Der § 129 b Prozess gegen die türkische Linke Gülaferit Ünsal beginnt am 19.7.12, um 9.00 Uhr am Kammergericht Berlin – Moabit.
Wir
bitten Euch folgende Solidaritätserklärung des “Initiativkreises
Gülaferit Ünsal” mit zu unterzeichnen. Wenn ihr diese unterstützen wollt
sendet bitte eine Mail an berlin(ät)political-prisoners.net
Die
38-jährige Gülaferit Ünsal befindet sich seit ihrer Auslieferung im
Oktober 2011 aus Griechenland in die BRD, nunmehr seit 7 Monaten unter
Isolationshaftbedingungen in Untersuchungshaft im Frauengefängnis
Berlin-Lichtenberg.
Sie ist Ingenieurin und Absolventin der
Technischen Universität des Nahen Ostens (ÖDTÜ) in Ankara. In den 90′er
Jahren war sie lange Zeit im gewerkschaftlichen Bereich aktiv und
beteiligte sich 1996 während einer Inhaftierung aufgrund dieser
Aktivitäten am unbefristeten Hungerstreik der politischen Gefangenen,
dem Todesfasten. Später ging sie nach Deutschland und von hier aus nach
Griechenland, da sie gesundheitliche Probleme hatte und in der Türkei
per Haftbefehl, welcher auch heute noch aufrechterhalten wird, gesucht
wurde. Ihr Ehemann ist in der Türkei inhaftiert.
Am 08. Juli
vergangenen Jahres wurde Gülaferit Ünsal aufgrund eines
Festnahmeersuchens der deutschen Bundesanwaltsschaft in Thessaloniki in
Griechenland festgenommen und in Auslieferungshaft gesperrt. Der
Haftbefehl gegen sie wurde bereits am 09. Februar ausgestellt. Am 21.
Oktober 2011 wurde Gülaferit Ünsal schließlich, trotz des Protestes
einer griechischen Solidaritätsbewegung, nach Deutschland ausgeliefert
und ist seitdem in Berlin-Lichtenberg inhaftiert. Im Januar, nach der
Luxemburg-Liebknecht-Lenin-Demonstration, sowie am Tag der politischen
Gefangenen, dem 18. März diesen Jahres protestierten bereits zahlreiche
Menschen vor dem Lichtenberger Frauengefängnis und forderten lautstark
ihre Freiheit.
Am 18. April 2012 wurde nun durch die
Bundesanwaltschaft vor dem Staatsschutzsenat des Kammergerichts in
Berlin Anklage gegen sie nach § 129 b erhoben. Neben dem Vorwurf der
Mitgliedschaft in der türkischen kommunistischen Partei DHKP-C wird sie
beschuldigt deren UnterstützerInnen in mehreren europäischen Ländern
angeleitet, Spendengelder gesammelt und logistische Aufgaben der Partei
koordiniert zu haben.
Die Anwendung des § 129 b beinhaltet den Einsatz besonderer Haftbedingungen.
So
ist Gülaferit Ünsal 23 Stunden täglich allein in ihrer Zelle
eingesperrt, Post wird gesondert kontrolliert, dadurch um mehrere Wochen
verzögert und einer faktischen Zensur unterworfen, welche unter anderem
beinhaltet, dass mehrere Briefe mit solidarischen Formulierungen,
welche der Staatsanwaltschaft nicht gefielen, zu Problemen führten.
Des
Weiteren ist sie Schikanen, wie zum Beispiel der Verhinderung des
Kontakts zu anderen türkischsprachigen Gefangenen durch die explizite
Unterbringung in einem Berliner Gefängnis ohne weitere türkische
Inhaftierte ausgesetzt. Auch der täglich einstündige Hofgang, welcher
ihr gewährt werden musste, ermöglicht ihr keinen Austausch, da sie noch
kein Deutsch versteht. Sie beschäftigt sich momentan damit es zu
erlernen. Es wird ihr sehr erschwert die dazu nötigen Bücher zu
erhalten, da deren Beantragung und Aushändigung, wie auch die von
weiteren Medien und Kleidung durch langwierige, angeblich behördliche
Abläufe, verzögert wird.
Die Ermöglichung des Empfangs von
türkischem oder englischem Kabelfernsehen wurde nach einem Antrag durch
Gerichtsbeschluss abgelehnt.
Besuche, welche sehr selten
stattfinden können, werden grundsätzlich durch das BKA, unterstützt von
einem Dolmetscher, überwacht. Grüße und Berichte über andere Gefangene
sowie die Situation in der Türkei werden dabei mit der Begründung, dass
sie einen Austausch über das anstehende Verfahren darstellen könnten,
durch die Justiz und BKA BeamtInnen verhindert.
Der 2003
eingeführte §129b ermöglicht es Handlungen, welche außerhalb der BRD
angeblich begangen wurden oder die selbst nach dem deutschen Strafrecht
oft gar nicht strafbar wären, wie zum Beispiel die Solidaritätsarbeit
für politische Gefangene, hier verfolgen zu können. Dabei findet oft
eine enge Zusammenarbeit mit den folternden Justizorganen dieser
Staaten, wie zum Beispiel der Türkei, statt und Abschiebungen werden im
Fall von Aussageverweigerung angedroht und umgesetzt. Es handelt sich um
ein Ausforschungs- und Gesinnungsstrafrecht.
Wir fordern Gülaferits Freiheit und die Abschaffung des Gesinnungsstrafrechts nach § 129 !
Sandra Bakutz, Wien
Elisabeth Wissel, Berlin
Markus Bernhardt, Journalist & Autor, Berlin
Netzwerk Freiheit für alle politischen Gefangenen
GefangenenInfo
Zusammen Kämpfen
AvEG-Kon, Konföderation der unterdrückten Migranten in Europa
Heike Schrader, Journalistin
Rote Hilfe, OG Berlin
Solidaritäts und Rechtshilfezentrum der Völker
Initiative Presente
Internationalistischer Abend im Stadtteilladen Zielona Gora, Berlin
.
Der erste Prozesstag beginnt um 9 Uhr.
Adresse des Gerichts:
Kriminalgericht Moabit, Saal 700
Turmstr. 91
10559 Berlin
Angesetzte Verhandlungstermine:
JULI
19. Juli 2012
20. Juli 2012
AUGUST
02. August 2012
03. August 2012
15. August 2012
30. August 2012
31. August 2012
SEPTEMBER
06. September 2012
07. September 2012
10. September 2012
11. September 2012
13. September 2012
27. September 2012
OKTOBER
15. Oktober 2012
18. Oktober 2012
19. Oktober 2012
25. Oktober 2012
26. Oktober 2012
NOVEMBER
01. November 2012
02. November 2012
08. November 2012
09. November 2012
15. November 2012
16. November 2012
22. November 2012
23. November 2012
17. Juli // Dienstag // 19 Uhr // Café Commune (Reichenberger Straße 157, nahe U-Bhf Kottbusser Tor): Infoveranstaltung mit Anwalt Ulrich von Klingräff zu den bisherigen 129 b-Verfahren, Dr. Nick Brauns zum politischen Strafrecht in der BRD und einem türkischen Genossen zur Situation Gülaferit Ünsals.
19. Juli // Donnerstag // 8 Uhr // Turmstraße 91 (Kriminalgericht Moabit): Kundgebung für die Freiheit von Gülaferit Ünsal und als Anlaufstelle zur Prozessbeobachtung.
19. Juli // Donnerstag // 9 Uhr // Turmstraße 91 (Kriminalgericht Moabit): Beginn des § 129b Prozesses gegen die türkische Kommunistin Gülaferit Ünsal. Es wird zu Prozessbeobachtung aufgerufen!
Netzwerk Freiheit für alle politischen Gefangenen // http://political-prisoners.net/
Opfer von BND-Schnüffeleien
Berlin, 17.07.2012
Nationale Gewalt fordert mehr und mehr politische Gesinnungsopfer, diese Opfer sind teils die Unschuldigen im Krieg zwischen Nationaler Rechtsstaatlichkeit und rechtsextremen Fanatismus. Sich darin einzumischen bedeutet häufig das Ende eines geordneten Lebens in der Gesellschaft.
An den Rand der Gesellschaft gedrängt vermutet der Nationale Rechtsstaat dissoziale Ursachen, die den multikulturellen Chancen zur Integration entgegenstehen, als Alternative bieten sie die Mitarbeit in ihren Reihen an, um jede sozialstaatliche Grundlage ihrer Absichten zu untergraben. Dabei ist es von großer Bedeutung, wie es gelingen kann, mit Lügen und Wahrheiten aus Geschichtsverfälschungen den Begriff Nationalstaat zu einem Polizeistaat werden zu lassen. Diese eigenmächtig geschaffene Gesinnung unterliegt aufgrund ihres geschichtlichen Bezugs nicht dem Deutschen Rechtsstaat, sondern einer willkürlichen Auslegung dessen, was Kultur für das Leben der Menschen bedeutet. Man mag fast einer Konsequenz von Lügen und Schnüffelei reale Wirklichkeit zugestehen, ihr Höhepunkt ist der sarrazinische Lüge, eine "deutschen Leitkultur" heraufzubeschwören.
Mit dieser Konstruktion einer kulturellen Wirklichkeit trifft man auf eine Wiederholung geschichtlich bekannter Strategien, wie sie zu Zeiten von Verfolgung und Verbrennungen, das heißt der gezielten Beeinflussung menschlicher Gemeinschaften durch die Schaffung übergeordneter Kulturverhältnisse geschaffen hat. Zwar erscheint das Gesetz - wie damals, auf der Seite jener Kreuzritter und Demagogen kultureller Verbrechen an der Menschheit, dennoch konnte man mit Solidarität innerhalb der Familie und der Gemeinschaft den Akt der Zerstörung aufhalten, solange bis das eigene Leben geopfert werden musste.
Gerade in Zeiten, wo sich Hartz IV Gesetze und Absprachen zwischen reichen Geldgebern und billigen Arbeitsvermittlern angleichen zu einem rein funktionalem kapitalistischem System, haben die Menschen Bedürfnisse und Wünsche nach sozialer Gerechtigkeit. Die letzte Konsequenz, Existenz stehe über multikulturellen Weltanschauungen, findet ihre rechtliche Grundlage in verschiedenen Gesetzen und Rechtsentscheide.
Die Betrachtungsweise, wie man einen Menschen sieht, der auf der Anklagebank zum Opfer von BND-Schnüffeleien degradiert wird, hat auch etwas mit Würde und Respekt zu tun. Sollten die Menschen in der Lage sein, die konstruierten Lügen zu durchschauen und für Gülaferit Ünsal eine multikulturelle Wirklichkeit solidarisch am Leben zu erhalten, ist ein großer Schritt zur Rettung einer Genossin aus den Klauen nationaler Gesinnungsschnüffler gewagt.
Multikulturelle Freiheit in BRD, Polen und Griechenland und anderswo. Weg mit dem Gesinnungsparagraphen!!! Wir alle leben Multikulti und lassen uns nicht umkonstruieren durch Lügen und Hartz IV konformer Gesinnung