Sowohl in Stellungnahmen der Bundesregierung zu Neonazis als auch momentan in fast alle Statements in Wuppertal von Parteien, Presse, Polizei, Bezirksvertretung etc ist von der Ablehnung von „Extremismus und Gewalt“ die Rede. Dies kann nicht unwidersprochen bleiben. Der Extremismusbegriff beinhaltet zum einen eine Gleichsetzung von Rechts und Links und umgeht zum anderen eine klare inhaltliche Positionierung bzw. Benennung des Problems.
Mit der Benennung des Problems als „Extremismus“ versichern sich die Erklärenden in der Mitte der Gesellschaft zu stehen und zu den Guten zu gehören,. Das Problem befindet sich demnach an den Rändern der Gesellschaft – im Extremismus. Inhaltlich wird damit jedoch nichts ausgesagt. Würde man den Kampf gegen Neonazis ernst meinen, müsste man sich jedoch ablehnend zu ihren Inhalten positionieren. Das dies nicht geschieht ist jedoch weder überraschend, noch empörend – sondern folgerichtig. Denn die Benennung und Ablehnung der Ideologie der Nazis würde eine kritische Auseinandersetzung mit den eigenen Inhalten erfordern. Sind diese doch gar nicht so grundlegend unterschiedlich. Daher meint (zum Beispiel) die CDU genau das was sie sagt: Das Problem ist (zum Beispiel) nicht der Rassismus, sondern lediglich ein Rassismus, der in nicht staatlich legitimierte Gewalt ausartet – im Gegensatz zu staatlicher rassistischer Gewalt wie Abschiebungen.
Die Mitte der Gesellschaft wird im Reden vom Extremismus als unproblematisch dargestellt. Dies ist weit von der Realität entfernt. Rassismus, Antisemitismus, Homophobie, Sexismus und andere Formen gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit gehören zwar zum Grundrepertoire der Nazis, sie sind jedoch nicht ihr Alleinstellungsmerkmal. Die Diskriminierung von Menschen, die nicht den
vermeintlichen Normen entsprechen, ist alltäglich, allgegenwärtig und leider fest gesellschaftlich verankert. Auf Homophobie trifft man in jedem Sportverein und auch auf Reggae-Konzerten. Antisemitismus ist kein ausschließliches Problem von Neonazis, sondern in allen Bereichen der Gesellschaft und auch in linken Kreisen verbreitet.
Sexismus begegnet uns tagtäglich in den Medien, im Alltag und in der Werbung.
Elemente von Ungleichheitsideologien finden sich bei sehr vielen Menschen unabhängig
von ihrem Geschlecht, Berufsstand, Alter, ihrer politischen Verortung und ihrem
Bildungsniveau.
All dies gerät aus dem Blick – und soll auch aus dem Blick geraten -, wenn sich die Gruppen und Personen, die sich mitten in der Gesellschaft wähnen sich selber immer und immer wieder versichern gegen Nazis zu sein.
Doch das ist nicht das einzige Problem des Extremismus-Begriffs. Neben dieser Verschleierung der Inhalte verharmlost und relativiert er durch die Gleichsetzung von Rechts und Links die rechte Szene. Rechte Ideologie ist nicht nur theoretisch menschenverachtend. Sie ist es auch praktisch. Allein seit 1990 gab es im Gebiet der BRD über 150 Tote durch Gewalt von Nazis. Die Zahl der versuchten Tötungen liegt weit höher.
Dies zeigt auch das die Ablehnung von „jedem Extremismus und jeder Gewalt“ auch im Punkt „Gewalt“, verschleiert worum es geht. Denn es macht einen Unterschied, ob jemand Brandsätze in Häuser, in denen Menschen schlafen, wirft oder ob ein anderer diesen mit körperlicher Gewalt daran hintert. Gewalt ist nicht gleich Gewalt und manchmal leider bitter nötig – aus Selbstschutz und Solidarität mit Betroffenen rechter Angriffe.
Für einen konsequenten Antifaschismus – Das Gerede vom Extremismus-Problem als Teil des Problems entlarven.
9.November
Kommt zur linksradikalen Gedenkdemonstration am 9.November in Wuppertal-Elberfeld! http://9novwuppertal.blogsport.de
Das Problem ist eher
eure linksliberale Anbiederung. Seine Gegner mit einem Begriff zu belegen, ist noch das Netteste, was dem deutschen Staat seit seiner Existenz im Umgang mit ihnen eingefallen ist. Wenn Ihr wie jede Antidiskriminierungsbeauftragte von "gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit" labern wollt und das Problem nur in den Auswüchsen dieser Gesellschaft und nicht in deren Verfasstheit an sich verortet, dann seid Ihr bei der Grünen Jugend besser aufgehoben. Da seid Ihr auch davor gefeit, mit denen, die es mit der Umwälzung dieser Verhältnisse noch ernst meinen, in einen Topf geworfen zu werden.
Aufruf zum Antifa Block in Vohwinkel
Aufruf zum antifaschistischen Block
Wir rufen dazu auf, gemeinsam in einem antifaschistischen Block auf die Demonstration zu gehen und vor den Häusern der Nazis in Vohwinkel zu demonstrieren. Der Antifa-Block wird sich gegen Nazi-Provokationen und -angriffe zu verteidigen wissen. Herumirrende Nazis werden wir entschlossen in ihre Schranken weisen.
Ein weiterer Schwerpunkt des Antifa-Blocks wird die kreative Thematisierung der unsäglichen „Rechts-Links-Gleichsetzungen“ der Wuppertaler Polizei und mancher hinterwäldlerischer Politiker*innen sein. Wir behalten uns vor, zu intervenieren, wenn Politiker*innen wieder Antifaschist*innen mit Nazis gleichsetzen.
Darüber hinaus werden wir selbstverständlich an die antisemitische, rassistische und islamfeindliche Politik der Sarrazins, Westerwelles und Möllemänner erinnern, deren gepflegter Extremismus der Mitte entscheidend zum rassistischen Klima in dieser Gesellschaft beiträgt und den Nazibanden erst den politischen Raum eröffnet hat.
Es bleibt dabei: Antifaschismus ist Handarbeit!
Organisieren wir die antifaschistische Selbsthilfe!
Kommt alle, bringt eure Crews und Familien mit!
Die Verbrechen der Nationalsozialisten mahnen - Erinnern heißt handeln! Kein Platz für Nazis in Wuppertal-Vohwinkel und
anderswo!
11.00 Uhr Jüdischer Friedhof am Weinberg Wuppertal-Elberfeld: Gedenken
an die Pogromnacht 1938
17:00 Uhr Kaiserstrasse/ Ecke Edith-Stein Strasse:
Gedenkkundgebung für die Vohwinkler NS-Opfer mit Gedenktafelenthüllung
17:30 Uhr Lienhard-Platz: Teilnahme an der antifaschistischen Demonstration vor den Häusern der Nazis in der Kaiserstrasse (wir organisieren einen Antifa-Block)
ab 19:00 Uhr Kundgebung der Kampagne „Kein Bier für Nazis“ vor dem Bierbrunnen und weitere Überraschungen...
Aufruf autonomer Antifaschist*innen aus Wuppertal
Seit vielen Jahren erinnert die antifaschistische Bewegung am 9. November an die Pogrome vom 9.–11. November 1938 in Wuppertal. Ein zentraler Schwerpunkt unserer antifaschistischen Arbeit war und ist die Gedenkarbeit für die NS-Opfer. Die Parole „Kein Vergeben - kein Vergessen!“ ist für uns eine besondere Verpflichtung. So waren wir an der Kampagne in Mittenwald gegen die Gebirgsjäger beteiligt, organisierten Aktionen für die Entschädigung aller Zwangsarbeiter*innen oder demonstrierten gegen nicht verurteilte NS-Kriegsverbrecher wie Heinrich Boere und Theodor Oberländer. In Zusammenarbeit mit anderen Organisationen veranstalten wir regelmäßig Gedenkveranstaltungen, besuchen Widerstandskämpfer*innen und organisieren Gedenkstättenreisen nach Auschwitz, Westerbork und Buchenwald.
Die antisemitischen Pogrome, die der Auftakt zu Judenvernichtung und Vernichtungskrieg waren, sind nicht vergessen! Im Gegenteil - die Verbrechen der Nationalsozialisten mahnen uns, das Entstehen einer neuen Nazi-Bewegung wirksam zu bekämpfen.
Endlich
Wir begrüßen es ausdrücklich, dass - endlich - die Wuppertaler Zivilgesellschaft das Naziproblem in Wuppertal-Vohwinkel ernstnimmt und am 9.November auf die Strasse gehen will. Wir freuen uns sehr, dass wir jetzt spürbare Verstärkung bekommen und hoffen, dass wir mit der Gedenkdemonstration am 9.November an die entschlossenen und kreativen Aktionen gegen den Naziaufmarsch vom 29.1.2011 anknüpfen können.
Wir autonome Antifaschist*innen übernehmen seit vielen Jahren die Verantwortung für den antifaschistischen Kampf und mussten uns wiederholt mit der Kriminalisierung durch die Polizei auseinandersetzen. Zuletzt wurden wir sogar von Lokal-Politikern und der Wuppertaler Polizei als sog „Linksextremistische Unruhestifter“ diffamiert und mit den Nazis gleichgesetzt.
Nach dem versuchten Totschlag an einer jungen Frau und den zum Teil schweren Kopfverletzungen verursacht durch bekannte Nazischläger auf dem Vohwinkler Flohmarkt, werden und können aber wir nicht einfach zur Tagesordnung zurückkehren. Wir betonen noch mal: Wer mit Knüppeln auf ungeschützte Köpfe eindrischt, wie es bei dem Überfall durch die Nazis geschehen ist, kann niemals ausschließen, dass das Opfer stirbt.
Wir müssen uns mit der gebotenen Vorsicht und Entschlossenheit ganz praktisch die Straße in Vohwinkel zurückerobern. Hauptziel unserer antifaschistischen Arbeit muss sein, dass auch die Vohwinkler*innen ihre Ängste überwinden, das Naziproblem in ihrem Stadtteil endlich ernst nehmen und mit Eigeninitiative angehen und bewältigen. Es gibt zum Glück zarte Ansätze einer antifaschistischen Zivilgesellschaft in Vohwinkel, die gestärkt und unterstützt werden müssen.
Für die neuen Herausforderungen müssen wir lernen, solidarisch zu handeln und sorgsam antifaschistischen Selbstschutz zu organisieren. Dieses gemeinsame Handeln jenseits von politischen Unterschieden und sonst notwendigen Trennungen (hingewiesen sei ihr u.a. auf Hartz 4, Kriegsbeteiligung und rassistische Gesetzgebung, Atompolitik) ist eine zentrale Lehre der Überlebenden des Nazi-Terrors und der geschlagenen Arbeiter*innenbewegung.
Die Wuppertaler Nazis und die Polizei
Die Wuppertaler Neonazis, die sich offensiv „Nationale Sozialisten Wuppertal“ nennen, sind eine Mischung aus Straßennazis und Nazikadern, die in den letzten zwei Jahren bei allen relevanten Naziaktionen und -aufmärschen im gesamten Bundesgebiet beteiligt waren. Sie sind fest in das Nazinetzwerk „AG Rheinland“ eingebunden, um das sich ein ganzer Mikrokosmos von „sozialem“ Leben und Nazipolitik gebildet hat - vom alltäglichen Propagandadelikt übers nationale Fußballturnier, der Nazi-Hardcore-Party, dem wöchentlichen Demoerlebnis bis zur geplanten Gewalttat ist alles dabei. Ein Teil der Neonazis (Kevin Koch, Fabian Mayer) wird von den Führungsfiguren der bundesweiten NS-Szene zu Kadern ausgebildet. Sie übernehmen z.B. die bundesweite Medienarbeit der Nationalsozialisten und fungieren zunehmend als Redner oder Ordner. Diese bundesweite Einbindung könnte auch der Grund sein, dass sich der Staatsschutz und der VS für die jungen Nazikader bis hin zur Verpflichtung als V-Leute interessieren.
Augenklappen für die Polizei
Obwohl diese Nazis seit über einem Jahr in Wuppertal in aller Öffentlichkeit gravierende Straftaten wie Messerangriffe, bewaffnete Überfälle und antisemitische Propagandadelikte begehen, die nach unser Kenntnis auch nach dem deutschen Strafgesetzbuch strafbar sind, wurde die Stärke der Naziszene in Wuppertal von der Polizei bis letzte Woche herunterredet.
Das hat sich jetzt überraschend geändert, weil der Leiter der Polizeiwache im der Nazi-Hochburg Wuppertal-Vohwinkel, Markus Preuß, unlängst gegenüber Journalist*innen von Radio Wuppertal und grünen Kommunalpolitikern seine Weltsicht erklärt hat: "Nazis machen in Vohwinkel kaum Probleme, das wahre Problem sind in Vohwinkel Linksradikale und Migranten." Das empörte die Grünen und die Journalist*innen so nachhaltig, dass die Grünen einen Offenen Brief an die Polizeipräsidentin schrieben und die Journalist*innen darüber berichteten, sodass der Polizist mittlerweile ein Disziplinarverfahren hat und in Urlaub geschickt wurde. (http://www.radiowuppertal.de/_pool/files/beitraege/1045942.mp3)
Markus Preuß ist aber nur die Spitze des polizeilichen Eisberges. Noch brisanter ist das zwischendurch eingestellte Ermittlungsverfahren wegen des Naziüberfalls auf eine Filmveranstaltung des Medienprojektes im Cinemaxx. „Die Einstellung wurde damit begründet, dass es sich um ein nicht weiter aufklärbares tumultartiges Geschehen handelt, bei dem den Beschuldigten konkrete Tatbeiträge nicht nachgewiesen werden konnten“, erklärte Oberstaatsanwalt Wolf Tilman Baumert auf Anfrage.
In 10 Monaten „polizeilicher Ermittlungsarbeit“ gab es nie einen ernsthaften Versuch, Zeug*innen des Überfalls zu suchen. Zeug*innenvernehmungen von schon bekannten Personen, die durch den Naziüberfall geschädigt wurden, wie z.B. die verletzten Security-Leute, der Kinobesitzer und die Leute vom Medienprojekt wurden einfach nicht getätigt. Auch der Nazi, der vom Security-Dienst festgehalten werden konnte und eindeutig Pfeffergas gesprüht hatte, taucht als Straftäter nicht mehr auf!
Es wurden weder Fotos zur Wiedererkennung der Täter den Zeug*innen vorgelegt, noch ernsthaft der Tathergang rekonstruiert. Ernsthafte Strafverfolgung sieht sicherlich anders aus. Die Frage ist natürlich, warum die Wuppertaler Polizei so offensichtlich dilettantisch (nicht) ermittelt?
Sind die Wuppertaler Behörden tatsächlich so unfähig und/oder faul, oder
sind die Gründe für die "Strafvereitelung im Amt" noch gravierender? Da die Polizeipräsidentin Radermacher, in ihren äußerst nervösen und unsouveränen Äußerungen zu dem Thema u.a. im Stadtrat, von verdeckten Ermittlungen in Nazikreisen sprach, ist es zu befürchten, dass an den Überfällen der Nazis V-Leute beteiligt waren und daher ernsthafte Ermittlungen nicht gewünscht waren, bzw. sind. Aufgrund der vielen deutschlandweiten Verbindungen würden sich Teile der Wuppertaler NS-Szene aus Sicht des Verfassungsschutzes dafür vortrefflich eignen.
Spätestens seit dem Solinger Brandanschlag von 1993 wissen wir, das der hiesige Staatsschutz und NRW-VS zur Deckung seiner V-Leute (damals Bernd Schmitt mit seiner Kampfsportschule Hak Pao) auch mal seine Ermittlungsakten kreativ gestaltet bzw. Belastungen einfach weglässt.
Autonome Antifaschist*innen aus Wuppertal - 20.10.2011
Kampagne „Kein Bier für Nazis“:
http://www.kein-bier-fuer-nazis.tk/