Pressemitteilung zu der Besetzung
"Sehr geehrte Damen und Herren, am 17. August 2016 wurde das Wohnhaus „Am Planetarium 23“ im Namen der Menschen Jenas besetzt. Wie wir mit Entsetzen feststellen mussten, wurden im letzten Demonstrationsquartal zu geringe Demonstrationsgelder ausgezahlt. Des Weiteren wurden die von der Bundesregierung vereinbarten Sonderzahlungen, für das Aussetzen sämtlicher Aktivitäten während der Fußball-Europameisterschaft noch nicht geleistet. Da aus den oben genannten Gründen bezahlbarer Wohnraum für uns nicht mehr erschwinglich ist, sahen wir uns gezwungen den vorhandenen Freiraum Am Planetarium 23 zu beziehen.
Als neue Anwohner*innen des Damenviertels stellen wir mit Besorgnis fest, dass Nazis heute durch unseren schönen Stadtteil ziehen wollen. Um diesem Umstand entschieden entgegen zu treten, laden wir am heutigen Tag alle unsere Nachbar*innen, Freund*innen und Bürger*innen Jenas zu einem internationalen Straßenfest ein. Unser Ziel ist es ein Refugium für Mitmenschlichkeit, Toleranz, Demokratie und Courage zu schaffen. Ebenso wollen wir endlich unsere Kohle sehen!!!11!!
Wir möchten Sie als Pressevertreter/-Innen recht herzlich dazu einladen, der Besetzung beizuwohnen, um die Bürgerinnen und Bürger Jenas über unser Anliegen auf breiter Basis zu informieren. Für 10 Uhr ist eine Pressekonferenz der Besetzer*innen angesetzt. Es werden Kaffee und Schnittchen gereicht.
Mit freundlichen Grüßen"
Wir benötigen ab sofort unterstützer auf der Straße vor dem Planetarium 23!
Wir hoffen auf eure Gesellschaft, mobilisiert !!!
cool...
...das in jena wieder mehr passiert.
coole sache und solidarische grüße von einer "ex-thüringerin"!
„Mitmenschlichkeit, Toleranz, Demokratie und Courage“ ???
von: www.wolja.noblogs.org
"Mitmenschlichkeit, Toleranz, Demokratie und Courage" - kritische Anmerkungen für weitere Diskussionen
Aufgrund unseres Vorschusses an Solidarität für Aktionsformen, die den Rahmen standardisierten eingehegten Protestes teilweise aufsprengen, sowie der Ereignissfülle des Tages (Hess-Marsch von Thügida) etwas verspätet nur ein kurzes Statement zur Pressemittelung der Besetzer_innen (Einzelmeinung):
Um ein „Refugium für Mitmenschlichkeit, Toleranz, Demokratie und Courage zu schaffen“ waren zumindest einige der Unterstützer_innen der Solidaritätskundgebung vor dem Haus definitiv NICHT gekommen. Vielmehr sehen sie in diesen Schlagworten bürgerlicher Ideologie einen nicht geringen Teil dessen präsentiert, was eben ein Grundproblem der rassistischen, sexistischen, antisemistischen, kapitalistischen, arbeitsfetischistischen (etc.) Gesellschaft ausmacht. Dass diese auch mit dem Faschismus zusammenhängt, wie er uns heute begegnet scheint den Autor_innen der Pressemittelung nicht aufgefallen oder zumindest erwähnenswert zu sein.
Alles nur ein Witz, wie der lange schon wieder abgegriffene mit dem Antifa e.V.? Oder eine strategische Finte, um viel Presseaufmerksamkeit zu erzeugen und nicht gleich in die Ecke der bösen Krawallmacher_innen gestellt zu werden? Zu jenen, die gute Gründe haben, sich gegen die bestehende Gesellschaftsordnung zu positionieren und sie radikal verändern zu wollen – was auf vielen Wegen geschehen kann? Nehmen Menschen, die eine derartige Pressemittelung schreiben, sich selbst überhaupt ernst? Die Vermutung liegt nahe, dass sie es tun. Und dass sie genau diese Beliebigkeit erwähnter Phrasen adaptiert haben, weil sie darin ihre Ansichten vertreten sehen. Aber was ist die Aufmerksamkeit wert, wenn es an eigenen Inhalten offensichtlich mangelt?
Jena braucht ein Autonomes Zentrum! Nicht zur Selbstbespaßung, nicht als staatlich genehmigte „Soziokultur“, sondern als Ausgangspunkt, als Stützpunkt, für die Organisierung der Auseinandersetzungen um die befreite Gesellschaft.
Dies soll ein Anstoß zur gemeinsamen Diskussion um unsere teilweise unterschiedlichen Postionen sein. Dass die Besetzer_innen diese Aktion gemacht haben (und dies auf ihre Weise) ist eine gute Sache. Es ist eine unterstützenswerte Sache, denn damit gehen sie mal einen Schritt weiter, als viele andere. Sie wagen etwas, tasten sich vor auf ungewohntem Terrain. Wie sie jeweils zur PM stehen ist ohnehin eine offene Frage. Eben deswegen wäre es schön, in weiteren Austausch zu kommen. Lasst uns gemeinsam und mit mehr Menschen, ein Stück voran zu kommen, anstatt die schlechten Zustände zu verteidigen. Spannend wird, wohin dies führt...
Alles Gute allen Beteiligten und kritisch-solidarische Grüße! Wir hoffen auf einen gediegenen Nachgang dieses Kapitels!
Strategischer Zug
Da Anmelder der vor dem Haus stattfindenden Solikundgebung ein Mitglied der Partei, die PARTEI war und die Kundgebung als "internationalen Straßenfest" angemeldet wurde, ist davon auszugehen, dass es sich eher um eine strategische umformulierung der Ziele handelte.
Die Besetzung steht ja auch im Kontext der Thügida-Demo, der sich ein breites Bündnis, vor allem aus bürgerlichen Kreisen, entgegen stellte.
Ich kann zwar nur spekulationen äußern, aber mir erscheint das hochhalten bürgerlicher Ideale nachvollziehen, um so Teile des bürgerlichen Spektrums zu einer Solidarisierung zu bewegen.
Außerdem sind Mitmenschlichkeit und Toleranz als Solidarität lesbar, während Demokratie und Courage als Aufforderung der autonomen Selbstermächtigung verstanden werden können. Letzendlich wird nur eine - aus bürgerlichem Verständnis - nicht so negative Chiffre benutzt.