Reflexion Kollektives Zentrum

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Wir sind eine kleine Gruppe an Menschen, die zum Teil bis letzten Sommer Nutzer_innen des kollektiven Zentrums waren und alle tief verbunden sind mit der Geschichte des koZe. Alle von uns sind nach und nach aus verschiedensten Gründen aus diesem Prozess ausgestiegen. Bis heute identifizieren wir uns in der einen oder anderen Weise mit diesem Ort. Wir wünschen uns einen öffentlichen Diskurs über die Gründe, die zur Aufgabe des Plenums führten und darüber, was wir aus diesem Prozess lernen können. Nicht nur individuell sondern vor allem als Bewegung.

 

Wir legen in diesem Text auch strukturelle Dinge offen. Wir glauben, dass die Repressionsbehörden so oder so unsere Strukturen kannten. Dementsprechend kann eine Verheimlichung eben dieser nur denen nützen. Wir haben nichts gegen Clandestinität, jedoch war das Projekt koZe nie auf eine solche ausgelegt. Das finden wir nach wie vor richtig und sind entsprechend der Überzeugung, dass eine offene Reflektion uns mehr helfen als schaden kann. Schöner wäre es natürlich, eine solche Reflektion zunächst intern zu betreiben. Dies ist leider nicht möglich, dafür waren zu viele unterschiedliche Menschen in einem zu langen Zeitraum an diesem Prozess beteiligt. Nichtsdestotrotz richtet sich dieser Text an alle, die sich mit emanzipatorischer linker Bewegung identifizieren und nicht an Presse und bürgerliche Öffentlichkeit.

 

Dieser Text ist keine Antwort auf vorherige Texte, sondern Teil einer hoffentlich größer werdenden Auseinandersetzung und Reflexion aus verschiedenen Perspektiven. Wir empfehlen euch, vorher diesen Text (https://linksunten.indymedia.org/de/node/193210) über die Geschichte des koZe zu lesen. Wir teilen zwar einige Meinungen und Darstellungen nicht, dennoch wird hier ein guter Überblick über die Geschichte des Hauses gegeben.

 


 

I. Unsere Perspektive

II. Reflexion

1. Vor der Hofinvasion

..was gut gelaufen ist

..was schlecht gelaufen ist

2. Hofinvasion

..was gut gelaufen ist

..was schlecht gelaufen ist

3. Nach der Hofinvasion

..was gut gelaufen ist

..was schlecht gelaufen ist

III. Ausblick

 


 

I. Unsere Perspektive

 

Wir haben die koZe von Anfang an begleitet und zum Teil mit erfunden. Wir waren schon Teil des Kampfes, bevor es diesen Ort gab. Wir kommen aus dem Münzviertel und aus anderen Vierteln dieser Stadt. Das führt bis zum Ende der Hofinvasion und teilweise darüber hinaus zu einer Innenperspektive, aus der wir schreiben.

Wir kommen aus der undogmatischen radikalen Linken und fühlen uns kulturell und politisch mit autonomen Ideen verbunden. Wir glauben, dass der Faktor „Raum“ auf verschiedenen Ebenen gut geeignet ist, um revolutionäre Prozesse voran zu treiben. Einerseits sind wir der festen Überzeugung, und diese wurde uns auch im Laufe des Prozesses bestätigt, dass es ein großes Bedürfnis nach Raum in dieser Stadt gibt. Weit über die radikale Linke hinaus brauchen Menschen Orte, an denen sie sich treffen, Veranstaltungen organisieren, bauen und basteln können. Infrastruktur die nicht am Geldbeutel hängt, wurde und wird gebraucht und bietet eine Möglichkeit, Schnittstellen mit gesellschaftlichen Gruppen zu schaffen, die sonst selten Zugriff auf fortschrittliche Ideen haben. Ein Ort, der ein progressives Selbstverständnis hat und gleichzeitig Diversität zulässt, kann eine solche Schnittstelle sein. Weiterhin glauben wir, das die Kollektivierung von Raum eine konkrete Gegenmacht zur neoliberalen Stadt aufbauen kann. Wenn diese Räume erst einmal entstanden sind, können sie als handfestes Symbol gegen die kommerzielle Stadt benutzt werden. Ein Haus ist eben berührbar und erfahrbar, im Gegensatz zu der unkonkreten Idee einer befreiten Gesellschaft. Gleichzeitig werden durch die radikale nicht-Anerkennung von Eigentum als solches, Menschen dazu gezwungen, sich nicht nur damit auseinander zu setzen was ein Investor xy alles Doofes macht, sondern eben auch damit, welchen Wert das eigene schaffende oder nicht schaffende Sein in der Welt hat. Dazu kommt, dass staatliche Institutionen sich stets dazu gezwungen sehen, dies mit ihrer Gewalt zu unterbinden. Was wiederum dazu führt, dass vielen Menschen die tatsächliche Unterdrückung wahrnehmbar gemacht wird.

Deswegen glauben wir das „Raum“ als Ausgangspunkt für Aufklärung und gesellschaftliche Veränderung funktioniert.

Zumindest in einer gesellschaftlichen Situation, wie wir sie gerade sehen.

Dies sollte nur eine kurze und sicherlich an einigen Stellen verkürzte Darstellung unserer Perspektive sein um deutlich zu machen, von wo wir sprechen.

 

Im Folgenden möchten wir in mehr oder weniger chronologischer Reihenfolge den Prozess des kollektiven Zentrums reflektieren, kritisieren und loben. Wir unterscheiden zeitlich in drei Zeitabschnitte: vor, während und nach der Hofinvasion. Hofinvasion nennen wir den ersten großen Angriff aufs kollektive Zentrum durch die Polizei und Finanzbehörde am 27.7.2015 (https://linksunten.indymedia.org/de/node/149668). Wenn wir von während der Hofinvasion sprechen, ist damit die ganze fast 40-tägige Belagerung der koZe durch die Polizei gemeint, die erst am 02.09.2015 mit der zweiten Hofinvasion (http://koze.in/wp-content/uploads/2015/06/PM-koZe-Polizei%C3%BCberfall-2...) ihr Ende fand.

 

II. Reflexion

 

1. Anfang bis Hofinvasion

 

Wir haben beschlossen, die ganze Vorgeschichte der koZe außen vor zu lassen. Wir denken, dass die Vorarbeit der Stadtteilaktivist_innen, die spektakuläre Besetzung, die Squattingdays schon oft genug thematisiert worden und hier nicht der Schwerpunkt sind. Das Einzige, was wir erwähnen wollen ist, das sich mal wieder gezeigt hat, dass eine erfolgreiche Raumnahme in Hamburg nicht denkbar ist ohne jahre langes Engagement der Menschen vor Ort. Es muss eine Stimmung auf vielen unterschiedlichen Ebenen geschaffen sein die es zulässt, einen Raum länger als ein paar Stunden zu halten. Nichtsdestotrotz bleibt Raumnahme auch nach wie vor etwas Alchemiehaftes. Es scheint meistens, wenn überhaupt, durch ein Vielfaches von Zufällen zu gelingen. So auch beim kollektiven Zentrum.

 

 

Was gut gelaufen ist.

 

Von Anfang an waren eine Vielzahl unterschiedlicher Menschen am koZe-Prozess beteiligt. Besonders hervorzuheben ist, dass es gerade am Anfang, aber auch im Laufe der Zeit viele Menschen gab, die sich weniger aufgrund der politischen Haltung und mehr aufgrund der geographischen Lage beteiligten. So entstand schon ganz am Anfang eine spannende Mischung aus Nachbar_innen und politischen Aktivistis (natürlich oft auch beides, aber eben nicht immer). Gerade am Anfang hat es gut funktioniert, dies zusammenzubringen und voneinander zu lernen. Auch wenn es oft anstrengend war, wurde versucht, auf die verschiedenen Bedürfnisse einzugehen. Dies hat die koZe schnell zu einem Ort der Unterschiedlichkeit gemacht. Von uns wurde das mehr als Stärke denn als Schwäche wahrgenommen. Unsere Einschätzung bis heute: Wer braucht schon ein weiteres reines subkulturelles Zentrum in Hamburg?! Wir wollen nicht mehr Raum für die Szene, sondern eine Bewegung aufbauen.

Gut war auch, dass durch das jahrelange Engagement der Menschen vor Ort und der missachtenden Rolle der Stadt ein grundsätzliches Misstrauen gegenüber dem rechtsstaatlichen Weg vorhanden war und somit eine Offenheit für unkonventionelle Lösungsansätze. Dies konnten wir nutzen und in der Zusammenarbeit aller ein Klima der Solidarität und des Mutes schaffen. Trotz der immer wieder aufkommenden inneren Differenzen gab es schnell eine Identifikation mit dem Ort und die damit verbundene kollektive Verantwortung für eben diesen. Dies hätten wir wahrscheinlich nicht so geschafft, hätten wir nicht von Anfang an eine solche Diversität zugelassen.

Nachdem das gemeinsame Selbstverständnis (http://koze.in/) geschaffen wurde, gab es den Willen, das ganze Gebäude mit Leben zu füllen. Da wir wussten, dass die Finanzbehörde dies nicht wollte und in der Vergangenheit eher auf Ignoranz statt offener Ablehnung gesetzt hat, beschlossen wir, diese einfach nach den Räumen zu fragen. Natürlich in der Hoffnung, das diese einfach nicht reagiert. Somit sollte die Finanzbehörde selber uns die Legitimation verschaffen, diesen Raum zu bespielen. Unsere Einschätzung sollte sich als richtig herausstellen. Dies war dann wichtig für die Vermittelbarkeit der Raumnahme auch in ein bürgerliches Umfeld.

Von Anfang an war das Projekt koZe gefährdet. Zumindest von Innen gab es also von dem ersten Tag an einen extrem hohen Druck, Verteidigungsstrategien zu erarbeiten. Die wohl erste war, das Haus so schnell wie möglich voll zu kriegen. Dies sollte sich als leicht erweisen. Als klar wurde, dass wir die neuen Räume für Projekte öffnen, wurden wir geradezu überrannt von Raumanfragen. Da wir eigentlich jede Raumanfrage angenommen haben, mussten wir früh anfangen, Anfragen abzulehnen. Und schon ein paar Wochen nach dieser Öffnung war nur noch Platz für nicht dauerhafte Raumanfragen (sprich Veranstaltungen, Plena, etc). Dies bestätigt uns bis heute in der Annahme, dass es ein riesiges Bedürfnis an Raum gibt. Das „wer zuerst kommt, zieht ein – Prinzip“ hatte nichts Geplantes an sich und zog damit eine ziemlich bunte Nutzer_innenschaft an. Für einige Entscheidungen bedeutete dies ein hohes Maß aufzubringender Empathie und Kompromissbereitschaft, vor allem aber ermöglichte es vielfältige Möglichkeiten der Politisierung im Haus, auf dem Hof und in der Nachbar_innenschaft. Wir hatten die Position, ein mit emanzipatorischen Gedanken gefülltes Haus zu sein, das seine politisierende Außenwirkung nur einen Raum weiter tragen musste. So konnten immer wieder und tagtäglich linke Ideen, künstlerisches Engagement und kulturelle Ereignisse nicht nur aufeinander treffen sondern miteinander wirken und einander näher kommen und die Ergebnisse dieser Zusammenkunft nach innen und außen tragen. Durch unsere Entscheidung, selbst die bürgerliche Presse nah an uns ran zu holen, kam auch diese nicht umhin, in ihren „Chaoten und Linksautonome“ - Artikeln auch immer wieder die regelmäßigen Angebote im Haus zu erwähnen und damit zu bewerben.

 

 

Was schlecht gelaufen ist.

 

Ganz am Anfang wurde beschlossen, alle Entscheidungen, die das Haus betreffen auf einem gemeinsamen offenen Plenum zu treffen. Dies sollte einer Elitenbildung innerhalb des Hauses vorbeugen und einen niedrigschwelligen Eintritt in die Strukturen zulassen. Von Anfang an gab es unglaublich viel zu tun. Es wollte ein soziales Zentrum aufgebaut werden und gleichzeitig eine wie auch immer geartete Verteidigungsstrategie entworfen werden. Dieses zentrale Plenum hat sich recht schnell zu einem riesigen Arbeitsaufwand an sich entwickelt. Nicht nur, dass es sowieso mehr zu tun gab als jemals geschafft werden konnte, auch hat die Diversität, die wir als eine unserer größten Stärken begreifen, zu vielen anstrengenden und kleinteiligen Diskussionen geführt. Es wurde nicht oft genug geschafft, eine Stimmung zu erzeugen, die Vertrauen in das Gegenüber erlaubt. Dies führte auf der einen Seite immer wieder zu Frustration, auf der anderen Seite gab es schnell eine Dynamik, die extrem hohe Leistungsbereitschaft voraus setzte. Wir können uns zum Beispiel an kaum ein Plenum in dem ersten halben Jahr erinnern, das weniger als vier Stunden gebraucht hätte. Wir glauben, dass früher auf Dezentralisierung hätte gesetzt werden müssen. Es gab zwar immer wieder Versuche, eine AG-Struktur aufzubauen, doch dies scheiterte meist daran, dass es dann doch zu wenige Menschen gab, die verbindlich Verantwortung übernehmen wollten. Dies ist unserer Meinung nach auch der sehr offenen Plenumsstruktur geschuldet, welche zwar Menschen einen leichten Zugang verschaffte es aber gleichzeitig immer wieder versäumte, Menschen in die Verantwortung zu ziehen.

So glauben wir zwei sehr kritische Dinge produziert zu haben: Zum einen die völlige Selbstausbeutung einiger, zum anderen ein Spannungsfeld zwischen der Zuspitzung innerer wie äußerer Kämpfe und deutlichem Harmoniebedürfnis. Es gab also immer den Konflikt zwischen Menschen, die Situationen lieber zuspitzen und eskalieren lassen wollten und anderen, die eher eine Befriedung anstrebten. Dies wurde immer ausgehalten mit dem Blick auf die Diversität. Im Nachhinein würden wir sagen, dass dies auch zu einer Planlosigkeit und Unsicherheit führte.

An dieser Stelle hätte sich mehr Zeit genommen werden müssen, um eine gemeinsame Haltung und einen gemeinsamen Plan auszuformulieren. Viele Menschen hatten immer konkrete politische und soziale Ziele des Hauses, die sich nicht ausschlossen und somit funktionierten. Es wurde aber oft nicht über den Weg dahin gesprochen, wie geglaubt wird dorthin zu kommen. Das führte dazu, dass viele unterschiedliche Menschen Unterschiedliches dafür taten. Immer wieder waren wir davon frustriert, dass andere Menschen für uns unverständliche Dinge taten und auch noch glaubten, dies im Namen aller zu tun. Hier hätte es mehr Kommunikation geben müssen.

Im Nachhinein betrachtet sollte erwähnt werden, dass die Stadt mit ihrer Ignoranz und gleichzeitig vermeindlicher Verhandlungsbereitschaft es geschafft hat, uns nachhaltig zu lähmen. Wir hätten diese Verhandlung strategisch nutzen können für einen Zeitgewinn, uns aber nicht davon bremsen lassen dürfen.

Wir hatten bis zum Zeitpunkt der Hofinvasion den Eindruck, eine stadtweit eine sehr breite Unterstützer_innenbasis zu haben. Dies hat sich für uns aus öffentlichem und persönlichem Feedback ergeben. Heute wissen wir, dass sich wegweisende Entscheidungen nicht auf einen solchen unkonkreten Eindruck stützen sollten. Auch an dieser Stelle fragen wir uns im Nachhinein, wie wir mit dieser vermeintlichen Basis anders und besser hätten kommunizieren können. Vielleicht hätten wir dann früher bemerkt, wie wenig sich die politisch aktive Szene in Hamburg mit unserem Haus tatsächlich identifiziert hat und hätten entsprechend andere Impulse gesetzt. An dieser Stelle möchten wir uns aber auch noch einmal bedanken bei allen Einzelpersonen und Gruppen, die uns immer wieder unterstützt haben und auch die, die uns nicht unterstützt haben, dies aber transparent gemacht haben. So hatten wir da eine Möglichkeit zur Reflektion.

 

 

 

2. Die Hofinvasion

 

 

Was gut gelaufen ist.

 

Der Hof wurde an einem Montagmorgen um sechs Uhr geräumt. Trotzdem sammelten sich innerhalb kürzester Zeit viele Menschen an den Hamburger Gittern. Und noch mehr, die den Tag über vorbei kamen und ihre Unterstützung signalisiert haben. Vor allem für die Menschen vor Ort war das ein wichtiges Zeichen der Solidarität.

Durch die starke emotionale Involviertheit Einzelner in das koZe und deren Teilräumung haben wir von Anfang an und durchgängig viel auf dieser Ebene mit unseren Freund_innen kommuniziert. Wir haben entsprechend breiten Support bekommen. Ein unglaublich wichtiger Faktor ist auch, dass unser eher externer Trägerverein KunaGe e.V. dem enormen Druck standgehalten und mit uns weiter nach Lösungen gesucht hat.

So konnten wir kurze Zeit nach der Invasion eine Pressekonferenz abhalten, die es uns erlaubte, starken Einfluss auf die öffentliche Berichterstattung zu nehmen und mit unserer Vision der Nutzung des gesamten Schulgeländes eigene Akzente zu setzen.

 

 

Was schlecht gelaufen ist.

 

Der Angriff auf uns kam einigermaßen unerwartet. BeiTreffen mit Insidern aus der Politik wurde uns signalisiert, dass innerhalb der parlamentarischen Sommerpause keine Räumung oder dergleichen erwartbar sei. Zwar haben wir dem nicht vertraut, dennoch hat es unsere generelle Stimmung mit geprägt.

Durch den massiven Angriff einigermaßen gelähmt, haben wir es leider versäumt, eine deutliche politische Antwort zu formulieren bzw. andere dazu zu beflügeln, dies zu tun. In dieser Situation wurde deutlich, wie viele unterschiedliche Vorstellungen es für eine solche Situation gibt. Während die einen versuchten, Menschen zu einer aktionsorientierten Antwort zu bewegen, versuchten andere immer wieder eher zu deeskalieren. Wir schafften es nicht, uns Raum dafür zu nehmen, genau über dies zu streiten und einen gemeinsamen Weg zu finden.

Ein anderer großer Konflikt in dieser Zeit war, Menschen, die sich emotional sehr betroffen fühlten, neu dazu Kommende und plötzlich Wegbleibende unter einen Hut zu bekommen. Dies führte zu einer kruden Mischung aus Erwartungshaltung, Voreingenommenheit und unterschiedlichen Vorstellungen. Daraus sind verschiedenste Hierarchien und Entscheidungsstrukturen entstanden, welche lange Zeit brauchten, um wieder aufgelöst zu werden und viele Kapazitäten verschlangen, die woanders dringend benötigt gewesen wären. Und auch hier kam es wieder zu mehrfachen Frustrationen auf verschiedensten Ebenen, die dazu geführt haben, dass Menschen gingen.

Auch in dieser Zeit haben wir lange gebraucht, um unsere Lage und unsere Wünsche effektiv in die (aktionistische) Öffentlichkeit zu tragen. Wir sind eher im Chaos versunken, als das es uns gelang, das Ruder wieder an uns zu nehmen. Das war nun auch sicherlich Sinn der des Überfalls und umso frustrierender, dass es funktioniert hat. Trotzdem wollen wir sagen, dass wir anhaltend darüber erschrocken sind, wie uns die Definition und Ausführung einer Reaktion zugeschrieben wurde. Wir

sind nach wie vor der Meinung, dass es bei einer solchen Demonstration staatlichen Gewaltmonopols viele Reaktionen geben kann und soll, die nicht (nur) von der betroffenen Partei ausgehen müssen. Vielleicht haben wir den eigentlichen Skandal um diese polizeiliche Aktion nicht genug angezeigt.

 

 

3. Nach der Hofinvasion

 

 

Was gut gelaufen ist.

 

Wir haben weiter gemacht. Wir haben versucht, nicht andere dafür verantwortlich zu machen, dass unser Haus nicht mehr das selbe war. Wir waren noch da, als der Hauptbahnhof voll mit Geflüchteten war und sich die linke Szene zwischen „Willkommenskultur“ und dem Kampf gegen „Fortress Europe“ verorten musste. Wir haben unser inzwischen leerer gewordenes Haus weiterhin bedarfsorientiert genutzt. Die Umgestaltung unserer Räume und Neubündelung unserer Kräfte machte möglich, den Entwurf eines Collective Refugee Welcome Center (Arbeitstitel)

zu entwerfen und dazu einzuladen. Nach wie vor waren wir zu wenige, um all diese Aufgaben zu stemmen. Aber es waren auch viele neue Gesichter dabei, die bereit waren Zeit und Energie in dieses Haus und die neuen Aufgaben zu stecken.

 

Was schlecht gelaufen ist

 

Eine herbe enttäuschung war das die transformation in ein Collective Refugee Welcome Center (Arbeitstitel) wenig bis garkeinen Anklang außerhalb des hauses fand. Dies hat zu nachhaltigem frust bei vielen geführt.

Wenn wir davon sprechen, dass das Haus leerer wurde und Angebote, die das koZe ausmachten, verschwanden, kommen wir nicht umhin, das „wie“ zu kritisieren. Es ist fast durchweg versäumt worden, Wissen und Strukturen an neue Aktive zu übergeben. Im Nachhinein würden wir uns (auch von uns selber) wünschen, das sich-aus-dem-Projekt-ziehen für die Anderen, die Bleibenden, erkennbar und reflektierbar zu machen. So hätten sicherlich einige Konflikte umgangen oder erleichtert werden können und es hätte gemeinsam ein gezielteres Bild des neuen koZe gemalt und nach außen getragen werden können.

 

 

 

III. Ausblick

 

Was eine Bewegung aus diesem Prozess mitnehmen kann.

 

Vor allem ist mit dem koZe bewiesen worden, dass eine größere Raumnahme im Hamburger Innenstadtbereich nach wie vor möglich ist. Besetzen kann sich also nach wie vor lohnen! Das Experiment koZe konnte neue Ideen und Perspektiven in die Stadt einbringen. An die kann nun, falls gewollt, angeschlossen werden. Jetzt, wo das Plenum beschlossen hat aufzugeben, gibt es zwar nicht mehr die Möglichkeit, diesen expliziten Konflikt zuzuspitzen. Jedoch gibt es die Möglichkeit, kollektiv aus diesem Prozess zu lernen. Mit diesem Text wollen wir dazu beitragen.

Auch sind wir der Überzeugung, dass viele Potenziale da waren und es unter anderen Umständen möglich gewesen wäre, dieses Haus vielleicht dauerhaft zu etablieren.

Für uns und hoffentlich auch für andere gilt vor allem, an das was gut gelaufen ist anzuknüpfen und das was schlecht gelaufen ist, nächstes Mal anderes zu machen. Wir erhoffen uns eine gemeinsame Auswertung und würden uns freuen, wenn es Menschen gibt, die auch aus anderen Perspektiven eine Reflektion veröffentlichen. Insbesondere würden wir uns wünschen, dass noch einmal zusammen gefasst wird, was die Stadt Hamburg in diesem Prozess eigentlich so gemacht hat (zu welchem Zeitpunkt das Abendblatt mit „droht Hamburg eine neue Flora“ getitelt hat, zu welchem Zeitpunkt die großen Bulleneinsätze waren, wie sich Menschen öffentlich geäußert haben usw.). Hoffentlich gibt es Menschen, die aus diesem Text etwas mitnehmen können.

Am Ende möchten wir uns noch bei allen bedanken, die diesen Prozess möglich gemacht und ihn begleitet haben.

 

Geschichte wird gemacht.

Bis zum nächsten mal!

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Danke für den Text. Gibt es eine Kontaktmöglichkeit zu diesem Text bzw. Diskussionsbeitrag, um weiter diskutieren zu können?

Es gibt eine Gruppe, die die Reflexion strukturiert fortführen möchte, siehe hier: http://koze.in/#neues. Dies ist aber nicht die Autor_innengruppe, jedoch besteht die möglichkeit selbst öffentlich zu antworten.

 

lg