Eine Nachricht vom “Solidaritätskomitee 10. Mai” ist in der ständigen Vertretung der Orphs in der Falkenberger Str. 183 in Berlin-Weißensee eingetroffen, der Brief ist von Genossin Klavier und wurde weitergeleitet von der Postbrigade des Solidaritätskomitee und handelt über die Zustände in der Berliner Aservatenkammer. Das Solidaritätskomitee wünscht unser Genossin noch viel Kraft in dieser schweren Zeit und freut sich darauf sie schon bald wieder zu sehen.
Liebe Genoss_innen,
ich lebe noch. Das ist wohl die beste Nachricht die ich euch nach meinem Martyrium übermitteln kann. Ich wurde entführt, gefoltert und befinde mich jetzt an einem mir unbekannten Ort. Aber der Reihe nach:
Da geht man eines schönen Morgens nichts böses ahnend zu einer Musikschule in Weißensee und lässt sich von Pianisten die Tasten massieren und dann kommt da diese mit Schlagstöcken und Pistolen bewaffnete Bande, die, wie ich jetzt mitgekriegt hab, systematisch all das entführen das sich keinem Herrscher/Eigentümer unterwerfen will.Grob packten sich mich und (ver-)schleppten mich in ihr großes grün-weißes Auto. Doch jetzt ging es erst richtig los. Sie stellten mich während der Fahrt an die offene Tür ohne mich anzuschnallen. Ich hatte panische Angst hinauszufallen und mir alle Saiten zu reißen. Gleichzeitig musste ich mich auch noch von so einem ekligen Mann begrabschen lassen…wo bitte war Amnesty International? Das war Folter! Und das sie mir die Male, bei denen ich fast aus dem Auto gefallen wäre, auch noch als Fluchtversuche anrechnen wollen ist echt die größte Frechheit. Daraufhin zeigte ich ihnen meine Lieblingstasten A.C.A.B., das war ja wohl das mindeste…
Jetzt sitze ich mit tausenden anderen in einer etwa 100m²-großen Sammelzelle. Doch während die anderen sich wenigstens liegend in die Regale quetschen können, muss ich die ganze Zeit stehen. Tageslicht gibt es hier unten nicht. Und zudem spricht keiner meiner Mitgefangenen auch nur ein Wort. Sie wurden zu sehr eingeschüchtert, einigen wurden sogar Plastiktüten über den Kopf gezogen um sie zum Schweigen zu bringen. Ihr seht die Bedingungen hier sind katastrophal. Deshalb habe ich seit meiner Entführung keine Nahrung mehr zu mir genommen – Ich bin in den Hungerstreik getreten!
Aber ich bin zuversichtlich das ihr mich hier bald raus holt. Gestern wurde schon ein Fahndungsplakat mit einem Foto meiner Entführung hier eingeliefert. Ich freu mich darauf bald möglichst bald wieder bei euch zu sein.
Eure KlavierP.S. Hin und wieder schnapp ich einen Ton vom Flur auf, sehr schlechte Akkustik, es wird sich über die Fahndungsplakate erzählt und ich hörte das ihr euch nicht unterkriegen lasst, die sind hier ganz genervt von einer Radtour die heute um 15:00 zum Liegenschaftsfonds Berlin führen soll. Kraft und Mut dafür!
Liebes Klavier
lass die Saiten nicht hängen.
Du musst Dir immer sagen, dass wir hier draußen alle an Dich denken. Uns fehlt dein Humor in Moll und deine Rhythmus in C-Dur. Wir drücken Dir alle fest die Fußpedalen!
Zum Trost hier einige Songs, die Dir Deinen Aufenthalt erleichtern sollen:
Wir denken an Dich - http://www.youtube.com/watch?v=Thls_tMuFkc&feature=related
Die Zeiten sind hart, wir sind härter - http://www.youtube.com/watch?v=T_LuhWiOxRw&feature=related
Du wirst zurück kommen - http://www.youtube.com/watch?v=Q8Tiz6INF7I&feature=related
Wir werden uns wiedersehen - http://www.youtube.com/watch?v=2qujHKmU95o&feature=related
auf bald
deine FreundInnen aus dem Orchestergraben
p.s.: und denk immer an unsere guten Zeiten -
http://www.youtube.com/watch?v=28_wHq8MsjU&feature=related