Demonstration gegen das „Maßnahmenpaket im Asylgesetz“, die Militarisierung der EU und faschistische & rassistische Strukturen Die Grundsituation und der „Rechtsruck“ Vielleicht haben die „Flüchtlingsströme“ in Richtung der EU sich tatsächlich verstärkt, jedenfalls ist dies mit der Berichterstattung darüber der Fall - zunehmende Politisierung und Instrumentalisierung inklusive. Diesen plötzlichen „Notstand“, in dem wir uns angeblich befinden, gibt es in derartigen Ausmaßen allerdings nicht, zumindest hätte es ihn nicht geben müssen. Studien und die Realität zeigen seit Jahren, dass die jetzige Situation schon lange existiert und die Entwicklungen vorher bekannt waren.
Die flüchtenden Menschen werden unter postkolonialer Sichtweise seit jeher als anonyme Masse bezeichnet. Abschiebung, Abschottung und Unterdrückung aufkeimender antirassistischer Bewegungen gehören zum Standartprogramm der BRD.
Seit einigen Monaten erleben wir zudem einen zunehmenden, beziehungsweise sich zunehmend ungehemmt äußernde Rechtsruck: Pegida, Hogesa und AfD – als Beispiele rasisstischer Mobilisierung in breiten Teilen der bundedeutschen Bevölkerung; „Nein-Zum-Heim“-Initiativen, die aus den Boden schießen und in denen „normale Bürger“ und Neonazis gemeinsame Sache machen, was sich wie in Heidenau als Pogrom äußerte; konservative, postkoloniale Machtvorstellungen und geistige Brandstiftung in „Politik und Gesellschaft“ (z.B. durch die letzte Asylgesetzreform), und eben jene, die das Streichholz tatsächlich in die Hand nehmen und nicht nur Flüchtlingsunterkünfte anzünden, sondern auch Menschen angreifen und ermorden. Die Aufzählung ließe sich noch um ein vielfaches weiterführen.
Der Rassismus zeigt sich hier auf unterschiedlichen Ebenen, bedingt sich aber gegenseitig und durchdringt die gesamte Gesellschaft. Gerade durch das Sichtbar-werden eines großen rassistischen Mobs auf der Straße und eines massiven und zunehmenden Rechtsradikalismus zeigte sich deutlich das wahre Gesicht Deutschlands, das mit seiner Vergangenheit allerdings abgeschlossen haben will.
Doch diese Fratze ist unatraktiv. Kanzlerin Merkel ging sogar so weit zu sagen:
„Das ist nicht Deutschland“
Ein schlechtes Image kann die BRD mit ihren machtpolitischen Ansprüchen nicht gebrauchen. Auch ist es recht schwierig eine „extreme“ Bevölkerung gut zu regieren und die Kontrolle zu behalten. Die Stimmung und die öffentliche Wahrnehmung darauf musste beeinflusst werden. Im Rückblick scheint es eine Art Image-Kampagne der Bundesregierung gewesen zu sein, die das Ansehen Deutschlands wieder aufpolieren sollte.
Unterstützt und gefördert wurde in diesem Zuge plötzlich die sogenannte positive „Willkommenskultur“ und das Bild des „guten Deutschen“. Es ist nicht abzustreiten, dass sich auch tatsächlich angefangen hat, ein Wandel in der Gesellschaft zu vollziehen. Solidarität und beherztes Einmischen vieler Menschen geben Anlass zur Hoffnung. Allerdings wurde das aufkeimende Engagements dieser Menschen von der Politik in ganz bestimmte Bahnen gelenkt, sodass es sich meist lediglich als Sozialarbeit, die zudem den Staat entlastet, beschränkt. Dadurch wurde das Gefühl irgendwie helfen zu wollen kompensiert und die Regierung behielt souverän die Kontrolle. Diese nutze sehr erfolgreich dieses Bild für die Selbstdarstellung der neuen offenen, toleranten und hilfsbereiten BRD.
Merkel, mittlerweile auch „Mutter aller Flüchtlinge“ genannt, sagt hierzu: „Sie [die helfenden Menschen] haben ein Bild von Deutschland gezeichnet, das ein Stück weit stolz machen kann aus unser Land.“
Zudem nahm die Bundesregierung kurzfrisitg, wenn auch nur ausnahmsweise, die sagenhafte Zahl von einigen tausend Flüchtenden aus Ungarn auf, was medial in großem Stil inszeniert wurde. Deutschland schreitet mittlerweile weltweit „mit gutem Beispiel voran“.
Der Tenor änderte sich jedoch schnell und man hört vielerorts Politiker_innen panisch warnend sagen:
„Die Kapazitätengrenze ist erreicht“
Bei dem In-Szene-Setzen der hilfsbereiten BRD, ist jedoch nicht zu übersehen, dass die alten Muster keineswegs verschwunden sind. Noch immer brennt beinahe jeden Tag eine Flüchtlingsunterkunft und Neonazis und ihrer Strukturen haben nach wie vor Aufwind. Die Legitimation des Faschismus wird immer noch durch seine Akzeptanz aus weiten Teilen einer rassistischen Gesellschaft aufrechterhalten. Noch immer sind sich Rechtspopulisten und die gemäßigteren „Unzufrieden“ einig, gegen Überfremdung kämpfen zu müssen. Und der Tross an helfenden Menschen steht in kolonialer Tradition einer anonymisierten Masse derer gegenüber, denen geholfen werden muss.
Und auch die Politik macht gleichzeitig zur Imagekampagne schnell klar, dass sich eigentlich nichts geändert hat. Es werden einige Konstrukte neu eingeführt: Geflüchtete werden kalt und pragmatisch in zwei Gruppen unterteilt: Die „Notbedürftigen“, denen „schnell geholfen werden muss“ und die „Wirtschaftsflüchtlinge“ „ohne Anspruch auf Asyl“.
Immer mehr, vorranig Balkan-Staaten werden als „sichere Herkunftsländer“ eingestuft, was die Gruppe derjenigen „ohne Anspruch auf Asyl“ vergrößert. Zynischerweise sind - in alter Tradition - davon wie so häufig Roma und Sinti die Benachteiligten. Tausenden von Geflohenen wird unterstellt, dass sie (nur wegen ihrer Armut), ja eigentlich gar kein Grund zum fliehen hätten.
Als weiteres Konstrukt kommen als „Fluchtursache“ die „Schleuser“ ins Spiel. Fluchthelfer als Ursache zu benennen, lenkt nicht nur von den tatsächlichen Gründen der Menschen, die zur Flucht gezwungen sind, ab. Es kriminalisert nebenbei auch die Menschen, denen in ihrer Untersützungsarbeit und Solidarität durch selbstorganisierten Aktionen und Maßnahmen vorgeworfen werden kann, den legalen Rahmen verlassen zu haben. Zudem gibt es der Regierung die Legitimation, militärische Antworten auf das „Problem“ durchzusetzen.
Ein neuer Szenenwechsel wird eingeleitet, der, wenn auch sichtbar, so doch geschickt verdeckt wurde. Die Begründung und Überleitung hierzu bilden Statements, wie dieses von Vize-Kanzler Gabriel: „Na klar schaffen wir das, aber es ist ja wohl auch jedem klar, dass das nicht so weiter gehen kann.“ Die „Größte Herausforderung“ aller Zeiten und besonders große „Krise“ wird betont und konstruiert, um weitere Maßnahmen zu legitimiern. Verglichen mit den schnellen Milliardenhilfen zur Bankenrettung erscheint es objektiv allerdings eher unwahrscheinlich, dass der Staat mit der Unterbringung von einigen tausend Flüchtlingen überfordert sein soll. Die angeblich plötzlich aufgetretene „Flüchtlingskrise“ - manchmal auch „Flüchtlingsfrage“ genannt - zwingt die Regierung nun aber quasi zum Handeln. Nochmal Merkel: „Wichtig ist, dass jetzt schnell gehandelt wird.“ - „Die Krise ist eine nationale Aufgabe, der sich alle anschließen müssen.“ - „Wir müssen jetzt einfach anpacken!“
Nein, Deutschland sei nicht ausländerfeindlich, aber alle aufnehmen, das geht nun auch nicht. Während Merkel noch Flüchtlinge umarmt, ist eine neue Gesetzes-Verschärfung bereits in Planung.
Maßnahmenpaket und weitere Reaktion
Es ist nach wie vor Fakt, dass in Deutschland mehr als 2/3 aller Asylanträge abgelehnt werden. Zudem ist es mittlerweile gängige Praxis, dass Geflüchtete ob ihrer „schlechten Perspektiven Asyl zu erhalten“ und gegen eine „Abfindung“ von bis zu einigen tausend Euro, schon vor einem Asylverfahren dazu gebracht werden, „freiwillig“ wieder in ihr Herkunftsland zurückzukehren.
Als Reaktion auf die drohende „humane Katastrophe“ steht nun aber ein erneutes gesetzliches „Maßnahmenpaket“ an.
Es sind nun zwar „Erleichterungen für alle, die gute Aussichten auf Asyl haben“ angedacht, aber eine „Verschärfung für alle anderen“, also die Mehrheit. Sprich, „schnellere Abschiebeverfahren“.
Zudem sollen die Geflüchteten längere Aufenthalte (nämlich bis zum Entscheid über den Asylantrag) in den menschenunwürdigen Erstaufnahmeeinrichtungen verbringen.
Das perfide Argument für die „Beschleunigung der Asylverfahren“ ist nun: An der „unerträglichen Situation“ in den Erstaufnahmeeinrichtungen seien die „viel zu schleppend verlaufenden“ Asylverfahren Schuld. Um etwas dagegen zu tun, solle nun eben noch schneller abgeschoben werden. (Menschlichkeit pur!) Hierfür und für die Absicherung der Grenzen ist der Ausbau der Bundespolizei vorgesehen, mit zusätzlichen 3000 Beamt_innen.
Der Maßnahmenpaket sieht ausserdem vor, Lebensmittelgutscheine und „Sachleistungen“ wieder einzuführen, anstatt den Asylsuchenden Bargeld zukommen zu lassen. Und die wenigen („fleißigen, arbeitswilligen“), die bleiben dürfen, sollen noch besser integriert werden, um den Arbeitsplatzmangel zu befriedigen.
Doch auch für den Kampf gegen die „Ursachen“ von Flucht sieht die Regierung etwas vor: Flüchtlingslager ausserhalb der EU aufbauen, EU-Außengrenze (militärisch) sichern, den „Kampf gegen Schleuser“ intensivieren. (Teilnahme der Bundeswehr und weiterer deutscher Behörden und Agenturen am Militäreinsatz „EUNAVFOR Med“ im Mittelmeer, Finanzhilfen für Griechenland für Grenzsicherung, Wiedereinführung der Grenzkontrollen, etc.)
Die EU bleibt, was konstruktive Maßnahmen angeht, im großen und ganzen handlungsunfähig. Die Mitgliedsstaaten einigen sich lediglich auf die Intensivierung des Militäreinsatz im Mittelmeer. Das Problem wird weggeschoben und verlagert, um den eigenen Wohlstand zu sichern (was der eigentliche Sinn europäischer und nationaler Politik ist).
Es riecht stark nach einem „Krieg gegen Flüchtlinge“. Europaweit werden zunehmend nationale und die EU-Aussen-Grenzen ausgebaut, militarisiert und kontrolliert. Flüchtlingsströme werden gestoppt, bekämpft, verlagert, wieder gestoppt, wieder bekämpft...
Schlussfolgerung
Die BRD tut so, als wäre sie ein offenes, tolerantes und hilfsbereites Land. Ist sie aber nicht. Sie handelt strategisch und machtpolitisch, ist rassistisch und nimmt in weltweiten Ausbeutungs- und Machtverhältnissen einen der oberen Ränge ein. Wie sitzen auf dem so genannten „goldene Arsch“ und tun nicht wirklich etwas gegen diese Verhältnisse.
Das politische Ziel der BRD/EU ist die Militarisierung der Außengrenze, die Abschottung nach außen, die Ruhe nach innen. Erreicht werden sollen diese Ziele in der BRD unter anderem durch die Strategie der „positiven Selbstinszenierung“ und gleichzeitig zunehmend repressive Gesetze und Maßnahmen. Grenzen, die eben von der BRD und EU errichtet wurden, werden nun von einigen verzweifelten Menschen überrannt und diese werden nun dafür mit Willkommenskultur überschüttet. Man errichtet jede Menge Hindernisse, um dann all jene dafür zu feiern, die diese Hindernisse lebend überwunden haben.
Es ist klar, dass dieser Staat sich nicht selbst in Frage stellen wird und dass sich seine menschenverachtende Politik fortsetzt. Für „Linke“ und Antirassisten mit emanzipatorischem Anspruch, und vor allem für die Geflüchteten selbst wird es immer schwieriger für weitergehenden Forderungen zu kämpfen, wenn die breite (weltweite) Wahrnehmung auf die BRD derart verdreht wird, dass sie als „vorbildhaft“ erscheint. Was sollten wir denn jetzt noch wollen?
In unserer Solidarität und Unterstützung mit und für Geflüchtete dürfen wir die politische Dimension nicht aus den Augen verlieren. Das heißt nicht zuletzt auch, sich selbst und die eigene Arbeit nicht instrumentalisieren zu lassen. Sich nicht benutzen zu lassen sondern die Dinge selbst in die Hand zu nehmen. Es muss mehr heißen, als den Sozialstaat zu entlasten. Es muss heißen, Selbstorganisation mehr in Vordergrund rücken zu lassen.
Und es muss heißen, die heuchlerische Politik der BRD zu entlarven. Die Fluchtgründe sind in den nach wie vor existierenden herrschenden Verhältnissen zu finden. Es sind politische und wirtschaftliche Gründe. Wir müssen und darüber unterhalten und wenn wir diese benennen, können und werden wir auch dagegen vorgehen und unsere eigenen Strategien und Perspektiven erweitern können.
Während wir mit unserer grenzenlosen Solidarität versuchen müssen, eine Welt zu erschaffen, die einen Gegenentwurf zu den herrschenden Verhältnissen darstellt, dürfen wir nicht vergessen, etwas gegen diese ungerechte Welt zu unternehmen, die in ihrer Existenz unvorstellbar zerstörerisch ist.
In diesem Sinne lasst es uns laut heraus schreien:
Schluss mit der Heuchelei
Nieder mit dem Rassistenpack – Kampf den Nazistrukturen
No Nation – No Border und
Bleiberecht für alle
Unterstützt die Geflüchteten in ihren Forderungen
WO SOLL DIE DEMO STATTFINDEN???
WO SOLL DENN DIE HOFFENTLICH GEILE GROSSE DEMO STATTFINDEN??? IN WELCHER STADT!!!
Lüchow (Wendland)
Steht doch da!
auf dem
Marktplatz Lüchow, 11 Uhr