Pädagogik bei traumatisierten Geflüchteten

Am 10.3. gab es auf ARD einen Bericht über Geflüchtete aus Syrien und einen älteren Begleiter aus D., der darstellte, wie er überfordert ist mit "seinen Jungs". Nun ist es offenkundig, dass schon manche Beziehungskrise Leute abhält Vokabeln zu lernen, die Dimension aber, aus einem Kriegsgebiet zu kommen, ist für viele hier gross gewordene kaum abzusehen.

http://www.ardmediathek.de/tv/Panorama/Fl%C3%BCchtlinge-und-Helfer-Willk...

 

Aus eigener Beobachtung kann ich sagen, dass das lernen der deutschen Sprache kaum was bringt, mein Bekannter aus Syrien, mit dem ich mich mehr auf englisch unterhalte, sagt regelmäßig, dass er die vielen Vokabeln regelmäßig vergisst, weil er in Gedanken bei seiner Familie und seinen Freunden in Nordostsyrien ist.

 

Meint ihr, dass man diese krassen Blockaden erstmal einfach hinnehmen muss, oder kennt jemand besonders wirksame pädagogische Konzepte, die sich bei deutsch als Fremdsprache (daF) oder anderen fachlichen Richtung bewährt haben? Sachen die beispielsweise auf Youtube vermittelt werden mit denen man überlegen kann, wie man anders ans lernen rangehen könnte? Oder gibt es in arabischen Ländern pädagogische Konzepte, die hierzulande erstmal keine Beachtung finden?

 

Ich bin auf Anworten in der Kommentarspalte gespannt.

 

Viele Grüße

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Die Antwort liegt tatsächlich schon in deiner Frage. Zitat: "mit dem ich mich mehr auf englisch unterhalte". Menschen lernen Sprach dadurch, dass sie mit Menschen sprechen. Natürlich ist es viel leichter für DICH, mit deinem Freund Englisch zu sprechen, anstatt Deutsch. Aber erst wenn er ein Gefühl für die Sprache bekommt, wird es im leicht fallen, neue Wörter zu lernen. Es gibt viele Menschen aus Großbritannien u. den USA, die leben seit vielen Jahren hier in D ohne die Sprache zu lernen, der Grund ist hier ganz einfach: In den Großstädten kommst du auch leicht ohne Deutsch, nur mit Englisch klar und viele Deutsche freuen sich ja auch, wenn sie eine Gelegenheit bekommen Englisch zu sprechen.

wie  oben schon kurz angerissen, kann es je nach dem wie mensch lernt, auch hinderlich sein sich mit vokabeln zu beschäftigen. den wortschatz mit vokabeln zu erweitern ist schon eine spezialisierung un ohne grundverständnis der sprache oft eine überforderung. förderlicher wäre sicher mehr deutsch zu sprechen. weiter ist "lernen" von mensch zu mensch oft sehr verschieden, eine ferndiagnose is eh schwer, es könnte zb auch eine konzentrationsschwäche oder aufmerksamkeitsdefizit sein welches das lernen erschwert. ist dein freund in einer willkommensklasse oder besucht er einen "sprachlernkurs/deutschkurs" o.ä.? bei diesen kurse kommt es oft vor, dass der unterricht nach 2-3 wochen wieder von null anfängt weil laufend änfanger in der kurs kommen?

und hat er regelmäßig kontakt zu seiner familie? videochat oder regelmäßige telefonate können da oft helfen sich nicht "so viele" sorgen zu machen...ich weiss das is leicht gesagt, aber aus erfahrung weiss ich dass es den betroffenen oft hilft.

 

in welcher phase des "ankommens" ist dein freund denn? ist das asylbegehren anerkannt? wie ist die wohnsituation? gibt es verwanschaft oder enge freunde in berlin? wie alt ist dein freund? hat er außer dir soziale kontakte? hat er eine tagesstruktur? wäre regelmäßiger sport vielleicht was? in kreuzberg bei hansa 07 gibt es die "champions ohne grenzen" das spielen viele menschen mittwochs zusammen fußball...die anbindung an sportvereine ist sonst oft schwer, vor allem wenn noch kein offizielles papier vorhanden ist, auch mit duldung geht oft fast garnix.

ich kann dir gerne ma liste mit angeboten schreiben wenn interesse besteht.

 

therapeutische betreuung ist sicher sinnvoll, nur ist die frage in welcher form sowas realisierbar ist. arabisch sprachige psychologen/psychotherapeuten gibt es ohnehin nur eine hand voll in berlin, vielleicht auch zwei hände...aber diese total überfordert/überlaufen, da ist es fast unmöglich reinzukommen. vielleicht ma einen arabischen hausarzt aufsuchen, vielleicht können die euch weiterhelfen. oder über die ärztekammer.

 

hier ma n link zu kostenlosen beratungsstellen:

 

http://www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/arbeitshilfen/adrflueberatung.pdf

 

ich hoff es war vielleicht irgendwas dabei was euch weiterhilft

 

ajt jute

Hi,

schau mal unter diesem Link, da kannst du erste Ideen finden. http://www.bag-traumapaedagogik.de/index.php/downloads.html Inzwischen sind Traumapädagogen und -therapeuten in DE ganz gut vernetzt, so dass du auch in deiner Nähe Ansprechpartner finden solltest, die dir mit Informationen weiterhelfen können. Letzt Endes geht es darum, soviel Sicherheit wie möglich zu erarbeiten, also Existenzsicherung, soziale Kontakte, etc., wie es in den einem Kommentar bereits ausführlich beschrieben wurde.

Man kann sich das in etwa so vorstellen: Wenn der Arbeitsspeicher des Gehirns voll ist mit Gefühlen (Ängste, Sorgen, Unsicherheit, ...), die dem Betreffenden als wenig handhabbar erscheinen, sind nur noch geringe Kapazitäten zur Aufnahme von Gedanken, Lerninhalten vorhanden. Je mehr äußere Sicherheit vorhanden ist, desto besser kann sich das Stresssystem regulieren und der Kopf wird freier für klare Gedanken. ZUdem könnte es Sinn machen, den Druck des Spracherwerbs rauszunehmen und statt dessen zu schauen, was der Betreffende alles kann, geschafft und bewältigt hat.

Vielleicht ist das für den Anfang hilfreich und erspart fürs Erste den Weg zum Therapeuten.

Viel Erfolg euch beiden

vllt. ist das jetzt weniger hilfreich, jedoch habe ich immer mal wieder -Trauma oder nicht- Menschen getroffen, die eher drauf warten, dass das Sprechen zu ihnen kommt, als das Bemühen der Aneignung in die eigene Verantwortung zu nehmen.
Das waren aber selbstgewählte Situationen und Sprachen.
Jemanden zu interessieren, ist in Notlagen eine sicher schwierigere Situation. Neben Alltäglichem, vielleicht mit Humor arbeiten? Cartoons, Bilder beschreiben, oder falls Ressourcen vorhanden sind, Kochen und darüber "sprechen".
Ist auch abhängig davon, was von wem verlangt wird. OT: Auf Schulhöfen wurde Zweisprachigen in Deutschland schon versucht, das Sprechen in der Nicht-Deutschen Muttersprache zu verbieten, was ja völlig beknackt ist.
Sprechen ist durchlässig in mehrere Richtungen. Klingt komisch.
Arabische Fibeln für Deutsche gibt es doch verschiedene: Nehmen und Deutsch übersetzen; für den Anfang?