Offener Brief an die Münchner Linke zur Einladung für politische Solidarität

fight racism

Seit 7. September leisten die Non-Citizens am Sendlinger Tor einen Widerstand. Unser Widerstand basiert auf dem Prinzip der unabhängigen Selbstorganisierung in Fragen der Taktik und Strategie, die in den letzten Jahren bei den unterschiedlichen Kämpfen theorietisiert wurden. Unter Selbstbeschreibung als Non-Citizens verstehen wir uns nicht als Objekt, welches Mitleid von der Gesellschaft braucht. Im Gegenteil: Wir sind uns dessen bewusst, aus welchen Gründen wir uns in diesem Land befinden und deshalb handeln wir als kämpfende Subjekte. Unabhängig davon, unsere Theorie der Non-Citizens von 2012, war ein Versuch, eine historische Antwort auf den common sense zu geben, der unsere Identität nur auf Asylsuchende reduzierte.

 

Es war also eine Kritik an die Aktivist*innen und politischen Organisationen, die sich zwar als Unterstützer*innen der Geflüchtete bezeichneten aber in der Handlung paternalistisch wirkten. Denn sie besaßen in den Strukturen die Entscheidungsmacht darüber, wie die Geflüchteten als unterdrückte Objekte sich zu verhalten haben. Gleichzeitig war es ein Versuch, die aufkommende Bewegung der Geflüchteten zu charakterisieren. Denn in der Wahrheit, haben die Geflüchteten einen praktischen Kampf auf die Straßen getragen.


Der krisenhafte Zustand der linken Bewegung in Deutschland

 

Heute geht es darum, dass die Non-Citizens beginnen, sich mit den politischen Strömungen – besonders den antifaschistischen und antirassistischen –, die sich als Unterstützer*innen erklären, kritisch auseinanderzusetzen.

 

Solidarische Kritik dient unserer Meinung nach dazu eine grundlegende Kritik über die vorhandenen Verhältnisse zu eröffnen. Ein weiterer Aspekt ist, dass sie die Aktivist*innen, die sich fragen, was zu tun ist, darüber aufklärt.

 

Wir sind der Überzeugung, dass sich die Linke in Deutschland in einer großen Krise, bzw. in einem krisenartigen Zustand befindet. Er wird als Krise formuliert, doch mit Blick in die Geschichte, müssen wir leider sehen, dass diese Krise ein Zustand ist. Dieser Zustand manifestiert sich darin, einerseits autonome Zentren als befreite Insel im kapitalistischen Meer zu erkämpfen, andererseits den reformistischen und bürokratischen Apparaten als Wasserträger*innen zu dienen. Die Taktik, Schützengräben im Kampf gegen Ausbeutung und Unterdrückung zu erkämpfen, wurde leider zum strategischen Ziel. Doch in der revolutionären Geschichte wurden diese Schützengräben dafür genutzt, um erstens den Kampf gegen Kapitalismus zu organisieren, zweitens den Massen ihre ersten Erfahrungen mit Selbstorganisierung und -Verwaltung zu ermöglichen. Sie scheinen aber zufrieden zu sein, in den sogenannten Freiräumen unorganisiert und isoliert von Unterdrückten und Ausgebeuteten zu leben.

 

Es geht also darum, den krisenartigen Zustand der Organisierung aufzuzeigen. Die antifaschistische Handlung basiert bestenfalls darauf, die Demonstrationen der rechten Strömungen zu blockieren zu versuchen. Es ist eine revolutionäre Pflicht, die rechte Hetze zu bekämpfen. Doch der antifaschistische Aktivismus ist heute davon entfernt, über das Reagieren auf bestimmte rechten Aktionen hinaus gemeinsam mit Unterdrückten eine organisierte antifaschistische Form einzunehmen. Immer wieder werden wir mit dem Paternalismus konfrontiert, als wären wir Objekte, die einzig und allein vor der rechten Hetze zu schützen gelten. Wir kritisieren diese Haltung, weil sie eine beschränkte Perspektive anbietet und zur Erkämpfung der demokratischen Forderungen keine Handlungsfähigkeit besitzt.

 

„Die Solidarität muss politisch werden!“

 

Da der heutige Widerstand der Non-Citizens in München und auf dem Weg nach Nürnberg stattfindet, möchten wir von der allgemeinen Kritik an der linken in Deutschland zu spezifischer Auseinandersetzung mit der Münchner Linke und Antifa übergehen, da sie als unsere Ansprechpartner*innen gelten.

 

Seit dem Beginn des Protestcamps hängt an einem Zelt von uns ein großes Banner, das sagt, dass die Solidarität politisch werden muss. Wir sind der Überzeugung, dass diese Botschaft bisher nicht konkret verstanden wurde. Wenn auf Demonstrationen antirassistische und radikale Parolen ausgerufen werden, fragen wir uns, warum jetzt eine antirassistische Praxis keine Unterstützung bekommt. Wir kämpfen unter sehr schwierigen Bedingungen im Zentrum der neoliberalen und bürokratischen Ordnung, um für eine antirassistische Kampagne uns und die Unterdrückten zu organisieren.

 

Wo bleibt die Unterstützung in der Praxis? Wollt ihr solange warten, bis unser Protest wie in der Vergangenheit von der Polizei angegriffen wird, um eure spontane Demonstration zu organisieren und die „revolutionären Parolen“ aufzurufen? Isolation wird nicht nur von dem Staat mit Repression praktiziert, auch die passive und beobachtende Haltung der Linken kann der Isolation dem Weg ebnen. Die bisherige Erfahrung von uns ist, dass die rassistischen Kundgebungen mehr antifaschistische Aktivist*innen mobilisierten als unser Protest. Es mangelt bisher an logistischer, finanzieller und aktionsartiger Unterstützung. Beispielsweise die Genoss*innen aus der Orga-Struktur sind mit ihren Kapazitäten total überlastet, da die Aufgaben auf wenigen Schultern liegen.

 

Der Protestmarsch nach Nürnberg findet morgen, am 8. Oktober statt. Eine solche Protestaktion ist in unseren Augen von wichtiger Bedeutung, denn sie kann in gut organisierter Form Non-Citizens mobilisieren, Öffentlichkeit schaffen und uns direkten Dialog mit politischen Organisationen ermöglichen. Doch um eine solche Aktion zu organisieren, braucht es viel Kraft und Ressourcen, die wir aufgrund rassistischer Ausgrenzung von gesellschaftlichen Rechten mangelhaft besitzen. Doch die linken Citizens sind in der Lage, ihre Vorteile im Dienste einer antirassistischen Mobilisierung zu nutzen. Sie können gemeinsam mit Gewerkschaften und Parteien eine Kampagne für Anerkennung unserer demokratischen Forderungen organisieren. Die Gewerkschaften sind in der Lage, mit einem gut organisierten Generalstreik unsere Forderungen anerkennen zu lassen. Wir sind bereit, über die weiteren Aktionsformen zu diskutieren. Aber damit die Diskussion überhaupt stattfindet, brauchen wir die Bereitschaft der Münchener Linken.

 

Wir sind der Ansicht, dass der politische Aktivismus nur im Prozess der Organisierung ihr höchstes Stadium erreichen kann. Warten wir nicht auf einen Wunder, das uns von jeglicher Art der Unterdrückung und Ausbeutung befreien soll. Es ist dringende Aufgabe, in Zeiten des virulenten Rassismus und neoliberaler Offensive eine kämpferische Bewegung aufzubauen, die sich unter anderem für die demokratischen Forderungen der Unterdrückten einsetzt. Denn auch, wenn wir heute als Geflüchtete Zielscheibe der rassistischen Offensive sind, profitiert nur der kapitalistische Staat von den Angriffen. Die Geschichte hat uns gelehrt, dass der kapitalistische Staat uns nach Herkunft, Geschlecht, Religion etc. spaltet, um die Kontrolle zu übernehmen. Die Geflüchtetenfrage ist ein Produkt der neokolonialistischen und imperialistischen Interventionen.

 

Wir appellieren an die Linke, über den eigenen Rassismus zu reflektieren und gemeinsame Aktionen zu organisieren – sei es an den Universitäten, Betrieben oder Straßen. Wir müssen dem neoliberalen Rassismus gemeinsam entgegentreten.

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Es war also eine Kritik an die Aktivist*innen und politischen Organisationen, die sich zwar als Unterstützer*innen der Geflüchtete bezeichneten aber in der Handlung paternalistisch wirkten. Denn sie besaßen in den Strukturen die Entscheidungsmacht darüber, wie die Geflüchteten als unterdrückte Objekte sich zu verhalten haben. Gleichzeitig war es ein Versuch, die aufkommende Bewegung der Geflüchteten zu charakterisieren. Denn in der Wahrheit, haben die Geflüchteten einen praktischen Kampf auf die Straßen getragen.

 

Genau da ist das Problem. Die Non-Citizens von 2012 und darüber hinaus haben die Münchner Linke massiv angegriffen. Sie haben ihr vorgeworfen rassisitisch zu sein und zu sehr zu paternalisieren. Es war eine Spaltung par-excellance die hier vollzogen wurde. Wäre dabei bedacht worden, wie schwierig es ist in München und dem Rest von Bayern es (auch) für Bürger*innen, Aktivist*innen und Menschen mit Status ist linke Politik zu machen, wäre das nicht nötig gewesen. Stattdessen schuf die Non-Citizens Bewegung eine Supporter*innen Bewegung, die nicht mehr in der Öffentlichkeit ihre Meinung sagte, sondern ihr Gesicht hinter Transparenten versteckte und im Hintergrund die Care Arbeit geleistet hat. An jeder noch so kleinen Stelle wurde erwähnt, dass dies der Protest von den Non-Citizens sei und nicht nicht von den Supporter*innen. Im Grunde war eben dies eine Paternalisierung in ihrer Höchstform, denn es wurde hierbei versucht ein revolutionäres Subjekt zu schaffen, das so nie existierte. Der politische Kampf wurde zudem einer Gruppe überlassen, die gesellschaftlich kein hohes Standing hat und marginalisiert ist.

 

Wenn auf Demonstrationen antirassistische und radikale Parolen ausgerufen werden, fragen wir uns, warum jetzt eine antirassistische Praxis keine Unterstützung bekommt. Wir kämpfen unter sehr schwierigen Bedingungen im Zentrum der neoliberalen und bürokratischen Ordnung, um für eine antirassistische Kampagne uns und die Unterdrückten zu organisieren. Wo bleibt die Unterstützung in der Praxis?

 

Seit mehr als zwei Jahren hat sich der Wind in der Bevölkerung massiv gedreht. Dazu kommen Vorfälle, wie am Wochenende in Chemnitz oder der Kampf der Kurd_innen gegen den sogenannten IS, welche die Sache nicht vereinfacht. Menschen die Geflüchtete unterstützen werden z.T. massiv bedroht. Es ist vielleicht kaum ein Wunder, dass es im Moment nicht viel Unterstützung gibt für den Protest, anhand des massiven Roll-Back nach rechts. Aber vermutlich ist daran auch die zweifelhafte Geschichte der Non-Citizens ein bisschen mit daran schuld. Meiner Meinung braucht es keine spaltende Linke, sondern eine solidarich brückenbauende. Eine die Rassismus und Klassismus gleichermaßen bedenkt und die sich vor allem traut Ihre Meinung in der Öffentlichkeit ohne Angst zu sagen. Lasst es uns angehen!

Ich kenn mich in München nicht so aus, aber willst du ernsthaft sagen, dass eine Linke nicht solidarisch mit dem Protest sein kann, weil der gesellschaftliche Wind sich gedreht hat, Menschen bedroht werden und wegen einem Roll-Back nach rechts? Und was haben da jetzt noch mal die KurdInnen und der IS mit zu tun? Und wieso liegt die Furcht vor der Bedrohung bei Unterstützung bei den Protestierenden Non-Citizens?

 

Soweit ich den Artikel verstehe erwartet er sowohl Unterstützung als auch Diskussion. Na dann mal angehen?

Roll back nach Rechts ist ja nicht nur ein Problem für Refugees sondern generell für die Linke. Also werden Kräfte an mancher Stelle erst mal schwächer, wenn sie woanders im Einsatz sind. Ist ja klar. Und auch der Alltag wird für Linke nicht leichter, wenn man sich aus der politischen Blase zum Arbeiten rausbewegen muss.

Ich denke, dass vielen mittlerweile klar ist, dass nicht nur coole Leute auf Fluchtwegen kommen, daher braucht es einen neuen Vertrauensaufbau in der Szene. Es muss wieder stärker gegenseitig Position bezogen werden. Und die Spaltung sollte aufgehoben werden. So ein Denken ist für mich nicht mehr diskutierbar. Und es ist ein Trugschluss zu glauben, dass nur mit den NCs das erste mal in der Linken über Paternalismus diskutiert wurde. Ich denke da sollten einige sich mal mit der Geschichte der Antirabewegung auseinandersetzen. Alle Flüchtenden per se als politische Kämpfer*innen abzustempeln, ist übrigens Paternalismus pur.

Ich verstehe nicht ganz: Du wirfst den damaligen Non-Citizens vor, dass sie Rassismus und Paternalismus bei den Supportern kritisiert haben? Wie sieht denn dann für dich eine emanzipatorische politische Zusammenarbeit aus, wenn gewisse linke Grundansprüche nicht an die Mitstreitenden gestellt werden dürfen? Sicherlich ist nicht alles toll gelaufen in dieser Auseinandersetzung und dass es teils zu Spaltungen geführt hat war - selbstverständlich - beschissen. Das lag jedoch oftmals an mangelnder Kommunikation und an der Tatsache, dass grundsätzlich ein oder zwei dogmatische Personen ausreichen, um eine breit diskutierte Forderung auf deren dogmatische Auslegung zu reduzieren und sie auf dieser Grundlage abzulehnen. Das wird bei der Linken leider allzu gern betrieben, so lief es eben auch in dieser Sache. Niemand will irgendwem die politische Positionierung absprechen, aber der Paternalismus in der Antira- und Geflüchtetenbewegung war seit jeher ein riesiges Problem, mit dem wir uns nunmal auseinandersetzen müssen. Der Punkt ist ja, dass in der Praxis eben umgekehrt den damals streikenden Non-Citizens faktisch die politische Positionierung abgesprochen wurde, da sie ständig von Unterstützenden daran gehindert wurden, ihre Positionierung zu äußern. Es war tatsächlich notwendig, dass Unterstützende wenigstens mal einen Schritt zurück gehen und die Plattform - wenigstens in diesem möglichen Umfang - denen überlassen, die bisher grundsätzlich gar nicht zu Wort gekommen waren. Und das musste leider auch immer wieder betont werden, weil sonst viele Supporter, die ganz neu in dem Bereich gearbeitet haben, und viele Journalisten, die darüber berichtet haben, sonst einfach nicht auf die Idee gekommen wären, dass so ein Interview auch von Leuten, die im Lager wohnen, gegeben werden kann und dass wir alle dabei einfach viel mehr lernen, als wenn wie immer schon wieder nur aus Citizen-Perspektive drüber geredet worden wäre. Die Auswirkungen dieses Umgangs mit der Plattform, die von diesen oder jenen genutzt wird, sieht man zum Beispiel an der Entwicklung der damaligen Berichterstattung - plötzlich haben Teile der dt. Bevölkerung gemerkt, dass man mit Geflüchteten auch reden kann, und dass sie echt interessante und wichtige Dinge zu sagen haben, die man sogar nachvollziehen kann. Das war vorher einfach nicht der Fall. Und um solche Entwicklungen zu erreichen war es einfach notwendig, dass die Aufmerksamkeit etwas hartnäckiger auf selbst gesetzten Inhalte der Non-Citizens gelenkt wurde.

Ich sage nicht, dass die politische Positionierung völlig vom sozialen Standpunkt abhängt, aber dieser trägt doch verdammt viel dazu bei - vor allem, wenn wir uns nie damit auseinander setzen. Und der Ausschluss findet doch die ganze Zeit schon statt, nur eben umgekehrt.

 

"Der politische Kampf wurde zudem einer Gruppe überlassen, die gesellschaftlich kein hohes Standing hat und marginalisiert ist."

Ja, genau das ist der Punkt.

Und sie wurde dieser Gruppe eigentlich auch nicht überlassen, sondern dieser Umgang hat einfach dazu geführt, dass der politische Kampf etwas ausgeglichener wurde. Es war ja durchaus nicht der Fall, dass andere Positionen zu dem Thema dabei untergegangen wären, im Gegenteil gab es eigentlich dadurch einen viel stärkeren Austausch zwischen den verschiedenen Positionen gab als vorher. Denn eine weitere Position wurde endlich in den politischen Diskurs mit aufgenommen.

Paternalismus wurde auch den Leuten vorgeworfen, die schon Jahre aktiv waren und sich darüber Gedanken gemacht haben. Und wenn wenige dogmatische Personen ausreichen, um eine Gruppe zu übernehmen, dann müsste sich mal Gedanken um Gruppenstrukturen gemacht werden und die nötige Fähigkeit Gegenposition zu beziehen. Und dass sich Supporter*innen in der Öffentlichkeit nicht mehr äußern kommt ja bis heute vor. Ich denke nicht, dass sich eine Gesellschaft durch nicht äußern verändert. Und ich glaube auch nicht, dass der Kampf nur Menschen überlassen werden sollte, die permanent von der Politik unterdrückt werden. Es braucht starke Mitstreiter*innen, die Position beziehen. Gerade da wurden einige Leute aber massiv vergrault. Das muss sich wieder ändern.

es haben nicht dogmaten eine gruppe übernommen, sondern außenstehende haben sich einfach auf die dogmaten bezogen, um den streikenden und deren supportern generell unsinnige positionen zu unterstellen und um den austausch über das thema abzubrechen. das ist es, was leider viel zu häufig, auch in zahlreichen anderen themen, innerhalb der linken zu beobachten ist. und seit wann können sich leute in der öffentlichkeit nicht mehr zu wort melden? alle supporter hatten doch immer die möglichkeit, weiterhin ihre bisherigen kanäle (oder auch neue kanäle) weiterhin zu nutzen, statements zu schreiben, sich solidarisch zu erklären, solidarische kritik oder auch unsolidarische kritik am protest zu äußern, aktionen durchzuführen usw...

So und so, wie auch immer  Mensch zu den früheren Protesten steht: Es wirkt oft fast so, als ob bei manchen Menschen da draußen die Schallplatten hängen geblieben ist. Die prototypische Positionen über die da gesprochen wird sind oft mehr Strichmännchen als sonst irgendwas, das meiste kommt über 70 Ecken irgendwie vom Hörensagen, und wird durch das Vermengen von allerlei Diskussionssträngen zu ner reichlich verwirrten Grundsatzkritik. Vielleicht insgesamt doch eher die eigene Bequemlichkeit, Sachen selbst nich auf Reihe kriegen? Ist halt schon auch einfach die Ansprüche an andere immer Mega hoch zu Schrauben. 

Dann solltet ihr mal ein bisschen rauskommen aus eurer Supporter*innenblase. 

Es ist doch schon erstaunlich. Da schreibt ihr einen Brief an die Münchner Linke, die mit "Einladung für politische Solidarität" überschrieben wurde. Darin ist zunächst moralische Kritik zu lesen und eine Aufforderung sich doch jetzt bitte wieder eurem Kampf anzuschließen. Damals wie heute sei der nämlich mehr als nötig gewesen. Dann reagieren einige konstruktiv diese 'Einladung' und versuchen zu erklären warum sie und andere nicht mehr unterstützend bei euch tätig sind. Daraufhin fällt einigen nichts Besseres ein als mit Beschimpfungen zu reagieren und zu behaupten, es seien ein paar andere Schuld gewesen welche die dogmatischen Lehren falsch verstanden hätten. Und jetzt würde sich deswegen niemand mehr solidarisieren.

 

Klar, niemand will gerne Fehler zugeben und sich verantwortlich fühlen für schwindende Unterstützung. Das würden CSU Politiker*innen vermutlich genauso handhaben. Dann aber auch noch Unwahrheiten zu behaupten finde ich mehr als panne. Als ehemaliges Mitglied aus dem Unterstützungskreis kann ich nur sagen, dass versäumt wurde Dinge wie Suizid, sexuelle Übergriffe oder zweifelhafte politische und religiöse Einstellungen ausreichend zu thematisieren. Vielleicht solltet ihr mal ein bisschen mehr Selbstkritik üben und nicht wie Möchtegern-Übermenschen eure Erklärungen schreiben. Ja, die Antira-Szene ist in der Krise, aber das hat eben höchstwahrscheinlich auch etwas mit der häufig falsch verstandenen und hirnlosen Solidarität zu tun, die ihr immer gefordert habt.

 

Ich glaube langsam zudem, dass einige Unterstützer*innen an einer Art positiv verstandenem Orientalismus leiden. Geflüchtete sind für sie per se die sexy Kämpfer*innen, welche die Revolution machen werden. Insgeheim wissen manche Unterstützer*innen zwar häufig, dass solche Fantasien Quatsch sind, aber moralisch fühlen sie sich besser und unstressiger ist so eine Haltung allemal. Sie brauchen sich politisch zudem keine Finger mehr schmutzig machen. Insgesamt ähnelt das ganze Verhalten einem Teil der Critical Whiteness Posse. Was den Hardcore Critical Whiteness Leuten der kulturelle Ethnopluralismus zu sein scheint, ist den Supporter*innen der selbstlose und neoliberale Humanitarismus.

 

Liebe Unterstützer*innen liebe NCs, wenn ihr nicht klar kommt mit Kritik, dann unterlasst es doch bitte einfach solche Briefe zu schreiben und bleibt genau da stehen wo ihr seid. Denn für eine Auseinandersetzung und Reflexion braucht es mehr als nur hohle Phrasen und falsche moralinsaure Beschuldigungen. Alles Gute!

... aber auch andere Einrichtungen machen sich schon länger Gedanken. Der prominenteste Fall ist wohl dieser hier: http://jungle-world.com/artikel/2016/42/55027.html Und ohne dass es eine politische Zusammenarbeit auf gleicher Augenhöhe gibt, wird es nicht gehen.