Am 15. Dezember ist eine Doppelkundgebung vor dem Polizeipräsidium Wuppertal und vor dem Nazihaus in Wuppertal-Vohwinkel geplant. Sie steht unter dem Motto „Kein Fußbreit dem Faschismus! Schluss mit der Zusammenarbeit von Geheimdiensten, Polizei und Justiz mit Nazis!“ Die Kundgebung vor dem Polizeipräsidium soll um 18:00 Uhr starten, anschließend findet eine Kundgebung in Wuppertal – Vohwinkel vor der Kaiserstraße 30 statt. Diese soll um 19:30 Uhr starten.
Die Aktionen werden vom türkisch/kurdisch/deutschen Aktionsbündnis organisiert - das kürzlich die Demo gegen die Grauen Wöfe in Wuppertal organisiert hat - und soll die Verstrickungen der bundesdeutschen Behörden mit den unterschiedlichsten Nazi-Gruppierungen thematisieren. Aktuell geht es natürlich um die Geschehnisse um die mörderische Bande „nationalsozialistischer Untergrund“ (NSU). Das Bündnis will zudem das skandalöse Verhalten der Wuppertaler Polizei und der Staatsanwaltschaft thematisieren. Mehrfach verschleppten die Wuppertaler Behörden Ermittlungen gegen die NS-Szene, oder stellten sie sogar ein. (http://antifacafewuppertal.blogsport.eu/archives/220 - http://antifacafewuppertal.blogsport.eu/archives/504)
Die „Quasi-Straffreiheit“, an denen sich die Nazis erfreuen können, könnte möglicherweise am Vorhandensein von Nazi V-Leuten - die vom Wuppertaler Staatsschutz oder dem Verfassungsschutz bezahlt werden - liegen. Ein weiterer wichtiger Kritikpunkt des Bündnisses ist, dass der Bereichsleiter der Vohwinkler Polizei Markus Preuss immer noch auf seinen Posten sitzt, obwohl es heftige Kritik an ihm gegeben hatte. Er hatte behauptet in Vohwinkel gäbe es kein Problem mit Nazis, sondern nur mit Migrant*innen und Linken. Auch der Staatsschützer Manke belehrte Bürger*innen, die Anzeige wegen Volksverhetzung gegen die Nazis erstatten wollten (http://antifacafewuppertal.blogsport.eu/archives/518), dass das Problem nicht die Nazis, sondern die Autonomen seien.
Autonome Antifaschist*innen rufen zur Teilnahme an den Kundgebungen auf und fordern:
Polizeipräsidentin Radermacher handeln sie und treten sie zurück!
Absetzung von Markus Preuss & Auflösung des Wuppertaler Staatsschutzes!
Verfassungsschutz abschaffen!
Der Aufruf
Die internationale, türkisch-kurdisch-alevitisch-deutsche Initiative «Wuppertaler Aktionsbündnis», die bereits am 04.November mit einer internationalen antifaschistischen Demonstration in Wuppertal-Elberfeld ein Zeichen gegen Faschismus gesetzt hatte, das damals weit über 1.000 Menschen auf die Straßen der Innenstadt brachte, ruft für Donnerstag erneut zu Demonstrationen auf. Gemeinsam, u.a. mit der Antifa, der «Karawane für die Rechte der Flüchtlinge und MigrantInnen» und dem Aktionsbündnis basta!, wird anlässlich der skandalösen Vorgänge um die soganennte «NSU» und die dabei offensichtlich gewordenen Verstrickungen staatlicher Stellen in den Nazi-Terror um 18:00 Uhr zunächst vor dem Wuppertaler Polizeipräsidium eine Kundgebung abgehalten. Dabei soll den durch Neonazis Ermodeten gedacht werden.
Die AufruferInnen stellen aber weiterhin auch fest, dass Naziterror und seine staatliche Duldung keine isolierte Angelegenheit eines Bundeslandes oder einer Stadt sind. Sie gehen davon aus, dass die Mörder lokale Helfer hatten, die ihrerseits Schutz von den örtlichen Behörden erhielten, u.a. auch in Dortmund. In diesem Zusammenhang wird auf die in letzter Zeit viel diskutierte Tatenlosigkeit der Wuppertaler Polizei und der Wuppertaler Justiz gegenüber den hiesigen Nazistrukturen verwiesen. (Siehe auch die Videos des Wuppertaler Medienprojekts oben rechts.)
Im Anschluss gibt es eine Demonstration in Wuppertal-Vohwinkel, um im hauptsächlich betroffenen Stadtteil ein starkes antifaschistisches Signal zu setzen.
Do., 15.12., 18:00 Uhr Kundgebung am Polizeipräsidium
Do., 15.12., 19:30 Uhr Treffpunkt Schwebebahnstation Vohwinkel
Nachfolgend dokumentieren wird den Aufruf.
«Kein Fußbreit dem Faschismus..!!!»
«Fasizme Ayak Bastirmayacagiz..!!!»
(Auch in Türkisch – unten als pdf zum Download.)
*** ***
Kein Fußbreit dem Faschismus!
Schluss mit der Zusammenarbeit von Geheimdiensten, Polizei und Justiz mit Nazis!
Wir sind erschüttert. Und gleichzeitig ungeheuer zornig. Jeden Tag hören und lesen wir neue Einzelheiten zu den faschistischen Morden einer nazistischen Terrorgruppe an mindestens zehn unserer Mitmenschen in Nürnberg, München, Kassel, Hamburg, Dortmund und Rostock, sowie in Heilbronn. Mit jeder neuen Nachricht wird die Gewissheit größer, dass staatliche Stellen den Nazi-Terror nicht nur deckten, sondern tief in ihn verstrickt sind.
Wir klagen das an.
Bestürzt registrieren wir, dass die deutsche Öffentlichkeit mehrere Tage brauchte, bis ein rassistisches Wort wie «Dönermorde» weitgehend aus den Medien verschwunden ist. Es zeigt, dass rassistische Ansichten in weiten Teilen der deutschen Gesellschaft noch immer das Denken und Handeln bestimmen.
Wir klagen das an.
Wütend verfolgen wir die auch jetzt noch fortgesetzten Versuche, über eine «Extremismus»-Debatte menschenverachtende faschistische Ideologie und linke, emanzipatorische Ansichten gleichzusetzen und damit indirekt rechte Gewalt zu rechtfertigen und den Untätigen Alibis für fehlende Zivilcourage zu liefern.
Wir klagen das an.
Wir denken an viele Genossen und Genossinen, die in Deutschland nach § 129 a und b verurteilt im Gefängnis sitzen, weil der Vorwurf der «Bildung einer terroristischen Vereinigung» als Allzweckwaffe gegen linken Widerstand eingesetzt wird – auch gegen antifaschistisch agierende Gruppen. Und wir sehen bekennende, gefährliche Nazis frei herumlaufen, vorzeitig aus der Haft entlassen, ausgestattet mit «guten Sozialprognosen» – und geschützt von etwas, das in der Türkei «tiefer Staat» genannt wird.
Wir klagen das an.
Angesichts der massenhaft ungeklärten Fragen im aktuellen Fall der sogenannten «Thüringer Terrorzelle» erinnern wir an die vielen früheren Verbrechen der Faschisten, die niemals aufgeklärt wurden, und bei denen deutsche staatliche Stellen wie Geheimdienste, Polizei und Justiz immer wieder zweifelhafte Rollen gespielt haben.
Wir erinnern an das Münchner «Oktoberfestattentat» im Jahr 1980 mit dreizehn Toten und über 200 Verletzten.
Wir erinnern an die seit 1990 weit über einhundert, durch Nazis auf den Straßen, Plätzen und in den Häusern dieses Landes getöteten Menschen.
Wir erinnern an die Pogrome gegen Flüchtlinge in Hoyerswerda oder Rostock und an die folgende Abschaffung des Asylrechts.
Wir erinnern an den Brandanschlag von Mölln. Und wir erinnern uns natürlich an die mörderische Brandstiftung in Solingen auf das Haus der Familie Genç, bei dem fünf Menschen starben.
Wir erinnern uns daran, dass auch damals schon eine Verbindung zum Verfassungsschutz sichtbar war. Und wir erinnern daran, dass unter der Leitung der Wuppertaler Polizeibehörde eine bis heute lückenhafte und fragwürdige Aufklärung des heimtückischen Massenmordes betrieben wurde.
Wir klagen an, dass die gleichen Polizei- und Justizbehörden aus Wuppertal bis heute von Nazis bedrohte Menschen allein lassen. Dass Polizei und Politik in dieser Stadt durch eine vorauseilende Extremismusdefinition rechter Gewalt Vorschub leisten. Wir klagen an, dass in allen Bereichen antifaschistische Aktivitäten behindert werden, während die bekannten Wuppertaler Nazis gleichzeitig ungestört agieren und agitieren können. Wir klagen an, daß Ermittlungsverfahren wie beispielsweise jenes zum Überfall auf das Kino in Elberfeld früh- und vorzeitig eingestellt werden, ohne wichtige Zeugen zu befragen, oder Beweise zu sichern.
Wir stellen uns inzwischen die Frage, wieviele «V-Leute» in Wuppertal in die nazistischen Aktivitäten verwickelt sind. Wir wollen wissen, ob die auffallende und zuletzt auch öffentlich kritisierte Tatenlosigkeit der Wuppertaler Polizei mit einer Verstrickung des nordrheinwestfälischen Verfassungsschutzes oder eines anderen Geheimdienstes mit den Nazigruppen begründet werden muss – so, wie es in Thüringen offenbar der Fall war.
Wir stellen fest, dass – anders als uns Politiker und viele Medien glauben machen wollen – Naziterror und seine staatliche Duldung keine isolierte Angelegenheit eines Bundeslandes oder einer Stadt sind. Zu Recht wird davon ausgegangen, dass die Mörder lokale Helfer hatten, die ihrerseits Schutz von den örtlichen Behörden erhielten, unter anderem also in Nürnberg, Dortmund oder München.
Obwohl wir eine lückenlose Aufklärung der Morde durch die Thüringer Terrorgruppe fordern, ist deshalb klar, dass es ist jetzt nicht damit getan ist, den speziellen Thüringer Fall zu untersuchen und anzuklagen.
Vielmehr muss es darum gehen, die Kumpaneien und die direkte oder indirekte Zusammenarbeit von Geheimdiensten, Polizei und Justiz mit den Nazibanden in jedem Ort und in jeder Stadt aufzudecken und zu beenden. Die allgegenwärtigen Strukturen der staatlichen Deckung für Faschisten müssen angeprangert werden!
Am 15. Dezember wollen wir deshalb vor dem Wuppertaler Polizeipräsidium demonstrieren, den Opfern faschistischer Gewalt gedenken, und die lokalen Behörden auffordern, jetzt endlich die WuppertalerInnen zu schützen. So wie es die Polizeipräsidentin Rademacher ständig verspricht.
Wir fordern die Wuppertaler Polizei auf, ihre eigene Tatenlosigkeit zu beenden und antifaschistische Aktionen nicht weiter zu behindern. Wir fordern die Wuppertaler Justiz auf, zu ermitteln und eindeutig überführte nazistische TäterInnen vor Gericht zu stellen. Und wir fordern die Wuppertaler Öffentlichkeit auf, in ihrem Engagement für diese Forderungen nicht nachzulassen.
Der Text des Aufrufs auf Türkisch als pdf-Datei
Bergischer Demo-Tag
Vor den Kundgebungen in Wuppertal finder nur 15km weiter, in Velbert, ebenfalls ne Demo statt. Am kommenden Donnerstag, den 15.12.2011, demonstrieren Flüchtlingsaktivisten und -aktivistinnen gegen die skandalösen Zustände im Velberter Flüchtlingeim Talstraße 24 und für die Unterbringung in eigenen Wohnungen. Seit Jahren klagen die Bewohner und Bewohnerinnen des Heims über bedrohliche Baumängel, unhaltbare sanitäre Anlagen und über die psychische Belastung durch die Sammelunterbringung – so muss eine einzige verschimmelte Dusche im Keller beispielsweise für über zwanzig Männer, Frauen und Kinder reichen, es gibt keinerlei Intimsphäre und keine Rückzugsmöglichkeiten. Notorisch weigert sich die Stadt Velbert jedoch, die Menschen in eigenen Wohnungen unterzubringen, obwohl dies nicht nur menschlicher, sondern für die öffentliche Hand vielfach sogar billiger wäre.
Am Donnerstag, den 15.12. wird im Rahmen dieser Demo ein offener Brief mit unmittelbaren Forderungen der Bewohner und Bewohnerinnen des Heimes Talstraße 24 an die Stadt Velbert überreicht. Die Demonstration führt deshalb vom Flüchtlingsheim durch die Velberter Innenstadt zum Sozialamt, wo Brief und Unterschriften übergeben werden.
Treffpunkt ist Donnerstag, 15.12. um 15:00 Uhr am Flüchtlingsheim Talstraße 24 in Velbert.