Am Abend des 30. April versammelten sich in Bochum 400 Menschen zur Revolutionären Vorabenddemo. Themen waren der Rechtsruck in Europa, die AfD, die Geschichte und Gegenwart des Tages der Arbeit. Aber auch die Solidarität mit emanzipatorischen Kräften in Kurdistan und der Türkei, die (re)Organistation linksradikaler und feministischer Strukturen bildeten die Inhalte von Redebeiträgen, Transparenten und Schildern.
Um 19:30 startete der Demonstrationszug lautstark am Bochumer Hauptbahnhof. Von dort aus führte die Route über die Wittenerstraße ins Alsenviertel. Aktivist*innen hatten hier ein Hochhaus mit einem Banner, das sich gegen die Verbote kurdischer Organisationen in der Bundesrepublik richtete, verziert. Im Herzen des Stadtteils folgte die erste kleine Zwischenkundgebung, welche auf die Aktivitäten der “Identitären Bewegung” im Viertel aufmerksam machte. Von dort aus zog man durch die Straßen in Richtung Ehrenfeld, wo vor dem Schauspielhaus und im Kneipenviertel „Viertelvor“ Redebeiträge der YXK (Verband Studierender aus Kurdistan), der Anarchistischen Gruppe Bochum, der Gruppe „Glitzer und Krawall“ und der Antifaschistischen Aktion Bochum folgten.
In der Dämmerung erreichte man das Bermudadreieck. Die eingesetzten Bullen aus Bochum und Münster hatten mit größter Mühe die dort in den Mai tanzenden Menschen von der Demo abgeschirmt. Doch bei der letzten Zwischenkundgebung vor dem Intershop ganz in Hörweite zur Bochumer Partymeile zeigte sich, dass die Feiernden auch an den revolutionären Feierlichkeiten interessiert waren. So vermischten sich zumindest später am Abend beim „Women’s Rave“ noch Demonstrant*innen und Partypeople. Zuvor gab es jedoch noch Redebeiträge der Roten Hilfe Bochum/Dortmund und des Antifa AK Cologne auf die Ohren. Das letzte Stück zurück zum Bochumer Hauptbahnhof wurde durch farbenfrohe Rauchtöpfe begleitet. Über den Lauti wurden alle nochmals dazu aufgefordert, sich am 1.Mai den Nazis in Essen und Dortmund in den Weg zu stellen und sich an den Protesten gegen den G20 Gipfel in Hamburg zu beteiligen.
Die Staatsmacht fuhr zumindest direkt in Sichtweite der
Demonstrant*innen mit wenigen behelmten Laufburschen und -mädels auf.
Allerdings wurde die Demonstration von Zivilpolizist*innen ständig
observiert und zeitweise auch unterwandert. Hier ist es wahrscheinlich
der „Initiative zur Polizeiüberwachung“ zu verdanken, dass die
eingesetzten Trashkrimi-Duplikate sich nicht wagten mit Provokationen
einen Eingriff zu legitimieren.
Auch im Vorfeld der Demonstration war es bereits durch sinnfreie
Auflagen und Routenbeschneidungen zu unnötigen Einschränkungen der
Demonstrierenden gekommen, die darauf abzielten den politischen
Charakter des Abends den Besucher*innen des Bermudadreiecks
vorzuenthalten.
Alles in Allem kann man von einer gelungenen Demonstration sprechen. Die Teilnehmer*innenzahl im Vergleich zum letzten Jahr war konstant – an dieser Stelle möchten wir ein Dank an alle Teilnehmer*innen und Unterstützer*innen aussprechen. Auch der Ausdruck der Demo war durch und durch laut und kämpferisch. Dies ist gut, da wir mit der „revolutionären Vorabenddemo“ zeigen wollen, dass es in Bochum und im Ruhrpott linke, radikale Strukturen und Menschen gibt, dass wir trotz Differenzen solidarisch zueinander stehen, dass der 1.Mai ein Tag der linken Bewegung ist und wir uns diesen Tag weder von staatlicher noch von rechter Seite nehmen lassen. Der am späteren Abend beginnende feministische Rave vor dem Musikforum, welcher vom Frauenarchiv organisiert wurde, stellte noch einen Ausklang dar, der ein wenig Entspannung vor dem antifaschistischen Engagement am nächsten Tag in Dortmund und Essen bot.
Doch es steht die Frage offen, wie man Einzelne und Gruppen vernetzt, so dass diese Solidarität sich auch im Alltag entwickelt und weitergegeben wird. Wir hoffen, dass der Organisierungs- und Vernetzungsgrad am 30. April 2018 weiter fortgeschritten ist und die Demonstration (wenn sie denn stattfindet) noch lauter, noch größer und noch kämpferischer sein wird.
Der Kapitalismus muss immer Hiebe kriegen!
Antifaschistische Linke Bochum,
Mai 2017
Praktischer Antifaschismus sieht anders aus(revolutionärer auch)
Man beachte den Umstand, dass die Nazis für den Vorabend ihrer 1. Mai-Demonstration in Dortmund eine Demonstration in der Dortmunder Nordstadt angemeldet hatten.
Bochumer AntifaschistInnen stellten ihre Demonstration am 30.04. als eine revolutionäre Antifa-demo mit direkten Bezug zu den Nazidemos am 1. Mai vor, mobilisierten nicht nach Dortmund, sondern in die Bochumer Innenstadt. (Distanz 20km)
Dortmund hat sich daran gewöhnt, das Nazis „unter der Woche“, mit kaum bis keiner antifaschistischer Begleitung ihre Kundgebungen machen können. Von Verhinderung wollen wir mal gar nicht reden. Nazi Kundgebungen in der Nordstadt können sich des Protests der AnwohnerInnen bewusst sein. In anderen Stadtteilen stehen sie mittlerweile mit ihren Ständen da, als ob es sich um eine x-beliebige Partei handeln würde. Selbst Demos mit über 100 Nazis wie am 14. April lockt fast keinen Antifa mehr hinter dem Ofen hervor. Wenn es eines der mittlerweile in Dortmund üblichen Gerangel um Symboltage wie den Anti-Kriegstag oder den 1. Mai geht, bekommt das was sich in Dortmund AntifaschistInnen nennt noch einen Blockadeversuche hin. Aber sonst? Die Normalisierungsstrategie der Nazis geht auf. Dortmund macht es möglich.
Es ist absurd sich mit angeblich 300-400 Ruhrgebiets -Antifas, -Anarchos, etc. abzufeiern, wenn in der angeblichen Dortmunder Homezone der Antifa 40 Nazis abzappeln. Was in Dortmund Normalität ist, ist in fast jeder Stadt der BRD ein Skandal. Was sich die Bochumer Antifa-Bezüge geleistet ebenfalls: Showlaufen und organisiertes Wegschauen statt antifaschistischer Praxis.
Am 1. Mai 2007 fand eine bundesweite Demonstration der Nazis in Dortmund statt. Damals organisierte der DGB ein Antifa-Konzert mit „Microphone Mafia“ und anderen Bands im Dortmunder Westfalen Park, das zur selben Zeit wie die Blockaden gegen die Nazisdemo stattfinden sollte. Dafür hagelte es seitens der unterschiedlichsten Antifagruppierungen viel Kritik. Zum Konzert kamen nicht viele, auf so einen Quatsch „Fäustchen recken, wenn irgendwo anders Nazis marschieren“ hatte keine/r Bock.
Heute, 10 Jahre später, organisieren nicht SPD und DGB ein Placebo, sondern Nachwuchs-Antifas aus Bochum. Sie requirieren dabei auf das Antifa-Niveau, was sich in den letzten Jahrzehnt im Ruhrgebiet breit gemacht hat. 10 Jahre haben etwas mit Ruhrpott Antifas gemacht – wegducken (mental wie praktisch) und sich dabei wohlfühlen. Und Antifas labeln und praktizieren das unter "revolutionär" was vor 10 Jahren noch als sozialdemokratischer Fake verlacht wurde.
So feiert man auf „grüner Wiese“ Gemeinschaftsgefühle ab und fühlt sich stark, die Realität sieht ja auch anders aus.
Dortmund hat eine Vorbildfunktion für die Nazis.
Absurd, dass das Dortmunder Antifa-Niveau Vorbildfunktion für Ruhrpott Antifas hat.
Revolutionär war an dem Bochumer Placebo nichts.
Es bewegt sich auf einem „Bockwurst gegen Nazis“-Niveau.