Hausbesetzung der Wielandshöhe in Tübingen erfolgreich. Das war nur der Anfang - nicht das Ende.

Freelandshöhe Wielandshöhe Besetzung

PRESSEMITTEILUNG vom Sonntag, 30.10.2016

+++ Hausbesetzung der Wielandshöhe in Tübingen erfolgreich +++ breite Debatte über Leerstand und teure Mieten +++ VertreterInnen der Diakonieschwesternschaft wollen das Haus sozialem Zweck zuführen +++ demnächst Pressekonferenz zur weiteren Entwicklung +++

 

Vor drei Tagen hat die Besetzung des seit einem halben Jahr leerstehenden Hauses Wielandshöhe auf dem Tübinger Österberg begonnen. In diesen drei Tagen wurde das Haus nicht nur von einigen Dutzend Menschen bewohnt, sondern auch für inhaltliche und kulturelle Veranstaltungen geöffnet.


Einige Hundert TübingerInnen haben das in bewohnbarem Zustand befindliche Gebäude besichtigt und sich Gedanken über eine andere Nutzung – jenseits von Leerstand oder teurem Verkauf auf dem Immobilienmarkt – gemacht: Ideen wurden gesponnen, Träume sind entstanden, Verabredungen wurden getroffen. Nicht nur für dieses leerstehende Haus.

In diesen drei Tagen Hausbesetzung wurde in zahlreichen Zeitungs-, Radio- und Fensehbeiträgen, lokal wie überregional, auf die Situation steigender Mieten bei gleichzeitigem Leerstand von mindestens 150 Häusern in Tübingen hingewiesen.

Bereits ein Tag Hausbesetzung hat ausgereicht, um die Eigentümerin, die Diakonieschwesternschaft Herrenberg-Korntal, zu Gesprächen zu bewegen. Dabei haben die vorstehende Oberin Heidrun Kopp und Bruder Michael Köhler den BesetzerInnen und Vertretern der Stadtverwaltung gegenüber ihr persönliches Interesse ausgedrückt, das Haus einem sozialverträglichen Zweck zuzuführen. In den kommenden zwei Wochen wollen sie sich in den Gremien der Diakonieschwesternschaft dafür einsetzen, dass es zu einem entsprechenden Beschluss kommt. Dies bedeutet, dass das Haus nun nicht zum Höchstpreis am Markt verkauft wird, sondern soziale Initiativen berücksichtigt werden.

Deshalb bewerten wir die Besetzung als großen Erfolg.

Wir haben unsere Ziele erreicht: Erstens, die Wohnraumsituation in Tübingen in die öffentliche Diskussion zu bringen. Zweitens, beispielhaft für 150 andere leerstehende Häuser die Diakonieschwesternschaft in der Frage um das Haus Wielandshöhe zu bewegen. Drittens, Hausbesetzungen als ein kämpferisches Mittel des zivilen Ungehorsams wieder auf die Tagesordnung zu setzen. Wir beenden, wie vorgesehen, die Besetzung am Sonntag Abend.

Gleichzeitig ist klar: Das war nur der Anfang - nicht das Ende.

Wir sehen die Rolle der Stadt als Akteurin, die Sorge für alle Ihre EinwohnerInnen zu tragen hat. Ein Rückzug auf die Vermittlerinnenrolle, wie sie in den Verhandlungen um die Wielandshöhe eingenommen wurde, reicht daher nicht aus, sondern sie muss Ressoucen bereitstellen, um die Initiativen aktiv in Planung und Umsetzung zu unterstützen. Sie kann nicht nur durch Verordnungen, wie z.B. den Zweckentfremdungsparagraphen, Mängel aufzeigen, sondern Wohnraum muss aktiv im Sinne des Allgemeinwohls gestaltet werden. Wohnen ist Allgemeingut und keine Ware!

Das Einfordern von grundlegenden Menschenrechten, wie das Recht auf gutes Wohnen, ist essentiell für eine lebendige demokratische Gesellschaft. Wenn in Tübingen 150 Häuser leerstehen, fordern sie dazu auf, wieder bewohnt zu werden. Ein legitimes Mittel dafür sind Hausbesetzungen. Sie können als Katalysator wirken, um neu über die Wohnungsfrage nachzudenken und politische Prozesse in Gang zu bringen. Es können solidarische Prozesse angestoßen werden, die eine Alternative zu Konkurrenz und Spaltung aufzeigen und eine Stadt für alle ermöglichen.

Auch nach dem Ende der Besetzung werden wir natürlich die Entwicklungen in Tübingen beobachten und uns aktiv in die Diskussion um Wohnraum in Tübingen einbringen. Außerdem werden wir auch die nächsten Schritte der Diakonieschwesternschaft in Bezug auf das Haus Wielandshöhe genau verfolgen. Demnächst werden wir dazu eine Pressekonferenz einberufen. Die VertreterInnen der Diakonieschwesternschaft werden eingeladen sein, um sich zum Ergebnis ihrer Bemühungen zu äußern.

Der Vorteil an einem Haus ist, dass es nicht weglaufen kann!

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Die bei der Besetzung anwesenden Unterstützer_innen wurden gelockt mit  Aussagen, dass es eine Wohn- und Freiraumbesetzung sei, als solche wurde es auch am ersten Tag noch kommuniziert. Schon am zweiten Tag, nachdem die Oberin der besitzenden Schwesternschaft zu Verhandlungen als Gleichberechtigte ins Plenum geladen wurde (!!!!!), hieß es dann, es sei nur eine Warnbesetzung und mensch ziehe am Sonntag freiwillig wieder ab. Schließlich habe mensch die Ziele ja erreicht und das Haus werde an eine soziale Initiative verkauft, obwohl die Oberin im Plenum das Gegenteil sagte, nämlich dass sie beim Verkauf auf wirtschaftliche Interessen Rücksicht nehmen werden.

Die sich selbst quasi zum Zentralkomittee der Besetzung ernannten Erstbesetzer_innen übernahmen für das Wochenende Polizeiaufgaben (Öffnungszeiten, Verhalten und Umgang mit dem Gebäude wurde akribisch überwacht) und warfen am Sonntag dann alle Mitbesetzer_innen ohne Diskussion hinaus.

Nach der Besetzung feierten die Erstbesetzer_innen sich als fast schon revolutionäre Aktivist_innen, die es nun geschafft hätten, eine Villa für eine soziale Initiative klar zu machen.

Nur ein Monat später wurde klar, dass die Besetzung keinerlei Erfolg hatte und das Haus wie geplant verkauft wird.

http://www.tagblatt.de/Nachrichten/Diakonieschwestern-wollen-28-Millione...

Die Aktivist_innen ließen sich durch die gewiefte Rhetorik der Oberin (und unterstützend des Baubürgermeisters) einwickeln und zogen ohne Widerstand und Auswirkung freiwillig wieder ab. Toll gemacht, Weichspülbesetzung...