Auch in Flensburg: Antisemitismus und Sexismus bei Luther? Kein Grund zum Feiern!

Luther & Antisemitismus

Am gestrigen Montag erreichte die Auseinandersetzung um die Verehrung Luthers einerseits und die Kritik an ihm als Antisemiten und autoritätsgläubigem Sexisten andererseits in Flensburg ihren bisherigen Höhepunkt: Ein an der Kirchenfassade an der Marienkirche am Nordemarkt angebrachtes Graffiti mit dem Schriftzug „Reformation – Kein Grund zum Feiern!“ wurde nicht etwa komplett entfernt, sondern zu „Reformation – Ein Grund zum Feiern“, indem lediglich das „K“ entfernt wurde.

 

Was dem vorausging:

Aus Anlass des Lutherjahres hatte der Kirchenkreis Schleswig-Flensburg knapp 25 verschiedene Aufkleber drucken lassen auf denen die vermeintlichen Errungenschaften der Reformation gefeiert werden. Von eher skurrillen in denen die These aufgestellt wird, dank Reformation ließe sich „Sex genießen“ und es gäbe Adventskalender, über eher belanglos und inhaltsleer wirkende Phrasen wie „gerne geben“ oder „aufrecht leben“ hin zu politisch gefährlichen Thesen, wie der, dank Reformation würden die Banken gebändigt ist auf den bunten Klebenachrichten vieles zu finden.

 

Mit zum Teil sehr merkwürdigen Herleitungen wird auf der dazugehörigen Webseite beispielsweise unter dem Stichwort „Banken bändigen“ ausgeführt: „Die weltweiten Finanzströme sind nach wie vor außer Rand und Band“. Diese Argumentation ist beängstigend nah an antisemitischen Herleitungen einer „Kritik“ am vermeintlich „jüdischen“, „raffenden“ Kapital. Insbesondere in Kenntnis von Luthers Antisemitismus zeigt sich hier mindestens mangelnde Sensibilität und analytische wie historische Blindheit.

 

Ein Positivbezug auf Luther, einen glühenden Antisemiten und Sexisten, wie er zur Zeit an vielen Orten stattfindet, ist gerade in Zeiten von Pegida und AfD politisch jedoch leider alles andere als belanglos.

 

So dauerte es nicht lange bis in der Stadt weitere Aufkleber auftauchten auf denen unter der Überschrift „Kein Grund zum Feiern“ schlicht Lutherzitate im Original abgedruckt waren, wie beispielsweise die Aufforderung Luthers jüdische Synagogen, Schulen und Häuser anzuzünden.

 

An der Marienkirche tauchten kurz nach Verkleben dieser lutherkritischen Aufkleber dann wiederum neue Aufkleber auf – ebenfalls mit Lutherzitaten und dem Zusatz, Luther habe den „Stänkerern“, gemeint waren wohl die Klebenden der lutherkritischen Aufkleber, etwas voraus. Außerdem hieß es darauf, es handle sich bei Luther um einen „Supertyp und Menschenfreund“.

 

Mit der Auffassung, Luther sei ein Supertyp gewesen ist die Kirche nicht allein, Hitler beispielsweise sah das ebenso "Luther war ein großer Mann, ein Riese. Mit einem Ruck durchbrach er die Dämmerung; sah den Juden, wie wir ihn erst heute zu sehen beginnen".

 

Wir bleiben dabei: Luther als Helden zu inszenieren ekelt uns an! Als Erklärungsversuche der Kirche heißt es oft, Antisemitismus sei heute zwar schlimm, historisch aber was ganz anderes und auch Frauenverachtung und Hexenverbrennung seien „früher“ eben „normal“ gewesen. Wir sehen darin einen Rechtfertigungsversuch einer Institution, die sich nach wie vor offenkundig weigert, sich mit der eigenen Vergangenheit kritisch auseinanderzusetzen.

 

Kontakt: lutherkult (ätt) nirgendwo.info

 

 

Weitere Infos unter:

 

gegendiehelden.blogsport.de und luther.nirgendwo.info

 

 

Die Zitate der lutherkritischen Aufkleber im kompletten Wortlaut (Die Aufkleber können bei black mosquito bestellt werden):

 

„Eine Frau hat häuslich zu sein, das zeigt ihre Beschaffenheit an; Frauen haben nämlich einen breiten Podex und weite Hüften, daß sie sollen stille sitzen.“

 

„Es ist besser, wenn Tyrannen hundert Ungerechtigkeiten gegen das Volk verüben, als dass das Volk eine einzige Ungerechtigkeit gegen die Tyrannen verübt.“


„Der Tod im Kindbett ist nichts weiter als ein Sterben im edlen Werk und Gehorsam Gottes. Ob die Frauen sich aber auch müde und zuletzt tot tragen, das schadet nichts. Lass sie nur tot tragen, sie sind darum da.“

 

„Die Juden sind ein solch verzweifeltes, durchböstes, durchgiftetes Ding, dass sie unsere Plage, Pestilenz und alles Unglück sind. Summa, wir haben rechte Teufel an ihnen. Man sollte ihre Synagogen und Schulen mit Feuer anstecken, unserem Herrn und der Christenheit zu Ehren ihre Häuser desgleichen zerbrechen und zerstören.“

 

„Denn es gibt viele Schwätzer, Ungehorsame und Schwindler die aus dem Judentum kommen. Diese Menschen muß man zum Schweigen bringen - es sind abscheuliche und unbelehrbare Menschen, die zu nichts Gutem taugen.“

 

„Bei der Kindererziehung muß der Apfel neben der Rute liegen.“

 

„Unkraut wächst schnell, darum wachsen Mädchen schneller als Jungen.“

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Gute Arbeit!

 

Könnt ihr die Quellen für die Zitate noch angeben?

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Ansonsten einfach mal hier durchklicken: martin-luther-2017 (.) de