Linkspartei konfrontieren - kritisch fragen - Querfront benennen

Wagenknecht konfrontieren

Und zwar morgen, 19:00 im Museum der Arbeit bei der Veranstaltung

===== EU am Abgrund? Veranstaltung mit Sahra Wagenknecht am 13.12.2016  ====

 

"Krisen ohne Ende. Viele Menschen fragen sich: Zerbricht die EU? Das politische Establishment erntet Wut. Rechtspopulisten eilen von Wahlerfolg zu Wahlerfolg, obwohl sie Renten kürzen und die Super-Reichen weiter beschenken wollen. Was sind die Ursachen dieser Entwicklung und welche Alternativen sind nötig ?"

 

Wir fragen uns lieber: Zerbrechen grundlegende linke politische Forderungen an einer Spitzenkandidatin, die sich nach rechts nicht abgrenzt, kriegerische Handlungen eines russischen Imperialismus totschweigt und Trump nur halb so wild findet?

 

Es gibt so einige Fragen.

Auf Wagenknechts facebook-Seite wimmelt es vor bewundernden Kommentaren, die ihr sinngemäß mitteilen "Du bist die richtige, nur die LINKE kann ich nicht wählen / Bis auf die Flüchtlingspolitik macht die LINKE alles richtig / Wann gebt ihr euren Widerstand gegen die AfD auf, zusammen wärt ihr die besten" – gibt ihr das zu denken? Es scheint einfach nicht so, es gibt nur halbherzige Antworten darauf. Das Interview mit Frauke Petry hat auch nicht dazu beigetragen ihr glauben zu können, dass sie sich von der AfD entschieden abgrenzen will.

 

Völlig daneben ist auch die Haltung, als Vertreterin einer dezidierten Friedenspartei die Kritik an russischer Expansionspolitik nicht deutlich zu äußern. Während die CDU sich fragt (natürlich aus den falschen Gründen) wo der Aufschrei der deutschen Friedensbewegung angesichts der Ermordung Tausender Zivilist_innen in Syrien bleibe, spricht das Schweigen der LINKEN Bände. Das ganze Thema russisch beförderter Separatismus in der Ukraine ist ein ziemlicher Krampf mit doppelten Standards, die durch nichts zu rechtfertigen sind. (auch ein Hamburger LINKER Abgeordneter entblödet sich nicht, bei Reisen in die „freien Volksrepubliken“ als sonst so redefreudiger Menschenrechtsexperte mal ein paar Augen zuzudrücken über die menschenrechtliche Situation dort).

Russische hybride Kriegsführung? Manipulation der Öffentlichkeit mit Eingriffen in den Wahlkampf und Soziale Netzwerke? Kein Thema, Frau Wagenknecht spricht gerne und ausführlich mit Russia Today.

 

"Viele haben Trump gewählt, weil sie dieses Weiter-so abwählen wollten" - Wagenknecht kann Wutbürger_innen, ob hier oder in den USA, stets gut verstehen. Völlig unter den Tisch fällt bei ihr eine Benennung von Rassismus als einem wesentlichen gesellschaftlichen Machtinstrument. Es entsteht der Eindruck, AfD-Sympathisant_innen sollen so wie sie sind zur LINKEN abgeworben werden, dürfen ihre menschenfeindlichen Positionen gern mitbringen.

Alles dreht sich bei ihr um Kapitalismuskritik. Diese fällt bei ihr sehr überzeugend aus, doch eine linke gesellschaftliche Analyse besteht aus mehr als Renten, Steuern, Banken und Reichenkritik. Deutlich mehr!

 

Wagenknecht ist diejenige, die sich für "Ausbildungsplätze erst für Deutsche" ausgesprochen hat, von Gastrecht verwirkt und Obergrenzen spricht. Da hat auch eine Torte nichts dran geändert. Als Linke können wir das nicht hinnehmen und müssen daher die Fraktionsvorsitzende und ihre Sympathisant_innen kritisieren. Menschen, die wie Trump argumentieren, seine Wirtschaftpolitik loben; die den Rassismus, Antifeminismus, Neoliberalismus von AfD-Anhänger_innen gutheißen und ständig deren Wut und Ärger als „berechtigt“ "ernst nehmen" dürfen keine politische Macht ausüben, sie müssen verhindert werden!

 

Parteipolitik? Geht mich nichts an! -Wirklich nicht? Doch!

Es gibt Menschen in diesem Land für die ist eine anti-rassistische linke Partei wichtig, viele von ihnen sind auf linke parlamentarische Politik angewiesen, wenn es beispielsweise um Abschiebungen oder demokratische Teilhabe geht. Wenn wir uns solidarisch zeigen wollen mit Menschen, die in Deutschland keine oder kaum Rechte haben, so müssen wir reaktionäre, populistische Strömungen auch in Parteien bekämpfen.

Wir dürfen diesen Menschen nicht das Signal aussenden, eine Wagenknecht sei in Ordnung, wir dürfen sie, anders als ihre Partei, nicht hinnehmen, nicht wählen.

 

Außerdem: für nicht wenige von uns, die bisher wählen gingen und/oder diesmal zur Wahl gehen würden, stellt sich die Frage nach der Wählbarkeit dieser Partei. Wir müssen uns vor Augen führen, dass die Nazis von der AfD mit großer Stärke in den Bundestag einziehen werden. Damit wird sich die gesamte Politik weiter nach rechts bewegen und die Haltung der LINKEN in der Opposition – um so mehr als Koalitionärin, sollte es zu rot-rot-grün kommen - von nicht geringer Bedeutung. Die Frage ist ja: Kann ich die eigentlich noch/wieder/ zum ersten Mal wählen?

 

Und auch die, die nicht wählen gehen: Jede/r Vertreter/in von Querfrontquatsch und Putinversteherei gehört kritisiert. Jede aufgrund von wahltaktischen Überlegungen unterdrückte interne Diskussion einer linken Partei ist Heuchelei und muß aufgedeckt werden.

 

Auch Parteimitglieder sind angesprochen: Partei Die LINKE, du hast diese Spitzenkandidatin gewählt? Ist das dein Ernst? Parteibasis und alle Verantwortlichen sollten wissen, dass Wähler_innenstimmen auf der Kippe stehen, wenn Wagenknecht das unbestrittene Aushängeschild dieser Partei im Wahlkampf ist.

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"Menschen, die wie Trump argumentieren, seine Wirtschaftpolitik loben; die den Rassismus, Antifeminismus, Neoliberalismus von AfD-Anhänger_innen gutheißen und ständig deren Wut und Ärger als „berechtigt“ "ernst nehmen" dürfen keine politische Macht ausüben, sie müssen verhindert werden!"

 

Ist leider zu einfach, besonders, was die AfD-AnhängerInnen betrifft. Sie nicht ernst zu nehmen, sondern im Gegenteil sie zu ignorieren zu versuchen oder als Dummköpfe und Idioten abzukanzeln, anstatt sich mit ihrer Motivation auseinanderzusetzen, warum sie zur AfD laufen, (ggf. von linken Parteien überlaufen), geht nach hinten los. Die AfD-WählerInnen sind ja trotzdem da mit ihrem ganzen Frust und was weiß ich welchen Motiven.

 

Das soll jetzt nicht heißen, daß man sich an "rechts" anbiedern muß, und es hat jetzt mit der Person Wagenknecht erst mal gar nix tzu tun...

 

Und Putinversteherei: Zu verstehen, wie Putin bzw. das System dort tickt ist wichtig. Das ist zum Donnerdrummel nochmal nicht gleich automatisch mit "Putin toll finden" identisch.

und genau darum gehts. eine inhaltliche kritik an dem was wagenknecht sagt und für politik macht. denn das hat ganz konkrete auswirkungen.

 

und wenns dir hier garnicht um die diskussion zu ihren positionen geht, was philosophierst du dann hier rum?

 

solidarität muß praktisch werden.

Es geht um Parteipolitik, nicht nur um die Wagenknecht. Im Originalbeitrag wird auf "Putinverstehern" rumgehackt, und dazu hab ich mir erlaubt, eine abweichende Position zu haben.

Alles gut und schön mit dem vorgehen gegen populistischen quatsch.

Die hier aber von einer angeblich "antinationalistischen" position heraus gegen andere in die.linke vorgehen sind selbst parteileute die sich nur ihre derzeitigen und zukünftigen posten sichern und ausweiten wollen.

gabs und gibs alles immer wieder... und dabei sollen dann wir, die außerparlamentarische und autonome bewegung mit involviert werden, um parteiengeschiebe auszutragen.

Nee danke, die von der angeblichen "basis" von die.linke sollten sich mal eher lieber glaubhaft an den kämpfen der täglich aktiven linken und linksradikalen bewegung beteiligen ohne ständigen blick in die kamera und auf den posten. alles andere hat mit kampf gegen die herrschenden verhältnisse nix zu tun und ist nur herumgeschiebe um den eigenen posten, um den eigenen status quo, ums cash...

Euch gehts nicht um "Querfront" sondern darum das die Linkspartei die Dogmen der EU und Nato ablehnt !

Nun, wir werden auch da sein !

das wagenknecht ist schon lange keine linke mehr, genau so wie mahler, damage, elsässer und konsorten vor ihr schon nach rechts abmarschiert sind.

über die geknechteten nichtlinken:

 

Vorwärts nimmer!“ …

29.11.2016 16:30

„Die Faschisierung der Gesellschaft, rechte Linke und Sahra Wagenknecht, die wirkmächtigste Vertreterin linksnationalistischer Tendenzen hierzulande.

Eine Intervention von Peter Bierl

Die Auseinandersetzung zwischen rassistischem Nationalismus und neoliberalem Standortnationalismus dominiert die politische Bühne. Neoliberale wissen, dass nationale Märkte längst zu klein sind. Sie favorisieren Freihandel, Freizügigkeit für das Kapital, eine begrenzte Zuwanderung von Arbeitskräften und in Europa die EU und den Euro. Nationalisten fürchten um die Souveränität des Staates und die Unbeflecktheit des reinen Volkskörpers. Sie setzen auf Abschottung und agitieren gegen Überfremdung, Globalisierung und das internationale Finanzkapital, wenn sie nicht offen von der jüdischen Weltherrschaft sprechen wollen. Solche Frontstellungen präg(t)en die Brexit-Kampagne, die Flüchtlingsdebatte, die Präsidentschaftswahlkämpfe in Österreich und den USA und demnächst in Frankreich. An dieser Bipolarität richten sich die politischen Kräfte aus, in der Linken in Gestalt eines national-sozialen Flügels. In Deutschland ist Sahra Wagenknecht dessen Anführerin.

Dabei gibt es zwischen Neoliberalen und Nationalisten durchaus Schnittmengen. Beide wollen maximale Profite für heimische Unternehmen und mehr Macht für das eigene Land in der internationalen Staatenkonkurrenz. Auch Neoliberale setzen auf einen starken Staat und nationalistische Ideologie. Letztere entspricht dem Bewusstsein der Bevölkerung, wird als normal und selbstverständlich empfunden. Alle sind sich einig, dass faule Südländer hiesige Steuergelder verprassen. Nationalisten knüpfen am Wohlstandchauvinismus der gesellschaftlichen Mitte an.

Die staatstragende Linke hat dem nichts entgegenzusetzen. Sie ordnet sich ein und unter. Die Sozialdemokratie lief schon in den achtziger Jahren zum Neoliberalismus über, programmatischer Höhepunkt war das Schröder-Blair-Papier. Ein großer Teil ihrer proletarischen Basis enthält sich inzwischen bei Wahlen der Stimme oder votiert für die Rassisten. AfD, FPÖ und Front National heißen die neuen Parteien der weißen Arbeiterklasse.

Die globalisierungskritische Bewegung und diverse Linksparteien könnten die Leerstelle füllen, die die Sozialdemokratie hinterlassen hat. Ihre intellektuellen Stars – Joseph Stieglitz, Paul Krugman oder Thomas Piketty – fordern eine Reformpolitik mit Bankenaufsicht, Konjunkturprogrammen und höheren Steuern für die Reichen. Das soll uns ein hohes Wirtschaftswachstum bescheren, wie in den „dreißig goldenen Jahren“ nach dem Zweiten Weltkrieg. Dann gäbe es wieder mehr zu verteilen, und die Gemüter könnten sich beruhigen.

Ökologische Aspekte spielen dabei so wenig eine Rolle wie die Frage, warum der Traum vom sozial gezähmten Kapitalismus in den siebziger Jahren scheiterte, als die Profite schrumpften, das Wirtschaftswachstum ausblieb und dafür Erwerbslosigkeit und Inflation stiegen. Statt dessen wird Schwarzmalerei betrieben, aufgeklärte Keynesianer gegen tumbe Neoliberale. Tatsächlich kombinieren Regierungen gegenwärtig Methoden beider Schulen. So diktiert die Merkel-Regierung brutale Sparprogramme für Südeuropa und beglückt die heimische Wählerschaft mit Konjunkturprogrammen wie der Abwrackprämie.

Die entscheidende Frage ist, ob und von wem eine neue Sozialdemokratie, wie sie sich seit einigen Jahren herausbildet, gebraucht wird. Als Franklin D. Roosevelt den New Deal ausrief, existierte in den USA eine militante Arbeiterbewegung, die Betriebe und ganze Städte besetzen konnte. Die Sowjetunion schien für oberflächliche Beobachter dank Planwirtschaft auf Erfolgskurs. Vor diesem Hintergrund warnte John M. Keynes die Bourgeoisie vor der Alternative Reform oder Revolution. Sein konservativer Kollege Joseph Schumpeter fürchtete noch nach dem Zweiten Weltkrieg, dem Kapitalismus könnte das letzte Stündlein geschlagen haben. Heute ist die radikale Linke marginal, darum hat die reformistische Linke wenig Spielraum. So muss Syriza anstelle der Konservativen die Verelendung der griechischen Bevölkerung durchprügeln und der lateinamerikanische „Sozialismus des 21. Jahrhunderts“ scheint am Ende, seit die Rohstoffpreise sanken.

Zu befürchten ist, dass die neue sozialdemokratische Linke deshalb auf nationalistische Konzepte einschwenkt. Ansätze dafür gibt es genug. Die Globalisierungskritik bezog sich von Anfang an positiv auf den Nationalstaat, auf die Völker der Welt, ihre Sitten und Gebräuche. Kulturelle Vielfalt sei vor globaler Monokultur zu retten, heißt es in Erklärungen der Weltsozialforen, als hätte Alain de Benoist, Vordenker der Neuen Rechten in Frankreich, die Feder geführt. Den künftigen US-Präsidenten Donald Trump müssten TTIP-Gegner als Hoffnungsträger feiern, weil er im Unterschied zu Hillary Clinton, der Favoritin der Neoliberalen, Freihandelsabkommen ablehnt.

Notorisch sind in der Linken weltweit ein als Antizionismus camouflierter Antisemitismus sowie das Paktieren mit dem islamischen Faschismus im Namen des Antiimperialismus. Ein besonders abschreckendes Beispiel ist das Institut für sozial-ökologische Wirtschaftsforschung in München, das zum DKP-Umfeld gehört. Die Reaktionen auf den Mord an den Redakteuren von Charlie Hebdo wurden dort als hysterisch und islamfeindlich abgetan. Eine Stellungnahme zu den Terroranschlägen in Paris im November 2015 begann mit dem Verweis auf Lord Rothschild als Profiteur von Kriegen. Im gleichen Monat gab das Institut zum 25jährigen Bestehen eine Broschüre heraus, in der sich Werner Rügemer vom wissenschaftlichen Beirat von Attac über eine transnationale Kapitalistenklasse (TCC, Transnational Capitalist Class) ausließ. Diese stelle „eine wettbewerbsfeindliche globale Kapitalmacht“ dar, operiere im Verborgenen und sei für Kriege und Umstürze verantwortlich.

Wirkmächtigste Vertreterin linksnationalistischer Tendenzen ist hierzulande Sahra Wagenknecht. In Talkshows klingt die Fraktionsvorsitzende der Linken im Bundestag manchmal wie die Stimme der Vernunft. Etwa wenn sie demographischen Hokuspokus zerpflückt und erklärt, dass die Höhe der Rente eine Frage der gesellschaftlichen Produktivität und Verteilung ist und nicht sinken muss, weil mehr Menschen älter werden. Ideologisch ist sie jedoch nach rechts gerückt und sich dabei treu geblieben.

Schon 1994 hatte sie Walter Ulbricht gerühmt, weil der Markt und Plan kombiniert und Leistung gefordert habe. Schlecht kam Erich Honecker weg, in ihren Augen hat er die DDR zugrunde gerichtet. Unter seiner Ägide hätten Faule wie Fleißige „opulente Sozialgaben“ genossen, kritisierte Wagenknecht. Ein Jahr später richtete die Galionsfigur der Kommunistischen Plattform zusammen mit anderen Verfechtern einer sozialistischen Marktwirtschaft einen Antrag an den PDS-Parteitag, in dem vorgeschlagen wurde, „neue Unternehmensformen“ zu fördern. Beklagt wurde die sinkende Innovationskraft der deutschen Wirtschaft und dass der Staat sich „aus seiner Verantwortung für die soziale Sicherheit der Bürger“ stehle.

Bereits in solchen Sätzen war die Affinität zu Staat, Kapital und Leistungsethik unverkennbar. Den Übergang zu reaktionären Vorstellungen markiert ihr Werk Freiheit statt Kapitalismus (2011). Um ihr Image als Kommunistin loszuwerden, kündigte sie darin einen „positiven Gegenentwurf“ an, den sie „kreativen Sozialismus“ taufte. Leistung, Wettbewerb und „echte Unternehmer“ sollten gefördert werden.

Garniert ist dieser Ansatz mit allerlei Ressentiments, wie bereits der Titel ihres neuen Buches Reichtum ohne Gier (2016) zeigt, als wäre Gier, ein moralisches Fehlverhalten, die Ursache für den gegenwärtigen Reichtum und die Spaltung der Gesellschaft und nicht die Struktur und Dynamik des Kapitals. Von Piketty übernimmt sie das Lamento über leistungslose Einkommen, reiche Erben und einen vermeintlich neuen Geldadel. Solange die gesellschaftliche Produktivität niedrig und der Mangel unausweichlich war, mochte es angehen, reiche Müßiggänger wie Marie Antoinette anzuprangern. Heute werden damit Vorurteile geschürt, die sich gegen alle richten, die nicht arbeiten können oder sich dem Leistungsregime verweigern, gegen Kranke, Behinderte, Erwerbslose und Sozialhilfeempfänger. Bezeichnend ist, dass Wagenknecht von „Faulbären“ schreibt. Mit dem anarchistischen Klassiker und Antisemiten Pierre-Joseph Proudhon verteidigt sie das Recht auf Eigentum, sofern es durch eigene Arbeit erworben sei.

Die EU geißelt Wagenknecht als von Konzernlobbyisten gesteuerten „Technokratensumpf“. Eine „arrogante EU-Kommission“ mische sich in „staatliche Souveränitätsrechte“ ein, der Chef der Europäischen Zentralbank (EZB) regiere „selbstherrlich in die einzelnen Länder“ hinein. Im Krisenfall würden Nationalstaaten von einer „Technokratengang“ aus EU-Kommission, EZB und Internationalem Währungsfonds (IWF) „entmündigt“. Das sind Märchen: In der Griechenland-Krise kam das Diktat aus Berlin, während IWF und EZB die deutsche Sparpolitik aus systemimmanenten Gründen skeptisch beurteilen. Denn ein solcher Sparkurs hatte schon 1929 dazu beigetragen, die Depression zu vertiefen.

Wagenknecht hält die EU nicht für demokratisch reformierbar. Das könnte man als Absage an linke Illusionen durchgehen lassen. Ihre Alternative ist aber nicht mehr die sozialistische Weltrepublik, sondern der Nationalstaat, der mit starker Hand eine weitgehend autarke Wirtschaft lenken soll. Auf europäischer Ebene würde eine „Abstimmung zwischen gewählten Regierungen“ genügen. Solche Forderungen sind Nebelkerzen, denn genau das findet dauernd statt: Wichtige Entscheidungen fallen auf Treffen der Regierungschefs oder Ressortminister. Die EU ist weder eine Verschwörung gegen die nationale Demokratie, wie Wagenknecht suggeriert, noch ein Bundesstaat wie die USA, sondern ein Bündnis konkurrierender Staaten. Jeder erhofft sich Vorteile, die Größeren geben den Ton an, Deutschland ist die Hegemonialmacht. Davon aber ist bei Wagenknecht keine Rede.

Auffallend ist überhaupt, dass sie das deutsche Agieren gerne ausblendet. Ihre zentrale These lautet, der Kapitalismus zerstöre die Marktwirtschaft. Neoliberale Politik habe keine neuen Märkte geschaffen, sondern öffentliche durch private Monopole ersetzt. Besonders dafür anfällig seien Branchen, in denen die Technik ein Monopol erheische, also Eisenbahn, Stromversorgung oder digitale Datennetze. Tatsächlich konkurrieren heute jedoch allerlei private Unternehmen um neue Märkte, die früher der Kapitalverwertung entzogen waren, im Gesundheits- und Pflegebereich sowie bei der Alters- und Krankenversicherung. Für einiges Aufsehen sorgte die Privatisierung von Wasserwerken und Wohnungsgenossenschaften. Inzwischen verlegen und betreiben Unternehmen Glasfaserleitungen, lassen Züge rollen und bieten Strom an, auch wenn Gleise und Leitungen der Bahn AG oder Eon gehören.

Solche Tendenzen ignoriert Wagenknecht. Stattdessen fabuliert sie über einen „Wirtschaftsfeudalismus“, den es zu überwinden gelte. „Märkte darf man nicht abschaffen, im Gegenteil, man muss sie vor dem Kapitalismus retten“, fordert sie. Der verquere Gedanke, Kapitalismus und Marktwirtschaft seien grundverschiedene Wirtschaftsweisen, ist in Teilen der Linken durchaus populär. Wagenknecht nennt es „Dritter Weg“. Das ist ein Begriff, den sie selbst einst mit Recht als reaktionären Unfug abqualifizierte. Die Vorstellung einer Marktwirtschaft als drittem Weg zwischen Kapitalismus und Kommunismus geht auf völkische Antisemiten des Kaiserreichs zurück. Die Parole erfreute sich großer Beliebtheit bei den Nationalsozialisten. Später verwandten manche Sozialdemokraten den Begriff, um eine Reformpolitik zu markieren. Das Ziel war stets ein staatlich regulierter Kapitalismus, in dem lohnabhängige Volksgenossen einen „gerechten“ Anteil des Erwirtschafteten bekommen sollten. Den Begriff des Dritten Weges nutzen Neonazis heute sogar als Parteinamen.

Die Botschaft lautet: Bereichert Euch. Als Fallbeispiel erfindet Wagenknecht einen „Guido Cleverle“, der kein Faulbär ist, sondern eine Kneipe aufmacht und bald vier Lohnabhängige ausbeutet, einen Koch und drei Kellner. Sein Gewinn sei gerechtfertigt, weil er das Risiko selber trage, anders als die Hypo Real Estate, bei der der Staat einspringt, wenn die Pleite droht.

Kapitalismus ist Marktwirtschaft unter modernen industriellen Bedingungen. Dazu gehören unvermeidlich Zentralisation und Konzentration von Kapital, Konzerne und Banken, Oligopole und Monopole. Warum dies so ist, hat Marx so erklärt: Der Konkurrenzkampf wird über den Preis der Waren geführt, damit ist die Produktivität der entscheidende Faktor, die wiederum von der Stufenleiter der Produktion abhängt. „Die größeren Kapitale schlagen daher die kleineren“, schrieb Marx. Kleinere Kapitale mögen in Nischen ausweichen, aber die Konkurrenz holt sie ein. „Sie endet stets mit Untergang vieler kleinerer Kapitalisten, deren Kapitale teils in die Hände des Siegers übergehen, teils untergehen.“

Würden Wagenknecht und andere Globalisierungskritiker weiterlesen, ginge ihnen vielleicht noch ein Licht auf. Im Verlauf dieses Prozesses, so Marx, entsteht als „ganz neue Macht“ ein Kreditwesen, das aus bescheidenen Anfängen zum „ungeheuren sozialen Mechanismus“ der Zentralisierung wird. Denn in dem Maße, wie sich Produktion und Akkumulation entwickeln, „entwickeln sich Konkurrenz und Kredit“. Die Finanzsphäre ist organischer Teil des Kapitalismus, kein von Vampiren bevölkertes Paralleluniversum.

Die Marxsche Theorie weist Wagenknecht jedoch zurück. Ihrer Ansicht nach resultiert Profit nicht aus der Ausbeutung menschlicher Arbeitskraft, sondern aus der Monopolstellung großer Konzerne. Die aktuellen Produktionsverhältnisse spielen für sie keine Rolle, die Arbeiterklasse, das wachsende Heer von Prekären, sind nicht ihre Adressaten, sondern der Mittelstand. Das unterscheidet sie von dem britischen „Postkapitalisten“ Paul Mason, der ebenfalls auf den Nationalstaat setzt und einen linken Brexit befürwortete, um die Reste der britischen Industrie und damit des Industrieproletariats durch Zollmauern zu schützen.

Wagenknecht beruft sich auf Adam Smith und Josef Schumpeter, Fernand Braudel und Karl Polanyi sowie die Freiburger Ordoliberalen. Was die Monopolprofite betrifft, hätte sie auch Lenin zitieren können. In seiner berühmten Schrift über den Imperialismus behauptete Lenin, der Kapitalismus basiere nicht mehr auf der Produktion und Aneignung von Mehrwert, sondern auf Wucher und Erpressung durch Finanzmagnaten und Monopolisten.

Als staatstragende Berufspolitikerin nimmt Wagenknecht lieber Ludwig Erhard in Beschlag als Lenin. Sie beutet einen Mythos aus. Der „Vater des Wirtschaftswunders“ widmete sich unter dem Label Soziale Marktwirtschaft der Restauration, weil der Kapitalismus durch Wirtschaftskrisen und Weltkriege diskreditiert war. Dabei war Erhard ein beinharter Neoliberaler. Die Verelendung etwa der Rentner war ihm ziemlich egal. Die dynamische Rente setzte Bundeskanzler Adenauer aus Wahlkampfgründen durch und gewann 1957 die absolute Mehrheit. Die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall und den freien Samstag mussten die Gewerkschaften in langen Streiks durchsetzen. Obendrein hintertrieb Erhard die Rückerstattung arisierten Eigentums.

Die zentrale Vorstellung der Freiburger Ordoliberalen, auf die Wagenknecht zurückgreift, eine Dekartellierung der Industrie, konnte Erhard nicht verwirklichen. Die Kartellgesetzgebung sei „zahnlos“ geblieben, bis die EG eingriff, urteilt der Wirtschaftshistoriker Werner Abelshauser. Das passt so gar nicht in Wagenknechts Bild vom „Brüsseler Lobbyistenclub“.

Aber es geht nicht anders. Denn Wagenknechts Modell einer antimonopolistischen, krisenfreien und vom Weltmarkt abgeschotteten Marktwirtschaft aus mittelständischen Unternehmen und regionalen Banken ist ein Wolkenkuckucksheim. Wagenknechts aktuelle Vision wie auch ihre frühere Schwärmerei für die Ulbrichtsche DDR als Weg zum „Wohlstand für alle“ stehen in der Tradition jenes geschlossenen Handelsstaates, den Johann Gottlieb Fichte Anno 1800 der preußischen Obrigkeit empfahl.

Wagenknechts Tiraden gegen die EU gipfeln im Bekenntnis zum homogenen Volk als Träger wahrer Demokratie. Bei der Spitzenpolitikerin der Linkspartei klingt das so: „Je größer, inhomogener und unübersichtlicher eine politische Einheit ist, desto weniger funktioniert das. Kommen dann noch Unterschiede in Sprachen und Kultur hinzu, ist es ein aussichtsloses Unterfangen. Demokratie und Sozialstaat wurden aus gutem Grund im Rahmen einzelner Nationalstaaten erkämpft, und sie verschwinden mit dem Machtverlust ihrer Parlamente und Regierungen.“

Bürgerliche Demokratien wie Belgien, die Schweiz und die USA dürfte es demnach nicht geben. Mit der Existenz größerer Gruppen von Migranten anderer Sprache und Kultur wäre Demokratie unvereinbar. Mit solchen Ansichten schließen Linke im Kampf gegen das neoliberale Establishment zur Rechten auf. Der CSU-Rechtsaußen Peter Gauweiler lobt Wagenknechts Bücher mit gutem Grund. Ihre Auslassungen über Flüchtlinge und ihre Kritik der Merkelschen Flüchtlingspolitik sind mehr als der taktische Versuch, rechte Dumpfbacken abzuholen.“

 

Quelle: http://www.konkret-magazin.de/aktuelles/aus-aktuellem-anlass/aus-aktuell...

 

no gods - no masters!

boah....an meine*n vorposter*in...kannste nicht einfach den link rein hauen, anstatt so nen langen text dort abkopieren?

 

hier ist auch sehr amüsant:

http://gewantifa.blogsport.eu/das-gift-des-nationalismus-wirkt-es-geht-n...