Die Polizei möchte Ermittlungsbefugnisse. Die Presse möchte von einer Rechts-/Links-Gewaltspirale schwafeln und die Nazis möchten Rumopfern, damit aus der Aufmerksamkeit gerät, dass sie mit teils potentiell tödlichen Brandanschlägen auf die Wohnhäuser(!) Unbeteiligter auf eingesteckte Prügel (Prellungen, Schürfwunden) bei ihren Anführern reagieren. Da kommt die Rudower Neonazistin Jennifer Anschütz mit ihrer Story über einen Messerangriff von Antifas gerade recht. Mal wieder.
Alter Wein
Schon am Sonntag präsentierten das Paar Patrick Weiß/ Jennifer Anschütz auf der zentralen Internetseite der Berliner Neonazis (NW Berlin) eine ähnlich lautende Geschichte in mehreren Teilen:
"Bereits im Mai dieses Jahres begannen Linksextremisten in Berlin Neukölln nationale Menschen zu terrorisieren. Zuerst vergriffen sie sich an einer deutschen Familie. Ihnen wurde zuerst das Auto angezündet, sie bekamen Drohbriefe, die Frau wurde auf dem Weg zum Kindergarten abgefangen und persönlich bedroht und zu guter Letzt wurde der Kinderwagen im Hausflur angezündet."
Definitiv stimmen tut an der Behauptung nur, dass das Auto angezündet wurde. Und dies aller Wahrscheinlichkeit nach auch von Linken (s. unten). Menschen waren dabei nicht gefährdet. Dass Antifas Kinderwägen anzünden, hat es noch nie gegeben und ist völlig abwegig. Auch die "deutsche Mutter, die Kinder hat, wird bedroht"-Story kommt hier bereits vor, allerdings werden die Kinder noch einigermaßen subtil eingeflochten. Unzufrieden waren die beiden Neonazis allerdings mit der Reaktion der Polizei, die laut Nazi-Bericht nicht wie erwartet spurte, obwohl das Paar doch gleich die angeblichen 2 Täter mit Bild präsentierte. (Die "falsche Beschudigung" dürfte als Mittel Berliner Neonazis spätestens seit dem "Fall Matti" bekannt sein.) Da musste wohl nochmal nachgelegt werden.
Alter Wein im neuen Schlauch
Nun liegt eine erweiterte Variante der "bedrohten deutschen Mutter mit ihren Kindern"-Geschichte vor, die medial in der aktuell hochkochenden Situation viel erfolgreicher ist: Ein Antifa-Angriff mit einem Messer. So heisst es in der Pressemeldung der Polizei (s. unten): "Die 22-Jährige lief kurz nach 18 Uhr mit einem Kinderwagen, in dem sich der einjährige Sohn befand, sowie dessen zwei älteren Geschwistern die Neuhofer Straße entlang, als drei Unbekannte aus einem Gebüsch kamen, und sie mit einem Messer angriffen. [...] Während die Kinder mit dem Schrecken davon kamen, erlitt die 22-Jährige oberflächliche Verletzungen, die nicht behandelt werden mussten." Das ist die Erzählung von Jennifer Anschütz. Unabhängige Zeug/innen gibt es für diesen Vorfall nicht. Messerangriffe durch Antifas gibt es auch nicht - schon gar nicht auf Mutter+Kind.
Immerhin scheint auch dem Tagesspiegel die Sache etwas komisch vorzukommen. (Im Gegensatz zur BZ im übrigen, die die Story nur zu gerne schluckte.) Den Autor/innen des Tsp. fällt zu Recht auf, dass "Messerangriffe in der linken Szene unüblich" sind. Auch der Staatsschutz lässt sich damit zitieren, dass er "nicht ausschliessen" könne, dass es sich um "eine fingierte Tat" handeln könne.
Die "deutsche Mutter" und ihre "Beschützer"
Jennifer Anschütz lügt in einem solchen Zusammenhang nicht zum ersten mal. Bereits im April 2003 lieferte sie den Anlass für einen brutalen Übergriff von Neonazis an der Rudower Spinne, bei dem 25 Neonazis am U-Bahnhof Rudow 6 migrantische Jugendliche attackieren, u.a. mit einem Baseballschläger (mit SS-Runen). Dabei verletzten sie einen Jugendlichen schwer. Auch die eingreifende Polizei wurde angegriffen. Anschütz hatte ihre "Kameraden" insbesondere den Haupttäter Nico Rauschenbach zuvor angestachelt, indem sie fälschlicherweise behauptete, dass die attakierten Jugendlichen einige Stunden zuvor auf dem Baumblütenfest in Britz über sie gelacht hätten. Tatsächlich waren diese nie dort - ob überhaupt jemand gelacht hatte, ist unklar. Verurteilt wurde Anschütz für ihren nicht unerheblichen Tatanteil hingegen nie. Sie wurde nicht einmal vor Gericht gestellt.
Ausblick: Gefahr
Die Story stinkt wie nur irgendwas. Sogar noch mehr als der Henker-Vorfall (Brandanschlag auf Nazi-Kneipe im Wohngebäude), der von den Berliner Neonazis völlig merkbefreit monatelang Linken angelastet wurde. Mittlerweile ist auch ihnen klar geworden, dass es sich um eine brutale Auseinandersetzung in ihrem eigenen Milieu gehandelt hat. Die Täter waren ihnen einfach nur nicht persönlich bekannt.
Bedenklich ist nun folgendes: Dass die Messer-Story nicht stimmt, hindert Neonazis nicht daran, sie glauben zu wollen und sie als Vorwand zu nehmen, weiter in ähnlicher Weise lebensgefährliche Brandanschläge zu begehen, wie sie es Sonntag Nacht getan haben. Darauf müssen wir uns einstellen.
Presse:
BZ: http://www.bz-berlin.de/tatorte/mutter-mit-drei-kindern-angegriffen-article1214187.html
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Hier die Pressemitteilung der Polizei:
Pressemeldung
Eingabe: 28.06.2011 - 08:35 Uhr
Mutter mit Kindern angegriffen
Neukölln
#2396
Unbekannte attackierten gestern Abend eine Frau in Rudow, die sich mit ihren drei Kindern auf dem Heimweg befand. Die 22-Jährige lief kurz nach 18 Uhr mit einem Kinderwagen, in dem sich der einjährige Sohn befand, sowie dessen zwei älteren Geschwistern die Neuhofer Straße entlang, als drei Unbekannte aus einem Gebüsch kamen, und sie mit einem Messer angriffen. Als sich ein Auto näherte, flüchtete das Trio in unbekannte Richtung. Während die Kinder mit dem Schrecken davon kamen, erlitt die 22-Jährige oberflächliche Verletzungen, die nicht behandelt werden mussten. Die alarmierten Polizisten leiteten ein Ermittlungsverfahren wegen gefährlicher Körperverletzung ein.
Quelle: http://www.berlin.de/polizei/presse-fahndung/archiv/349492/index.html
Hier der ältere Vorfall, bei dem das Auto von Patrick Weiß im Vorfeld der versuchten Kreuzberg-Demo der Neoazis angezündet wurde:
"naziauto abgefackelt
wir haben in der nacht auf den 13. mai 2011 das auto von patrick weiss angezündet. er wohnt in rudow in der neuhofer str XX. der neonazi ist für die aktuellsten aktivitäten von nazis in berlin mit verantwortlich. sowas kommt von sowas."
Quelle: https://directactionde.ucrony.net/node/1151
Lies Antifa-Publikationen
hoppla
Kinderwägen brennen ständig in Neukölln
Kinderwägen in Hausfluren werden in Neukölln ständig angezündet, aber auch in Häusern mit hohem Ausländeranteil. Das sollte jeder in Neukölln wissen. Da sind immer mal wieder Aushänge der Polizei, die dazu auffordert, keine Kinderwägen oder Zeitungsstapel in den Hausfluren stehen zu lassen. Wahrscheinlich einfach ein Irrer.
Aber mal was anderes:
Ist eigentlich Jan Sturm schon verdächtigt worden, den Überfall auf seine Person nur erfunden zu haben?
An seiner Geschichte war mindestens genau so viel faul wie an der von Jennifer Anschütz.
Wieso kann ich mich bloß des Eindrucks nicht erwehren, dass Frauen wesentlich schneller unterstellt wird, Lügnerinnen und Falschbeschuldigerinnen zu sein?
Eindruck und Vorurteil
Lies den Text bitte genau. Die Antwort ist, dass die Story von ihr sehr wohl wesentlich unglaubwürdiger ist vom ganzen Verlauf her (Messer-Antifas gegen Mutter+Kind(x3), ohne Zeugen).
Bei Jan Sturm und den anderen gab es unabhängige Zeugen, die den ungefähren Ablauf bestätigen. Tatsächlich haben Sturm und Thom aber beide auch in Teilen gelogen. Sturm phantasierte von einem Mordanschlag, den die Zeugen und die Polizei nicht gesehen haben. Das wird auch im entsprechenden Indy-Artikel als seine Erfindung dargestellt. Thom wiederum erzählt nun in der Nazi-Szene rum, dass er den Mordanschlag (<- gelogen) auf sich durch heldenhafte Gegenwehr entkommen konnte (Nazi-Internetforen). Das ist auch eine Lüge, da die Zeugen ihn geschlagen am Boden gesehen haben. Da wurde aber nicht so drauf eingegangen, weil das albern ist. Im übrigen wurden die Lügen von Sturm und Thom nicht in normalen Medien aufgegriffen.
Die Lüge von Anschütz soll hingegen die Begründung für Morde liefern.
Anschütz hat auch schonmal nach demselben Muster gelogen und damit einen rassistischen Angriff vorbereitet. Damals ist sie damit durchgekommen.
Tsp.: Zweifel der Polizei wachsen
29.06.2011 Von Hadija Haruna, Frank Jansen
"Islamgegner ziehen vors Kreuzberger Rathaus"
[...]
"Unterdessen wachsen in Sicherheitskreisen die Zweifel, dass die Ehefrau eines Rechtsextremen aus Rudow tatsächlich einer Messerattacke von Linken ausgesetzt war. Altgediente Experten sagten, sie könnten sich an keinen Fall erinnern, bei dem Linksextreme auch Stichwaffen eingesetzt hätten. Die 22-Jährige hatte am Montag der Polizei berichtet, sie sei in Rudow mit ihren Kindern unterwegs gewesen und von drei Männern überfallen worden. Die Beamten stellten „oberflächliche Verletzungen“ fest, die nicht behandelt werden mussten. Merkwürdig sei, dass die Frau erst von zu Hause die Polizei gerufen habe – und dass die rechte Szene im Internet nur zurückhaltend auf die Geschichte eingehe. Außerdem gebe es keine Augenzeugen.
Für die Behörden ist der Fall von besonderem Interesse, da ein Messerangriff von Linken eine neue Qualität im Konflikt mit Neonazis bedeuten würde. So habe bisher die Lust an der direkten Zerstörung des Kontrahenten mehr im Mittelpunkt rechtsextremer Gruppen gestanden, sagte Uwe Backes vom Hannah-Arendt-Institut für Totalitarismusforschung an der Technischen Universität Dresden."
http://www.tagesspiegel.de/berlin/islamgegner-ziehen-vors-kreuzberger-ra...
Polizei: auch Kinderwagenstory ist Quatsch
Zwar aus der extrem rechten Jungen Freiheit (28.06.11), aber teilweise ganz interessant:
"Einen Tag später wurde ihr Kinderwagen im Fahrradkeller angezündet. Da seine Frau den Wagen zwei Tage zuvor dabei hatte, als sie von den beiden Linksextremisten bedroht worden war, vermutet ihr Mann, daß dieser gezielt in Brand gesteckt wurde. Die Ermittler hätten das aber damals für unwahrscheinlich gehalten."
Der Rest des Artikel in der JF ist hingegen Blödsinn, da nur die Lügen-Story von Jennifer und Patrick Weiß wiedergegeben wird.