Im zurückliegenden Jahr ist die Zahl der rechtsmotivierten und rassistischen Angriffe deutlich angestiegen. Das geht aus Zahlen hervor, die die Opferberatung des RAA Sachsen e.V. gestern in einer Pressekonferenz vorgestellt hat. Als Schwerpunkte der Gewalt nannte Andrea Hübler von der Opferberatung die Städte Dresden (116) und Leipzig (77), sowie die Landkreise Leipzig (56) und Sächsische Schweiz/Osterzgebirge (55). Während sich die Angriffe in Dresden (+142%) und dem Landkreis Leipzig (+180%) mehr als verdoppelt haben, wurden in den Landkreisen Sächsische Schweiz/Osterzgebirge (+267%) und Meißen (+240%) sogar dreimal so viele Angriffe gezählt. Insgesamt kam es in Sachsen im vergangenen Jahr zu mindestens 477 rechtsmotivierten und rassistischen Angriffen. Ein Großteil dieser Angriffe war rassistisch motiviert (285) oder richtete sich gegen politische Gegnerinnen und Gegner (141).
Nicht nur PEGIDA, sondern auch die flächendeckend überall in Sachsen zu verzeichnenden Anti-Asyl-Proteste hätten nach Angaben von Andrea Hübler „besorgniserregende Ausmaße“ angenommen und „ein Klima des Hasses“ erzeugt: Neben einer Vielzahl von Attacken gegen Geflüchtete und politisch Andersdenkende hätten vor allem die Angriffe auf bewohnte und unbewohnte Asylunterkünfte deutlich zugenommen.
Nach einem leichten Anstieg 2014 habe sich seit 2012 rechtsmotivierte Gewalt sogar mehr als verdoppelt. Insgesamt 74 dieser Angriffe wurden auf oder im direkten Umfeld von Asylunterkünften verübt – darunter 19 Brandstiftungen und 21 gefährliche Körperverletzungen (u.a. mit Steinen oder Sprengsätzen/Böllern). Auch der Großteil dieser Angriffe fand im Landkreis Sächsische Schweiz/Osterzgebirge (16), Dresden (14) und dem Landkreis Leipzig (9) statt.
Zu mindestens 72 Übergriffen sei es am Rande von politischen Veranstaltungen gekommen. Diese richteten sich dabei nicht nur gegen politische Gegnerinnen und Gegner (52), sondern auch gegen Vertreterinnen und Vertreter der Presse (16). Knapp 90% der 2015 stark (+86%) angestiegenen Gewalttaten wurden in Zusammenhang mit dem Thema Asyl verübt – 60% davon waren rassistisch motiviert und trafen vor allem Asylsuchende, 25% richteten sich gegen jene Menschen, die aufgrund ihres Engagements für Geflüchtete oder gegen PEGIDA und ähnlichen Organisationen als politische Gegnerinnen und Gegner attackiert wurden und 4% gegen Journalistinnen und Journalisten, die in diesem Zusammenhang berichteten. Am häufigsten handelte es sich bei den Angriffen um Körperverletzungen (298), gefolgt von Nötigungen/Bedrohungen (139).
„Am Thema Asyl spaltet sich zweifelsohne derzeit die Gesellschaft – erschreckend ist, wie gegen alles was als politischer Gegner wahrgenommen wird, gewaltsam vorgegangen wird: massive Bedrohungen, gesprengte Fahrzeuge und Parteibüros, Attacken auf Journalisten – die Verunglimpfung als Volksverräter und Lügenpresse haben die Hemmschwelle gesenkt.“ so Andrea Hübler abschließend.
Bereits seit 2005 dokumentiert die Opferberatung des RAA Sachsen e.V. die Übergriffe und unterstützt Betroffene bei der Bewältigung von Folgen rechtsmotivierter und rassistischer Gewalt. Ein Beratungsfall kann sich dabei je nach polizeilicher Aufklärung, juristischer Strafverfolgung oder notwendiger psychosozialer Beratung über einen Zeitraum von mehreren Jahren erstrecken.
sachsen 2016
http://www.ari-berlin.org/
Rechte Gewalt in Sachsen - Vorfälle 2016 (28. Februar 2016)
Angesichts der offenen rassistischen Gewalt in weiten Teilen Sachsens haben wir eine Recherche zu rechten Vorfällen im Jahr 2016 durchgeführt. Neben Zeitungsartikeln haben wir Polizei-Mitteilungen aller Polizeidienststellen in Sachsen gelesen/ausgewertet. Nach dieser Recherche gab es vom 1. Januar bis zum 22. Februar 2016 (53 Tage) 107 rechte Vorfälle. Viele dieser Vorfälle scheinen in der Öffentlichkeit nicht wahrgenommen zu werden.
Schwerpunkt rechter Gewalt 2016 scheinen die Regionen Chemnitz/Erzgebirge und Bautzen zu sein. Hier gab es zahlreiche Propagandadelikte, Überfälle und Anschläge.
In den Polizeiberichten werden rassistische Übergriffe in der Regel nicht als solche benannt, häufig entpolitisiert oder schlichtweg verharmlost, oft findet eine Täter-Opfer-Verwischung statt.
Besonders fallen uns auf:
Die Übersicht der Internet-Recherche finden Sie hier als PDF-Dokument.
siehe auch
Brandanschläge und rassistische Angriffe auf Unterkünfte 2015