Ägyptische Wahlen unter der Militärherrschaft

(A)

Schließt euch unserem Widerstand gegen die Konterrevolution an!

An euch, an deren Seite wir kämpfen:

Seit Beginn der Revolution in Ägypten haben die Mächtigen eine teuflische Konterrevolution gestartet um unseren Kampf einzudämmen und zu unterwerfen, indem sie die Stimme der Bevölkerung in einem Prozess der bedeutungslosen und mundgerechten politischen Reformen zu ertränken versuchen.

 

Dieser Prozess zielt darauf ab, vom revolutionären Weg und den Forderungen der ägyptischen Bevölkerung nach „Brot, Freiheit und sozialer Gerechtigkeit“ abzulenken.

 

Nur 18 Tage nach unserer Revolution und nachdem wir Mubarak von der Macht vertrieben haben, wurde die Debatte der politischen Klasse und der Infrastruktur der Eliten, die sowohl staatliche wie private Medien besitzen, weiterhin entlang der Diskussion um wechselnde Ministerposten, Kabinettumbildungen, Referenden, Ausschüsse, Verfassungen und vor allem Parlaments- und Präsidentenwahlen geführt.

 

Unsere Entscheidung war von Anfang an, alle Versuche des Regimes abzulehnen, um die Revolution der Bevölkerung zu einem farcehaften Dialog mit der Konterrervolution zu verzerren. Dieser wird verpackt in eine Debatte über den „demokratischen Prozess“, der weder die Erfüllung der Revolutionsforderungen bedeutet, noch eine substanzielle, wirkliche Demokratisierung.

 

Daher wird und muss unsere Revolution weitergehen!

 

Die Ägypter/innnen befinden sich momentan in einer verwundbaren Situation. Die offizielle politische Debatte versucht der Welt glaubhaft zu machen, dass die Technologien der Demokratie zu Zeit bedeuten, sich zwischen „zwei Übeln“ zu entscheiden.

 

Diese sind einerseits Ahmed Shafiq, der die Festigung und rachsüchtige Wiederkehr des ehemaligen Regimes garantiert und der offen einen kriminellen Angriff auf die Revolution unter den faschistischen Vorzeichen von „Sicherheit“ und „Stabilität“ verspricht. Außerdem macht er falsche Versprechen an die religiösen Minderheiten, gegen die das Regime als Teil seiner Einschüchterungskampagnen systematisch mit Anschlägen und Isolation vorgegangen war.

 

Andererseits steht Mohamed Morsi zur Wahl, der Kandidat der Muslimbruderschaft, von dem wir - durch den Mythos der kulturellen Renaissance bestärkt - erwarten sollen, dass er uns vom „alten Regime“ „befreien“ werde. Gleichzeitig wird die Muslimbruderschaft ihre finanziellen Rücklagen stärken und die wachsende, regionale kapitalistische Hegemonie ausbauen, die abhängig ist von einem Klima der zunehmenden Ausbeutung der ägyptischen Bevölkerung und ihrer Ressourcen. [...]

 

Wir weigern uns, diese Entscheidung zwischen „zwei Übeln“ anzuerkennen, da sich hinter der Maskerade jedes dieser Übel das gleiche Regime verbirgt. Wir glauben, dass es eine andere Möglichkeit gibt. Und in Zeiten, da die Wahrnehmung des öffentlichen Bewußtseins weitestgehend von der Wahrheit entfernt ist, sehen wir es als nötig an, wieder Stellung zu beziehen.

 

Wir sehen in den ägyptischen Präsidentenwahlen den Versuch der bisher vorherrschenden Militärjunta und ihrer konterrevolutionären Kräfte, um internationale Anerkennung zu gewinnen, das bestehende Regime zu zementieren und der ägyptischen Revolution noch tödlichere Schläge zu versetzen. Wir bitten euch daher, uns im Widerstand gegen diesen Prozess zu unterstützen, der versucht die Konterrervolution zu festigen.

 

Unser Kampf ist nicht isoliert von eurem!

 

Was ist denn eine Revolution, wenn nicht die sofortige und kompromisslose Ablehnung des Bestehenden: der militarisierten Macht, der Ausbeutung, der Klassengesellschaft und der brutalen Polizeigewalt – um nur einige der grundlegensten und zerstörerischsten Übel zu nennen, die diese Gesellschaft momentan zu bieten hat.

 

Diese strukturelle Realität ist nicht auf Ägypten oder die ägyptische Revolution beschränkt. Sowohl in den Gesellschaften den Nordens und des Südens gibt es Widerstand gegen das, was wir ungefragt akzeptieren sollen. Es gibt Auflehnung gegen die enge realistische Perspektive, die uns glauben lässt, dass Demokratie nur bedeute zwischen „zwei Übeln“ auszuwählen. Und dass wir mit der Wahl eines von ihnen zur Regierung angeblich eine Entscheidung getroffen hätten und nicht in Wahrheit nur die einzig existierende Herrschaft bestätigt haben: die Herrschaft der ungezügelten, repressiven und entmenschlichenden Kapitalbeziehungen.

 

Wir sind solidarisch mit den Massen der prekarisierten und gefährdeten Menschen, die sich entschieden haben, ihre Existenz gegen ein agressives globales System in der Krise zu verteidigen. Ein System, das im Zweifelsfall zu unvorstellbar großer Überwachung, Militarisierung und Gewalt greift, um unsere Aufstände zu bezwingen. [...]

 

Wenn diese Wahl ohne unseren Widerspruch vonstatten geht, befürchten wir, dass die kommende Regierung eine Rechtfertigung finden wird, um uns zu jagen, einzusperren und zu foltern, um jede Form des Widerstands im eigenen Interesse zu zerschlagen.

 

Wir werden unseren revolutionären Weg voller Überzeugung weitergehen, uns der Militärherrschaft widersetzen und ein Ende der Militärgerichte für Zivilist/innen fordern, sowie die Freilassung aller Gefangenen in Militärgefängnissen. Wir werden weiter kämpfen: am Arbeitsplatz, in Schule und Universität, sowie in den Nachbarschaftsversammlungen. [...]

 

Wir rufen euch auf, unseren Kampf gegen die Stärkung der Konterrevolution zu unterstützen. Wieso ihr solidarisch mit uns sein könnt? Wenn wir angegriffen werden, ist dies auch ein Angriff auf euch, denn unser Kampf ist global und gegen jene Kräfte gerichtet, die unseren Gehorsam und unsere Unterdrückung fordern.

 

Wir stehen für die Weiterführung der Revolution - einer Revolution, die nur mit der Stärke, Gemeinsamkeit und Beharrlichkeit der Bevölkerung verwirklicht werden kann, nicht durch ein vergiftendes Referendum über die Herrschaft des Militärs.

 

01.06.2012

 

Genoss/innen aus Kairo

 

Quelle: http://www.she2i2.blogspot.de/2012/05/join-our-resistance-against-electo...

Zeige Kommentare: ausgeklappt | moderiert

Englisches Original ursprünglich erschienen auf:
http://mrzine.monthlyreview.org/2012/egypt010612.html

Kontakt zu Comrades from Cairo:
comradesfromcairo@gmail.com