Berlin: Det ist frei!

Sachschaden: 84 Euro. Strafe: 22 Monate auf Bewährung

Das Berliner Amtgericht hat eine Bewährungsstrafe und Arbeitsstunden wegen Autobrandstiftung verhängt. Die Staatsanwaltschaft hatte über zwei Jahre Haft gefordert. Der Genosse ist inzwischen aus der Untersuchungshaft entlassen worden.

 

Am 10. August fand der Prozess gegen Det vor dem Amtsgericht in Berlin-Moabit statt. Det sitzt seit Juni in Moabit und wurde in Handschellen gefesselt in dem kleinen Gerichtssaal geführt. Neben wenigen solidarischen Menschen war von der Presse nur der bürgerliche Teil anwesend. Die junge Welt war nicht informiert worden.

Der Angeklagte saß seit zwei Monaten in U-Haft - wegen eines Sachschadens von 84 Euro am einem 6 Jahre alten 1er BMW - am 16. Mai 2011. Der Angeklagte ist bei seiner Tat beobachtet und fotografiert worden. Zwei Haftbewerden wurden bislang zurückgewiesen.

Rechtsanwalt Sven Lindemann kritisierte das Verfolgungsinteresse der Staatsanwaltschaft scharf und sieht die Staatsanwältin von den Boulevard-Medien beeinflusst. Der Rechtsanwalt hat auch ein Geständnis seines Mandaten verlesen: Er war sich sicher, dass das Feuer von alleine wieder ausgeht. Und er wollte keine Menschen gefährden. Lindemann forderte eine Bewährungsstrafe.

Die Staatsanwältin hätte den Angeklagten gerne weiter hinter Gitter gesehen, beantragte zwei Jahre und drei Monate Haft - wegen 84 Euro Sachschaden!

Das Gericht sah nicht zwingend ein politisches Motiv, kritisierte Autobrandstiftungen als unrechtmäßig und sprach von "Quatsch". Das Gericht verhängte im Urteil 22 Monate Haft auf Bewährung und zusätzlich 300 Stunden gemeinnützige Arbeit. Das sei Abschreckung genug.

Presse:
Berliner Morgenpost: http://www.morgenpost.de/berlin-aktuell/article1728558/Berliner-Autobran...
Tagesspiegel: http://www.tagesspiegel.de/meinung/ein-mildes-urteil/4486098.html
RBB-Abendschau: http://www.rbb-online.de

Solidarität:
http://www.abc-berlin.net/tag/detlef-maag

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Dass Detlef nicht mehr ins Gefängnis ist, ist schön. Niemand sollte im Gefägnis sein, zumindest nicht in solchen Gefängnissen in denen Menschen nach dem bundesdeutschen Strafsystem gefangen gehalten werden.

 

Es ist jedoch schade, dass Detlef sich nicht zur Motivation seiner Tat äusserte bzw. äussern konnte. Der Gerichtssaal ist bestimmt auch nicht der richtige Platz dafür. Ich würde mich aber freuen, sollte das Urteil rechtskräftig werden, wenn er das noch an einem geeigneten Ort nachholt. Denn so kann ich mich nicht für Detlefs Tat begeistern und Detlef maximal beiseite stehen, weil Strafe und Gefägnisse - so wie sie jetzt sind - schlecht sind. Aber auch hier sollten das Menschen nur tun, wenn sie Alternativen mitbringen oder hierarchiearme Diskussionen zur Entwicklung solcher alternativen Konzepte aufbauen. Die unterstützenden Gruppen tun das aber kaum bzw. überhaupt nicht.

 

Dieser "Chrille"- und "Det"-Kram, also das künstliche Erzeugen von einem Freundschaftszusammenhang durch Vorweisung erfundener Spitznamen, ist auch nicht so klug. Auf der einen Seite kommen sich Aktivisten und Aktivistinnen, die sich intensiv mit dem Thema beschäftigen, leicht veralbert vor, andererseits liefert es der Polizei auch gleich die Personen, von der die Hilfe oder vermeintliche Hilfe organisiert wird. Nicht ohne Grund gingen einige Ermittlungen in Sachen "Autobrandstiftung in Berlin" in eine bestimmte Richtung.

 

Die Bemerkung mit der Jungen Welt sollte mal erläutert werden!  Das Gericht schickt doch einen Wochenplan raus, in dem auch dieser Prozess stand. Wenn Zeitungen nicht raufschauen, dann können sie das auch nicht erfahren. Wenn also jemand glaubt, dass nur "rechte/bürgerliche Zeitungen" informiert werden, dann ist das falsch. Allerdings habe ich von der jungen Welt noch niemanden im Pressezimmer im Kriminalgericht Moabit gesehen. Dieses liegt genau zwischen den Pressesprecher der Staatsanwaltschaft und dem Pressesprecher der Strafgerichte - somit lässt sich hier prima ein Einfluss auf das Geschriebene nehmen. Und wenn dann noch die "Soligruppe" oder die betroffene Person keine Pressemitteilung zeitnah rausgibt, dann steht halt nur das vom Gericht in den Medienberichten. Die Frage ist auch, warum "Soli", die oder der scheinbar da war, nicht die linken Zeitungen informiert hat.

 

Dass "nur 84 Euro" Sachschaden enstanden ist, ist auch nicht nur das ausschlaggebene für das Geschehen. Es hätte mehr passieren können, wenn nicht andere interventiert hätten. Der Grillanzinder genau dort platziert sorgt nämlich in der Regel für ein komplett brennendes Auto. Warum das eine Grenzverletzung ist, die - obwohl nur Sachwerte betroffen sind - eben nicht nur Sachwerte betreffen, werde ich an anderer Stelle erläutern. Das blose brennen eines Autos sollte jedenfalls keine Menschen verletzten, meinen sicher einige. Normalerweise ist auch niemand so dumm und geht zu einen brennenden Auto. Allerdings können beim Abbrand eines Autos mehrere Meter hohe Stichflammen enstehen. Auch platzen die Reifen. Beides zusammen kann auch Menschen in einem grossen Abstand gefährden, beispielsweise, wenn sie die Radkappen von den platzenden Reifen ins Gesicht bekommen. (Sehr unwahrscheinlich.) Viel wahrscheinlicher ist es - und das weiss sicher auch der Rechtsanwalt, der hier Detlef raushauen wollte - dass das brennende Auto losfährt und in ein Wohnhaus kracht. Das kann nämlich bei brennenden Autos passieren. (Siehe: mg-Prozess bzw. mg-Brandstiftungen)

 

Dass mit dem erhöhten Verfolgungsinteresse - der durch die Medien beinflusst wird - ist interessant. Bemerkenswert wäre. wenn der Rechtsanwalt das auch mit Zahlen belegen könnte. Wie wurde verurteilt in ähnlichen Prozessen (ähnliche Vorstrafen, ähnliches Alter), wo jemand ein Auto angezündet hat. Gibt es Belege für Einstellungen? Wenn das aber nicht belegt wird, dann ist das nur "unbelegtes Gerede". Also, welche FAKTEN gibt es zur medialen Beeinflussung von der Staatsanwaltschaft, den Gerichtspersonen und Urteilen?

 

Das Motiv kann ich auch nicht sehen und Detlefs Handeln war so auch kein Radikales. Irgendein Bürger oder irgendeine Bürgerin zu schädigen wäre auch nicht militant. Aber das ist spekulativ, solange Detlef sich nicht dazu äussert. Solange er sich nicht äussert, ist sein Handeln allerdings nicht emanzipatorisch - da Handeln in der Emanzipation erklärt wird. (Eine Ausnahme: Wenn er von Strafverfolgung bedroht ist)

 

Ich würde gerne wissen, wie Detlef sich zur Frage der Rechtlosigkeit verhält.