Schlafende (weiße) Babys, strahlende (blauäugige) Kleinkinder, glückliche (heterosexuelle) Hochzeitspaare und weichgezeichneter Kitsch ohne Ende – so der erste Eindruck beim Besuch der Facebook-Seite der Auftragsfotografin „Charlotte Friedrich“. [1] Unter diesem Pseudonym arbeitet die Neonazistin Melanie Witassek (geboren 1985) nun seit mindestens dreieinhalb Jahren in Potsdam, Berlin und Umgebung.
Im Frühjahr 2001 – im Alter von 15 Jahren – wird sie im Zuge der
Veröffentlichung einer Studie der Universität Potsdam zu rassistischen
Einstellungen in den neuen Bundesländern von einem Journalisten
interviewt. Dadurch wird sie erstmals einer interessierten
Öffentlichkeit bekannt. Bereits damals äußerte sie sich rassistisch, als
sie angab jeglichen Kontakt zu „Fremden“ zu meiden und weiter: „They’re
different,“ she said. „There are too many of them here. I don’t like
them.“ [2]
Kurze Zeit später erfolgte dann die Orientierung an die Neonaziszene der Brandenburger Landeshauptstadt. Der Weg von der konsensfähigen Ablehnung alles vermeintlich Fremden, getarnt in Begriffen wie Angst und Besorgnis, hin zur aktiven Praxis, die sich in einem Anschluss an eine neonazistische Szene zeigte, war ein kurzer. Schnell wurde sie zu einem Teil dieser Szene und hatte Kontakt zu den „ganz Großen“ – dazu zählen die wichtigen Neonazis der RechtsRock-Szene wie Martin Rollberg und dem mutmaßlichen NSU-Mitwisser und Szenegröße Uwe Menzel. Aber auch zum ehemaligen Mitarbeiter der Neonazi-Szenekneipe „Zum Henker“ Danny Leszinski der ebenso wie Menzel dem „Blood & Honour“ Netzwerk zu zu rechnen ist. Mit Leszinski war sie im Jahr 2003 beim jährlichen Nazi- und Neonazigroßaufmarsch in Halbe. [3] Im Jahr 2003 veröffentlichten Menzel und Rollberg zusammen mit weiteren Neonazis ihr erstes Album („Ausser Kontrolle“) der gemeinsamen Band „Bloodshed“. In diesem wird Melanie Witassek abgebildet und von Martin Rollberg aka „William“ gegrüßt. [4]
Im Jahr 2002 taucht Witassek auch immer öfter mit ihrer Kamera am Rande antifaschistischer Veranstaltungen auf und versucht sich in selbsternannter „Anti-Antifa“-Arbeit. Diese trägt bereits im Januar 2003 sichtbare Früchte, als die Homepage der „Anti-Antifa Potsdam“ online geht. Auf dieser werden Menschen die sich vermeintlich oder tatsächlich der Neonaziszene entgegenstellen und alternative und linke Treffpunkte veröffentlicht. Die Auflistung der als „Drecklöcher“ betitelten linken Wohnprojekte dient der Einschüchterung der dort Wohnenden sowie der Übersicht für die Neonaziszene über noch anzugreifende Häuser. Deutlich wird dies dadurch, dass das dort geführte Haus des Chamäleon e.V. auf der Seite bereits durchgestrichen war. [5] Denn hier ereignete sich kurz zuvor, am 31. Dezember 2002 ein gezielter Angriff an dem auch Melanie Witassek beteiligt war. Neben ihr waren auch Andre Ewers, Jens Franke, Michael Gent, Heiko Groch, Oliver Kalies, Danny Leszinski, Steve Schmitzer und Torsten Schümann an dem Angriff beteiligt, der von der Wohnung von Mike Marten (Gutenbergstr. 111) ausging, wo die Neonazis gemeinsam feierten. [6]
Im Sommer 2005 beteiligte sich Witassek dann an mehreren gewalttätigen Angriffen auf vermeintliche oder tatsächliche Linke in Potsdam. So war sie bei einem Angriff am 19. Juni in einer Straßenbahn in Babelsberg beteiligt. Hierbei wurde eine Person, die vom antirassistischen Stadionfest aus losfuhr, angegriffen. Im Juli beteiligte sie sich zusammen mit den Neonazis Oliver Oeltze, Oliver Kalies, Danny Leszinski, Thomas Pecht und Benjamin Oestreich am sogenannten „Tram-Überfall“ in der Potsdamer Innenstadt, bei dem es zu einem Angriff auf zwei linke Studierende kam. [7] Danach zog sie für mehrere Jahre nach Berlin und ist seit spätestens 2011 wieder in Potsdam wohnhaft.
Seit mindestens zwölf Jahren bewegt sich Melanie Witassek nun in der organisierten Potsdamer und Berliner Neonaziszene. Ihr Interesse an Fotografie nutze sie damals zur politischen Arbeit, heute dient ihr ihr Hobby als Beruf. In den Jahren 2002 bis 2006 waren es vornehmlich linke Aktivist_innen und Antifaschist_innen die sie fotografierte und heute sind es Babys, Kleinkinder und Hochzeitspaare.
Perspektiven auf Neonazis, die unkritisch gegenüber Heteronormativität und Sexismus sind, könnten glauben, dass durch den Rückzug von Aktivistinnen (wie im Fall Witassek), aus dem auf den ersten Blick sichtbaren Feld antifaschistischer Analysen (u.a. Demonstrationen, öffentliche Veranstaltungen), diese vermeintlich unwichtiger oder sogar ungefährlicher werden. Dem gegenüber steht die Expertise zahlreicher antifaschistischer Zusammenhänge, Journalist_innen und Wissenschaftler_innen, die sich seit vielen Jahren mit der Thematik beschäftigen und immer wieder die Bedeutung und Gefährlichkeit dieser – aus dem sichtbaren Feld verschwundenen oder zurückgezogenen – Frauen bestätigen. Bei Melanie Witassek handelt es sich um eine langjährig aktive, in militanten und völkischen Strukturen sozialisierte und überzeugte Neonazistin, die einen der wichtigsten Kader der Potsdamer Neonaziszene – Mirko Kubeler („Freie Kräfte Potsdam“, ehemals „Infoportal Potsdam“ „Junge Nationaldemokraten“ JN, „Licht und Schatten“, „Ein Licht für Deutschland“, „Der III. Weg“) – als Partner hat und mit diesem gemeinsam drei Kinder groß zieht.
Ihre Gesinnung trägt sie auch unter ihrer Haut in Form eines „Unsterblich“-Tattoo. [8] Dieses kann im Bezug auf die „Volkstod-Kampagne“, an der sich auch die Potsdamer Neonaziszene in den letzten jahren aktiv beteiligte, gelesen werden. [9] Die (neo)nazistische Überzeugung, die in diesem Begriff steckt, beinhaltet die Vorstellung, dass sie – als Neonazis – durch ihr völkisches Leben und Handeln unsterblich werden, sich also einreihen in eine rassistisch imaginierte Linie ihrer, als sich „reinrassig“ vorzustellenen und zu erhaltenen, „arischen“ Vor- und Nachfahren. Das dies auch ganz besonders wichtig im sogenannten privaten und familiären Bereich zu verorten ist, lehrt uns der historische Vorgänger des Neonazismus: Der Nationalsozialismus.
Der „Rückzug in die Familie“ bedeutet keineswegs eine Entradikalisierung der menschenverachtenden Ideologie. Besonders Neonazis, die vermeintlich die Szene hinter sich gelassen haben, tauchen nach einigen Jahren – immernoch ideologisch gefestigt – auf und tragen ihre Gesinnung als Eltern in Kindergärten oder Schulen, als „unpolitsche“ Mitglieder in Vereinen jeder Art oder in Ähnlichen Konstellationen nach Außen. Oder aber sie tauchen ab und ziehen gedeckt durch Staat und Geheimdienst mordend durch Deutschland. Viele Gründe Neonazis zu beobachten und sie aus ihrem ruhigem Alltag zu ziehen. Melanie Witassek oder Mirko Kubeler sind nicht vergessen. Sie werden jetzt, wie zuvor Martin Rollberg, ihre Facebookseite und anderen Profile löschen oder umbenennen. Sie werden versuchen im Dunkeln zu bleiben. Wir werfen Licht auf sie und ihre menschenverachtenden Aktivitäten.
[1] facebook.com/CharlotteFriedrich-Fotografie-337306389649480/timeline
[2] http://www.news24.com/xArchive/Archive/Germans-increasingly-xenophobic-20010311
[3] https://www.antifainfoblatt.de/sites/default/files/public/styles/front_full/public/AA_PD_0.jpg?itok=TrfQrt5b
[4] Booklet zum Album „Ausser Kontrolle“ der RechtsRock-Band „Bloodshed“; 2003
[5] http://www.inforiot.de/jagd-auf-politische-gegner/
[6] https://www.antifainfoblatt.de/artikel/die-anti-antifa-potsdam-entdeckt-das-internet
[7] http://www.tagesspiegel.de/berlin/brandenburgi/mehrjaehrige-haftstrafen-fuer-rechtsextreme-schlaeger/697556.html und http://arpu.blogsport.eu/2013/06/08/rbb-dokumentation-verharmlosende-darstellung-neonazistischer-gewalttaten/
[8] facebook.com/337306389649480/photos/pb.337306389649480.-2207520000.1442313432./547612671952183/?type=3&theater
[9] http://arpu.blogsport.eu/2014/02/12/aus-hinter-den-kulissen-3-regionalbericht-potsdam/ und http://arpu.blogsport.eu/2011/04/19/die-demokraten-bringen-uns-den-volkstod/
Bild 1: Melanie Witassek aka „Charlotte Friedrich“ wie sie sich für ihre Facebookseite als nette Baby-Fotografin inszeniert.
Bild 2: Melanie Witassek 2003 im „A.C.A.B“-T-Shirt und gegrüßt von Martin Rollberg aka „William“ im Booklet des Album „Ausser Kontrolle“ von Bloodshed.
Bild 3: Melanie Witassek als Anti-Antifa-Fotografin am 21. Oktober 2006 in Berlin-Tegel. Hinter ihr zu sehen sind Sebastian Glaser (Sonnenbrille) und Tom Singer.
Bild 4: Mirko Kubeler und Melanie Witassek unter Palmen.
Bild 5: Melanie Witassek zitiert Adolf Hitler auf ihrer privaten Facebook-Seite.
Bild 6: Die schwangere Melanie Witassek mit „Unsterblich“-Tattoo auf der Hüfte.
Bild 7: Melanie Witassek bei ihrer Arbeit als Baby-Fotografin am 16. März 2015.
Bild 8: Mirko Kubeler und Melanie Witassek mit einem ihrer Kinder.
Bild 9: Mirko Kubeler küsst den schwangeren Bauch von Melanie Witassek.
Bild 10: Melanie Witassek bei ihrer Arbeit als Baby-Fotografin.
Bild 11: Melanie Witassek auf Facebook
Bild 12: Melanie Witassek auf Facebook
Bild 13: Melanie Witassek präsentiert sich mit ihrem Kind auf Facebook.
Bilder mit Bildunterschriften: https://linksunten.indymedia.org/en/node/153893
Artikel auf der AR_P//U-Website mit allen Bildern und Bildunterschriften: http://arpu.blogsport.eu/2015/09/22/von-anti-antifa-zur-babyfotografin-m...
Antifaschistische Recherche_Potsdam//Umland
Was für schreckliche Bilder
Abgesehen davon, dass diese Person ein Nazi ist... sie kann auch offensichtlich nicht fotografieren. über geschmack lässt sich bekanntermaßen streiten, aber das schlägt dem fass wirklich den boden aus. meine fresse...
Wenn unzählige Filter, schlechte Bildkomposition, unglaublich schlecht umgesetztes hdr etc eine_n schon zur/m fotografin machen... kannste dir nicht ausdenken...
alles bilder von ihr. habs mal unkenntlich gemacht.
unfassbar.
Potsdam 15..09.12
Ist die das hier? https://www.flickr.com/photos/soerenkohlhuber/7989336480/in/album-72157631543085292/ Dann war sie zumindest Herbst 2012 noch auf einem (verhinderten) Aufmarsch...
hahaha
da fühlen sich die nazis aber ordentlich auf den schlips getreten.... oder in den arsch....
danke
guter artikel!
[P] Neonazistin Melanie Witassek reagiert wie erwartet
Am 23. September 2015 veröffentlichten wir Informationen über die Auftragsfotografin „Charlotte Friedrich“. [1] Unter diesem Pseudonym ist die Potsdamer Neonazistin Melanie Witassek seit spätestens März 2012 tätig. Witassek ist darüberhinaus jedoch auch seit spätestens 2001 in der Potsdamer Neonaziszene aktiv und beteiligte sich seitdem an Einschüchterungsversuchen gegenüber alternativen Jugendlichen sowie an gewalttätigen Angriffen auf Antifaschist_innen. Weiterhin gehört seit ihren Anfängen in dieser Szene die sogenannte Anti-Antifa-Arbeit zu ihren Aktionsfeldern. [2]
Wenige Stunden nach unserer Veröffentlichung hat sie nun einige Änderungen auf ihren Facebook-Seiten vorgenommen. Es sind sämtliche Bilder ihres Partners Mirko Kubeler und ihrer Kinder gelöscht worden. Ebenso viele Bilder, auf denen sie selbst sowie ihre Tättowierungen zu sehen waren. Dennoch sind einige Bilder, auf denen sie zu sehen ist, geblieben. Zusätzlich postete sie ein bereits zuvor von ihr veröffentlichtest Bild, auf dem eine Person einen Mittelfinger zeigt. Ein erstes klares Statement auf die Veröffentlichung über sie.
Ihren Kund_innen gegenüber wird sie nun eventuell erklären, dass das alles „früher“ gewesen sei und sie damit nichts mehr zu tun hätte. Jedoch belegen Aufnahmen ihrer Person auf neonazistischen Aufmärschen, dass sie noch immer ihre verinnerlichte neonazistische Ideologie auf die Straße trägt, wie beispielsweise am 15. September 2012, als sie an einer Demonstration der NPD in Potsdam teil nahm. Hier gesellte sie sich zu ihrem alten Berliner Bekannten und Neonazischläger Oliver Oeltze. [3]
Weiterhin zeigen auch ihre persönlichen Kontakte eine kontinuierliche Zugehörigkeit zur Potsdamer Neonaziszene. Neben der Beziehung zum Neonazikader Mirko Kubeler, der kurzzeitig auch im Impressum ihrer Facebookseite aufgeführt war [4], und einer langen Freundschaft zum Neonazi und ebenfalls Auftragsfotografen Benjamin Müller aka „Burny“ [5], hat Witassek mindestens über Facebook gelegentlich bis regelmäßig Kontakt zu Neonazis wie Benjamin Oestreich, Melanie Bushardt, Philipp Hinzmann, Max Seidel, Steve Schmitzer, Paddy Bohm, Alyne Kückling, Henri Obst, Tim Kroll, Christian Helmstedt, Michael Fischer und Sebastian Glaser. Benjamin Müller bezeichnet Witassek in einem Kommentar sogar als „Sandkastenfreundin“. Dieses Kommentar, sowie viele andere Belege solcher Kontakte, hat sie nun versucht zu vertuschen. Doch eine so eindeutige und unmissverständliche neonazistisch aktive und organisierte Vergangenheit und Gegenwart lässt sich mit ein paar Klicks nicht vergessen.
[1] http://arpu.blogsport.eu/2015/09/22/von-anti-antifa-zur-babyfotografin-melanie-witassek-aka-charlotte-friedrich/
[2] http://arpu.blogsport.eu/2011/12/07/potsdamer-neonazis-veroffentlichen-wieder-fotos-von-vermeintlichen-antifaschist_innen/
[3] Bild von Sören Kohlhuber; https://www.flickr.com/photos/soerenkohlhuber/7989336480/in/album-72157631543085292/; 15. September 2012 in Potsdam
[4] Screenshot Impressum „Charlotte Friedrich Fotografie“ – https://www.facebook.com/pages/CharlotteFriedrich-Fotografie/337306389649480?sk=info&tab=page_info – abgerufen 2. März 2015 und 22. September 2015
[5] http://arpu.blogsport.eu/2013/03/13/potsdamer-neonazis-und-die-marke-%E2%80%9Efourth-time%E2%80%9C/
Bild 1: Die Facebook-Seite von Melanie Witassek aka „Charlotte Friedrich“ nur wenige Stunden nach der ersten Veröffentlichung über ihren neonazistischen Hintergrund – klare Ansage durch Model mit Stinkefinger.
Bild 2: Melanie Witassek am 15. September 2012 in blau-weiß-roter Jacke auf einer NPD-Demonstration in Potsdam (Bild: Sören Kohlhuber)
Bild 3: Das Impressum von „Charlotte Friedrich Fotografie“ von Melanie Witassek – im März 2015 zeichnete sich noch Neonazikader Mirko Kubeler verantwortlich, mittlerweile ist eine juristische Person „Fotodesign“ angegeben.
Bilder mit Bildunterschriften: https://linksunten.indymedia.org/de/node/154060
Artikel auf der AR_P//U-Website mit allen Bildern und Bildunterschriften: http://arpu.blogsport.eu/2015/09/24/neonazistin-melanie-witassek-reagier...
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