Burschentag zum Desaster machen

Burschentag zum Desaster machen

Für den Sommer 2011 haben sich antifaschistische Gruppen aus verschiedenen Städten vorgenommen, ein seit geraumer Zeit wenig beachtetes Event der völkischen Rechten ins Blickfeld zu nehmen: den Burschentag der Deutschen Burschenschaft (DB) in Eisenach. Mit einer Demonstration am 18. Juni soll Kritik am Verbindungswesen im allgemeinen und der DB im speziellen auf die Straße getragen werden.

 

Worum geht's?


Eine Woche nach Pfingsten, am Wochenende um den 18. Juni, soll im thüringischen Eisenach wieder der Burschentag der Deutschen Burschenschaft (DB) stattfinden. Aus allen Teilen Deutschlands und darüber hinaus reisen dafür "Alte Herren" und aktuell noch studierende Mitglieder der Studentenverbindungen aus der DB in die Wartburgstadt. Diese vertreten ihren "Bund", also ihre Studentenverbindung, bei den gemeinsamen Verbandsangelegenheiten. Darüber hinaus kommt aber auch der gesellige, deutsche Moment nicht zu kurz: So lässt sich von der gemeinsamen Totenehrung, einem nächtlichen Fackelmarsch bis hin zu sehr viel Bier vieles finden was das burschenschaftliche Herz höher schlagen lässt.

 

Deutsche Burschenschaft - Was soll denn das?

 

Doch wer ist überhaupt die Deutsche Burschenschaft? In der DB sind unter dem gemeinsamen Motto "Ehre, Freiheit, Vaterland" ungefähr 110 Burschenschaften organisiert, welche ausschließlich deutsche Männer aufnehmen. Deutsch ist hier jedoch nicht wer einen deutschen Pass hat, sondern wer deutsche Vorfahren hat. Es geht also um ein völkisches Abstammungsprinzip. Österreichische Burschenschaften sind dementsprechend in der Deutschen Burschenschaft gern gesehen. Die DB versteht sich als dezidiert politisch und die in ihr versammelten Verbindungen lassen sich als Akteurinnen der völkischen Rechten beschreiben, was auch an der Grenzfrage deutlich wird. So heiß es in einer Rede auf dem Burschentag 2010 in Eisenach, dass die "Beitrittserklärung der DDR" [...] "die nationalen Fragestellungen nicht abschließend gelöst" hat. Dabei ist die DB jedoch eine Akteurin, welche eine Scharnierfunktion zwischen rechts-konservativern und extrem rechten Positionen und Personen inne hat. So sind auf der einen Seite der aktuelle Verkehrsminister, Peter Ramsauer, und der innenpolitsche Sprecher der CDU/CSU Franktion im Bundestag, Hans-Peter Uhl Alte Herren in Bünden der Deutschen Burschenschaft. Auf der anderen Seite lassen sich Namen wie Jürgen W. Gansel, Arne Schimmer, beide NPD-Fraktion Sachsen, oder der rechte Multifunktionär Björn Clemens (Nazi-Anwalt und Funktionär bei der JLO, welcher die Nazigroßaufmärsche im Februar in Dresden organisiert) nennen.

 

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Impression aus dem Leben der DB: Naziaufkleber rund um Verbindungshäuser (Bild 1 u. 2).

 

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Feiernde DB Burschen beim Marktfrühshoppen in Marburg (Bild 3 u. 4). Vernetzung mit alten Herren (hier Björn Clemens Bild 5).

 

Die Rolle der Stadt Eisenach

 

Eisenach ist mit ca 45.000 Einwohner_innen eine größere Kleinstadt. Wie viele Kommunen dieser Art, leidet Eisenach seit geraumer Zeit unter einem großen Haushaltsdefizit und die Finanzpolitik der Stadt steht unter der Verwaltung des Landes. Eisenachs Rolle in der deutschen Geschichte scheint sowohl für viele Eisenacher_innen, als auch für den Tourismus als Haupteinnahmequelle, von großer Bedeutung zu sein. Neben dem größten zusammenhängenden Villenviertel Europas bescherte diese Eisenach die Wartburg auf der neben Luther auch die burschenschaftliche Bewegung einkehrte. Auch das gegenüber der Wartburg errichtete Burschenschafterdenkmal, mit dem direkt darunter liegenden Langemarkdenkmal, werden somit zur ökonomischen Grundlage der Stadt gezählt. So ist es selbstverständlich, dass der Oberbürgermeister Matthias Doht (SPD) bei der Neueinweihung des Langemarkdenkmals Anfang April eine wohlwollende Rede gehalten hat. Und die heimische Tourismusbranche freut sich auch über farbentragende Studentennazis, solange sie ihre Miete bezahlen. Doch auch für die DB ist Eisenach eine gute Einnahmequelle: Dass die Gastwirtschaft unterhalb der Denkmäler der DB und damit einer völkischen/extrem rechten Organisation gehört scheint niemanden so richtig zu stören.

 

Dem Burschentag entgegentreten - Was bisher geschah

 

Im Jahr 2011 hat sich ein Bündnis gebildet, welches mit einer groß angelegten Kampagne diesem lange Zeit kaum thematisierten Zustand (im Jahr 2001 gab es die letzte größere antifaschistische Demo) entgegentreten möchte. Der Auftakt der Kampagne war eine Informationsveranstaltung zur Kritik an der Deutschen Burschenschaft. Diese fand am 07.04.2011 in Eisenach statt. Im Vorfeld der Veranstaltung übte die Polizei gezielt Druck auf die Betreiber_innen des Cafés aus, in dem die Veranstaltung stattfinden sollte, so das kurzfristig in alternative Räumlichkeiten umgezogen werden musste. Darüber hinaus wurde eine Zeitung angefertigt, welche sich mit den verschiedenen Aspekten der Menschenfeindlichkeit der Deutschen Burschenschaft detailliert auseinandersetzt. In Thüringen, Hessen, Niedersachsen und NRW gab es Mobiveranstaltungen. Höhepunkt der Kampagne soll die Demonstration in der Eisenacher Innenstadt sein, mit der entschlossen und deutlich formuliert werden soll, dass diese "deutsche Tradition" nicht hinnehmbar ist. Dabei muss jedoch klar sein, dass das Grundproblem die weite Verbreitung rechten Gedankengutes in vielen Teilen der Bevölkerung ist und Gesellschaftskritik über die DB hinausreichen muss. Da die Deutsche Burschenschaft jedoch ein vergleichsweise salonfähiger und akzeptierter Spieler am ganz rechten Rand ist und sich in der Aufgabe sieht eine gesellschaftliche Elite zu stellen, muss sie weiter in den Fokus antifaschistischer Kritik treten und offensiv bekämpft werden.

 

Demo in Eisenach - 18.06.2011

 

Zentrales Ereignis der Kampagne wird eine Demonstration durch die Eisenacher Innenstadt am 18. Juni sein. Treffpunkt hierfür ist um 14 Uhr am Hauptbahnhof. Die Route und weitere Hinweise für Tipps und Tricks auf Demos sind auf der Mobilisierungseite zu finden. Ziel der Kampagne ist es, über eine entschlossene und lautstarke antifaschistische Demonstration die Kritik an deutschen Zuständen und der DB in die Öffentlichkeit zu tragen. Um die Inhalte uneingeschränkt nach außen tragen zu können, ruft das Bündnis gegen den Burschentag zu kreativen Aktionen im direkten Umfeld der Demo auf. "Alles was Verwirrung stiftet, Aufmerksamkeit erregt und vor allem unsere Kritik artikuliert ist uns willkommen", erläutert eine Vertreterin das Konzept des Bündnisses.

 

Weiterführende Links:

 

Bündnis gegen den Burschentag in Eisenach

Arte-Bericht über den Burschentag in Eisenach 2010

Mobizeitung des Bündnis gegen den Burschentag in Eisenach

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Der reaktionärste Dachverband aller Korporationen, die „Deutsche Burschenschaft“, organisiert jedes Jahr den „Burschentag“ in Eisenach. Mit diesem Artikel veröffentlichen wir die internen Protokolle der Jahre 2005 bis 2009 und die Tagungsunterlagen 2010 & 2011.

am 17.6. findet eine Demo gegen den Burschentag der Neuen Deutschen Burschenschaft in Gießen statt.

Treffpunkt ist um 18 Uhr am Unihauptgebäude in der Innenstadt (Ludwigstr.).

Weiteres hier:
http://noburschentag.blogsport.de/