40 Linksextremisten greifen Sparkassenfiliale in Plagwitz an

Erstveröffentlicht: 
26.04.2016
Autonome Szene breitet sich immer mehr aus / Verfassungsschutz warnt vor weiteren Anschlägen
VON SABINE KREUZ UNDANDREAS TAPPERT

 

Leipzig. Angriffe auf Ordnungshüter, Hausbesetzungen und Pflastersteine gegen „Symbole des Kapitals“ wie Banken, Gerichtsgebäude oder Villen – die linksextreme Gewalt breitet sich in Leipzig auf immer mehr Stadtteile aus. Am Sonntagabend flogen in Plagwitz gegen 21.20 Uhr Pflastersteine, Farbbeutel und Bitumen gegen die Sparkassenfiliale in der Zschocherschen Straße. Dabei gingen mehrere Scheiben zu Bruch. Die Polizei sprach am Montag von einem „Mob von bis zu 40 Vermummten“. Die schwarz gekleideten Täter seien im Anschluss über die Rudolph-Sack-Straße verschwunden.

 

Vorgehen, Ziel und ein Graffito in der Nähe des Tatorts – „Fight against Nazis & Cops“ (Kampf gegen Nazis und Polizisten) – sprächen „einmal mehr die eindeutige Sprache linksextremistischer Täter“, urteilte die Polizei. Drei Verdächtige, die zu einer zehnköpfigen Gruppe im Clara-Zetkin-Park gehörten, wurden anschließend dingfest gemacht: Dabei handelt es sich um zwei Männer (25/26) und eine Frau (22). Indiz für ihre Täterschaft: Ein bei ihnen angesetzter Fährtenhund lief direkt zur betroffenen Bankfiliale. Nach der Feststellung der Identität wurde das Trio allerdings wieder auf freien Fuß gesetzt. Der Staatsschutz ermittelt. Alle drei sind bereits polizeibekannt. Der 25-Jährige aus Bitterfeld-Wolfen ist als linksmotivierter Gewalttäter aktenkundig. Die 22-Jährige aus Frankfurt am Main ist als linksmotivierte Straftäterin bekannt. Von dem 26-jährigen Halberstädter wurden im August 2015 am Rande eines Legida-Gegenprotestes in Leipzig die Personalien aufgenommen.

 

Für die Polizei sind Zwischenfälle wie diese nicht neu. „Nach unseren Erkenntnissen weitet sich der Linksextremismus in Leipzig auf weitere Stadtteile aus“, sagt Polizeisprecher Andreas Loepki. Neben Connewitz seien inzwischen mindestens vier weitere Stadtteile besonders betroffen: Lindenau, Plagwitz, Reudnitz-Thonberg und das Gebiet an der Eisenbahnstraße in Neustadt-Neuschönefeld. So gab es bereits im April 2012 eine sechsstündige Besetzung in einem Mehrfamilienhaus in der Naumburger Straße in Plagwitz, die als möglicher Auftakt von Protestaktionen gegen die Aufwertung von Stadtteilen und Mieterhöhungen galt. Im Juni 2014 zogen Linksautonome eine Schneise der Verwüstung durch Plagwitz. Polizeipräsident Bernd Merbitz sprach damals von „einer völlig neuen Qualität der Gewalt“. Aktivisten hatten einen LVB-Bus attackiert, brennende Barrikaden errichtet.

 

Die Polizei macht für das Ausbreiten der Szene auch Entwicklungen am Immobilienmarkt verantwortlich: Weil in Connewitz – dem jahrzehntelang bevorzugten Rückzugsgebiet der extremen linksalternativen Szene – inzwischen immer mehr Wohnungen saniert worden seien, fänden sich dort nicht mehr genug Quartiere, so Loepki. „Das führt zu einem gewissen Verdrängungseffekt.“

 

Auch die Mieten seien dort häufig geklettert – deshalb würden die Linksautonomen auch auf Quartiere ausweichen, die noch Platz bieten und billiger seien. Die Anschlagsziele verteilten sich mittlerweile über weite Teile Leipzigs. Loepki sprach von einer Ost-West-Schiene, wobei der Schwerpunkt im südlichen Bereich liege. Die Polizei beobachte zudem eine „Radikalisierung der Szene“, die mit Legida-Kundgebungen einhergehe.

 

Das Landesamt für Verfassungsschutz erklärte, Leipzig habe sich 2015 neben Berlin und Hamburg bundesweit zu einem Schwerpunkt linksextremistischer Gewalt entwickelt. In der Stadt konzentriere sich „ein starkes gewaltbereites Potenzial“, so Sprecher Martin Döring. „Die personelle Stärke, verbunden mit einem hohen Mobilisierungspotenzial sowie einem hinreichenden Unterstützerumfeld“ hätten ein hohes Aktionsniveau zur Folge. „Autonome fühlen sich dort sicher, da sie davon ausgehen, dass das gesellschaftspolitische Klima in der Stadt dies zulässt“, so Döring. Es müsse „mit einem weiteren Anwachsen des gewaltbereiten Potenzials und von Anschlägen“ gerechnet werden.“


Anschläge von Autonomen

7. Januar 2015: Etwa 50 Autonome attackieren den Connewitzer Polizeiposten mit Steinen, Farbbeuteln, Feuerwerkskörpern, werfen einen Brandsatz in einen Streifenwagen.

 

15. Januar 2015: 600 Linke zerstören im Verlauf einer Demo 40 Scheiben des Amtsgerichts.

 

29. Januar 2015: Drei unbekannte Täter attackieren die Außenstelle des Polizeireviers Südwest in Plagwitz mit Farbbomben und Steinen. Schaden: mehrere Tausend Euro.

 

26. März 2015: Etwa 60 Vermummte greifen das Gebäude der Staatsanwaltschaft an, schleudern Steine, zünden Böller.

 

24. April 2015: 15 Autonome attackieren die Ausländerbehörde der Stadt. Sie beschädigen 42 Fensterscheiben.

 

5. Juni 2015: Rund 100 Linksextreme verursachen am Simsonplatz und auf dem Cityring heftige Krawalle. Sie attackieren Bundesverwaltungsgericht und US-Konsulat, verletzen Polizisten.

 

6. August 2015: Vermummte Täter greifen nachts die Firma von AfD-Chefin Frauke Petry in der Weißenfelser Straße an, werfen Scheiben ein, verschütten stinkende Buttersäure und eine teerähnliche Flüssigkeit.

 

13./14. August 2015: Erneuter Anschlag auf das Amtsgericht: Täter beschmieren das Gebäude mit einer schwarzen klebrigen Flüssigkeit.

 

12. Dezember 2015: Bei linksautonomen Krawallen in der Südvorstadt werden69 Polizisten verletzt, 50 Dienstfahrzeuge beschädigt. Schaden: eine halbe Million Euro.

 

1. Januar 2016: Auf dem Gelände des Hauptzollamtes in Eutritzsch werden acht Behördenfahrzeuge zerstört. Schaden: 200 000 Euro. Auf dem linken Internetportal „Indymedia“ taucht ein Bekennerschreiben auf.

 

20. Februar 2016: Am Rathaus Leutzsch gehen mehrere Autos des Ordnungsamtes in Flammen auf.

 

7./8. März 2016: Auf einem Werkstattgelände in Lützschena werden fünf Bundeswehr-Lkw und ein Anhänger abgefackelt, weitere Fahrzeuge beschädigt. Autonome bekennen sich zu dem Brandanschlag.

 

24. April 2016: Angriff auf eine Sparkassen-Filiale in Plagwitz. F. D./S.

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