[LÜB] Hinter den Kulissen von „Zukunft Heimat“

5. Dezember 2015 bei der Demo in Lübben

Seit Mitte 2015 orga­ni­siert der Ver­ein „Zukunft Hei­mat“ in den Spree­wald­städ­ten Gol­ßen, Lüb­ben und Lüb­benau regel­mä­ßige Demons­tra­tio­nen, Vor­träge und andere Aktio­nen. Zu Beginn rich­tete sich ihr Pro­test „nur“ gegen die Unter­brin­gung von Flücht­lin­gen in den Gemein­den, inzwi­schen fol­gen sie einer umfas­sen­den völkisch-nationalistischen Agenda.


Das Bünd­nis von „Zukunft Heimat“


Zu den Bünd­nis­part­ner des Ver­eins gehö­ren die Bran­den­bur­ger AfD, Pegida-Ableger aus der Region und die Grup­pie­rung der Iden­ti­tä­ren. Zur mög­li­chen Betei­li­gung des ver­bo­te­nen neo­na­zis­ti­schen „Spreelichter“-Netzwerkes an den öffent­li­chen Auf­trit­ten von „Zukunft Hei­mat“ sind hier und hier Hin­ter­grund­ar­ti­kel erschie­nen. Auf die dafür rele­vante Frage, wer denn an der Öffent­lich­keits­ar­beit von „Zukunft Hei­mat“ betei­ligt ist, rea­gierte der Ver­eins­vor­sit­zende Chris­toph Berndt Anfang des Jah­res verschnupft:


 „Wer die rela­tiv pro­fes­sio­nel­len Videos für den Inter­net­auf­tritt des Ver­eins her­stellt, will Berndt nicht sagen. Auch nicht, wer sie mit Ton­tech­nik und Ähnli­chem unter­stützt: ‚Das sind Freunde aus der Region.’ Deren Namen könne er nicht preis­ge­ben, der Druck und die Ver­däch­ti­gun­gen gegen die Bür­ger­in­itia­tive seien zu groß. Dass Rechts­ra­di­kale dar­un­ter seien, schließt er jedoch aus.“ (Lau­sit­zer Rund­schau, 5. Januar 2016)
Spä­ter hat der Ver­ein auf sei­ner Inter­net­seite und auf Face­book den Kon­takt zu „Spreelichter“-Neonazis der „Wider­stands­be­we­gung in Süd­bran­den­burg“ immer wie­der abge­strit­ten und sogar eine gericht­li­che Ver­fü­gung beim Land­ge­richt Ber­lin ein­ge­holt, die fol­gende Aus­sage unter­sagt: „In Süd­bran­den­burg steu­ert die 2012 ver­bo­tene ‚Wider­stands­be­we­gung’ Anti-Asyl-Proteste.“ Der bran­den­bur­gi­sche Ver­fas­sungs­schutz äußerte sich nur vage:


„Zudem ver­mu­tet der Ver­fas­sungs­schutz eine ‚Betei­li­gung von ehe­ma­li­gen Mit­glie­dern’ des 2012 vom Innen­mi­nis­te­rium ver­bo­te­nen Neonazi-Netzwerks ‚Wider­stands­be­we­gung in Süd­bran­den­burg’ an der ‚Pro­duk­tion oder Ver­brei­tung von Mobi­li­sie­rungs­vi­deos zu Pegida-Demonstrationen und des Ver­eins Zukunft Hei­mat (…) auf­grund gewis­ser Ähnlich­kei­ten in der Mach­art mit den Videos der ver­bo­te­nen rechts­ex­tre­mis­ti­schen Ver­ei­ni­gung’. Dies lasse ‚sich aber nicht bele­gen’.“ (PNN, 5. Februar 2016)


Es ist an der Zeit, die­sem Ver­steck­spiel ein Ende zu berei­ten. Im Fol­gen­den soll es um eine Per­son gehen, die an der Pro­duk­tion der Videos für den Ver­ein maß­geb­lich betei­ligt ist — um einen der omi­nö­sen „Freunde“ von Berndt.


Der Kame­ra­mann


Mar­tin Muck­war ist in dem Dorf Schlep­zig auf­ge­wach­sen und hat bis 2005 das Gym­na­sium in Lüb­ben besucht. Sei­nen Abschluss als Diplom-Logistiker hat er 2010 an der Fach­hoch­schule Wildau gemacht. Heute lebt er in Bes­ten­see. Er bestrei­tet „Mixed Mar­tial Arts“-Kämpfe für den „San Da Kempo Bes­ten­see“ e.V.. Für die­sen Ver­ein pro­du­ziert er Videos und ver­ant­wor­tet die Inter­net­seite für das dazu­ge­hö­rige Kampfsportzentrum.


Bereits die Initia­tive „Pro Züt­zen“ (Vor­läu­fer­or­ga­ni­sa­tion von „Zukunft Hei­mat“) beglei­tete Muck­war bei ihrer Demons­tra­tion am 30. Juni 2015 in Gol­ßen mit der Kamera und auch die spä­te­ren Demons­tra­tio­nen in Lüb­ben und Lüb­benau wur­den von ihm abge­filmt. Aus die­sem Mate­rial ent­stan­den die Video­clips, die oft kurz nach den Ver­an­stal­tun­gen von „Zukunft Hei­mat“ auf YouTube online gestellt wur­den. Die­sen Zusam­men­hang offen­bart ein Video­clip der AfD Bran­den­burg, die die Kund­ge­bung in Gol­ßen aus einer ande­ren Per­spek­tive filmt und dabei auch Muck­war am Rand zeigt — er filmt genau aus dem Win­kel, von dem aus offen­sicht­lich der „Zukunft Heimat“-Clip gedreht ist.


Schon wäh­rend sei­ner Schul­zeit war Muck­war Teil der loka­len Neo­na­zi­szene, die sich damals um den „Bun­ker 88“ in Lüb­ben gebil­det hatte. Die Schlie­ßung die­ses Nazi-Treffpunkts war Anlass für einen Auf­marsch am 12. April 2008 in Lüb­ben, an dem etwa 300 Neo­na­zis aus dem Spree­wald, Cott­bus, Ber­lin, Leip­zig, Dres­den und Hoyers­werda teil­nah­men. Bei die­sem Auf­marsch war Muck­war neben ande­ren Akti­vis­ten der spä­te­ren „Spree­lich­ter“ als Ord­ner ein­ge­bun­den. Rede­bei­träge kamen vom spä­te­ren Anfüh­rer Mar­cel Forst­meier, auf einem Hoch­trans­pa­rent stand die spä­tere „Spreelichter“-Losung „Die Demo­kra­ten brin­gen uns den Volkstod“.


Ab dem 23. Februar 2009 tauch­ten die „Spree­lich­ter“ mit neuen Akti­ons­for­men auf. Als Sen­sen­män­ner ver­klei­det misch­ten sie sich in den Kar­ne­vals­ums­zug in Muck­wars Hei­mat­dorf Schlep­zig. Sie ver­teil­ten Flyer und tru­gen wie­der ein Trans­pa­rent mit der Auf­schrift „Die Demo­kra­ten brin­gen uns den Volks­tod“. In dem Video zu der Aktion ist zu erken­nen, wie sie sich zu Beginn im Dach­ge­schoss eines Gebäu­des vor Ort umzie­hen. Ob sich Muck­war an die­ser Aktion betei­ligt hat, kann nicht mit Sicher­heit gesagt wer­den. Beim Video einer der nächs­ten „Spreelichter“-Aktionen am 17. August 2009 ist zumin­dest eine Per­son mit genau der Jacke zu erken­nen, die Muck­war bereits beim Auf­marsch 2008 getra­gen hatte. Mit einem „Hess­mob“ auf dem Vet­schauer Markt­platz wurde bei der Aktion an Hit­lers Stell­ver­tre­ter Rudolf Hess gedacht. Diese Selbst­in­sze­nie­rung durch Video­clips nach den Aktio­nen spielte im „Spreelichter“-Netzwerk eine zen­trale Rolle.


Flie­ßende Grenzen


Die „Spreelichter“-Videos wur­den bei YouTube bis 2010 über ein Pro­fil mit dem Namen „xXx­Jo­cheNxXx“ ver­öf­fent­licht. Auf Twit­ter gibt es ein Pro­fil mit dem glei­chen Namen, über das bis heute Tweets zur AfD, den „Iden­ti­tä­ren“ und dem Ver­ein „Zukunft Hei­mat“ ver­brei­tet wer­den. Dass die Gren­zen zwi­schen rech­ten Grup­pie­run­gen im Umfeld von „Zukunft Hei­mat“ inzwi­schen sehr flie­ßend ver­lau­fen, zeigt, dass das letzte Video der glei­chen Mach­art von der Demo in Lüb­benau am 19. März nicht vom Ver­ein selbst, son­dern auf dem YouTube-Kanal der „Iden­ti­tä­ren Berlin-Brandenburg“ ver­öf­fent­licht wurde.
Der Ver­ein „Zukunft Hei­mat“ ver­tritt offen völ­ki­sche, natio­na­lis­ti­sche und ras­sis­ti­sche Posi­tio­nen. Dass die Wider­stands­be­we­gung Süd­bran­den­burg den Ver­ein steu­ert ist wahr­schein­lich zu viel gesagt, denn hier wir­ken auch ande­ren Per­so­nen mit. Doch zwi­schen den „Spree­lich­tern“ und dem Ver­ein „Zukunft Hei­mat“ gibt es nicht nur eine inhalt­li­che son­dern auch eine per­so­nelle Kon­ti­nui­tät, was an Mar­tin Muck­war beson­ders deut­lich wird.


Es gibt kein ruhi­ges Hin­ter­land!

Zeige Kommentare: ausgeklappt | moderiert
bei "sind hier und hier Hin­ter­grund­ar­ti­kel"