[MS] Glasbruch und Farbe - Angriff auf das Amtsgericht / Freiheit fuer Thunfisch und alle Anderen

Eingeschlagene Scheibe - Symbolbild
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Wir haben im Schutz der Nacht einige Scheiben des Foyers des Amtsgerichts in Muenster mit Pflastersteinen eingeschmissen und die Fassade mit Flaschen beworfen, die wir zuvor mit Farbe gefuellt haben. Wir haben der Institution, die damit bemueht ist Leute fuer widerstaendiges verhalten zu bestrafen, unsere Wut gebracht. Egal ob Hausbesetzer_innen, Ladendieb_innen oder Freifahrer_innen viele mussten schon die Tueren durchschreiten deren eingeschlagenen Scheiben  nun unsere unversoehnliche Botschaft verbreiten:

 

Wir waren hier - Mit uns gibt es keine soziale Befriedung!


Die Zahl der kleinen Gruppen muss so gross wie moeglich sein und jede von ihnen muss lernen schnell anzugreifen, zu verschwinden, ihre Kommunikationswege zu schuetzen und aufeinander aufzupassen. Die Cops koennen eine geordnete Demonstration von 1000 Leuten mit einer einzigen Hundertschaft niederschlagen waehrend eine einzelne Person oder Kleingruppe schwer zu besiegen ist wenn sie gut plant, ueberaschend zuschlaegt und auf mysterioese Art verschwindet. Die Polizei ist nahezu machtlos wenn die Stadt von derartigen Gruppen uebersaeht ist die ihre Umgebung gut kennen und ihre Ziele ins Visier nehmen. (abgeleitet vom Plakat: Gegen Faschismus und Bullenterror)


Wir senden Thunfisch, Aaron, Balu, Ali, Cem, Guelafeit, den Gefangenen vom Hambacher Forst und allen anderen Gefaehrt_innen in Haft unsere Gruesse. Uns erscheint es, dass im deutschsprachigen Raum immer mehr Gruppen militante Aktionen organisieren, die gegenseitigen Bezug aufeinander nehmen. Sei es nun zu aktueller Repression oder die Mobilisierung zum G20 Desaster. Es ist schoen zu wissen, dass es an vielen Orten Leute gibt, die dem Staat, der institutionalisierten Gewalt und den rassistischen und Patriarchalen Verhaeltnissen ihre Zaehne zeigen. Wir moegen uns nicht kennen und noch nie ueber den Weg gelaufen sein, dennoch haben wir das Gefuehl, dass bei jeder Meldung ueber den naechtlichen Ausnahmezustand unsere Herzen im Rhytmus schlagen.

 

Wir wuenschen euch alles Gute und lasst euch niemals erwischen !

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Was ist denn euer Ziel? Was verprecht ihr euch von den Aktionen?

Das Thunfisch oder andere Genossen frei kommen?

Und Strategisch?

Was machen denn die ganzen kleingruppen die schnell kommen und schnell weg sind?

Ich entdecke leider nicht das potential in den aktiionen die zur zeit in Münster laufen.

Auch die Organisierung in einzelnen kleinstgruppen die im Alltag möglichst unauffällig sind um Nachts

irgendwelche scheiben zu zerstören verspricht wenig für die Zukunft. Hat bei den RZ ja auch nicht besonder gut funktioniert.

 

Der Club der freien Menschen wird nicht entstehen wenn ihr oder wir irgendwelche scheiben kaputt hauen.

Dabei geht es mir nicht um eine Kritik an militanten aktionen.

Ich denke es braucht kollektive, offene organisierungsprozesse in denen die von euch beschworene kleingruppe aufgebrochen und überwunden wird.

Wer die von euch angesprochenen Strukturen überwinden oder zurückdrängen möchte und autonome zonen aufbauen will, braucht eine Basis. Dafür

müssen Inhalte vermittelt und öffentlich diskutiert werden; es muss in Beziehungen getreten werden. Das sehe ich hier gerade leider nicht. 

 

Passt dennoch gut auf euch auf!

...fuer deine solidarische und konstruktive Art der Kritik. Ich hab jetzt soviel dazu geschrieben weil ich den Eindruck hatte, dass sich das lohnt und das hoffentlich mehr als wir zwei lesen. Und ich mir natuerlich wuensche, dass sich mehr Gruppen bilden, die den naechtlichen Ausnahmezustand beschwoeren Und ich sehe einige Sachen anders als du.


1.  >>Was ist denn euer Ziel? Was verprecht ihr euch von den Aktionen? Das Thunfisch oder andere Genossen frei kommen? Und Strategisch?<<


Die allermeisten militanten Aktionen sind symbolhaft und auch so gemeint. Nur ganz wenige Aktionen ereichen ueberhaupt einen derartigen Grad der Zerstoerung, so dass der Betrieb einer Institution tatsaechlich eingestellt werden muss. Wenn am Gericht die Scheiben eingeschmissen werden  hat das fuer mich dennoch folgende Effekte:

1.1.: Der Ort wird markiert. Leute von ausserhalb aber auch Mitarbeiter_innen koennen sehen, dass hier Leute waren, die ein Problem mit den herrschenden Verhaeltnissen haben.

1.2.: Es entstand Sachschaden bei einer Scheissbehoerde. Vermutlich im niedrigen 5 Stelligem Bereich.

1.3.: Ueber militante Aktionen lassen sich sehr wohl Inhalte vermitteln bzw. koennen sich als Aufhaenger dafuer dienen, auch in die Durchschnittsbevoelkerung hinein (Beispiel weiter unten). Oder aber sie sind Aufhaenger fuer wichtige Diskussionen, wie die die wir gerade hier fueren.

1.4.: Sowas zu sehen ist fuer alle empowernd die z.B. unter dieser Institution leiden und jetzt sehen koennen, dass sie angreifbar ist. Selber eine  Behoerde, unter der Mensch leidet anzugreifen, befreit einen selbst von Ohnmacht. Klingt fuer manche Weltverbersserer_innen vllt. egoistisch ist aber garnicht zu unterschaetzen, vor Allem wenn sich Mensch keinen Stellvertreter_innen oder Kampagnenkaempfen verschrieben hat sondern es um Kaempfe fuer die eigene Freiheit geht.

1.5.: Viele militanten Aktionen finden ihre Nachahmer_innen und loesen Denkanstoesse in Bezug auf Aktionsformen aus. Auch bei Leuten, die sich bisher nur an nichtmilitanten Aktionen beteiligt haben. Beinahe jede_r Steinewerfer_in hat sich irgendwann mal in >>friedlichen<< Protesten befunden und hat die Ohnmacht, ausgeloest durch die Schweine in Uniformen, am eigenen Leib gespuert.

Insgesamt faellt mir zu deinem Punkt noch ein, dass ich nicht glaube, dass es einer einheitlichen wie auch immer gearteten Strategie der Anarchist_innen bedarf. Natuerlich glaube ich auch nicht, dass THunfisch frei kommt weil in Leipzig eine Bullenkarre fuer sie gebrannt hat. Dennoch ist jede dieser Aktionen ein Lichtblick fuer die Gefangen und ein Symbol dafuer, dass wir nicht einverstanden sind.

 

2.: >>Ich entdecke leider nicht das potential in den aktiionen die zur zeit in Münster laufen.<<


Von was fuer Aktionen redest du ? Es macht glaube ich viel mehr Sinn einzelne Aktionen herauszupicken und diese fuer sich alleinstehend zu diskutieren.Und von was fuer einem Potential in Bezug auf was sprichst du ? Das ist so eine grob formulierte These, dass ich mir hoechstens denken kann was du vllt. meinst. Aber trotzdem kurz dazu: Militante Aktionen wirken in die Bevoelkerung hinein und loesen dort nicht nur unbehagen aus. Bestes Beispiel: Vor einigen Monaten wurde das Metropolishochaus am Bahnhof mit Farbe beworfen. Noch bevor es ein Bekenner_innen schreiben gab, hat die lokale Zeitung verstanden worum es ging und dazu einen auch inhaltlichen Artikel verfasst. In den Kommentaren des Artikels fanden sich dann einige Buerger_innen fuer die das neue Spekulationsobjekt am Bahnhof ebenfalls ein Dorn im Auge ist  und die die Aktion begruessten. Besser kann es garnicht laufen und das widerlegt mitunter deine These. Und das war eben eine Aktion wo es eine geselschaftliche Debatte bereits gab an denen sich dann eine  autonome Gruppe beteiligt hat, was ueberwiegend begruesst wurde. Bei der Aktion am Amtsgericht ging es aber nicht darum in eine bereits existierende Debatte einzusteigen, sondern darum den eigenen Leuten Mut zu machen und den Schweinen die unser Leben versauen ans Bein zu pissen. Also zwei im Detail unterschiedliche Aktionen, die wie ich find beide ihre Existenzberechtigung haben aber unabhaengig von einander diskutiert werden muessen.

2.2.: Zu dem Punkt a la: Das bringt doch alles nix... Wenn wir jetzt alle politischen Bemuehungen daran messen ob sie einzeln fuer sich und sofort eine breite Veraenderung gebracht haben dann koennten wir mit Pfug und Recht sagen, dass wir nirgendwo irgendein Potenzial sehen. Manch einer mag daraus den Schluss ziehen auf die naechste Massenbewegung zu warten und solange bei der interventionistischen Linken die naechste koordinierte Kampagne zu planen. Andere legen eben jetzt einfach los und ueben sich in der dirketen Auseinandersetzung. Es ist auch naiv zu glauben, dass eine Vielzahl an Menschen  im Falle einer aufkommenden Massenbwegung, die auch dann noch zufaellig emanzipatorisch ist, auf einmal ohne irgendeine Militanzerfahrung zu haben sich gegen die Cops wehren koennten. Das ist so eine erwartungshaltung die mich wirklich stoert >>An sich wuerd ich mich ja gerne gegen die Cops wehren aber ich warte damit bis zu dem Tag an dem mir dabei sicher nix passiert und die ganze Bevoelkerung dahinter steht. Das ist dann auch genau der Tag an dem ich auf einmal das ganze Know/how fuer die Auseinandersetzung ploetzlich zugeschmissen bekomme. Alles andere ist blinder Aktionismus<<


3. >>Auch die Organisierung in einzelnen kleinstgruppen die im Alltag möglichst unauffällig sind um Nachts

irgendwelche scheiben zu zerstören verspricht wenig für die Zukunft. Hat bei den RZ ja auch nicht besonder gut funktioniert.<<


Den Vergleich finde ich unangebracht, da wir es wahrscheinlich mit voellig versch. Aktionsformen, Organisationsprinzipien und inhaltlichen Ausrichtungen zu tuen haben. Abgesehen davon hat dann auch von Blockupy ueber AABO ueber Fantifa uber MG nix funktioniert wenn wir das an unserer Utopie messen. Allgemein ist politischer Erfolg sehr schwer messbar. Und mich regt diese ganze deutsche Bewegungslinke richtig auf, die Erfolg immer in Teilnehmer_innenzahlen oder noch besser Facebook zusagen misst.

 

>> 4. Ich denke es braucht kollektive, offene organisierungsprozesse in denen die von euch beschworene kleingruppe aufgebrochen und überwunden wird. Wer die von euch angesprochenen Strukturen überwinden oder zurückdrängen möchte und autonome zonen aufbauen will, braucht eine Basis. Dafür müssen Inhalte vermittelt und öffentlich diskutiert werden; es muss in Beziehungen getreten werden. Das sehe ich hier gerade leider nicht. <<


Ich sehe das genauso, dass es kollektive und offene Organisierung braucht. Verstehe aber ueberhaupt nicht warum du, dass in Abgrenzung zu militanten Aktionen setzt. Ich wuerde auch voll gerne darauf eingehen jedoch sehe ich da kein Argument auf das ich mich beziehen kann. Vllt. schreibst du ja nochmal was dazu. Neben klirrenden Scheiben gibt es in unserer Stadt ja durchaus kollektive Prozesse wie z.B. einige Besetzungen in denen durchaus in Beziehung getreten wurde und die auch in den jeweiligen Vierteln und auch in den Koepfen etwas veraendert haben. Waehrend dieser Prozesse hat es auch mehrmals ordentlich geknallt z.B. auf der freiraumnachttanzdemo, bei der mehrere Karren ausbrannten und Scheiben von Luxusbauten eingeschmissen wurden. Und ich hatte durchaus den Eindruck, dass das auch von den Menschen im Viertel verstanden wurde und nicht die Beziehungen zu den anderen Organisierungen in Bezug auf Stadt von unten erschwert hat.

 

5. Passt dennoch gut auf euch auf!


Danke, dass du immerhin Respekt gibst. Das ist leider nicht selbstverstaendlich fuer Leute, die mit ihrem Arsch wahrscheinlich einigermassen im Trockenen sitzen und deren groesstes politisches Risiko es war einen Eintrag ins Fuehrungszeugnis zu bekommen. (Sorry, sollte nicht verletzend sein aber habe ich jetzt einfach mal geraten)

Die Frage ist doch eher was würden sie tuen wenn sie nicht Nachts Scheiben beim Gericht einschmeissen sondern den Club der freien Menschen aufmachen?

Wahrscheinlich mit 18-20 anfangen soziale Arbeit oder Politwissenschaft zu studieren, beim SDS oder der IL anheuern, irgendwann mit ende  20 Existenzaengste bekommen und ein kollektiv aufmachen um sich wirtschaftlich ueber Wasser zu halten, dabei saemtliche schmutzige Kompromisse eingehen um von Allen und Jeden gemocht zu werden (siehe: Existenzaengste / ueber Wasser halten), Stolz aufs Fahradfahren sein und sich irgendwann im Laufe der zeit dabei erwischen wie sie halb frustriert bei Indymedia militante Aktionen kommentieren.

Auch im französischsprachigen Raum schlagen jede Nacht autonome Gruppen zu. Dokumentiert z.B. hier (mit teils deutscher Übersetzung): https://attaque.noblogs.org/

 Westfälische Nachrichten: Steine und Farbe gegen Amtsgericht geworfen

interessant zu lesen...

Die Idee ist also Folgende:

- Es entstehen viele kleine autonome Gruppen, die "im Untergrund" agieren, anonym sind und immer wieder  "militante" Aktionen durch führt.

- Die Polizei ist verwirrt und kommt nicht hinterher: sie ist "nahezu machtlos"

- Aussenstehende (also Menschen, die nicht in einer autonomen Gruppe organisiert sind) bekommen durch die Aktionen mit, dass "hier Leute waren, die ein Problem mit den herrschenden Verhältnissen haben"

- Durch die Aktionen werden Inhalte vermittelt (In der WN etwa: "In den sozialen Medien bekennen sich Täter, anscheinend aus der linksautonomen Szene zu der Tat.") und Diskussionen angeregt

- Es geht darum sich von der Ohnmacht zu befreien (empowerment, vielleicht auch bischen egoistisch)

- es geht nicht darum viele zu sein: "Und mich regt diese ganze deutsche Bewegungslinke richtig auf, die Erfolg immer in Teilnehmer_innenzahlen oder noch besser Facebook zusagen misst" - sondern (wie ich vermute) möglichst viel kaputt zu machen, das dem Feind zugeschrieben wird.

- es braucht auch eine kollektive Organisierung (Bsp. Besetzungen), die in Beziehung treten und in den Köpfen in den Vierteln was verändern

- All jene, die sich nicht einer autonomen Gruppe anschliessen sind eigentlich opportunistisch und reaktionär: "Die Frage ist doch eher was würden sie tuen wenn sie nicht Nachts Scheiben..."

- jene, die sich einer Gruppe anschliessen sind hingegen heldenhafte Vorreiter (denn ihr Arsch sitzt nicht nur "im Trockenen")

 

Ich mir sind da ein paar Sachen noch nicht ganz klar...

- wie findet diesem Verständnis nach Gesellschaftveränderung statt? Sind die autonomen Gruppen "Rebellen", die für den Rest der Menschen den Staat besiegen und dann eine freie Gesellschaft aufbauen? Oder sollen sich alle Menschen autonomen Gruppen anschliessen?

- Wie sollen andere Bereiche der Gesellschaft organisiert werden, wenn die Gruppen nur mysteriös und untergründig sind?

- Wo liegt nach diesem Verstädnis die Macht (also das Gegenteil von Ohnmacht)? Wie kann Macht aufgebaut und nachhaltig gesichert werden?

- Wie werden die Beziehungen zu den Menschen (Wie sie bei den Besetzungen entstanden sollen sein) aufrechtgehalten? Was ist dabei das Ziel? Geht es darum, dass diese sich auch autonomen Gruppen anschliessen?

- Was ist mit jenen Menschen, die sich nicht autonomen Gruppen anschliessen und Scheiben einschmeissen können (aus verschiedensten Gründen,  die wohl auf der Handliegen)?

- Auf welche Traditonslinien und andere Kämpfe wird sich bezogen? Welche Schlüsse werden aus deren Erfahrungen gezogen? Wie ist das Verhältnis zu anderen Aktivist*innen, Kämpfer*innen, Bewegungen?

 

Ich bin sehr gespannt auf ein paar Antworten....

Insgesamt muss ich nämlich zugeben, dass bei mir das Bild von einer organisierungsfeindlichen Gruppe von Menschen entstanden ist, die sich selbstgerecht abgrenzen, aufgrund von einer angenommenen moralischen Überlegenheit. Sie hofft - Isoliert von der Basis, eine Opferhaltung einnehmend (Ohnmacht etc.) und stets aggressiv, verurteilend - ohne jegliche Strategie durch mysteriöse Aktionen die Gesellschaft vom Rand aus zu revolutionieren.

 

Ich lasse mich da gerne von etwas anderem Überzeugen

Freiheit für Thunfisch

In Köln wurden Transparente und Graffiti in Solidarität mit unserer Komplizin Thunfisch angebracht.