Besser spät als nie: Der Jahresrückblick zu 2016. Auch das Jahr 2016 war im Vogtlandkreis (in Südwestsachsen) wieder davon geprägt, dass rechte Kräfte verschiedenster Strömungen sich bemühten, in der Region einen Rückzugsraum für ihre nationalistische Politik zu verankern. Erfreulich, dass dies immer wieder auf antifaschistische Gegenwehr gestoßen ist. Trotzdem bleibt für das kommende Jahr viel zu tun, um einem spürbaren Rechtsruck der Gesellschaft entgegenzutreten und kämpferische emanzipatorische Gegenbewegungen zu schaffen.
Januar
- 11.01. Nun hat auch das Städtchen Klingenthal im oberen Vogtland eine rassistische Bürgerinitiative.
- 15.01. Etwa 80 Antifaschist*Innen beteiligen sich an der
Demonstration “Zona Antifascista – Gegen den rassistischen Alltag”, um
gegen eine Kundgebung der neonazistischen Partei “der III. Weg” zu protestieren. (AGV berichtete)
- 17.01. “Wir sind Deutschland” lässt, wen wunderts, die Maske fallen:
Bei der sonntäglichen Kundgebung treten nun neben Reichsbürgern auch
ungarische Nazis auf.
- 18.01. Zweite Kundgebung der rassistischen
Bürgerinitiative “Für ein schönes und sicheres Klingenthal”. Dort wird
die Gründung einer Bürgerwehr gefordert.
- 20.01. In Klingenthal
gründet sich die Bürgerwehr “Klingenthaler passen auf”. Auf was sie
aufpassen wollen (Bäume?) bleibt ihr Geheimnis.
- 28.01. Zweiter
Plauener Bürgerdialog mit Nazis vom „III. Weg", der „Heimatschutzbrigade
1 Plauen", „Wir sind Deutschland" und der AfD. (Artikel der AGV )
- 29./30.01. Brandanschlag auf Geflüchtetenunterkunft in Oelsnitz/Vogtland. Kurz zuvor hatten Nazis vom “III. Weg” Flyer bei einer Bürgerversammlung verteilt.
- 31.01. 15. “Sonntagsdemo” von “Wir sind Deutschland”. Wahnwichtel
Gunnar Gemeinhardt sucht immer noch nach den Künstler*Innen, welche das
Transparent „Sachsen du mieses stück Scheisze“ gestaltet haben.
Februar
- 07.02. Rassistischer Angriff auf die Wohnung einer syrischen Familie (Quelle: RAA Sachsen)
- 09.02. Die “Heimatschutzbrigade” jammert in der Zeitung über
Drohungen, die ihnen entgegenschlagen würden, und behauptet, nun erstmal
nicht mehr öffentlich auftreten zu wollen.
- 16.02. Die “Plauener
Spitzengespräche” der nationalistischen Gruppierung “Wir sind
Deutschland” dürfen nicht im Möbelhaus Biller stattfinden. Michael Oheim
jammert in der Freien Presse “Es wird nicht fair gekämpft”. Weil auch
das Malzhaus keine Lust auf rechtspopulistischen,
verschwörungstheoretischen und antisemitischen Wahn hat, muss Oheim
notgedrungen ins eigene Lokal “La Bohéme” ausweichen.
- 22.02.
Angriff auf Geflücheten im Plauener Stadtzentrum, dieser wird dabei
verletzt. Die Polizei stellt einen 35-jährigen Angreifer.
- 27./28.02. AfD-Landesparteitag in Klingenthal.
- 29.02. Erstes “Plauener Spitzengespräch”, veranstaltet von der
rechten Gruppe “Wir sind Deutschland”. Es gesellt sich zusammen, was
zusammengehört: Neben AfD-Kreisrat Frank Schaufel war auch Peter Fitzek,
Verschwörungstheoretiker und selbsternannter “König von Deutschland”
aus Wittenberg, vor Ort. Dieser erklärte den Anwesenden, wie es
innerhalb von drei Monaten möglich sei, die Stadt Plauen aus der
Bundesrepublik Deutschland zu lösen – bisher hat sich offensichtlich
niemand drum gekümmert. (Artikel Freie Presse)
März
- 8.-12.03. erste feministische Aktionswoche in Plauen – in mehreren Locations finden Veranstaltungen statt.
- 21.03. “Wir sind Deutschland” veranstaltet das zweite und bislang letzte “Plauener Spitzengespräch”.
- 27.03. Nazischmierereien in Falkenstein. Die Kleinstadt im Hinterland galt früher als Hochburg der Kameradschaft “RNJ” (Quelle: RAA Sachsen)
- 30.03. Nazis vom “III. Weg” verschicken Postkarten an Stadträt*Innen, die ihnen die Ausreise nahelegen. (Quelle: RAA Sachsen)
April
- 01.04.-03.04. „Time to Act“ – Antifaschistischer Jugendkongress in Chemnitz.
- Anfang April: Der neonazistische Ex-Unternehmer Thomas Lauter aus Plauen wechselt von der NPD zum “III. Weg” und wird somit bundesweit der erste Stadtrat des “III. Wegs”. Später dementiert er dies.
- 10.04. Erste und letzte Demo von WsD vom Dittrichplatz in die
Plauener Innenstadt. Das Datum (Jahrestag der Bombardierung Plauens) war
kein Zufall – während jedoch die Kameradschaftsnazis der RNJ
von 2011 bis 2013 maximal 150 Nazis zu ihren “Trauermärschen”
mobilisieren konnten, zog am 10.04. eine dubiose Mischung von 350 Nazis,
Verschwörungstheoretiker*Innen und rechten Rentner*Innen durch Plauen (Bericht vom sechel-blog)
- Ende April: Das nationalistische Bündnis “Wir sind Deutschland” gibt
bekannt, vorerst von Demos und Kundgebungen abzusehen, wahrscheinlich
auf Grund des Rückgangs der TeilnehmerInnenzahlen von mehreren 1000 auf
zuletzt nur noch etwa 100.
Mai
- 01.05. Im Rahmen der Gegenaktivitäten zum bundesweiten Neonaziaufmarsch des “III.
Wegs” konnte mit 1200 Menschen die größte Antifademo in der Geschichte
Plauens durch die Stadt ziehen. Leider das einzig positive an diesem Tag
– auf der Negativseite stehen randalierende Nazis und prügelnde Bullen.
- 17.05. “Rainbowflash” gegen Homo- und Transphobie mit etwa 40
Teilnehmer*Innen. Gerade in Plauen, Heimatstadt von Fundamentalist*Innen
wie Dieter Blechschmidt, ein wichtiges Thema (Artikel im sechel-blog)
Juni
- 24.06. Bundesweites Aktionswochenende der Kampagne “Nationalismus ist keine Alternative”. In Plauen veranstalten 20 Aktivist*Innen einen Flashmob und eine Sponti unter dem Motto “Tear Down Fortress Europe” (AGV berichtete)
Juli
- 08.07. Nazikundgebung des “III. Weg” gegen einen Moscheebau in Plauen.
- 21.07. David Köckert & “Thügida” demonstrieren auf einem menschenleeren Reichenbacher Marktplatz.
- 26.07. Nazis springen auf Debatte um vermeintlich steigende
Kriminalität auf und veranstalten eine “Mahnwache gegen
Ausländerterror”, die jedoch auf wenig Resonanz trifft.
- 27.07.
Rechtspopulist Ulrich Lupart wird Deutschlands erster AfD-Bürgermeister
im Dorf Reuth. Lupart ist immer wieder durch völkische und
nationalistische Reden, u.a. bei “Wir sind Deutschland”, aufgefallen.
Zuvor war Lupart jahrelang Mitglied der Splitterpartei “DSU”.
August
- 08.08. Tillich und de Maiziére besuchen Plauen. Nazis vom “III. Weg” und der “Heimatschutzbrigade” pöbeln am Rand, teils sichtlich betrunken.
- 13.08. Mehr als hundert Anarchist*Innen und Sympathisant*Innen feiern: fünf Jahre anarchistisches Terrassenfest!
- 20.08. Im Plauener Stadtteil Haselbrunn findet eine neonazistische Saalveranstaltung des “III. Weg” mit Nazikriegsverbrecher Klaus Grotjahn statt (AGV berichtete)
- 24.08. Nazis auf der Suche nach Themen: “III. Weg”-Kundgebung unter dem Motto “Kein Applaus für Tierquälerei” vor dem “Zirkus Probst” in Plauen.
- 27.08. In der Galerie Forum K findet ein Vortrag zur Situation geflüchteter Menschen in Griechenland statt.
September
-
04.09. Neonazis gründen die “BI Für unser Vogtland” und demonstrieren
erstmalig in Oelsnitz/Vogtl. mit ca. 50 überwiegend aus der rechten
Szene stammenden Personen. (AGV berichtete)
- 10.09. Reclaim the Provinz: Etwa 500 Menschen demonstrieren unter dem Motto “Antifa ist Landarbeit” in Gera, die AGV mobilisiert mit eigenem Redebeitrag
- 12.09. Michael Oheim, Gründungsmitglied der nationalistischen Gruppe
“Wir sind Deutschland”, tritt zurück. Ein Grund dafür dürfte der
anhaltende Bedeutungsrückgang von WsD gewesen sein – ein anderer
möglicherweise auch die nachgewiesene Zusammenarbeit von WsD-Angehörigen
mit Teilen der neonazistischen Partei “III. Weg”.
- 22.09. “Thügida” demonstriert mit einer Handvoll Nazis, darunter
David Köckert, Alexander Kurth und Thomas Lauter, im Plauener
Stadtzentrum. Es formiert sich spontaner Gegenprotest.
Oktober
-
03.10. In Freiberg und Pirna zeigen Aktivist*Innen per kritischer
Flyerverteilung und Transpiaktion, warum Deutschland kein Grund zum
Feiern ist. (AGV berichtete)
- 03.10. In Oberlungwitz (Hohenstein-Ernsthal) wurde an den vor 17 Jahren von Neonazis ermordeten Patrick T. erinnert. (AGV berichtete)
- 09.10. “Für unser Vogtland” veranstaltet Nazikundgebung in Auerbach.
Etwa 70 Nazis stehen 150 Gegendemonstrant*Innen gegenüber.
- Mitte Oktober: Nazikader des “III.
Wegs” kündigen, nach dem Vorbild der “Heimatschutzbrigade 1 Plauen”,
eine “nationale Streife” an. Diese wurde bis Jahresende mehrfach
durchgeführt, erstmals am 13.10. Der “III.
Weg” springt damit auf eine autoritär geführte Debatte um vermeintliche
“Kriminalitätsschwerpunkte” in der Plauener Innenstadt an, die vor allem
von der Tageszeitung “Freie Presse” geführt wurde. (Artikel der AGV)
- 22.10. III. Weg Infostand unter dem Motto “kriminelle Ausländer raus” auf dem Theaterplatz in Plauen
- 28.10. Eine öffentlichkeitswirksame Aktion in der Plauener
Innenstadt, bei der Kreideumrisse von Menschen auf dem Boden gezeichnet
werden, soll an die Opfer des NSU erinnern und weist auf die anstehende Demo in Zwickau hin. (AGV berichtete)
November
- 05.11. Eine antirassistische Demonstration mit ca. 500 Beteiligten zieht zum 5. Jahrestag der Selbstenttarnung des NSU durch Zwickau.
- 10.11. Zum ersten Mal findet im Lokal “By Dolly’s” in der Plauener
Innenstadt ein “WsD”-Stammtisch statt. Ebenso wie dem deutschen
Stammtisch im Allgemeinen wird auch Eigentümer Thomas Dolle eine Nähe
zur AfD nachgesagt.
- 13.11. Die neonazistische Bürgerinitiative
“Für unser Vogtland” trifft sich in Reichenbach. Etwa 50 Nazis sind
anwesend, darunter wieder einige Kader des “III. Wegs”. Der SPD-Ortsverband demonstriert dagegen.
Dezember
- 15.12. Im Vorfeld der Antifademo “Den III. Weg zerschlagen” informiert die AGV
im Internet, auf Flyern und per Pressemitteilung über rechte
Seilschaften in den Plauener Stadtteilen Haselbrunn und Preißelpöhl.
Eine Kneipe und ein Fußballverein zeigen sich wenig amüsiert – die
Debatte ist auf jeden Fall angestoßen!
- 17.12. Eine Antifaschistische Demonstration mit 130 Personen zieht unter dem Motto “Den III. Weg zerschlagen” durch den Plauener Stadtteil Haselbrunn. (AGV berichtete)