Am 26.03.2017 organisiert die Tarnorganisation „take part – Partizipation durch Qualifikation“ des „Türkischen Jugend- und Studenten Bund e.V.“(TÖB) mit Dr. phil. Christian Johannes Henrich vom „Forschungszentrum Südosteuropa und Kaukasus“ aus Siegen an der Leibniz Universität Hannover eine Veranstaltung zum Thema „Politische Systemanalyse und demokratische Streitkultur“. Das es den Organisator_innen dabei nur um ihre (verquere) Auffassung von Demokratie geht, werden wir im Folgenden versuchen aufzuzeigen.
Tarnorganisation der Grauen Wölfe greift Landesjugendring-Gelder ab
Das es sich bei dem „Türkischen Jugend- und Studenenten e.V“ um eine
ultranationalischtische Organisation mit nur (angeblich) demokratischem
Anstrich handelt, belegt ein Blick in die uns vorliegende Satzung der
Organsiation. Dort ist festgelegt, dass im Falle einer Auflösung die
Gelder des Vereins an die „Türkische Familienunion in Hannover und
Umgebung e.V“ transfiriert werden sollen. Diese findet sich nach
Recherchen der Taz in Gliederungen
der „Partei der nationalistischen Bewegung“ MHP, besser bekannt als die
sogenannten „Grauen Wölfe“ (1). Diese streben, im Sinne ihrer Ideologie
des Turanismus, nach einer Großtürkei, die alle Türkvölker
„wiedervereinigt“ und in dem Minderheitheiten nur einen Platz haben wenn
sie sich assimilieren oder bedingungslos der Herrschaft unterwerfen.
Das Logo von „take part“ entspricht den drei Halbmonden, neben dem
grauen Wolf ein weiteres Logo türkischer Faschist_innen.
Dies scheint für den Landesjugendring Niedersachsen kein Problem zu
sein, in dem „take part“ ein Teil einer Arbeitsgemeinschaft
migrantischer Verbände ist. Dort wurde ihnen ein Antrag im Rahmen des
Projekts „Generation hoch 3“ genehmigt, den sie dort gestellt hatten.
Das Logo des genannten Projekts findet sich auch auf dem Flyer zu der
Veranstaltung. Unter „Creative Youngsters“ läuft bei selbigem Projekt
ein weiterer Antrag der TÖB. Somit hat der Landesjugendring den
Tarnorganisationen der „Grauen Wölfe“ 6.000 – 20.000€ staatliche
Fördergelder bereitgestellt. Für uns ist es bezeichnend, dass der
deutsche Staat linke Projekte unter angeblichen Extremismusverdacht
stellt, türkischen Faschist_innen hingegen Fördergelder bereitstellt.
Burschenschafter referiert vor türkischen Nationalist_innen
Der Referent Dr. phil. Christian Johannes Henrich ist ehemaliges
CDU-Mitglied, arbeitet für die Allianz-Versicherungsgruppe als Experte
für Kapitalmärkte und bildet nun im Siegener Stadtrat zusammen mit der
AfD-Abgeordneten Eger-Kahlheis die Fraktion „Alternative für Siegen“
(2). Henrich ist als direkte Konsequenz der Verabschiedung der
Armenien-Resolution des Bundestages aus der CDU enttäuscht ausgetreten
(3). Auf Facebook findet man ihn unter facebook.com/burschenschafter und
er ist Alter Herr bei der Münchener Burschenschaft Stauffia (4), die
der extrem rechten Burschenschaft Danubia auf ihrem Haus Räumlichkeiten
für eine Konferenz am Geburtstags Adolf Hitlers und 3 Tage vor dem
NSU-Prozessauftakt zur Verfügung stellten. (5)
Sein „Forschungszentrum Südosteuropa und Kaukasus“ bezeichnet Henrich in
einer Facebook-Bewertung als „anti-mainstream think tank“ (6), dieses
ist aber in etwa so seriös wie er selbst, was sich auch darin ausdrückt,
dass es sich um ein außeruniversitäres Forschungszentrum handelt.
Henrichs Interview zum Völkermord an den Armenier_innen
Seiner Meinung nach gab es keinen Völkermord an den Armenier_innen,
sondern nur Menschenrechtsverletzungen des Osmanischen Reichs in einem
Bürgerkrieg mit den Armenier_innen. Wenn überhaupt müsse man nach
Henrichs von 2 verschiedenen Völkermorden sprechen, da es laut ihm eine
ähnlich hohe Anzahl muslimischer Opfer in diesem Bürgerkrieg gegeben
hätte, wobei er diese Bennenung für übertrieben halte. Diese
Relativierung des Völkermords an den Armenier_innen äußert er in einem
Interview auf dem Youtube-Kanal „Türkische Diaspora in Deutschland“ (7).
In diesem Video gibt er an, selbst für 3 Jahre in der Türkei gewohnt zu
haben. Hinter der Resolution stehen seiner Meinung nach partei- und
machtpolitische Interessen, wobei er sich auch in Widersprüche
verstrickt: So sagt er zuerst zentral hinter der Resolution stehe Cem
Özdemir von den Grünen, später aber sagt er, die Resolution geschehe
auch als Angriff konservativer Kräfte in Deutschland auf die
Visa-Freiheit türkischer Staatsbürger_innen und auf die
Beitrittsverhandlungen der Türkei mit der EU. Außerdem unterstellt er
Politiker_innen nicht an Wahrheit, sondern nur an Macht interessiert zu
seien, obwohl er selbst Politiker ist. Die Zahl der im Völkermord
getöteten Armenier_innen gibt er mit 600.000 bis 800.000 an, Marcus
Latton von der Jungle World spricht hingegen von bis zu 1.500.000
Armenier_innen und Angehörigen anderer christlicher Minderheiten
(Assyrer_innen, Aramäer_innen, Pontosgriech_innen und Chaldäer_innen).
(8) Seine Schilderungen in dem Youtube-Interview sind dabei sehr
einseitig, verantwortlich sind seiner Meinung nach armenische
Revolutionskommitees, die von europäischen Staaten und Russland
unterstützt worden seien. Diese hätten armenische Strukturen in der
Türkei infiltriert, brutale Angriffe innerhalb der armenischen Community
begangen und türkische Dörfer niedergemetztelt, woraufhin es als Folge
dann Massaker an Armenier_innen gegeben hätte. Unserer Erachtens handelt
es sich hierbei um die Reproduktion türkischer Verschwörungsmythen, die
der Täter-Opfer-Umkehr dienen. Er gibt sich dabei als einziger seriöser
Forscher aus, der zu dem Thema arbeitet, alle anderen würden keine
ernsthafte Forschung betreiben, seien politisch motiviert oder aber sie
gehören „Zitationskartellen“ an, an deren Ursprung keine empirische
Quellen zu finden seien.
Der Youtube-Kanal mit dazugehöriger Facebookseite „Türkische Diaspora in
Deutschland“ entpuppt sich als Plattform türkischer Nationalist_innen,
auf der vor allem gegen kurdische Strukturen, die Armenien-Resolution
und die deutsche Presse gehetzt wird. Außerdem finden sich
Verschwörungsmythen zur Gülen-Bewegung bezüglich des Attentats auf den
russischen Botschafter in der Türkei. Angriffe auf HDP-Büros in der
Türkei, bei denen diese in Brand gesetzt wurden, werden über die Seite
verbreitet und gefeiert. (9)
Was tun?
Sollte der Landesjugendring nicht die Förderung zurückziehen, sollte
die Uni den Veranstalter_innen nicht die Räume kündigen, so sehen wir
uns gezwungen in einem Bündnis linker und emanzipatorischer Gruppen aus
Hannover gegen die Veranstaltung zu intervenieren.
Gegen den Schulterschluss deutscher und türkischer Rechter an der Uni und anderswo!
Gegen burschenschaftliche Männerbünde und Studentenverbindungen!
Kritik & Subversion
YXK – Studierende aus Kurdistan Hannover
März 2017
(1) http://www.taz.de/!250227/
(2) http://www.derwesten.de/staedte/nachrichten-aus-siegen-kreuztal-netphen-...
(3) http://www.siegener-zeitung.de/siegener-zeitung/Alternative-fuer-Siegen-...
(4) http://blog.mb-stauffia.de/?p=734
(5)
http://www.sueddeutsche.de/politik/umstrittene-regionalkonferenz-bursche...
(6) https://www.facebook.com/pg/forschungszentrum/reviews/?ref=page_internal
(7) https://www.youtube.com/watch?v=qwHL8SHSVGE
(8) http://jungle-world.com/artikel/2016/23/54159.html
(9) https://www.facebook.com/turkishdiaspora/videos/1212966418781225/