Die Provinz wärend der WM - 18.06. Bitterfeld

der deutsche mob sammelt sich

Deutschlandfans und andere Knallkörper – Patriotismus wie er widerlicher nicht sein kann.
Als wäre das bundesweite Flaggen- und Hymnenmeer einer in Patriotismus fast schon ersaufenden dumm-deutschen Masse nicht schon unerträglich genug, kann Mensch dieser Tage in vielen Orten dieser so stolzen Nation auch wieder einmal die hässliche Fratze der rechten, rassistischen Gewalt und Aggressivität Live und in Farbe erleben. Besonders in kleineren Orten, der Provinz eben, geht es nach Spielen der „deutschen“ Elf heiß her. Wie am Freitag dem 18. Juni in Bitterfeld.

 

6 Tage zuvor >>> Bitterfeld, Sonntag der 11. Juni 2010, WM-Vorrundenspiel „Deutschland“ gegen Australien

 


Bereits am Sonntag, also nach dem ersten Spiel der „Deutschen“, versammelte sich der deutsche Pöbel wie schon bei der letzten WM 2006 auf der „Stadt Wien“-Kreuzung und blockierten damit die Bundesstraße 100, die von Halle/Saale in Richtung Lutherstadt Wittenberg führt.

Die anrückende Polizei, die die mehreren hundert Anwesenden aufforderte die Straße zu räumen, wurde mit Flaschen, Böllern und vereinzelten Steinen angegriffen. Nach Pressemeldungen gab es bis in die späte Nacht hinein Schlägereien und Auseinandersetzungen mit der Polizei. Es wurden mehr als 100 Platzverweise ausgesprochen und ein Beamter verletzt. Die Ankündigung der Polizei in Zukunft härter durchzugreifen verpuffte dann aber bereits beim nächsten Spiel.

Bitterfeld, Freitag der 18. Juni 2010, WM-Vorrundenspiel „Deutschland“ gegen Serbien


Nach der 1:0 Niederlage der „deutschen“ Mannschaft gegen Serbien versammelten sich gegen 14:30 Uhr die ersten Fußballfans auf der „Stadt Wien“-Kreuzung in Bitterfeld. Ebenfalls befanden sich schon 3 Sixpacks der Polizei auf der Kreuzung, die aber in ihren Autos das noch laufende Spiel verfolgten. Nach Abpfiff füllte es sich langsam. Dreh- und Angelpunkt war der Imbiss, da die Meisten sich dort mit Bier versorgten. Nach und nach wurde die Stimmung unter den so genannten Fans immer aggressiver und mit steigendem Alkoholpegel wurde Sprechchöre wie "Schland oh Schland..." und „ohne Helm und ohne Knüppel seid ihr nichts“ in Richtung der Polizei gerufen, die sich davon aber nicht provozieren ließen und in ihren Fahrzeugen sitzen blieben.


Gegen 15:30 Uhr kippte die Stimmung schlagartig als eine ältere, scheinbar betrunkene Frau von einem "Fan" verbal mit Sprüchen wie: "Geh’ nach Hause du Nutte!", "So wie du aussiehst fickt dich doch eh niemand!" beleidigt wurde. Dieses führte dann zu einem Handgemenge zwischen den beiden, in dessen Verlauf die Frau von ihrem Angreifer zu Boden gerissen wurde, um dann an ihren Haaren auf dem Boden entlang geschliffen zu werden. Erst in diesem Moment stiegen dann auch die nur 10m entfernten Beamten aus MD aus ihren Fahrzeugen und gingen dazwischen. Wobei sie lediglich die Personalien des Opfers aufnahmen und diese dann wieder in Richtung ihres Angreifers laufen ließen. Während dieser Situation flogen aus Richtung Imbiss die ersten beiden Flaschen auf die gegenüber parkenden Polizeiwagen und die anwesenden Journalisten. Als das Opfer dieser ersten Attacke die Straße überqueren wollte, um zu ihrem Angreifer zu gelangen, wurde sie mit Beschimpfungen, der sich mittlerweile zu einem klar erkennbaren Mob zusammengeschlossenen Nazi-Hooligans, belegt. Angekommen auf der anderen Straßenseite ging die verbale Auseinandersetzung weiter. Nach einigen Worten wurde die Frau schlussendlich mit einem Faustschlag ins Gesicht zu Boden geschlagen.

 

Weder die Polizei noch andere Anwesende schritten in das Geschehen ein. Als die Frau wieder auf die Beine kam verließ sie den Ort des Geschehens in Richtung Innenstadt, ohne dass aus Richtung der Polizei irgendwelche Anstrengungen unternommen wurden, den Täter festzustellen. Eine Anzeige (inklusive Fotobeweise) wurde später durch Antifaschistinnen erstattet, die das Szenario aus Distanz beobachteten. Nach dieser Aktion wurden noch weitere Flaschen und Feuerwerkskörper auf die Straße und in Richtung der Polizei geworfen, aber diese unternahmen nichts. Lediglich einen Versuch gab es, den stadtbekannten und einschlägig Vorbestraften Neonazi Dennis Decker nach einem Flaschenwurf zu verhaften, aber Team Green schaffte es nicht diesen zu stellen, da er mit einem eher langsamen Sprint ca. 15m in eine andere Richtung lief und die Beamten ihm nicht nach setzten.

 

Weitere 20 Minuten später rückten alle Polizeieinheiten ab. Bei einem späteren Zusammentreffen mit diesen Einheiten, vor einem Supermarkt, an dem sie gemütlich speisten verriet ein Cop in Zivil auf die Frage warum die Bereitschaftsbullen den Werfer nicht gestellt haben, dass nach einem Vorfall in Halle, wo Polizisten in einen Hinterhalt gelockt und mit Steinen und Flaschen beworfen wurden, es den Befehl von der Einsatzleitung gäbe, bei solchen "Nichtigkeiten" kein Risiko einzugehen und Täter nicht in unbekannte Gebiete zu folgen. Nebenbei erwähnte er dann noch, dass sich eigentlich noch einige Hooligans von LOK-Leipzig und dem HFC erscheinen wollten, aber dann doch abgesagt hätten - daher auch der starke Polizeieinsatz.


Fazit eines ganz normalen deutschen Fußball-WM-Spiels


Alles in allem konnte der WM Pöbel machen was er wollte. Die Bullen standen nur zur Zierde da und Straftaten wurden nicht geahndet. Am kommenden Mittwoch, nach dem nächsten Spiel der DFB 11, werden sich solche Szenen wahrscheinlich wiederholen. Interessant ist gerade bei dieser Gelegenheit auch, dass alte Strukturen der bitterfelder Naziszene wieder zusammenfinden. So waren diverse Aktivisten der bis 2002 wahrnehmbaren „Bruderschaft Bitterfeld“ erstmals wieder gemeinsam öffentlich zu sehen. Besonders dieser Fakt lässt die Einschätzung zu, dass die Fußball-WM auch als Vernetzungsportal für die radikale Rechte genutzt wird und das provinzielle Mobilisierungspotential damit gesteigert bzw. vielleicht auch wieder zusammengefügt wird.

Im Falle eines Vorrunden-aus der Germanen würde der National-Taumel wenigstens in den KO-Runden eine untergeordnete Rolle spielen. Ein Rückblick auf das Jahr 1990 zeigt deutlich wie wünschenswert das für alle vernünftig denkenden Menschen wäre.

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Public Greeting in Freiburg am 18.06.2010  Public Greeting in Freiburg am 18.06.2010