Seit vier Jahren erfassen das Bundeskriminalamt und der Inlandsgeheimdienst ein vermeintlich ‚gewaltbereites linksextremistisches Spektrum in Europa‘. Polizeien und Dienste arbeiten mit der fragwürdigen Kategorie ‚Euroanarchismus‘. Hier entsteht eine heimliche politische Datensammlung, die überdies den historischen Begriff des Anarchismus in den Schmutz zieht.
Ende April hatten sich die Mitglieder der Datensammlung „Dolphin“ bei Europol zu einer zweitägigen Konferenz in Den Haag getroffen. Diese sogenannte „Analyse-Arbeitsdatei“ wird von 20 EU-Mitgliedstaaten sowie der Schweiz, Australien und Norwegen befüllt. Italien, die Schweiz und Spanien hatten in Den Haag auch über den Widerstand gegen Hochgeschwindigkeitszüge bzw. Aktivitäten des „No Border-Netzwerks“ referiert.
In der Datensammlung ‚Dolphin‘ speicherte die Polizeiagentur Europol bislang lediglich Informationen zu ‚Terrorismus‘. Ausweislich der Antwort der Bundesregierung interessieren sich die Mitglieder von ‚Dolphin‘ aber auch für linken Widerstand, der dort als ‚Extremismus‘ geführt wird. Die Zweckbestimmung der Datei wurde deshalb 2010 geändert. ‚Dolphin‘ dient - ähnlich wie der deutsche §129 - der Schnüffelei in politischen Zusammenhängen. So verwundert es nicht wenn die Bundesregierung selbst zugeben muss, dass die Datensammlung in keinem Ermittlungsverfahren ‚eine wesentliche Rolle‘ gespielt hat.
Wie in Deutschland richtet sich das Interesse von Europol vorrangig
gegen emanzipatorische Bewegungen: Erst nach den Anschlägen in Norwegen
schlug die Polizeiagentur die Einrichtung einer ‚Task Force‘ gegen
Rechtsextremismus vor.
Seit vier Jahren führt das
Bundeskriminalamt Akten zum sogenannten ‚Euroanarchismus‘. Im gleichen
Zeitraum stand das Amt in einem regen Informationsaustausch mit
politischen Polizeiabteilungen aus der Schweiz, Frankreich, ,
Großbritannien, Italien und Griechenland. Auch der deutsche
Inlandsgeheimdienst ist einbezogen, der seinerseits mit befreundeten
Diensten zu ‚Euroanarchismus‘ kommuniziert.
Letztes Jahr wurde
offiziell bestätigt, dass auch die Proteste gegen die G8-Gipfel 2005 und
2007 durch verdeckte Ermittlungen unterwandert wurden. Laut dem
BKA-Präsident richtete sich diese deutsch-britische Initiative ebenfalls
gegen ‚Euroanarchisten‘. Die Bundesregierung wehrt sich jetzt in ihrer
Antwort dagegen, die Protagonist/innen dieses Angriffs auf die
Privatsphäre als Polizeispitzel zu bezeichnen.
Gleichzeitig
verdichten sich Hinweise, dass auch der baden-württembergische Polizist
Simon Bromma bei der Bespitzelung internationaler Aktivist/innen in
Brüssel half. Zudem hat das Bundeskriminalamt Informationen zu
mindestens 88 Demonstrant/innen mit der belgischen Polizei getauscht
und - ohne konkreten Vorwurf - in eigenen politischen Datensammlungen
gespeichert.
Mehr Hintergrund in der Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage „Kriminalisierung von internationalem linken Aktivismus und Anarchismus durch Europol“: http://www.andrej-hunko.de/start/download/doc_download/223-kriminalisier...
Polizeispitzel
Radio Dreyeckland Nachricht dazu: Bundesregierung fordert: Polizeispitzel sollen nicht Polizeispitzel genannt werden