Über die Zusammenhänge von islamistischem Terror und staatlicher Instrumentalisierung

Der folgende Artikel stellt einen möglichen Erklärungsansatz der jüngsten islamistischen Terroranschläge in Europa und ihrer staatlichen Instrumentalisierung zur Diskussion - wie kann das Muster aus terroristischen Anschlägen und sofortiger Schuldigenfindung und -bekämpfung über die offizielle Kriegsrhetorik hinaus bewertet werden ohne einen Rückgriff auf unterkomplexe Weltverschwörungstheorien?

Für manche*n vielleicht ein offensichtlicher Zusammenhang, für andere sicherlich konträr zu ihren Deutungsmustern, hoffentlich trotzdem interessant für einige.

 

1. anzunehmende Faktenlage und offene Fragen

Der Medienberichterstattung ist zu entnehmen, dass die Täter der Anschläge einen islamistischen Hintergrund hatten. Ungeachtet der Kontroversen um gefälschte syrische Pässe und der Frage, wie die Medien denn die Echtheit des IS-Bekennerschreibens beurteilen wollen, legen die öffentlich bekannten Details und auch die Wahl des Bataclan den Schluss nahe.

Neben der unsäglichen Unterscheidung zwischen den pariser Opfern und den hunderttausenden Opfern des IS auf der anderen Seite des Mittelmeers, übersteigen die Reaktionen der westlichen Staaten das den Ereignissen angemessene auf eine Weise, die die Anschläge förmlich als einen willkommenen Anlass erscheinen lässt. Zudem gab es wie auch bei vielen prominenten Anschlägen der letzten Jahre eine in seiner Gesamtheit auffällige zeitliche Nähe  zu Notfallübungen mit enorm ähnlichem Szenario.

Auch wenn anders als bei geschichtlich belegtem staatlicher Einflussnahme auf Terrorismus (wie z.B. Gladio, Genua 2001 und möglicherweise der NSU) ein genuiner islamistischer Anschlag naheliegt, stellt sich die Frage nach der Instrumentalisierung des IS durch die westlichen Nationen:

 

2. Was wäre die "westliche Welt" ohne islamistischen Terror?

Ohne Al-Qaida und den IS täten sich für die westlichen Industrienationen folgende Probleme auf:

auf wirtschaftlicher Ebene:

  • offener Imperialismus ist in zu weiten Teilen der Gesellschaft nicht mehr vermittelbar
  • Krieg auch nicht
  • Imperialismus und Krieg sind aber nunmal sehr profitabel

auf nationalstaatlicher Ebene:

  • es braucht immer ein "humanistisches" Narrativ zur Begründung von Kämpfen um Hegemonie (z.b. gegen Russland in Syrien)
  • ungeschwächt von Terror und Diktatur, könnten die Nationalstaaten gleichberechtigt(er) verhandeln (die Geschichte des Iran ist da ein gutes Beispiel)
  • ohne äußeren Feind könnte den Menschen auffallen, dass Nationalstaaten eigentlich eine dumme Idee sind

Alles in allem gibt es aus Sicht der westlichen Nationalstaaten also durchaus ein Interesse daran, das Erdöl aus den IS-Gebieten zu kaufen, statt den IS finanziell auszutrocknen, und an einer militärischen "Lösung" und europäischer Abschottung.

 

3. Wie kommt es ohne einen Masterplan dennoch zu dieser Instrumentalisierung?

Organisationen und Menschen kämpfen immer zuerst für ihren eigenen Erhalt bzw. den ihrer Rolle.

  • die unreflektierte "Arbeiterklasse" kämpft immer zuerst um Arbeit (und verteidigt ihr Privileg, ausgebeutet zu werden, gegen "die anderen")
  • die Sicherheitsapparate der Staaten wollen natürlich eine militärische Lösung (sonst wären sie überflüssig)
  • z.B. die deutschen (oder auch französischen) Unternehmen wollen Waffen, neue Infrastruktur etc. verkaufen und billige Rohstoffe
  • die Nation will sich als künstliches Konstrukt behaupten, auf wirtschaftlicher Ebene wie auch auf nationalstaatlicher Ebene gegen andere Nationen

 Fazit

Von "Kampf gegen den Islamismus" ist es nicht weit zu antimuslimischem Rassismus und einem imperialistischen Krieg, von "westlicher Einflussnahme" nicht weit zu wirren Geschichten über CIA und Mossad. Es bleibt Aufgabe der radikalen Linken, dem Rassismus des Staates und der Straße entschieden entgegen zu treten und Imperialismus zu benennen, ohne sich in Freund-Feind-Schemata zu verrennen.

 

(hier übrigens ein interessantes Video zu westlicher Einflussnahme im "Orient", leider mit sehr hässlichem Populismus gegen Israel am Ende)

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das übliche "Wem nützt es ? " reicht wohl wirklich nicht mehr aus, um diesen ganzen Wahnsinn halbwegs einzuordnen. Aber an den darauf folgenden Reaktionen lässt sich schon ein klein wenig erkennen, auf was da "hingearbeitet" wurde. Ein Rest-Chaos (verwirrte oder durchgedrehte Menschen) wird es immer geben, aber ausser dem NSU scheint sich der deutsche Staat ja recht zuverlässig gegen seine Feinde zu schützen. Das schlimme : je besser es sich als "Verschwörungstheorie" hinstellen lässt, desto dichter der Nebel um die wahren Hintergründe. Das Kapital geht lächelnd über Leichen, was wohl die gesichertste Erkenntnis der jüngeren Geschichte sein dürfte. Die Religionen passen da entweder ins Konzept oder nicht.

was genau soll innerhalb der EU mit dieser instrumentalisierung erreicht werden? denkt jemand ernsthaft das ein hollande oder eine merkel ein interesse daran haben, das die afd und die front national durch diese anschläge deutlich zulegen?

 

und habe ich das nur so herausgelesen oder vetritt der verfasser des textes wirklich die annahme das der IS vom westen in seiner form so gewollt wäre?- wer ist "der westen"?

 

wieviele nebelkerzen will man eigentlich noch zünden um zu verschleiern was der islamismus für eine ideologie ist?

das der westen wie am beispiel des irans in den 1950er jahren und bei der zusammenarbeit mit al-qaida gegen die sowjets durch seine kurzfristig gedachten allianzen oder profitbestrebungen genug scheisse angerichtet hat-geschenkt. das der islamismus ohne die fehler und verbrechen des westens oder die militäraktionen unter Bush niemals so groß geworden wäre, ist auch gut möglich bis realistisch.

 

das man aber im umkehrschluss den islamismus auf "arme unterdrückte menschen" beschränkt die gegen den westlichen imperialismus kämpfen, ist einfach mal gefährlicher humbug.

was ist dann mit den reichen islamistischen ländern wie saudi-arabien, katar usw? sind die auch alle nur unterdrückt und handeln aus frust gegenüber dem bösen westen?

und dieses gerede vom antismuslimischen rassismus, kotz! antisemitismus ist auch kein "antijüdischer rassismus". wenn überhaupt, dann müsste man wohl in erster linie vom anti-arabischen rassismus reden. pierre vogel wir einfach kein araber, egal wie fest er an den islam glaubt. die wenigsten reden ausserdem von indonesien wenn es um den islamismus geht.

ja, es gibt rassistische vorurteile gegenüber menschen aus diesen kulturkreisen. diese vorurteile gibt es allerdings auch gegenüber bulgaren und rumänen (das war schliesslich vor 2 jahren noch das große thema, so schnell kann es gehen)

 

so; und jetzt bitte einmal nicht meine worte im munde herumdrehen. kaum jemand in der linken hat ein problem damit wenn man gewisse aussagen zu deutschen und deutschen eigenarten trifft. letztens habe ich einen reiseführer über mexiko gelesen wo von "machokultur" die rede ist. seit ehrlich zu euch selbst-kaum einer stört sich daran. genauso darf man die japansiche kultur als "irgendwie verrückt" ansehen und den hinduismus in indien mit seinem kastensystem "pervers" finden. all das ist auch innerhalb der linken in deutschland absolut kein skandal, obwohl es sich um pauschale zuschreibungen zu bestimmten kulturen, gruppen etc. handelt.

aber sollte man sich einmal frei schnauze und ohne jedes wort zehnmal umzudrehen, zu kulturellen defiziten äussern die es in islamischen, arabischen ländern gibt, dann ist der erste nicht weit der "rassismus" schreit und sofort anfängt alles zu relativieren, weil es irgendwo in "...."anno dazumal 1876 von der religiösen gruppierung ..... auch so eine tat gegeben hat, oder im kopftuch ein feministisches symbol sieht was "ein europäischer mann ja gar nicht beurteilen dürfte" weil "man es nie versteht" und überhaupt war der kolonialismus ganz schlimm und so...

"was genau soll innerhalb der EU mit dieser instrumentalisierung erreicht werden? denkt jemand ernsthaft das ein hollande oder eine merkel ein interesse daran haben, das die afd und die front national durch diese anschläge deutlich zulegen?"

 

Hatte ein Hitler Interesse daran, ein ganzes ... ähmm ... Volk zu instrumentalisieren ?

 

Vielleicht nicht Merkel, nicht Hollande. Die beiden mal als Staatsoberhäupter betrachtet :

 

"Der Staat ist das Machtinstrument der herrschenden Klasse"

 

Und letztere hat Interessen, reichlich sogar

die dazwischen und deren konsumverhalten machen es noch schlimmer. wer wäre dafür zuständig, den superreichen alles wegzunehmen, was über umgerechnet 1 milliarde euro (to start with) hinausginge? damit wären sämtliche großkonzerne vermutlich auf eis gelegt . es gäbe nicht mehr die wahl, das intensiv beworbene corporate produkt zu kaufen.  die überschüsse würde welche instanz wohin verteilen?

 

würde nicht die weltwirtschaft zusammenbrechen und eine vielzahl regionaler verteilungskonflikte brächen aus, weil nicht überall die gleichen ressourcen und produkte vorhanden sind?

 

nur so ein gedankenspiel, rückbau. gäbe es dann noch kriege? wenn ja, wer wäre dafür zuständig, die produktion sämtlicher (to start with) massenvernichtungswaffen zu stoppen und alle depots zu vernichten?

 

würden die menschen dann am ende mit mistgabeln aufeinander losgehen, weil der todestrieb dann doch in ihnen selbst und nicht nur eine reaktion auf die umstände?

 

oder mit dem schwert?

Der Idee tatsächlich auf Indymedia eine von den "einige Gedanken zu"-Diskussionen anzuzetteln, die ich sonst immer ganz schrecklich finde, ging die Lektüre des  verlinkten Artikels zu der auffälligen Nähe von Antiterror-Übungen zu passenden Anschlägen voraus, und daraus die Erkenntnis, dass sich in einem waffenexportierenden Land mit imperialistischer Geschichte und Rohstoff-Bedarf die Partikularinteressen der Akteur*innen doch sehr gut zur aktuellen Situation verdichten, obwohl für sich genommen niemand (außer den Islamist*innen) den IS als solches liebhat.

Damit sollte keineswegs suggeriert werden, "die da oben" hätten mal wieder einen islamistischen Terroranschlag fingiert und die Restbevölkerung hätte nichts damit zu tun. Aber es ist ja offensichtlich, dass "Menschenrechte" insbesondere in diesem Konflikt nur als moralisches Totschlagargument (pun intended) dienen und ich finde es im Gegenteil bemerkenswert, wie gesamtgesellschaftliche Realitäten im Kapitalismus es am Ende ermöglichen, dass sich die meisten Beteiligten in ihrem Tun wahrscheinlich noch sehr vernünftig vorkommen, obwohl die Auswirkungen dieser Politik durch die Flüchtlingsbewegungen auch in Europa nicht mehr zu ignorieren sind.

Dem wäre sicherlich entgegenzuhalten, dass möglicherweise ehrlich versucht wird, den IS zurückzudrängen. Dazu sei nur die kritische Rezeption des unten verlinkten Videos empfohlen und in polemischer Zusammenfassung gesagt, dass das im Irak und in Afghanistan ja auch schon prima funktioniert hat. Demokratie, die Gewalt des Volkes ;)

Wer denn "der Westen" sei, ist definitiv ein Definitionsschwachpunkt, deshalb habe ich den Begriff in einer Überschrift auch in Anführungzeichen gesetzt. Für bessere Begrifflichkeiten bin ich offen. Mir ging es einerseits nicht um eine feste Liste von Nationalstaaten, andererseits sind die jeweiligen komplexen Interessensgeflechte durchaus interessant. NATO? Ich glaube kaum, dass alle NATO-Mitgliedstaaten tatsächlich imperialistische Interessen verfolgen. Andererseits habe ich den Eindruck, dass es eben insbesondere "westliche" Staaten sind, die sich aus welchen Gründen auch immer am "Krieg gegen den Terror" beteiligen, aber gleichzeitig ja offensichtlich nicht, weil sie mit Islamismus als solches ein Problem haben - siehe Saudi Arabien.

 

Ich wollte mit dem Artikel auf keinen Fall die menschenfeindliche Ideologie des IS verharmlosen und ihn auch nicht als "Erfindung" von imperialistischen Mächten darstellen. Es gibt (zumindest bei mir) da leider ein Informationsdefizit zwischen Leitmedien-Artikeln, die allzu oft die ja eigentlich spannende Finanzierung solcher Gruppen nicht genauer beleuchten, und unsicheren Informationen im Internet, die zu schnell in einseitigen Antiamerikanismus abtrifften.

 

Selbstverständlich ist die religiöse Rechtfertigung nicht zu verachten, wenn sich Menschen freiwillig selbst in die Luft sprengen. Es wird zu Rassismus, wenn außer acht gelassen wird, dass die Bereitschaft dazu nicht zuletzt viel mit einer als ausweglos empfundenen sozialen Situation zu tun haben dürfte, in der Menschen z.B. aus einem Banlieu ohnehin keine ökonomische Perspektive haben und/oder sich mangels gesamtgesellschaftlicher Teilhabe über die Religion abgrenzen. Wer den Islam mit dem IS kritisieren will, muss auch das "christliche Abendland" mit Bush Jr.s Gebeten beschreiben.