"Was nicht passt, wird passend gemacht": Der Frei(e)Bürger, März 2006 (Spiegelung von http://schattenparker.net/spip.php?article175 vom Oktober 2014)

Was nicht passt, wird passend gemacht
Ein Kommentar von Uli

erschienen in Der FreieBürger, März 2006

 

Ende Januar sah es so aus, dass es doch noch eine Lösung für die Schattenparker gibt. Ein privates Unternehmen war bereit ein Grundstück zur Verfügung zu stellen, auf dem die Schattenparker bis Ende Juli mit ihren Wagen unterkommen können. Der Übergangsstandort ist so geheim, dass noch nicht einmal die Schattenparker wissen um welches Gelände es sich handelt. OB Salomon entschuldigte sich sogar für „die Irritationen in den vergangenen Wochen“ und machte aber auch gleichzeitig klar, dass es langfristig keine Dauerlösung für die 30 Wagenburgler geben wird. Stellt sich die Frage, wie man „vertrauensbildende“ Verhandlungen führen will, wenn die Betroffenen nicht wissen, um welchen Platz es sich handelt und auch noch zum Schweigen über die Gespräche verdonnert werden.

 

Ansonsten verweist die Stadt auf die freien Stellplätze im Eselwinkel, obwohl die dortigen Bewohner in einem Schreiben an die Gemeinderatsmitglieder eindeutig gegen diese Pläne sind: „Da wir eine gefestigte Gruppe mit eigener Infrastruktur sind und unser Platz auf dem Eselwinkel unser Zuhause ist, kommen diese oder ähnliche Lösungen für uns keinesfalls in Frage. Die Bewohner des Rieselfeldes, ebenso die Schattenparker vertreten dieselbe Meinung und werden sich und ihre Gruppe nicht auseinanderreißen lassen“ In diesem Schreiben erklären die Bewohner nochmals deutlich: „Wir bestehen darauf, zu jedem Neuzuzug unsere Zustimmung und/oder unsere Absage abzugeben, um unser soziales Zusammenleben nicht zu gefährden, indem bei uns ein Abstellplatz für Menschen entsteht, für die die Stadt keine andere Lösung findet“.

 

Am 15. Februar erschien in der Badischen Zeitung ein Artikel mit der Überschrift: „Stadt will Wagenburg im Eselwinkel neu ordnen“. Diese Nachricht dürfte auch im Rathaus für einigen Wirbel gesorgt haben, denn wer sich etwas mit der Thematik Wagenburgen auskennt und zwischen den Zeilen lesen kann, dem wird klar, welche Lösung hier eventuell angedacht wird.

2007 endet der 10-jährige Benutzungsvertrag zwischen der Stadt Freiburg und den Bewohnern der Wagenburg Eselwinkel. In der Präambel des Benutzungsvertrages steht eindeutig: „Ein Rechtsanspruch auf Aufrechterhaltung der öffentlichen Einrichtung besteht nicht“ und „die Stadt kann die öffentliche Einrichtung insbesondere schließen, ... wenn das Gelände für andere Zwecke benötigt wird“.

Ist es, wenn man die Präambel im Benutzungsvertrag kennt, wirklich so abwegig, dass die Stadt die jetzigen Bewohner anderweitig, z.B. in den städtischen Übergangswohnheimen und auf den noch freien Plätzen im Rieselfeld unterbringen will?

Interessant ist dabei, dass am Mittwoch (22.2.06) eine Beiratssitzung auf dem Eselwinkel zu genau diesem Thema „Auslauf des Benutzungsvertrages 2007“ stattfindet und es morgens Gespräche mit den Schattenparkern gibt.

Plötzlich wird auch ein schärferer Ton gegen die dortigen Bewohner angeschlagen. OB Salomon spricht „von unzumutbaren Zuständen auf dem Eselwinkel“, obwohl er noch nie persönlich auf dem Platz gewesen ist. Der Öffentlichkeit wird auch immer wieder suggeriert, dass es sich bei den Bewohnern beider Wagenburgen um menschlichen Abfall handelt. Originalton der Stadt Freiburg für die Presse: „Zielgruppe für das Biohum: Menschen mit erheblichen psychischen und sozialen Problemen. Sozialpädagogische Betreuung durch Sozial- und Jugendamt“. Hierzu möchte ich als Bewohner der Wagenburg feststellen, dies ist schlichtweg gelogen. Wir werden von keinem Sozialarbeiter betreut, sondern wie in jedem normalen Mietshaus, kommt ein Hausmeister unregelmäßig vorbei, der sich um verschiedene platztechnische Dinge kümmert, einmal im Monat den Strom abliest und am Monatsanfang die Miete abrechnet. Des Weiteren sind wir auch keine „Drogen- und Alkoholkranke Menschen“, wie es immer wieder in der örtlichen Presse zu lesen ist. Hinter diesen Fehlinformationen der Stadt steckt Methode, so kann man, wenn es gerade passt, Stimmung gegen Menschen machen.

 

Auch Salomons persönliche Referentin Ilka Raven-Buchmann macht sich so ihre Gedanken und verkündet diese auf einer Mitgliederversammlung der Grünen: „Wenn der Platz anders strukturiert und herumliegender Schrott entfernt werde, seien weitere Parzellen möglich. Dann könne man das Gelände in zwei Bereiche einteilen: für die Alteingesessenen und für die Schattenparker“. Meint die gute Frau den menschlichen Müll, denn wenn man sich den Platz vor Ort anschaut, kann ich keinen Schrott in dieser Größenordnung entdecken um auf den freigemachten Plätzen die Schattenparker unterzubringen, es sei denn, die Stadt plant im Eselwinkel die erste Wagenburg mit zwei Stockwerken zu bauen.

Logischerweise erfuhren die betroffenen Bewohner des Eselwinkels diese Informationen aus der örtlichen Presse und nicht von der Stadt Freiburg.

Diese Planspielchen nehmen die Bewohner aller drei Wagenburgen sehr ernst und wehren sich dagegen, dass die Bewohner nun untereinander ausgespielt werden sollen. Mittlerweile treffen sich die Wagenburgler regelmäßig und überlegen, wie man gemeinsam gegen diese Politik vorgeht. Wichtig ist es, dass nun auch die beiden „legalen“ Wagenburgen mit in die Verhandlungen einbezogen werden, denn schließlich geht es jetzt auch um ihr Zuhause und da möchte man nicht erst aus der Presse erfahren, was die Stadt über die Köpfe der Betroffenen hinweg geplant hat.

 

Uli

 


 

Mehr dazu:

 

- Stadtverwaltung plant Vertreibung der Bewohner des Wagenplatzes am Eselswinkel - Pressemitteilung der Schattenparker 13.02.2006

- Brief der Eselswinkel-Bewohner  an die Gemeinderatsfraktionen

- Stadt will Wagenplatz am Eselwinkel neu ordnen - Artikel der Badischen Zeitung, 15.02.2006