folgendermaßen: „ich spreche aus weißer Perspektive, bin frauisiert, profitiere von meiner Mittelschichtsherkunft und Abelism, erhalte Bafög etc.“. Gewiss, kritisch die eigene gesellschaftliche Positionierung zu reflektieren, halten wir für eine der zentralen Voraussetzungen (gemischter) politischer Arbeit! Aber nicht so, nicht ritualhaft – und vor allem nicht in Situationen, in denen die entsprechenden Informationen mit keinerlei Erkenntnisgewinn einhergehen (worauf am Thementag zu critical whiteness im Übrigen auch die critical whiteness-Trainerin Urmila Goel kritisch hingewiesen hat, ohne damit allerdings auf größeres Gehör zu stoßen). Wir erwähnen dies, weil derartige Selbst-Positionierungen ungewollter- bzw. paradoxerweise einen weiteren Beitrag zur identitätspolitischen Zuspitzung der politischen Debatte leisten. Denn dadurch steht im Zentrum der Aussage nicht mehr, welche Überzeugungen eine Person hat, wo sie hin will, welchen Bruch sie mit den Verhältnissen anstrebt. Nein, im Zentrum steht jetzt, wo eine Person herkommt, mit der Konsequenz, dass soziale Konstrukte wie 'Mann', 'Migrantin', 'Inhaberin eines deutschen Passes' etc. verstärkt und nicht etwa in Frage gestellt werden, wie auch eine Rednerin im Abschlussplenum mit Verweis darauf anmerkte, dass sie sich zwar als Person mit iranischem Hintergrund „selbst-stereotypisieren“ könnte, genau darauf aber explizit verzichten würde. Hinzu kommt, dass derlei Bekenntniszwang eine ganz offensichtlich einschüchternde Wirkung hat – einfach weil unweigerlich die Frage auftaucht (und dies ist während des gesamten Campprozesses der Fall gewesen), ob dies mittlerweile zum guten bzw. korrekten Ton gehöre.
III. Awareness (Umgang mit Diskriminierung und Gewalt auf dem Camp)
Am Ende sind es aber nicht die bislang erwähnten Prozesse gewesen, die zum Beinah-Kollaps des Camps geführt haben, sondern eine als „rassistische Gewalt“ bezeichnete Situation, von der die als Täterin benannte Person bis heute nicht weiß, was passiert sein soll – und das, obwohl sie aufgrund des Vorwurfs das Camp verlassen sollte. Die damit verknüpften Vorgänge zeigen unseres Erachtens vor allem, was passiert, wenn mit dem Konzept von Definitionsmacht leichtfertig umgegangen wird und sich dies obendrein mit einem autoritären und identitätspolitischen Selbstverständnis von critical whiteness verschränkt. Wir möchten deshalb abschließend etwas näher auf die entsprechenden Vorgänge eingehen:
a) Vorlauf: Am Dienstag hat von agisra (einer Beratungsstelle für Migrantinnen und Flüchtlingsfrauen) ein Workshop zum Verhältnis von Rassismus und Sexismus stattgefunden. Dieser überwiegend von weißen CampteilnehmerInnen besuchte Workshop ist aus Sicht von vielen schlecht gelaufen – auch aus Sicht der Veranstaltungsmacherin selbst (kritisiert wurde unter anderem ein unsensibler Umgang mit dem Thema „transgender“ sowie der Umstand, dass viele als rassistisch bzw. diskriminierend empfundene Statements von weißen TeilnehmerInnen folgenlos artikuliert werden konnten). Vor diesem Hintergrund teilte sodann eine Vertreterin aus den Awareness-Strukturen einer auf dem Camp befindlichen Mitarbeiterin von agrisra mit, dass der zweite von agisra geplante Workshop nicht durchgeführt werden könne. Stattdessen solle zur gleichen Zeit und im gleichen Zelt eine Veranstaltung stattfinden, in der erklärt würde, was auf dem agisra-Workshop schlecht gelaufen sei. Zudem hieß es, dass Mitarbeiterinnen von agisra zwar kommen könnten, sich allerdings nicht zum Workshop äußern dürften. Dieser Vorgang wiederum wurde von mehreren Personen am Donnerstag ins morgendliche Delegierten-Plenum getragen, und das deshalb, weil es aus ihrer Sicht nicht ginge, dass eine einzelne Gruppe auf dem Camp darüber entscheiden könne, den Workshop der fast ausschließlich von Migrantinnen getragenen Beratungsstelle agisra auf dem Noborder-Camp abzusagen. Im Zuge des Deli-Plenums sprach sich sodann die große Mehrheit der Anwesenden dafür aus (jedenfalls derer, die etwas gesagt haben), dass eine solche Entscheidung ausschließlich vom Deli- oder vom Gesamt-Plenum getroffen werden könne, allerdings nur mit Vorlauf und unter der Voraussetzung, dass auch Leute vor Ort sind, die an dem ersten Workshop teilgenommen hätten (was im Deli-Plenum nicht der Fall gewesen ist). Indes: Dieses Diskussionsergebnis konnte nicht beschlossen werden, da eine Person – wie im konsensual verabschiedeten Protokoll vermerkt wurde – ein Veto eingelegt hatte, mit der Konsequenz, dass eine Art Patt zwischen Deli-Plenum und Awareness-Strukturen eingetreten war. Nichtsdestrotz blieb der zweite agisra-Workshop abgesetzt, stattdessen erklärten – wie angekündigt – zwei PoC, weshalb sie die Äußerungen und Verhaltensweisen weißer TeilnehmerInnen bei dem Workshop als rassistisch bzw. verletztend empfunden hätten. Als sich die Macherin des zweiten agisra-Workshops dazu äußern wollte, erhielt sie umgehend Redeverbot (da es nicht um den Workshop, sondern weiße Dominanzstrukturen auf dem Camp gehen solle). Als sie mit Verweis darauf weiterredete, dass sie vor über 20 Jahren aus dem Iran geflohen sei und sich nicht den Mund verbieten lasse, wurde das Rede-Stopp eneuert, so dass sie umgehend das Zelt verließ (nicht aber ohne anschließend kurz mit den betreffenden PoC selbst gesprochen zu haben – während den übrigen Anwesenden gleichzeitig eine Diskussion der Vorfälle beim Dienstag-Workshop explizit untersagt wurde).
b) Ansprache: Am Freitag passierte es nun, dass eine weiße Frau von zwei jungen Männern um 13 Uhr beim Verlassen des Camps gefragt wurde, wie ihr das Camp bislang gefallen habe und ob sie vorhabe abzureisen. Die angesprochene Person war zwar ob der Unvermittelheit der Frage erstaunt, glaubte aber, dass es sich um eine campinterne Umfrage handeln würde und ließ sich daher kurzfristig auf das Gespräch ein. Doch dieses währte nur kurz, denn die beiden Männer meinten sodann, dass all dies nicht von Interesse sei und teilten der Frau stattdessen mit, dass sie eine Person rassistisch verletzt habe und daher das Camp verlassen solle. Als die Angesprochene fragte, worin denn der Vorwurf bestünde, wurde ihr lediglich mitgeteilt, dass sie dies nichts anginge. Das war der Grund, weshalb sie erwiderte, dass sie unter dieser Bedingung auf jeden Fall zurückkäme – nicht aber ohne nochmal zu betonen, dass sie selbstverständlich bereit sei, sich mit den konkreten Vorwürfen auseinanderzusetzen. Kurze Zeit darauf erfolgte eine zweite Ansprache, jetzt wurde ein Genosse aus ihrer Gruppe von zwei Personen gefragt (wobei mindestens eine von ihnen 'formelles' Mitglied der Awarenessgruppe war), ob er wisse, wie sich die Angesprochene zu verhalten gedenke. Weil er bereits via Telefon über den Vorwurf informiert worden war, entgegnete er zunächst, dass sie auf jeden Fall zurückkäme, konkretisierte dann allerdings nach Rücksprache mit seiner Bezugsgruppe (wozu auch wir gehörten), dass die Frau bereit wäre, vor ihrer Rückkehr unter Beteiligung von zwei Leuten aus dem Out-of-action-Zelt außerhalb des Camps ein Gespräch mit VertreterInnen der Awareness-Strukturen zu führen, um zu erfahren, worin denn der Vorwurf überhaupt bestünde – als Voraussetzung dafür, sich konkret ins Verhältnis setzen zu können. Zugleich wurde dem Vertreter der Awareness-Gruppe allerdings auch mitgeteilt, dass die Art der Ansprache der beschuldigten Person sämtliche Mindeststandards von Awarenessarbeit verletzen und insofern eher an die Ansprache durch Geheimdienstmitarbeiter als an seriöse Unterstützungs- und/oder Konfrontationsarbeit erinnern würde.
c) Nachforschungen: Bermerkenswert war nun allerdings, dass ab diesem Zeitpunkt (Freitag, ca. 16.30 Uhr) gar nichts mehr passierte, d.h. von der Awarenessgruppe ist auf das Gesprächsangebot nicht die geringste Antwort gekommen. Stattdessen tauchten Samstag-früh jene Zettel an den Toiletten-Häuschen auf, die zum eingangs erwähnten Streik des Info-Zelts geführt haben und in denen es unter anderem hieß: „Ich will von euch nicht als PoC oder Ähnliches identifiziert werden und mich selbst definieren, deswegen habe ich bei dem Workshop am Dienstag nicht teilgenommen, als ich aber dachte, meine Meinung könnte wichtig sein, wurde ich durch Mobbing aus einer Diskussion verjagt, bei der die teilnehmenden Parteien nicht auf Augenhöhe diskutiert haben. (…) Da es mir durch die Betroffenheit nicht möglich ist, an diesem Camp teilzunehmen, fordere ich, dass auch die Gewalt ausübende Person das Camp zu verlassen hat.“ Vor diesem Hintergrund ging am Sonntag ein Mitglied der Bezugsgruppe der Angesprochenen zur Awareness-Gruppe und fragte, warum denn aus dem angebotenen Gespräch nichts geworden sei und weshalb bis heute keine Mitteilung über den konkreten Vorwurf erfolgt wäre. Überraschenderweise stellte sich im Laufe dieses Gespräches dann heraus, dass das Gesprächsangebot von Freitag-Nachmittag seitens des Mitglieds der Awareness-Gruppe gar nicht an die Awareness-Strukturen weitergeleitet worden ist, was logischerweise keine Kleinigkeit ist, denn immerhin beruht ja auf der vermeintlichen Nicht-Bereitschaft zur Auseinandersetzung die ganze Skandalisierung des Geschehens. Zweitens wurde aber auch deutlich, dass offensichtlich auch innerhalb der Awareness-Gruppe nicht wirklich bekannt ist, worum es überhaupt geht, weshalb wir an dieser Stelle unsere Vermutung öffentlich mitteilen möchten: Entweder es handelt sich um eine Verwechslung (was wir uns durchaus vorstellen könnten, ohne dies näher ausführen zu wollen) oder aber der Vorwurf besteht darin, dass die benannte Person in ihrer Eigenschaft als Moderatorin auf dem Deli-Plenum am Donnerstag am Zustandekommen des per Veto gestoppten Beschlusses beteiligt war, wonach es NICHT anginge, dass agisra von einer einzelnen Gruppe vom Camp ausgeladen werden sollte (dies schließen wir daraus, dass sich die angesprochene Person an keiner anderen Stelle je öffentlich zu den Vorgängen rund um den agisra-Workshop geäußert hat, zumal sie diesen auch gar nicht besucht hatte).
d) Schlussfolgerungen: Unseres Erachtens zeigt all dies, dass die Arbeit der Awareness-Gruppe in jedweder Hinsicht problematisch war, und zwar allen Beteiligten gegenüber: Erstens können Ansprachen nicht unter Rückgriff auf bewusst in die Irre führende Tricks erfolgen („wie hat dir das Camp gefallen?“), erforderlich ist vielmehr, dass sich Mitglieder einer Awarenessgruppe kurz in ihrer Rolle vorstellen und dafür einen halbwegs diskreten Rahmen wählen (beispielsweise: „können wir mal kurz 50 Meter nach links gehen?“). Zweitens geht es nicht, dass sich in die Arbeit einer Awareness-Gruppe plötzlich Leute einmischen, die formal gar nicht Teil von dieser sind. Wir betonen das, weil eine solche Einmischung zu einer Schreierei zwischen zwei an dem ganzen Vorgang eigentlich unbeteiligten Personen geführt hat, die wohl den Ausschlag dafür gegeben hat, dass die betroffene Person endgültig das Camp verlassen hat (die Gründe für diese Schreierei haben mit dem Verhältnis der Beteiligten zu tun und sollen daher unausgeführt bleiben). Drittens geht es nicht, auf jede Benennung davon zu verzichten, worin der Vorwurf überhaupt besteht – mindestens Ort, Zeitpunkt und das konkrete Verhalten müssen benannt werden, allein deshalb, um die Voraussetzung dafür zu schaffen, dass sich die benannte Person tatsächlich zurückzieht (wobei klar ist, dass die betroffene Person bei Bedarf anonym bleiben kann). Viertens ist es völlig unakzeptabel, eine Person zu konfrontieren, dann aber zu vergessen, ihre entsprechende Antwort an die für die Unterstützung zuständigen Personen zurückzutragen (gemeint ist die Offenheit für ein Gespräch außerhalb des Camps mit Leuten aus der Awareness-Gruppe). Fünftens zeigt der Fall, zu welch krassen Konsequenzen eine inhaltliche nicht näher bestimmte Ausweitung des Geltungsbereichs von Defintionsmacht führen kann – insofern sei ausdrücklich darauf hingewiesen, dass im Vorfeld des Camps nicht nur die Noborder-Gruppe aus Aachen, sondern auch wir in einem langen Papier unter dem Titel „Definitionsmacht anders ausbuchstabiert“ explizit begründet haben, weshalb das Konzept der Definitionsmacht ausschließend auf körperliche Übergriffe sowie verbale Bedrohungen oder gezielte Beleidigungen beschränkt bleiben sollte (anstatt unter dem Schlagwort des „erweiterten Gewaltbegriffs“ einen immer größeren Anwendungsbereich zugesprochen zu bekommen).
Grundsätzlich hat sich in dem gesamten Vorgang ein äußerst verantwortungsloser Umgang mit Awareness-Arbeit gezeigt. In dem Gespräch mit einem Vertreter der Awarenessgruppe am Sonntag Morgen wurde vor allem deutlich, dass es innerhalb der verantwortlichen Strukturen nicht das geringste Problembewusstsein dafür gegeben hat, inwieweit ein starkes Instrument wie die Defintionsmacht eines genau geregelten Umgangs bedarf (inklusive genau abgegrenzter Zuständigkeitsbereiche), weil ansonsten die Dinge auf unterschiedlichen Ebenen aus dem Ruder zu laufen drohen – inklusive des „Vergessens“ zentraler Aufgabenfelder. Vor diesem Hintergrund schien es letztlich auch nicht überraschend, dass größere Teile der Awareness-Gruppe des Nobordercamps das eben erwähnte und kurz vor dem Camp verschickte 4-seitiges Papier zu einem anderen Verständnis von Defintionsmacht vor und während des Camps schlicht nicht zur Kenntnis genommen hatten (und das obwohl es bereits seit längerem angekündigt war und auch auf dem Camp in 100-facher Ausführung ausgelegen hat). Dies ist für uns nicht nur schwer nachvollziehbar, weil wir denken, dass eine Awarenessgruppe zumindest sämtliche der sie betreffenden Stellungsnahmen zur Kenntnis nehmen sollte (denn davon hängt ihre Unterstützung und Legitimität ganz wesentlich ab). Vielmehr ist es in diesem Papier nicht zufällig just um jene Fragen und Probleme gegangen, die jetzt verhandelt werden – nicht zuletzt unter Verweis auf die von uns 2003 erstmalig auf einem Noborderamp ins Leben gerufene „Ansprechgruppe im Falle sexistischer Übergriffe“. Um zu retten, was zu retten ist, sei daher zumindest hier der Link zu den inzwischen auf der Campwebseite online gestellten Texten angegeben. Außerdem sei darauf hingewiesen, dass die als Täterin benannte Person weiterhin bereit ist, sich mit dem Vorwurf auseinanderzusetzen, vorausgesetzt, er wird ihr überhaupt mitgeteilt.
Für ein anderes Verständnis von Defintionsmacht: http://noborder.antira.info/de/texts/definitionsmacht-anders-ausbuchstabiert-2/
Auswertungspapier der Ansprechgruppe 2003: http://noborder.antira.info/de/texts/auswertungstext-ansprechgruppe-2003/
IV. Ausblick
So schwer es fallen mag, wir möchten das vorliegende Papier nicht ohne Ausblick nach vorn beschließen. Denn dies sind wir insbesondere denjenigen unter uns schuldig, die tagtäglich mit rassistischer und anderer Diskriminierung, Gewalt und Ausbeutung konfrontiert sind:
a) Noborder 2013: Seitens der in diesem Text mehrfach erwähnten PoC-/critical whiteness-Gruppe (samt Umfeld) ist im Rahmen des Kölner Noborder-Camps die Initiative für ein Noborder-Camp 2013 in Berlin gestartet worden. Inwieweit vor dem Hintergrund der Vorgänge in Köln eine weitere Zusammenarbeit denkbar ist, sei dahingestellt. Fakt ist allerdings – und darauf haben beim Abschlussplenum AktivistInnen aus Belgien explizit hingewiesen – dass „Noborder“ ein kollektives Projekt ist und daher auch kollektiver Entscheidungsprozesse bedarf.
b) Für ein anderes Verständnis von critical whiteness: Das in Köln stark gemachte Verständnis von critical whiteness ist bei weitem nicht die einzig denkbare Variante – so viel dürfte deutlich geworden sein. In diesem Sinne möchten wir für ein Verständnis von critical whiteness plädieren, in dessen Zentrum gemischte Organisierungs- und Interventionsprozesse stehen – bei gleichzeitiger Unterstützung von migrantischer und Flüchtlingsselbstorganisierung (letzteres je nach Bedarf). Eine solche Ausbuchstabierung von critical whiteness ist im übrigen keinesfalls neu, sie hat bereits 2002/2003 im Gründungsprozess des mehrheitlich von FlüchtlingsaktivistInnen getragenen NoLager-Netzwerks eine ausschlaggebende Rolle gespielt – damals unter dem Stichwort der „transidentitären Organisierung“.
c) Stichwort 'gemischte Organisierung': Diese ist unseres Erachtens im Rahmen des Kölner Camps eindeutig zu kurz gekommen – nicht nur im Vorfeld, sondern auch während des Nobordercamps. Entsprechend sollte sich bei einem zukünftigen Nobordercamp von Anfang an um eine gemischtere Zusammensetzung bemüht werden, was allerdings voraussetzt, sich ungleich offensiver auf soziale und/oder politische Kämpfe von Flüchtlingen und MigrantInnen zu beziehen, als dies in Köln der Fall gewesen ist. In diesem Sinne ist es keineswegs zufällig, dass wir abschließend auf das von The Voice Refugee Forum und der Karawane für die Rechte der Flüchtlinge und MigrantInnen gemeinsam organisierte „Break Isolation Camp“ hinweisen möchten, das vom 23. August bis 2. September unter dem Titel „Solidarität gegen das koloniale Unrecht und die Angriffe auf unsere Leben“ in Erfurt stattfinden wird: http://www.thecaravan.org/refugeecamp2012
NoLager Bremen: Juli 2012
Gut
Gut, dass ich nicht zu dem Camp gefahren bin. Dominiert hat ja wohl die soziale Hierarchisierung, wer der/die bessere Antirassist/in ist. Wenn man schon keine Utopie, Strategie und Solidarität hat, dann wenigstens immer noch die Person, die einem politisch am nächsten steht und die man fertig machen kann.
Critical Idiotness
Ich fühle mich allein durch die Existenz dieses beknackten Camps in meiner Eigenschaft als vernunftbegabtes Wesen diskriminiert (und ich hab ja Definitionsmacht, ne?) - darf ich jetzt den ganzen NoBorder-Deppen ein Stopp-Schild auf Fresse und Patschefinger kleben?
Wenn ichs nicht besser wüsste, würde ich diese ganze Camp-Geschichte für ne Satire halten... aber ich fürchte, AntiRas ticken so...
Gut auch
Gut auch, das ich bei Punkt III b aufgehört habe zu lesen und mir klar wurde das die EU - Gelder (das camp wurde von der EU mitfinanziert, wie auf der Web-Site zu lesen) sehr gut angelegt wurden um den widerstand gegen rassistische strukturen zum kollabieren zu bringen. das nenne ich gelungenes "counterintelligence" . ich hoffe das die autonomen, undogmatischen strukturen nächstes jahr in berlin was auf die beine stellen können. viel glück dabei.
Was bitte ist das für ein Text,
und in welcher Sprache bitte? Geheime verschlüsselte Botschaften aus dem Weltall (Planet HörSaal 3B)?
Manoman, was für eine abgedrehte Spreche. Gibt es in Berlin ausserhalb der "Jungle World" - Kneipen garantiert nicht. kann ich beruhigen.
doch
äh, Berlin hat 3 Unis und einige FHs. An den meisten mogelt sich irgendjemand mit kritischen Wissenschaften durch den neoliberalen Hochschulalltag, und die meisten haben linke Asten. So ne Spreche gibts in Berlin massenhaft, und leider auch noch wirklich hochwissenschaftlichen nonsense. Nur weil jemand in der Lage ist, halbwegs komplexe Gedanke aufs virtuelle Papier zu bringen, ist er/sie/es noch lange kein praxisferner Studi und erst recht nicht antideutsch.
was für ne sprache wohl?
ich hab den text gelesen. die sprache ist deutsch. ich weiß, es geht bei deiner anmerkung nicht um dich, sondern um leute die sone abgehobene sprache nicht verstehen können, bla bla.
ohhhhhkayyyyyyy
wow was für ein text.
was zur hölle soll jetz "critical whiteness" sein?
ihr solltet aufpassen nicht zu sehr in einer "szene" stecken zu bleiben. sonst versteht euch nachher keine sau mehr und ihr entfernt euch immer mehr vom eigentlichen kampf.
treffen von headhuntern?
.... wenn ich auch bei einigen begriffen nachschlagen musste und so der text leider auch im handelsüblichen szeneviertel bleibt (jung, gebildet, ...) so hatte ich zuerst beim lesen ein gefühl der beklemmung , was nachher einem leichten lachen über diese aberwitzigen situationen - sehr grotesk, sehr surrealistisch, manchmal bedrückend-erdrückend an versammlungen von manag*erinnen oder general*innen( wenn es sowas schon gibt) erinnernd(wegen den aufgezeigten verhaltensweisen)
am meisten hat mich jedoch das das verhalten vieler sogenannter "nein,ich bin kein(e) weisse, nein" erregt --- es gibt bei der cw erfahrung den begriff "acting white", wo poc leute sich dem herrschenden konsens der "white supremacy" anpassen --- hier scheint es umgekehrt zu sein ( ist ne umkehrung von "rassistischer" oder " sozialer " ausgrenzung nicht auch rassismus, ausgrenzung und antilfreiheitlichem verhalten dadurch autoritär , hierarschisch etc.?) also- das verhalten, sich aus angst, selbstschutz oder einfach nur fehlender eigenen identität sich der in diesem moment den ton angebenden, auch durch verschiedene arten von gewalt ausübenden gruppierung zu unterwerfen --- das ist alles andere als "emanzipatorisch" und macht eine erstmal sprachlos und wütend --- danke, ich möchte auch nicht von irgendeine /m "gefragt werden" - ich habe genug mit anderen leuten zu tun auf dem weg der befreiung --- da frage ich auch keine(n) vom camp
Danke für die Auswertung
Habt vielen Dank für diesen Text, leider kommt es in linksradikalen Zusammenhängen nur noch selten zu guten Auswertungstexten, die sich auch mit kritischen Themen auseinandersetzen. Mir gibt es Kraft und ich hoffe die Zeit bis zum nächsten Camp wird genutzt um sich mit den Fehlern und Problemen des diesjährigen NoBorder-Camp auseinander zu setzen, so dass nächstes Jahr wieder der Schwerpunkt im rassistischen Normalzustand und staatlichen Rassismus zu finden ist. Mehr Intervention im öffentlichen Raum statt Isolierung und Selbstzerfleischung, durch vermeintlich tolle akademische Konzepte die nichts mit der Lebensrealität und einer solidarischen Praxis zu tun haben. Es kann nicht sein das wir ständig versuchen eine 100 % perfekte Alternative zu schaffen, in einer unfreien Welt ein unmögliches Unterfangen.
Der Weg ist das Ziel und wir sollten uns solidarisch gemeinsam auf diesen Weg machen.
der weg ist das zeil
das macht mich wütend und noch mehr traurig.. das ich die art und weise wie man mich rassistich diskriminiert, sich hier fortsetz darf. wenn der weg das ziel ist, sollten die leute zuerst ihren eigenen rassitichen verhalten reflektieren, den solange die da ist wird auch nach der revolution an den herschenden verhältnissen nix geändern. erkentnis ist schmerzhaft. und ich erkenne, dass es blinde aktionismus ist wenn ich mit solche oberpriviligierte menschen irgendwas ändern will.. ich werde misbraucht ... und dan schreibt ihr so ein langen text um euch reschtzufertigen. das ist vorerst mein bruch mit dem noborder camp der es nicht mal hinbekommen hat leute die andere wegen ihr geschlecht oder hautfarbe diskriminieren aus dem camp zu werfen.
... auf den Weg machen....
Es wurde nicht behauptet, das sich Menschen nicht mit ihren eigenen Widersprüchen auseinandersetzen sollten. Aber wenn dies die Hauptaufgabe ist udn wir warten das wir die perfekte Alternative bieten können, dann werden wir ewig warten. Ich finde gerade diese Ansätze sind dazu verdammt nicht ein wenig an den Herrschaftsstrukturen zu rütteln, sondern der beste Weg in eine Selbsthilfegruppe. Wer das möchte soll dies tun, ich für meinen Teil will die herrschenden Verhältnisse immer noch bekämpfen. Selbstreflektiert, solidarisch und radikal, aber nicht selbstzerfleischend, dogmatisch und alles der Theorie unterordnend.
Wenn ich nicht tanzen kann, ist das nicht meine Revolution. (Emma Goldmann)
Es sind doch die critical-whiteness leute ...
... die ihre priveligierte stellung genutzt haben, um andere Meinungen zu unterdruecken und leute fertigzumachen. Ab freitag gab's im IT-Zelt keinen Drucker mehr (Tinte alle), diese leute hatten aber irgendwie die moeglichkeiten zu drucken und das ganze camp mit ihrer empoerung vollzutaggen.
ich dachte das camp ging um solidaritaet mit migrant(inn)en und nicht um die befindlichkeiten deutscher uni-linker. diese leute haben ihre ganze energie darauf verwendet, anderen camp-teilnehmenden das leben zur hoelle zu machen und ihre arbeit zu behindern. selbst die menschen, um die es eigentlich gehen sollte, waren psychologischer kriegsfuehrung ausgesetzt, wenn sie sich nicht an die szene-rules gehalten haben. stichwort fleisch grillen: wuerd ich auf so nem camp nicht machen, ist nicht grade angebracht, aber die roma-leute wussten das vermutlich einfach nicht! anstatt sie einfach zu bitten, damit aufzuhoeren, wurden pamphlete geschrieben, plena gehalten, blablabla... getreu dem motto: "ich komm mit meinem leben nicht klar, deshalb sollen sich alle andern gefaelligst auch schlecht fuehlen." solidaritaet mit betroffen, mit leuten die vllt. wirklich probleme haben? natuerlich nicht!
imho geht es bei cw auch garnicht darum, die lebenssituation anderer zu verbessern, sondern zu verschlechtern. mehr polizeikontrollen fuer weisse, genausoviele fuer schwarze, dann ist alles gerecht! (<= sarkasmus) sehr bezeichnend auch, dass das awareness-team dann auch im streik war. was waer denn gewesen, wenn ein mensch dann nen problem mit rassismus oder sexismus gehabt haette? naja, das awareness-zelt waer wohl eh nicht die richtige anlaufstelle gewesen.
ich hoer jetzt auf, bevor ich beleidigend werde.
...das ziel ist im weg?
...gibt es ausser zwangsdogmativem privilegienreflektionismus ohne situations- oder konkreten argumentbezug eigentlich auch praktikable inhalte?
ok - du bist wütend und traurig...forderst erkenntnisschmerz bei "leuten"...fühlst dich durch privilegien anderer mißbraucht...und findest den text zu lang!
...und...wer hat dich nun wie gedemütigt? oder anders: wo ist der revolutionär-rationale inhalt deiner emotional zementierten ausschlußkritik?
dein emotional getunter, faktisch nicht nachvollziehbarer vorwurf erinnert mich an: stereotype und strukturelle "totschlag"-argumentation (=klassische diskriminierungstechniken)!...vielleicht solltest auch du nochmal nach-denken und nicht nur "irgendwas ändern" wollen!
Wiederspiegelung der Tatsachen
Auch, wenn der akademisch arrogante Text schon eine Zumutung ist und sich allein schon daran zeigt, dass sich hier einige Leute mal gehörig zu Sozialdarwinismus und Kulturchauvinismus nen Kopf machen sollten, ist der beschriebene Ablauf des Camps nur noch als ausserhalb jeglicher linker Struktur und Praxis zu begreifen. Es mag sein, dass mit Aktionen "externe" Leute mobilisiert wurden, der Ablauf des Camps erinnert aber eher an die Unzeit der schwarzen erziehung in ferienlagern bundesdeutscher Kinderheime der 50er oder 60er Jahre. Auch dort war es an der Tagesordnung unpassenden "beatnik" - oder "Neger - Mucke" (Zitat, sorry!) - Frisuren zu Leibe zu rücken.
Menschen kulturchauvinistisch (ich dachte wir VeganerInnen missionieren nicht? Und sanktionieren schon garnicht!) ihr Essen - Fleisch - vom Teller zu nehmen ist bei aller Kritik an Tierzucht, Tierverwertung und Fressgewohnheiten, Metropolen - Scheisse von KleinbürgerInnen, die überfressen sind. Vielleicht hatten sie das Fleisch gar auf Bezugsschein und Marke...
Kann mich nicht erinnern, dass wir bei Supermarktaktionen mit Flüchtlingen jemals Einkaufsvorschriften ausgegeben haben.
Ich bin entsetzt, dass "The Voice" u.a. bei solchem Treiben mitspielen.
Bleibt bitte, wo ihr seid. Mit euren schwarzen Denk- und Erziehungsmethoden werdet ihr bei ALLEN "No Border" - Gruppen in Berlin auf Grundeis und bei Zwangshaarschnitten und Essenstasi leider auch in manche Faust laufen (sorry, mods, keine Drohung, sondern eine Beschreibung der zu erwartenden Realität!)
rückfrage
...angenehm klare meinung - wenn auch etwas konterarrogant und tendentiell gewaltverherrlichend :-)
eine nachfrage hätte ich allerdings noch zum "entsetzt" sein: was meinst du so allgemein mit "mitspielen" - das camp oder critical awareness?
...und bezüglich "VOICE" kann ich dir empfehlen, dich direkt kurzzuschließen, um dein interpretatives mißempfinden nicht einfach nur so verschlucken zu müssen! ;-)
für alle anderen: !!! --> weder in den von dir hier erwähnten zusammenhängen (essen und frisur) noch bezüglich meinungsdiktatorischer identitätsstiftung steht "VOICE" als "treiber" zur verfügung <-- !!!
this is what positiv rascism looks like...
"Ungleich problematischer war allerdings, dass Statements oftmals entlang von sogenannter Hautfarbe beklatscht wurden – quasi unter Ausblendung des konkreten Inhalts."
parade-besipiel für falschverstandenen antirassismus, der sich in paternalistischer attitüde bereits selbst (positiv) rassistisch verhält, traurig.
dabei muss eine radikale linke notwendig - egal um welches politikfeld es sich handelt! - aus dem eigenen szenesumpf heraus kommen, eine solche atmosphäre schreckt aber nur ab!
logisch, ein (semi-politischer) wohlfühl-aktivismus ist auch vollkommen falsch, dennoch ist die komplette umkehrung keinen deut besser!
"nur" weil alles verkrampft und ernst wirkt, die stimmung schlecht ist, macht es debatten nicht kritischer und aktionen nicht wirksamer...
ein paar Anmerkungen
Ich konnte leider nicht zum Camp kommen, muss aber trotzdem meinen Senf dazugeben.
Zunächst kann ich nicht ganz nachvollziehen, warum die Gruppe, um die es geht, nicht namentlich genannt wird. Der Text macht zwar deutlich, von welchen Gruppen er geschrieben ist und in wessen Namen er spricht, nimmt aber trotzdem eine Perspektive ein, die versucht, einen ausgewogenen und alle Perspektiven berücksichtigende Gesamtbewertung abzugeben. Der Versuch einer Auswertung und Aufarbeitung ist absolut begrüßenswert, aber dass der Text aufgrund der Involviertheit und direkten Betroffenheit der Verfasser_innen nur eine Perspektive auf das Geschehene ist sollte klar sein. Durch das nicht-bennenen der anderen Perspektive wird Menschen, die nicht auf dem Camp waren, die Möglichkeit genommen, die andere Perspektive zu erfahren. Ich will niemandem unterstellen, dass das ein so gewollter Effekt ist, aber um welche Gruppe es sich handelt, ist jedem Menschen, der auf dem Camp war, bekannt und somit kein Geheimnis, das noch geschützt werden kann. Ich finde es absolut richtig, hier keine Namen von Einzelpersonen zu nennen, aber der Gruppennamen hätte hier schon genannt werden können und sollen. Wenn es weitere Gründe dafür gibt, die ich nicht verstehe, würde ich mich sehr freuen, diese zu erfahren, und vorher möchte ich bitte keine öffentliche Antwort auf die Frage, wer die besagte Gruppe ist (ich weiß es inzwischen sowieso).
Sehr begrüßenswert finde ich den grundsätzlich positiven Bezug auf den critical-whiteness-Ansatz, besonders im Gegensatz zu dem vor dem Camp erschienenen Aufruf der antiautoritären Gruppen. Dieser Text bezog sich zwar auch kurz positiv darauf, kritisierte dann aber nicht die auf diesem Ansatz beruhende spezielle Praxis auf dem Camp in Stockholm, sonder griff den Ansatz an sich an. Zwischen einem theoretischen Ansatz und einer von vielen möglichen daraus resultierenden Praxen zu unterscheiden ist ein absolut wichtiger, hilfreicher Schritt.
Schade finde ich, dass die Auseinandersetzung nach wie vor mit dem Vorwurf autoritärer und unemanzipatorischer Verhaltensweisen geführt wird, womit sich die Verfasser_innen beider Texte selber in die Position der "einzig wahren" antiautoritären Herangehensweise versetzen und für sich das Recht und die Macht beanspruchen, definieren zu können, was emanzipatorisch ist. So, wie es sich für mich von außen darstellt, war das vorgehen der Gruppe eine mehr oder weniger strategische Konfontation, die Machtverhältnisse verschieben wollte und hat und dabei nicht nur einen Ausgleich von hierarchischen Machtverhältnissen erreicht hat, was wahrscheinlich beabsichtigt war, sondern auch neue Machtverhältnisse produziert hat und insgesamt durch die konfrontative Herangehensweise einen Prozess in Gang gesetzt hat, der eine ziemlich zerstörerische Eigendynamik entwickelt hat. Dieses Vorgehen als autoritär zu bezeichnen ist naheliegend, wenn man damit konfrontiert wurde, ich finde die Interpretation aber nicht ganz richtig. Der Text der antiautoritären Gruppen vor dem Camp und dieser Text sind voll von Todschlagargumenten, einseitigen Darstellungen und anderen Machtinstrumenten. Auch der Rest der Szene (außer jener besagten Gruppe) ist nicht frei von autoritären Strukturen und ritualisierten Verhaltensweisen, die absolut problematisch sind. Es erscheint mir schon so, dass die Praxis, die die Gruppe einführen wollte, so nicht geht, besonders nicht an den Punkten, wo versucht wird, im Namen von allen PoC die eigene Position auch gegen andere PoC mit anderen Positionen durchzusetzen. Dies als autoritär und damit antiemanzipatorisch zu brandmarken und damit dieser Gruppe jegliche Legitimität abzusprechen erscheint mir als bloßes bashing ohne jede Veränderungsperspektive.
Das Problem als identitätspolitische Wende zu interpretieren führt da schon weiter, auch wenn ich es wünschenswert fände, von euch nochmal euer Verständnis von Identitätspolitk und was daran problematisch ist zu hören, zum einen, weil ihr es meinem Verständnis nach zu weit treibt, wenn ihr auch das ritualisierte benennen der eigenen Positionierung noch zu den problematischen Anteilen zählt und zum anderen, weil ich nicht glaube, dass ein genaues Verständnis von Identitätspolitik und der Kritik daran in der Szene sehr verbreitet ist.
verstehe deine kritik nicht
Verstehe deinen senf in großen teilen nicht. du kritisierst weitläufig, dass die gruppe, um die es geht, nicht benannt wirst, um erst am Ende nachzufragen, ob es dafür vielleicht auch Gründe gibt. mir würden als 'Außenstehender' zwei Dinge einfallen:zum einen soll meinem Verständnis nach keine Gruppe verantwortlich gemacht werden, sondern ein Umgang miteinander kritisiert werden; zum anderen ist auch nicht alles ein klar zu umreißenden Gruppe zuzurechnen.
Du beklagst die Benennung als 'autoritär', räumst aber selbst ein, dass zumindest Leute, die auf dem Camp waren (in deiner Sprachwahl: "wenn man damit konfrontiert wurde") den kritisierten Umgang sehr wohl als 'autoritär' bezeichnen können. Ich lese den Text ganz anders; meiner Meinung zeichnet der Text sehr detailliert nach, welchen Umgang, welche Verhaltensweisen er kritisiert; keinesfalls wird hier "autoritär" und "antiemanzipatorisch" als Keule bzw als bashing verwendet. Ebenso begründet der Text auch seine Kritik am ritualisierten Positionieren recht konkret - im Gegensatz zu deinem Text, der recht vage davon spricht, dass die Kritik an diesem Punkt zu weit getrieben ist. - Aus meiner Sicht liegt gerade in der inflationären Positionierung der Unterschied zwischen der auf Vergebung und Reinigung moralisch aufgeladenen Beschäftigung mit dem Ich-Subjekt und gemeinsamen 'gemischten' Kämpfen, die von komplexen Kennlern-, Verständigungs- und Bündnisprozessen durchzogen sind, und in deren Gestaltung es unvermeidlich und in gewisser Hinsicht auch erwünscht ist, Fehler zu machen.
Die deutsche Linke - ein Gedicht
Ich habe lange geschwiegen, in vielen Plenen gesessen und doch nicht folgen können. Jetzt, im reiferen Alter, von innerem Unbehagen getrieben,
musste ich wieder Papier, Federkiel und Tintenfass zur Hand nehmen...
Die deutsche Linke
Plenieren, debattieren, theoresieren,
diskutieren ohne zu konkretisieren
verklausulieren, ver-pseudo-wissenschaftlichisieren
das, da bin ich mir sicher...
wird sie immer noch perfektionieren...
Sie, die deutsche Linke
alles reichlich kompliziert
nee, offensichtlich verstehst du mich wirklich nicht.
In dem Text wird sehr eindeutig eine bestimmte Gruppe benannt und verantwortlich gemacht. Diese Gruppe dann nicht beim Namen zu nennen hilft dann halt auch nicht mehr. Für diese Entscheidung werden Gründe genannt, die ich nicht plausibel genug finde dafür in Kauf zu nehmen, dass Menschen die Möglichkeit genommen wird, sich die Perspektive dieser Gruppe anzuhören. Diese Missstand könnte ich auch einfach dadurch beheben den Namen der Gruppe zu veröffentlichen. Da es aber manchmal Gründe gibt, die nichts in der Öffentlichkeit zu suchen haben, und die Veröffentlichung von Namen immer eine sensible Angelegenheit ist finde ich es angemessener, das Vorgehen zu kritisieren als den Missstand zu beheben.
Die Sache mit der Autorität hast du nun wirklich komplett missverstanden. Ich meinte, dass es naheliegend ist, dass eine Verschiebung von Machtverhältnissen die Interpretation nahelegt. Wenn jemand, der vorher Macht hatte, sie plötzlich nicht mehr hat, ist dass ein Verlust von Macht. Dies dann als autoritär von den Menschen wahrzunehmen, die dann mehr Macht haben, ist naheliegend, aber nicht richtig. Es verkennt, dass ich vorher vielleicht nur nicht wahrgenommen habe, dass ich mehr Macht hatte als andere und diesen genauso autoritär erschien. Das würde auch verständlich machen, warum diese Gruppe zu solch drastischen konfrontativen Mitteln griff. Ob das so war, welche Machtverhältnisse wie verschoben wurden und wo es dabei nicht um eine Beseitigung von Hierarchien sondern um das Einführen neuer Hierarchien ging, weiß ich nicht und ist wahrscheinlich auch nicht einfach und pauschal zu beantworten.
Wenn du den Text nicht als bashing wahrnimmst, ist das deine Perspektive. Ich nehme ihn so wahr. Wenns dich wirklich interessiert kann ich dir das auch konkret an Textstellen zeigen, aber so richtig Lust hab ich dazu gerade nicht.
Die Sache mit der Ritualisierung hast du leider auch nicht verstanden. Mir ging es darum, dass ich die Interpretation als identitätspolitische Wende durchaus brauchbar finde. Ganz grob und bestimmt verkürzt gesagt ist mein Verständis von Identitätspolitik ungefähr folgendes: Ich kenne die Kritik daran aus der feministischen Bewegungs- und theorietradition. Mitte der 90er wurde an der bis dahin hauptsächlich von weißen, mittelständischen Frauen praktizierten feministischen Theorie und Praxis u.a. von feministischen PoC die Kritik laut, dass die als allgemein weibliche / feministische propagierte Perspektive ebend dies nicht ist, sondern eine sehr spezielle Perspektive von weißen, mittelständischen Feministinnen und dadurch die Lebensrealitäten von anderen Feministinnen nicht repräsentieren. Dadurch würden innehrhalb der feministischen Bewegung Machtverhältnisse reproduziert und z.B. feministischen PoC die Stimme genommen. Das ist dann berechtigte Kritik an Identitätspolitik. Die akademische Antwort auf diese Kritik war die Hinwendung zu postmodernen Ansätzen, meist am Namen von Judith Butler festgemacht. Innerhalb dieser Auseinandersetzungen und als Reaktion auf die Kritik entstand auch der critical whiteness Ansatz. Wie genau und an welchen konkreten Auseinandersetzungen weiß ich leider nicht, vielleicht ist hier jemand klüger.
Diese Kritk finde ich nachvollziehbar, und auch die Interpretation, dass bei dieser bestimmte Praxis auf dem camp ein Ansatz, der als Kritik an Identitätspolitik entstand, irgendwie wieder genau da gelandet ist, nachvollziehbar. Es hört sich schon so an, dass einige PoC für sich in Anspruch nahmen, die Bedürfnisse und Perspektiven aller repräsentieren und durchsetzen zu können.
Ich stimme dir zu, dass der Text seine Kritik an der ritualiserten Benennung begründet, aber ebend dadurch, dass es zu ritualisiert ist. Dass etwas ritualisiert ist ist für mich kein Argument dafür, dass es schlecht ist. Das zweite Argument gegen diese ritualisierte Benennung der Positionierung besteht darin, sie als identitätspolitische Zuspitzung zu kennzeichnen. Kritisiert wird, dass durch diese Zuspitzung die soziale Positionierung und nicht die selbstbestimmte Positionierung einer Person im Vordergrund steht, die Bedeutung der "Herkunft" und die Entscheidung, sich zu dieser Herkunft zu verhalten werden als sich gegenseitig ausschließend dargestellt. Diese Einschätzung teile ich nicht, ich finde es durchaus möglich und erstrebenswert, sich seiner sozialen Positionierung bewusst zu sein ohne durch sie absolut bestimmt zu sein. Letztendlich geht es dabei um eine sehr grundlegende Frage, wie man die Beziehung der Menschen zu gesellschaftlichen Strukturen denkt. Die üblichen Pole gehen von der absoluten Bestimmtheit von Menschen durch gesellschaftliche Strukturen (die in dieser absoluten Form keine emanzipatorische Perspektive ermöglicht: die Menschen sind in den Strukturen gefangen und haben keine Möglichkeit, sie zu verändern) bis hin zu einer volutaristischen und unrealistischen Einschätzung, diese Strukturen hätten gar keinen Einfluss und / oder ließen sich durch einen einfachen Willensakt außer Kraft setzen (postmodernen Theorien wird dieser Pol der möglichen Sichtweisen oft vorgeworfen). Beide extremen Positionen finde ich ziemlich unbrauchbar für eine emanzipatorische Praxis, für mich ist klar, dass es gesellschaftliche Strukturen gibt, die mächtige Wirkungen haben, die man nicht einfach so per Definition außer Kraft setzen kann, dass diese Strukturen aber von Menschen gemacht und reproduziert werden und daher auch von Menschen veränderbar sind. Und ich denke, dass wir uns alle einig sind, dass diese Veränderung dringend notwendig und möglich ist. Was das Verhältnis von sozialer Positionierung und bewusster Entscheidung, sich dazu zu verhalten, jetzt in der Vorstellung der Verfasser_innen mit Identitätspolitik zu tun hat, ist für mich nicht selbsterklärend. Natürlich habe ich eine vage Ahnung, in welche Richtung das gehen könnte, aber es ist reichlich sinnlos, sich mit einer vagen Vorstellung über ziemlich komplizierte Dinge auseinanderzusetzen, und sinnvoller, erstmal nachzufragen. Daher hast du wahrscheinlich recht, dass meine Kritk an der Stelle vage ist.
Strategische Identitätspolitiken - @ alles reichlich kompliziert
a) Vorweg: Wir können die mittlerweile des öfteren formulierte Kritik gut nachvollziehen, wonach die hier geführte Debatte einen zum Teil recht theoretischen Touch angenommen hat (jedenfalls im Lichte der konkreten Gewalt- und Ausbeutungsverhältnisse weltweit). Gleichzeitig denken wir aber auch, dass in Köln bestimmte Probleme bzw. Fragen auf den Tisch gekommen sind, insofern wäre es jetzt falsch, über all dies den Mantel des Schweigens zu breiten - so sehr wir es vorgezogen hätten, beim Nobordercamp in Köln stärker über unsere zusammen mit Basisgruppen in Mali, Togo und Tunesien geführten Kämpfe gegen Landgrabbing oder das tödliche EU-Grenzregime zu diskutieren (vgl. http://www.afrique-europe-interact.net).
b) Zur Nicht-Benennung der Gruppe: Namentlichen Benennungen wohnt unseres Erachtens immer etwas leicht Denunziatorisches inne, vor allem wenn sich die Gemeinten zuvor nicht namentlich vorgestellt haben (was in Köln eindeutig der Fall gewesen ist). Hinzu kommt, dass wir bewusst von einer Gruppe und ihrem „Umfeld“ gesprochen haben, denn natürlich ist es nicht die Gruppe allein gewesen, welche die von uns kritisierten Prozesse zu verantworten hätte. Vielmehr gab es auch zahlreiche CampteilnehmerInnen, die die entsprechenden Positionen und Vorgehensweisen mitgetragen, ja forciert haben, was die Sache aus unserer Sicht zwar nicht besser macht, aber in einem deutlich anderen Licht erscheinen lässt. In diesem Sinne möchten wir weiterhin auf explizite Benennungen verzichten, unabhängig davon, dass sich eine Vertreterin der Gruppe in der aktuellen Jungle World ausführlich unter ihrem gemeinsamen Gruppennamen zitieren lässt.
c) Zur Auseinandersetzung mit der eigenen Positionierung: Es war keineswegs Koketterie, wenn wir in unserem Text davon sprechen, dass wir die Reflektion der eigenen gesellschaftliche Positionierung „für eine der zentralen Voraussetzungen (gemischter) politischer Arbeit“ halten. Was wir allerdings kritisieren, ist die Ritualhaftigkeit, mit der dieses bisweilen erfolgt. Denn es genügt nicht, die eigene Verwicklung in die gesellschaftlichen Verhältnisse einfach nur zu benennen. Worauf es in unseren Augen ankommt, ist vielmehr, einen im besten Sinne des Wortes diskursiven Raum zu schaffen, in dem sich AktivistInnen ernsthaft, kontinuierlich, solidarisch und (selbst-)kritisch über unterschiedliche Ausgangsvoraussetzungen, Ressourcen, Erfahrungen, politische Kulturen, Prioritätensetzungen, Visionen etc. austauschen können – inklusive Benennung expliziter Interessengegensätze bzw. Antagonismen. Denn nur so ist es möglich, die (rassistische) Logik gesellschaftlich produzierter Ein- und Auschlüsse zu unterwandern und langfristig so etwas wie gemischte Kämpfe zu führen – eine Erfahrungen, die wir zunächst im NoLager-Netzwerk (2002-2007), seit 2009 im Rahmen von Afrique-Europe-Interact immer wieder gemacht haben.
d) Zur Frage der Identitätspolitik: Diese ist ein komplexes Feld, vor allem wenn postkoloniale Debatten als Bezugspunkt dienen. Wir möchten deshalb einen anderen Weg wählen und auf den fünften Abschnitt eines Textes aufmerksam machen ("Vom weißen Antirassismus zur trans-identitären, mehr noch: zur hybriden Organisierung"), den ein Mitglied unserer Gruppe Anfang 2002 anlässlich des 5. Antirassistischen Grenzcamps in Jena verfasst hat (auch wenn es sich von selbst verstehen dürfte, dass wir heute vieles anders formulieren würden). Denn bereits damals ging es um die Frage, wie eine „strategische Identitätspolitik“ (Gayatri Chakravorty Spivak) aussehen könnte, die zwar Identitäten dekonstruieren möchte, gleichzeitig aber weiß, dass dies nicht ohne Bezugnahme auf gesellschaftlich produzierte Identitäten bzw. Subjektivitäten möglich sein wird (der viel zitierte Zirkel, wonach beides gleichermaßen gültig ist: das Imaginäre der Realität genauso wie die Realität des Imaginären). Besagter Text ist auf der Webseite des 5. Antirassistischen Grenzcamps in Gänze abrufbar, er ist damals unter dem etwas sperrigen Titel „Trans-identitäre Organisierung & Hybridität - Heiliger Goldfisch, was ist denn das!? Stichworte zur Orts-, Organisations- und Identitätsdebatte rund um's 5. Antirassistische Grenzcamp. Oder: Warum dieses Jahr die Musik in Thüringen spielt?!“ in der Interim erschienen: http://www.nadir.org/nadir/kampagnen/camp02/themen_extra3.htm
Identitätspolitik
Danke für den link, das macht es etwas klarer. Der entscheidende Textteil dürfte in etwa folgender sein:
Wenn das in etwa euer Verständis, fallt ihr in eurer Argumentation in eurer Auswertung hinter diesem von euch gesetzen Anspruch ziemlich zurück. Darin verwendet ihr "Identitätspolitk" wiederholt als pauschalen Vorwurf. Von dem Verständis, Identität nicht verteuflen zu wollen und die Identitätspolitk marginalisierter Gruppen ernstzunehmen, ist leider wenig zu spüren. "Identitätspolitisch" liest sich darin als anderes Wort für schlecht:
Mir ist klar, dass das ganz schöne Haarspalterei ist, und nach dem Lesen eures verlinkten Textes liest sich der Auswertungstext auch nochmal anders. Dessen Kenntnis könnt ihr aber wirklich nicht vorraussetzen, und eure auf zumindest mich polemisierend und pauschal abwertend wirkende Verwendung von Identitätspolitik hilft in einem aufgeheizten Klima nicht wirklich weiter. Die Gefahr, dass Menschen, die Identitätspolitische Ansätze verfolgen, sich dadurch grundätzlich in ihrem Politikverständnis angegriffen fühlen, ist durchaus gegeben.
Vielleicht wärs nicht so schlecht, den Fokus eurer Argumentation mehr auf die möglichen Fallen von Identitätspolitik zu lenken und den verlinkten Text zu überarbeiten und zu verbreiten.
@ Identitätspolitik
Ja, du hast recht - in unserem Auswertungstext zu Köln ist es allenfalls am Rande deutlich geworden, dass wir uns prinzipiell durchaus positiv auf Identitätspolitiken beziehen - jedenfalls strategische Identitätspolitiken im Sinne von Gayatri Chakravorty- Spivak: "Deconstruction does not say anything against the usefulness of mobilizing unities. All it says is that because it is useful it ought not to be monumentalized as the way things really are." Insofern werden wir das bei unserem noch ausstehenden 'richtigen' Auswertungstext zu Köln ungleich stärker berücksichtigen. Betont sei daher auch noch einmal, dass oben stehender Text leidglich ein erster spontaner Bericht gewesen ist, um die (kontroverse) Debatte überhaupt zu eröffnen. Jenseits davon ist es uns aber auch wichtig, die entsprechenden Fragen nicht als theoretische Fragen zu behandeln. Denn wir sind in erster Linie eine auf Interventionen und langfristige Vernetzungsprozesse zielende Gruppe - insofern sind unsere regelmäßigen Verweise auf die früheren Grenzcamps, auf das NoLager-Netzwerk, auf das Noborder-Camp in Lesbos und das daraus hervorgegangenen (ebenfalls gemischt zusammengesetzte) Netzwerk "Welcome to Europe" oder eben Afrique-Europe-Interact (wo wir primär aktiv sind) keinesfalls zufällig. Vielmehr ziehen wir unsere Überzeugung, dass critical whiteness nicht automatisch in konfrontative Dominanzstrategien à la Köln einmünden muss, sondern Katalysator für gemischte bzw. transnationale Organisierungsprozesse sein kann, aus eben genau jenen Erfahrungen. Zumindest haben wir dort erlebt, dass sich kritische Auseinandersetzung (inklusive Kritik an weißer Dominanz) und gemeinsame politische Arbeit keineswegs ausschließen müssen, wie eigentlich auch auf der Hand liegen dürfte. Oder glaubt wirklich jemand, dass sich selbstorganisierte FlüchtlingsaktivistInnen von The Voice oder selbstorganisierte Abgeschobene in Mali wirklich von weißen EuropäerInnen über den Tisch ziehen (d.h. ihrer Identitätspolitiken berauben) lassen würden?!? Wer so denkt, sollte lieber mal die eigenen Vorurteile gegenüber FlüchtlngsaktivstInnen überprüfen, anstatt anderen ständig zu erzählen (auch gemischt zusammengesetzten Gruppen bzw. Netzwerken, die schon seit Jahren zusammenarbeiten), dass sie ein schwerwiegendes Problem mit weißer Dominanz hätten. Denn dieses zu tun, ist nicht zuletzt eine Beleidigung der FlüchtlingsaktivistInnen in unseren Netzwerken selbst, wie schon Osaren Igbinoba von The Voice auf dem 6. Grenzcamp 2003 in Köln unmissverständlich deutlich gemacht hat, als er sich gegen die Beleidigung verwahrt hat, dass The Voice sich paternalistisch dominieren lassen würde.
P.S. Das von dir zitierte Zitat aus unserem Text von 2003 trifft schon die richtige Stelle, allerdings sollte es am Ende der von dir zitierten Passage schon noch weitergehen, sonst geht die Quintessenz - nämlich die trans-identitäre Organisierung (um es in den damaligen Worten zu formulieren) - etwas verloren.
Menschen...
Menschen verhungern an den Fangzäunen Nordafrikas, ertrinken in Mittelmeer, Atlantik oder in der Oder, werden in Griechenland, Spanien, Deutschland gejagt und getötet. In Lager gepfercht, reglementiert, katalogisiert und residenzpflichtig gemacht. Es gibt fast nichts, was verboten ist...und was macht ihr: Ihr ergiesst euch in einem Schwall an Theoriegeplänkel.
Peinlich!
Wieso Theoriegeplänkel?
Was hat denn das Camp-Gesabber mit Theorie zu tun? Da gehts doch nur um Befindlichkeiten...
Was fürn Kino! :-)
Erschreckend
Dass es identitäre Szenesekten wie Reclaim Society (RS) gibt, verwundert nicht beim allgemeinen Zustand großer Teiler der Linken in Deutschland seit 1990. Dialektisch-materialistisches Denken muss mensch hier mittlerweile mit der Lupe suchen, stattdessen dominieren in den linken Bewegungen ein bunter Strauß an idealistischen Weltanschauungen, gepaart mit kleinbürgerlich-utopischer Bauchmoral und abstraktem, realitätsfernem Schablonendenken.
Erschreckend fand ich beim Lesen des Berichtes von NoLager übrigens gar nicht mal die RS und ihren gelebten Irrsinn, sondern dass sich die übrigen Camp-Teilnehmer allen Ernstes stundenlang die hohlen Sprechblasen der RS auf Plena angehört und sogar noch deren autoritäres, repressives Gehabe ohne Aufmucken erduldet haben. Ergebnis: Ein allgemeines Klima der Beklemmung und Angst, Überanpassung und Duckmäusertum.
Und offenbar hat ja keiner öffentlich den Mund aufgetan, um den ideologischen Unsinn des selbsternannten RS-Wächterrates inhaltlich-argumentativ auseinanderzunehmen.
Jetzt wäre mal eine gute Gelegenheit für eine Selbstreflexion darüber, was mensch eigentlich politisch erreichen will und ob der ganze identitäre Unsinn, der sich in den letzten Jahren in der antirassistischen Bewegung angesammelt hat, nicht in die Sackgasse und die politische Isolation geführt hat.
Danke für den Tip
http://reclaimsociety.wordpress.com/recsoc/
sagt dann schon alles. Bin schon lange "no border" - aktiv. Nie von der Gruppe gehört, aber leider hat das Bethanien eine Vorliebe für merkwürdige Gruppen (remember Ba-al R-e Me-sh VVs)
sektenbeauftragter
full ack
Antira-Demo am 28.7. in Düsseldorf
Los gehts um 18 Uhr am Düsseldorfer Hbf (Bertha-von-Suttner-Platz).
http://refugee-resist-duesseldorf.de/2012/07/27/kein-mensch-ist-illegal-demonstaration/
aufschlussreiches Zitat
Wird das folgende Zitat in den Kontext des gesamten Textes gestellt, lässt es sich folgendemaßen Zusammenfassen:
Die „problematische Verschiebung von Prioritäten“ und somit eine autonome Positionierung ist autoritär.
„bewegungspolitische Überlegungen“ und somit das Politik-machen haben Vorrang vor politischem Handeln.
„[...]die Allerwenigsten bereit und in der Lage sind, über längere Zeiträume all zu hohe Konfliktlevel auszuhalten“ und „im Zuge des antideutschen Diskurses erfolgten Spaltungen“ : unterschiedliche Positionen und Konflikte können nicht ausgehalten werden, inhaltliche Spaltungen sind diesbezüglich keine Option.
Und hier die Lösung des Dilemmas : „Gerade deshalb finden wir es wichtig, dass sich […] in größeren Teilen der radikalen Linken ein insgesamt behutsamerer und kompromissorientierterer Auseinandersetzungsstil etabliert hat".
Ohne die Konflikte im einzelnen zu kennen, wird bei kritischer Lektüre des vollständigen Textes deutlich:
In diesem Zitat tritt die Haltung der Verfasser_innen am sichtbarsten hervor. Gerade wenn ihren „Gegner_innen“ autoritäres Verhalten und (eine völlig unbestimmte) Identitätspolitik vorgeworfen wird, klingt das nach Projektion in reinster Form.
Die „Bewegungsidentität“ muss um jeden Preis bewahrt werden, autonome Standpunkte greifen das fragile Konstrukt und somit die Identität an. Eine Identität, welche zum Politik-machen sicherlich hilfreich, im Kern aber unpolitisch ist - und auch nur unpolitisch bleiben kann.
Die vermeintliche Diskurshoheit soll mit allen Mitteln verteidigt werden. Wird diese als Szenekonsens, Stand der Diskussion, o.ä. getarnt, kann auch jede Infragestellung leicht als autoritäres Verhalten markiert und ausgegrenzt werden.
Alles in allem keine neue Argumentation. Der Klassiker bei und in Gewerkschaften, staatstragende Parteien, Extremismusdiskursen, etc.
Dass nun eine sich als radikal bezeichnende Linke diese Muster übernimmt, ist seit ein paar Jahren auch keine Überraschung mehr, führt aber mit Sicherheit nicht aus der Sackgasse und lässt dem akademischen Diskurs – bei gleichzeitiger Negierung der KONKRETEN Situation – freien Lauf.
Neu ist, dass solch eine ideologische Politik nun auch ohne formulierte Ideologie auskommt.
DogmatikerInnen raus!
Der Diskurs wäre für mich vollkommen uninteressant und ich wundere mich über die Bleiwüsten hier.
Wenn es sich aber um eine Gruppen, wie »Reclaim Society«, die lt. Homepage Sympathien für AnarchistInnen haben, sollte es wenigsten uns AnarchistInnen klar sein, dass sie in unserer Bewegung nichts verloren haben.
Es sollte keine Diskusissionen mit diesen Leuten geben. Für mich sind sie RassistInnen, wie Antideutsche für mich AntisemitInnen sind. Warum? Es reicht ihre Texte zu lesen und ihre Kategorisierungen zu verstehen. Gegen Antideutsche hilft: ... Wenn z.lB. der Satz "Banken enteignen" antisemitisch sein soll, dann funktioniert es nur, wenn Banken "dem Juden" zugeschrieben werden..
Beide Gruppen gehen ähnlich vor, als Ergebnis ihnen ist gelungen, das Grenzcamp erfolgreich zu sprengen. Bis heute sind sie Anlass zu einer Debatte. Wer lässt sich auf so etwas ein?
Dabei könnten Probleme anders gelöst werden z.B. in Bezug auf einige ihrer Themen.... Auf den Camps z.B. kein Fleisch anbieten und sich sehr viel Mühe beim Kochen geben, um zu überzeugen. Menschen, die Fleisch mitbringen die Vorzüge fleischlosen Lebens benennen, sie aber nicht zwingen auf "ihr Fleisch" zu verzichten. Veränderung ist ein Prozess und kann nicht mit dem Holzhammer erzwungen werden. .
Wer will kann auch mit Dreadlockträgern ins Gespräch kommen und ihnen erklären, dass es fragwürdige Hintergrundgeschichten (Rastafari) gibt, aber auch verstehen, dass sie in der Bewegung beliebt sind und für alternatives Leben und Subkultur stehen.....
Natürlich werden viele jetzt sagen, hallo bei bestimmten Themen (z.B. rassistische Äußerungen, sexistische Äußerungen) kommt´s doch auch zum Ausschluss. Dennoch gibt es eine adäquate Lösung, was zu tolerieren ist und was zu akzeptieren müssen. Nur dogmatische Gruppen sind für ein vernünftiges Zusammenleben vollkommen überfordert. Sie erkennen nicht die Felder, wo Überzeugungsarbeit zu leisten ist und wo Grenzen gezogen werden müssen und es keinen Spielraum gibt.. ....
Kritik am Camp und an den Strukturen sollte sachlich sein und wenn es dann insgesamt nicht passen sollte, bleibe ich Zuhause und organisiere mich anders. Nur dogmatische Gruppe leisten Zersetzungsarbeit von Innen.
Das könnte z.B bei mir schon ausreichen, wen es keine eingene verünftige Medienarbeit gibt und stattdessen Massenmedien, mit der Hoffnung einer ausgewogenen Berichterstattung, eingespannt werden. Für mich müsste ein Camp auch Beispiel sein, wie eigenene Medien funktionieren.
Oder auch vegetarisches / verganes Essen und Hintergrundinfos, um Überzeugungsarbeit zu leisten, dass es auch ohne Fleisch geht.
Alkoholfreie, besondes originelle Getränke preisewerter anbieten und Empfehlungen gebem, möglichst nicht zu viel zu trinken und auf Drogen zu verzichten. Weil es sich mit klaren Kopf besser kämpft, dennoch sind wir keine Spaßbefreiten SpießerInnn und für viele gehört Alkohol einfach dazu...Für Danebenbenehmen aufgrund des Konsums gibt´s dann keine Entschuldigung...
Sich über die Strukturen der Plenen und Hierarchien vorher Gedanken machen. Welche Gruppen sind auf dem Camp besonders stark vertreten und / oder vertreten ihre Meinung besonders aggressiv offensiv?
Das sind nur Beispiele die zeigen sollen, dass ein Camp durschaus funktioniern könnte...
Von wegen "Solidarität"
Mit dem Düsseldorfer Ableger hab ich auch eine schlechte Erfahrung machen müssen:
http://misanthrope.blogger.de/stories/2099116/
Enttäuscht. Genervt. Verärgert
toller text aus bremen. ich sehe das genauso, möchte aber noch kurz einen kleinen einblick in meine eindrücke geben.
Ich war das erste mal beim noborder camp und bin sicherlich mit einer etwas niedrigschwelligeren erwartungshaltung als andere (die sich schon seit jahren mit solchen thematiken auseinandersetzten) nach köln gefahren. ich bin vorzeitig abgereist, genauer gesagt am donnerstag. und ich bin enttäuscht, genervt und verärgert.
kurz zur erklärung: ich finde sprache ist ein mächtiges kommunikationsmittel. wer es schlau nutzt, kann es schaffen, andere ganz schön machtlos da stehen zu lassen. und im rahmen des diesjährigen nobordercamps durfte ich das ganz schön oft miterleben. den: sprache kann auch sprachlos machen.
das nobordercamp ist für junge leute, die gerade beginnen sich mit den div. thematiken auseinanderzusetzten, überhaupt nicht geeignet. echt schade. stattdessen laufen da unglaublich viele leute herum, die ich im alltag als "erbsenzähler" oder wie slime sagen würde, "linke spießer" bezeichnen würde. und alle wirken so unglaubich reflektiert....echt ein witz! weil eine workshopgeberin die ganze zeit von "frau" und "mann" spricht, ihr aber am anfang des workshops darauf hingewiesen wird, das es auch menschen gibt die sich diesen beiden "kategorien" (oder whatever) nicht zuordenen wollen/können/whatever, und die workshopgeberin das aber nicht weiter berücksichtigt hat, macht man ein großes drama draus. selbstverständlich ist es nicht ok und emanzipatorisch nur von "mann" und "frau" zu sprechen. damit wird ganz kacke reproduziert. das ist aber für mich kein grund jemanden so dermaßen ans bein zu pissen. gehts noch? jede_r dieser workshopteilnehmer*innen, und das unterstelle ich denen nun weil ich gesehen habe, was für leute auf dem camp waren (die meiste aus der linken szene oder anderen politischen kreisen), wussten, das es nicht nur "mann" und "frau" gibt. diese explizite einfoderung in dem workshop war für mich unnötig und lächerlich. eine anmerkung an alle teilnehmer*innen hätte gereicht - mehr nicht.
achso: nicht nur von "mann" und "frau" zu sprechen reproduziert etwas, sondern auch vor allem diese permanente sprachkontrolle - nämlich ganz schön viel: macht. und genauer gesagt, weiße, junge, gebildete, akademische, elitäre und arrogante macht.
hören wir auf die utopie zu leben. seien wir mensch - mit all unseren scheiss fehlern. arbeiten wir daran!
No-Border Camp 2012 – Spalten wie die Profis? (RS?!?)
No-Border Camp 2012 – Spalten wie die Profis?
Kleine Bestandsaufnahme der Antifa Friedrichshain zu den diesjährigen Spannungen auf dem Grenzcamp in Köln
Die politischen Zerwürfnisse auf dem No-Border Camp in Köln dieses Jahr waren der Höhepunkt eines Konfliktes innerhalb der antirassistischen Bewegung. Als Teil einer autonomen Antira-Bewegung sehen wir die derzeitigen Entwicklungen in der Szene mit viel Unbehagen. Anstatt bisherige Kritiken an den politischen Praxen aus dem Spektrum der 'reclaim society' (RS) Gruppe zu wiederholen, wollen wir versuchen zu reflektieren, welche Resultate im praktischen politischen Umgang aus dieser Kritik gezogen werden müssen. Dass es einen praktischen Umgang geben muss mit dem politischen Lager, der RS-Gruppe und deren Gesinnungsgenoss_innen finden wir inzwischen dringend geboten in Anbetracht der politischen Irrfahrt und Lähmung, die sie in Räumen wie dem Kölner Grenzcamp ausgelöst haben. >>>
http://freeweb.dnet.it/antifhain/fenster_nobordercamp.html
http://antifa-fh.de.vu/
omg
meine fresse, der artikel war echt mal nötig. mir selber ist solches verhalten auch schon selber aufgefallen.
"Des weiteren ist es wiederholt vorgekommen, dass weiße (PoC-)AktivistInnen versucht haben, andere weiße AktivistInnen aus Plena-Situationen 'rauszubegleiten' (ohne dass diese darum gebeten hätten), einfach weil sie emotional zu aufgeregt gewesen sein sollen oder „master suppression techniques“ wie Augenrollen oder kritische Mimik angewandt hätten."
dies wurde mir auch schon vorgeworfen. allerdings harmloser. „master suppression techniques“ hört sich ja schon fast nach scientology an.
Alter Schwede
....könnt ihr mal auf den Boden der Tatsachen zurückkommen und pragmatisch das anpacken, was anzupacken ist? Es geht darum, sich mit Geflüchteten und illegslisierten Menschen zu solidarisieren und ihnen Raum zu geben um mit eigener Stimme zu kämpfen.
Eure hochgestochene absolut abgehobene Denke kreiert nur eine Endlosschleife an Sinnlosigkeit, verplempert Zeit und Ressourcen. Wollt ihr überhaupt wirklichen Kontakt zu marginalisierten Menschen oder euch in eurer Bildung und in eurem Wortschatz und der Selbstgerechtigkeit suhlen? Das, was ihr produziert sind die Früchte des Kapitalismus, den ihr selber kritisiert. Kein Wunder, dass Linke nirgendwo ernst genommen werden und der großteil der Republik sich an Stammtischen rumtreibt. Ihr macht euch sowas von unattraktiv.
Und sorry, wie kann man sich so von Critical Whiteness- Nazis einfangen lassen? Lasst die doch ihr Süppchen kochen, ist doch auch nur eine Theorie unter vielen. Der Mensch ist nun mal machthungrig und findet immer einen Weg, um zum Diktator zu werden. man darf es nur nicht zulassen. Dass ihr mit denen noch diskutiert habt, und ihre Putschversuche so toleriert habt, dass die an den Rand gedrängten wieder nicht zu Wort gekommen sind, verstehe ich absolut nicht. das Camp war für die gedacht, die am Ende wieder unterdrückt worden sind. Von reichen saturierten Kindern das Kapitalismus.
Der Unterdrückte bleibt immer unterdrückt, und der Privilegierte heuchelt.
Die Zusammenfassung hat aber dennoch sehr gut die Fallen der Critical Whiteness Monster herausgearbeitet.
Salut!