Cocktails und Klassenkampf: Religionskritik an Karfreitag

Sekt und Sichel

Allen Nachrufen zum Trotz ist Religion nach wie vor ein Massenphänomen. In Mannheim steht mit dem Katholikentag ein tagelanges Spektakel vor der Tür. Gleichzeitig überlässt die globale Linke die Religionskritik Liberalen wie Richard Dawkins, die außer dem Fortbestand der Religion kein Problem mit dem Zustand der Gesellschaft haben. Höchste Zeit, sich auf die eigenen Klassiker zu besinnen und gemeinsam darüber zu reden, wie wir Religions- und Gesellschaftskritik wieder zusammenbringen können! Zu passenden Cocktails diskutieren wir über Karl Marx und Walter Benjamin im Wild West

 

Für Karl Marx war zwar "die Kritik der Religion [...] die Voraussetzung aller Kritik"; zugleich aber war er der Ansicht, "die Kritik der Religion [sei] im wesentlichen beendigt." Und auch im Manifest der Kommunistischen Partei verkündeten Marx und Engels zuversichtlich: "Alles Heilige wird entweiht, und die Menschen sind endlich gezwungen, ihre Lebensstellung, ihre gegenseitigen Beziehungen mit nüchternen Augen anzusehen."


Mehr als 150 Jahre später kann vom Ende der Religion keine Rede sein. Kirchentage und Esoterikmessen sind massenwirksame Spektakel, der Papst hat Popstar-Status. Islamisten versuchen, oft mit Erfolg, die arabischen Revolten für sich zu vereinnahmen. Andererseits stürmen Richard Dawkins und co. mit ihren atheistischen Pamphleten die Bestsellerlisten, können aber außer dem Fortbestand der Religion nicht viel schlechtes an der Welt finden. Die globale Linke dagegen schweigt in ihrer Mehrheit dazu oder erklärt Religion kurzerhand zum Bestandteil kultureller Traditionen. Damit wollen wir uns nicht zufrieden geben und uns anlässlich des anstehenden Katholikentags in Mannheim ein paar grundsätzliche Gedanken machen: Was können wir von den Klassikern heute noch lernen? Was haben Kapitalismus und Religion miteinander zu tun? Ist der Kapitalismus vielleicht selbst zur Religion geworden? Und wie kann Religionskritik aussehen, die einen grundsätzlich gesellschaftskritischen Anspruch vertritt?

Wir lesen:
Karl Marx: Zur Kritik der Hegelschen Rechtsphilosophie. Einleitung (http://www.mlwerke.de/me/me01/me01_378.htm)

Karl Marx: Thesen über Feuerbach (http://www.mlwerke.de/me/me03/me03_533.htm)

Walter Benjamin: Kapitalismus als Religion
(http://raumgegenzement.blogsport.de/2009/11/02/walter-benjamin-kapitalismus-als-religion-fragment-1921/)

Wie immer gibt es dazu passende Cocktails!

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Kirchentage und Esoterikmessen sind massenwirksame Spektakel, der Papst hat Popstar-Status. Islamisten versuchen, oft mit Erfolg, die arabischen Revolten für sich zu vereinnahmen.

Das stimmt! Jedoch sollte mensch die ultraorthodoxe jüdischen Fundamentalist_innen nicht ausser betracht lassen. Dieses Thema wird oft verschwiegen trotz der krassen patriachalen Ideologien dieser Menschen (Geschlechtertrennung in Bussen, Läden, Stadtvierteln etc.). Wir sollten nicht vergessen, dass das Judentum zu den drei Weltreligionen gehört.

Liebe/r Anonym

 

In der Tat sind Fundamentalisten aller couleur kritikwürdig. Es ist ja auch sehr verlockend am Karfreitag (in alter Tradition) den Juden mal wieder so richtig den Kopf zu waschen. Allerdings hat das Judentum als von Dir benannte Weltreligion deutlich weniger Mitglieder als 13 andere Religionen oder bspw. der ADAC. Daher würde ich persönlich es nicht gerade als weltweite Bedrohung für emanzipatorische Bestrebungen einschätzen.

Trotzdem danke, dass Du dich trotz drohender Antisemitismuskeule traust das Schweigen zu brechen. Damit solidarisierst Du dich mit vielen Millionen jüdischer Frauen weltweit die weder Busfahren noch zum Herrenfriseur dürfen. Auch die zahlreichen rein männlichen/weiblichen Judenviertel weltweit sind ein Missstand der bislang in der Tat sehr verschwiegen wurde.

 

Vielen Dank und weiter so!

 

 

Dein Anonym