Ukrainische Rechtsextremisten und der „Vaterlandsverrat“

Ukrainisches Staatswappen auf der Zeremonieflagge des russischen Zarenreichs (Montage)

– erneut dokumentieren wir einen Beitrag unserer ukrainischen GenossInnen. Man muss freilich nicht alle Thesen und Schlüsse teilen, zur Kenntnis nehmen sollte man diese Stimmen schon. Grunz! – das GT.

 


 

 

Ukrainische Rechtsextreme trennt eine Frontlinie vom Putinismus, aber kein ideologischer Abgrund. Auf jeden Fall sind ihre Werte und politischen Ziele gar nicht so weit von einander entfernt. Die ultrakonservative Rhetorik eines Milonows (1) unterscheidet sich kaum von Äußerungen des „Rechten Sektors“.

Die beliebtesten und regelmäßig von „Wyschiwatniki“(2) geäußerten Ideologeme führen die Ukraine zur Niederlage im Krieg, zur Einschränkung der Freiheiten und zum Verlust eines beträchtlichen Teils an Territorien und zur „Feodalisierung“ des Landes. Diese Ideen vereinen parlamentarische Clowns in der Partei von Kolomojskyj (3), marginale faschistische Gruppen und Anführer der militärisch-politischen Gruppierungen „Asow“ und des „Rechten Sektors“. Dasselbe wünscht sich auch der Kreml.


Putin wäre mit jedem illiberalen Regime zufrieden. Es ist ohne Belang, ob das „wyschiwatniki“ oder ehemalige „Regionalisten“(4) werden. Die einen wie die anderen können die Ukraine in Abhängigkeit von Russland bringen. Weder die einen noch die anderen findet Moskau sympathisch, aber solche Regimes würden für eine Einschränkung der sozialen Basis der Kiewer Regierung sehr von Nutzen sein. (5) Denn je autoritärer das Regime, je niedriger seine Legitimität und sein Rückhalt im Lande, desto schwächer ist es auf dem internationalen Parkett.

 

Nach Donezk!


Vor gar nicht so langer Zeit rief der lächelnde und entspannte Parasjuk (6) zum wiederholten Male in Schusters Fernseh-Show (7) zum Angriffskrieg und zur Erstürmung von Donezk auf. Das Ziel solcher Gespräche ist es, zu beweisen, dass es Poroschenko und dem Militärstab an Mut fehle. Diese Taktik sieht auf diejenigen ab, die hinter der Frontlinie sitzen und das siegreiche Voranschreiten der ukrainischen Armee sehen wollen, ungeachtet der ungeheuren menschlichen Opfer einer solchen Offensive. 

 
Wladimir Parasjuk sät Panik und beschuldigt den kleinen Ladenbesitzer im Präsidentschaftsamt des Vaterlandverrats (8) – geht also der gemeinsamen Lieblingsbeschäftigung von watniki und wyschiwatniki nach. Die Rechten brauchen die Atmosphäre der Angst und des blutigen Krieges. Ohne sie brauchen sie von der Macht gar nicht erst zu träumen. Verängstigte Menschen wollen eine sie schützende Kraft. Die Rechten bieten ihnen die Illusion der Sicherheit und das Machtgefühl.


Der einfache Vergleich der Bestände an gepanzerten Fahrzeugen auf ukrainischer und russischer Seite verweist auf die Wahnhaftigkeit der Offensivpläne. Im Übrigen will der Anführer des Bataillons „Asow“, Andrej Biletzky, mehrere hundert Militärfahrzeuge in Reserve gesehen haben, wovon allerdings nicht alle intakt seien. Der bekannte Freiwillige Birjukow behauptet, es fehlten Arbeiter für deren Herstellung und Reparatur. (9) Aus dem Ruhestand rief man in die Rüstungswerke Greise zurück. Die Armee kann also einfach keine Technik im nötigen Ausmaß bekommen. Ihre Reparaturabteilungen sind überfordert. Motorisierte Einheiten verfügen über die unterschiedlichsten Fahrzeuge – von den neuesten Panzerfahreugen und westlichen Jeeps bis zu sowjetischen Mannschaftstransportwagen aus den 60er Jahren.


Die ukrainische Armee ist imstande, einem Angriff in einem Stellungskrieg zu trotzen, hat aber nicht genügend Ressourcen für eine Offensive. Das begreift jeder, die Aufrufe zur selbstmörderischen Kampagne verlauten aber immer weiter.


Eine überstürzte Erstürmung von Donezk wird jene Garantien durchkreuzen, die der Westen dem Opfer der Aggression zu geben genötigt war. Die Ukraine, sollte sie gegen die Minsker Abkommen verletzen, wird die Möglichkeiten diplomatischen und wirtschaftlichen Drucks auf Russland verlieren. Der Kreml wird freie Hand für einen kontinentalen Krieg bekommen. Die Offensive wird scheitern, und selbst wenn sie siegreich sein würde, wird sie das Kaderbestand der Armee schwächen und Russland erlauben, einen Vergeltungsschlag zu verüben. Eine Strategie des Defensivkrieges, auf den sich das Land vorbereitete, wird nicht realisiert. Die in der Donezker Affäre demoralisierte und dezimierte Armee würde die „Moskal’s Linie“ nicht mehr halten können und eine neue Front könnte bereits im Charkower Gebiet verlaufen.


In so einer Situation würde Poroschenko fallen und den neuen Vertrag über den Grenzverlauf würden diejenigen unterschreiben, die bewaffnete Kämpfer befehligen, welche nicht zwangsläufig dem Präsidenten loyal sind. Das würden die Leute von Kolomojskij, DUK (10) und „Asow“ sein. Das wiederum würde zur Abschaffung von Rechten und Freiheiten, zu grenzenloser Korruption und der Herrschaft von Finanz- und Industriekartellen – das erste wäre „Privat“ von Kolomojskij (11) – führen. So eine Regierung würde mit Putin, mit Plotnizkij, mit Sacharchenko (12) und dem Teufel selbst „verhandeln“. Falls ihr euch nicht mehr erinnert: In seinem berühmten Interview sprach Korban offen davon, die ostukrainischen „Volksrepubliken“ anzuerkennen. (13) Das Versprechen, könnte man sagen, ist schon gegeben worden.

 

Ausnahmezustand!


Berufspatrioten lechzen nach einer Ausrufung des Ausnahmezustandes. Es vergeht kein Tag ohne das einer von ihnen sich über das Fehlen eines echten Krieges beklagt.


Was würden der Ausnahmezustand und eine Kriegserklärung an Russland mit sich bringen? Hier könnte man einige Szenarios ins Auge fassen.


A) Der kontinentale Krieg, der zur Besetzung der Ukraine östlich des Dnepr führen wird. Vielleicht in weniger als zwei Wochen, aber mit einer hohen Opferzahl wird Russland sein Ziel erreichen. Das führt zunäxt zum Zusammenbruch der Ukraine, anschließend zu dem Russlands. Dabei wird der letztere nicht unbedingt eintreten. Auf jeden Fall ist die Wahrscheinlichkeit eines solchen Ausgangs definitiv geringer als die Errichtung eines pro-russischen Regimes in der Ukraine.

B) Es gibt keinen Krieg, aber es kommt zu einem vollständigen Erliegen der wirtschaftlichen Beziehungen. Die Ukraine kann kaum das Gas für die Bevölkerung bezahlen, da die EU selbst den Gürtel enger schnallen muss. Der Gastransfer wird eingefroren. Das Bankensystem kollabiert, weil es größtenteils russischen BürgerInnen gehört. Die Regierung tritt ab. Die Destabilisierung des politischen Systems schafft die Voraussetzungen für eine echte Junta. Rechte und Freiheiten der BürgerInnen werden drastisch eingeschränkt.


C) Alles wird verhältnismäßig gut. Die Krise wird vermieden durch die Errichtung einer gesetzmäßigen Diktatur durch Poroschenko oder jemand anderen. Enteignungen für die Bedürfnisse „der Rüstungsindustrie“, Zwangsarbeit und Verfolgung von Andersdenkenden werden zur Regel.


Alle diese Varianten führen zur Erstarkung der ohnehin äußersten Korruption, des Militarismus und der Intoleranz. All dies wird das Militär, die Bürokratie und das Großkapital, dessen Vertreter man bei uns „Oligarchen“ nennt, besser stellen. Sie werden keine Kontrollinstanz über sich haben. Das Resultat wird also immer dasselbe sein. Im Übrigen kann eine autoritäre Regierung den Krieg leichter beenden als eine demokratische. Baltische Autokratien kapitulierten im Sommer 1940 vor Stalin ohne jeden Kampf, das demokratische Finnland aber blieb standhaft und verweigerte „die Aufnahme in die UdSSR“.

 

Eine echte Militärjunta!


Diese Losung ist besonders unter den jungen Nazis populär. Unter dem Militär verstehen sie in erster Linie die Freiwilligenbataillone. Zwar hat der Großteil dieser Bataillone nach Ilowajsk (14) seine frühere Schlagkraft immer noch nicht wiederhergestellt. Den Zusammenbruch der Freiwilligenbewegung überlebten nur einige wenige Einheiten, die nicht in diesen Kessel geraten waren. Das sind in der Regel rechtsradikale militärisch-politische Projekte. Es gibt Zweifel am angeblich grassierenden Nazismus unter den „Asow“-Kämpfern oder dem Faschismus unter den Soldaten des DUK. Den größten Teil der kämpfenden Verbände aber stellen die Wehrpflichtigen und Berufssoldaten der regulären ukrainischen Armee. Das heißt, dass die Mehrheit der Uniformierten in depolitisierten Verbänden organisiert sind. Gemustert wird nicht nach politischen Kriterien.


Und hier sehen wir uns mit einer ernsten Frage nach dem Verhältnis von Militär und Gesellschaft konfrontiert. Es gibt Gesellschaften, die von dem Militär gegründet wurden, deren Verfasstheit es bestimmte. In der Folge müssen sie einen langen Aufarbeitungssprozess durchmachen – so Deutschland und eine Reihe lateinamerikanischer Staaten, in denen das Militär öfter der Gesellschaft vorausging und sie nach eigenen Maßgaben gestaltete. Auf der anderen Seite verfügte das revolutionäre und danach das imperiale Frankreich über eine Armee, die ein Abdruck der Gesellschaft war. Sie war genau das, was die Gesellschaft war – mit all ihren Nachteilen, stand aber nicht darüber.

Davon, wie das Verhältnis Militär-Gesellschaft sich entwickelt, hängt unsere Zukunft ab. Wird die Armee zu keinem politischen Akteur, könnten wir etwas länger und glücklicher leben. Oder wollt ihr etwa, dass wir Jahrzehnte lang unter den Bedingungen permanenter Staatsstreiche leben oder die Nachbarn belästigen wie Deutschland vor dem 8. Mai 1945? Nein, so ein Spiel mögen wir gar nicht. Und bislang haben die Rechten keine Chance, so ein Regime zu errichten. Übrigens, die Junta der Angehörigen der Repressionsapparate, die heute in Russland an der Macht ist, entspricht dieser Konzeption durchaus. Geheimdienstoffiziere, Generäle, Polizeikader regieren Russland nach wie vor. Bloß etablierte sich die Junta viele Jahre nach dem Staatsstreich von 1993, als Jelzin die Staatsmacht an sich riss und den Obersten Rat auseinanderjagte. Diebische Geheimdienstler begannen erst zu regieren, als die Gesellschaft dem Staat nicht mehr trotzen konnte.

 

Autarkie, Nationalismus, Terror


Die Rechtsextremen legen in sozialen Netzwerken und auf Internetseiten ihre spezifischen Zukunftspläne dar. Während die Anführer der Rechten auf die Errichtung einer korrupten terroristischen Diktatur nach dem Vorbild des späten Janukowitsch hoffen, sind die aufstrebenden Newcomer auf der Suche nach einer nationalsozialistischen oder faschistischen Alternative. Die Onlinepräsenzen der „autonomen Nationalisten“ propagieren die ewig „aktuellen“ Erfahrungen des Dritten Reiches (15) und formulieren dabei eine neue Variante eines „nicht-autoritären“ Nazismus. (16)

Die Autarkie verstehen sie als „eine völlige wirtschaftliche, d.h. auch eine völlige politische Unabhängigkeit“. Man könnte auch andere Definitionen finden, aber halten wir uns an die vorgeschlagene. Eigentlich existiert „völlige wirtschaftliche Unabhängigkeit“ nur in einem Land auf der Welt: in der Koreanischen Demokratischen Volksrepublik. Dabei sind die EinwohnerInnen sowieso auf die humanitären Güterlieferungen aus Südkorea und anderen Ländern angewiesen. Die Ukraine hat einen Überfluss an Metallerzen und Lebensmitteln, leidet aber unter einem Mangel an Energieträgern. Wenn man schon eine Autarkie aufbaut, dann lieber in Union mit einem Land, das ausreichende Vorräte an fossilen Brennstoffen hat. Saudi-Arabien kommt nicht in Frage. Einen autarken Raum kann die Ukraine allein zusammen mit Russland aufbauen.


Der Nationalismus in der Deutung der neuen Generation der ukrainischen Nazis erinnert an die Ideen des koreanischen Juche-Songun. Denn hier haben wir zusammen mit der Autarkie eine Volkswirtschaft und eine klassenlose Gesellschaft, was bei Beibehaltung des Staates komisch anmutet. Der Nationalismus der „Naziautonomen“ bedeutet die Unterordnung des Staates unter die Interessen der Nation und den Kampf der Staatsorgane für nationale Reinheit.


Die Hauptfunktion des Staates ist allerdings der Schutz des Eigentums. Das ist kein Zitat aus Adam Smith, es ist tatsächlich so, die Geschichte beweist es. Dabei spielt es keine Rolle, ob das Eigentum bestimmten Personen oder dem Staat gehört. Das heißt, außer den eigentlichen „klassenlosen UkrainerInnen“ muss es noch eine weitere Klasse geben. Dies wird ein militärisch-bürokratischer Apparat sein, mit sehr eigenen Klasseninteresse wie in der UdSSR. Das haben wir schon gesehen und wissen noch, dass so etwas weder mit „Gleichheit“ noch mit „klassenloser Gesellschaft“ etwas zu tun hat. Alle, die anders denken, sollten der stalinistischen „Borot’ba“ beitreten. Die UdSSR war nicht weniger ausbeuterisch und repressiv wie viele Länder der „freien Welt“ im 20. Jahrhundert.

Außerdem treten die jüngeren NationalistInnen für das Repräsentationsprinzip ein. Das ist ein beträchtlicher Fortschritt im Vergleich mit dem Führerprinzip, aber auch hier können wir ruhig die Herkunft der Ideen feststellen. Ende der 40er vertrat der Propagandachef der „Ukrainischen aufständischen Armee“ und der 1944 formierten ukrainischen Untergrundregierung, Petro Fedun (17), die Idee der „organisierten Demokratie“. Seine Vorstellung von einer Demokratie ohne Liberalismus war nicht ganz so neu. Sie wiederholte die Ideen falscher Mehrparteisysteme in den Satellitenstaaten der UdSSR. (18) Als Vorbild galt ihm die bulgarische „Heimatfront“. Nach Feduns Überzeugung würde die Demokratie nach und nach – selbstverständlich in der fernen Zukunft – etwas weniger „organisiert“ und einer gewöhnlichen ähnlicher. Das ist ebenfalls nicht neu. In der UdSSR versprach man sich auch den Kommunismus und die vollkommene Gleichheit in nebliger Zukunft. Der autonome Nationalismus entpuppt sich als eine Neuauflage der Sowjetunion, aber ohne Fortschrittsglauben und Humanismus, die eher für konsequente Linke charakteristisch sind.


Die autonomen Nationalisten wollen sich mit einem eigenen Forderungskatalog am rechtsextremen Aufmarsch am 3. Juli beteiligen. Sie haben ein konkretes revolutionäres Programm: „Zeit, uns zu holen, was uns zusteht“. Den Namen entliehen sie einer Kampagne der Kiewer Linken 2009. (19) Die Forderungen der autonomen Nazis enthalten Vorwürfe an Grojsman und Poroschenko, die ihre Ämter niederlegen sollen, weil zu jener Zeit, als Jatzenjuk de facto allein regierte, eine Reihe von Territorien verloren wurden. Gegen Jatzenjuk, Awakow oder Naliwajtschenko (20) haben die jungen Patrioten nichts. Das Programm enthält die Forderung, die Armee nach Donbass zu schicken, wenn sie schon dafür bezahlt wird, die Rekrutierung von Jugendlichen einzustellen und auch die Polizei an die Front zu schicken. Originell und frisch wirkt der Punkt, in dem gefordert wird, „den Stab der SNBO zu bestrafen“, weil er den Freiwilligenverbänden untersagt, ohne Befehl gegen die „Volksrepubliken“ ins Feld zu ziehen. Zum Schluss kommt noch der traditionelle Aufruf, die Ukraine als Atommacht wieder zu etablieren, was jedeN ukrainischeN PolitikerIn zu einem Paria machen würde.


Ähnlich abenteuerliche Ziele wären bei den „älteren“ Rechten verständlich. Sie sind entschlossen, durch ein Blutbad an die Macht zu gelangen. Jene Jungs aber haben überhaupt keine Aussichten darauf, und werden auch keine haben. Und das Lustigste daran ist, dass sie faktisch dem Finanzier Kolomojskij den Weg bereiten, der den Industriellen Poroschenko stürzen möchte. Das ist ein ganz neues Wort im Nationalismus und seinem „antijüdischen“ Kampf. Die echten Nazis sollten eigentlich die Partei des schaffenden Kapitals ergreifen, nicht die von Spekulanten.


Terror. Bezeichnend ist, dass die „Rächerin von Winnitza“ Wita Sawerjucha (21) in ihrem Bilderordner in Vkontakte ein Bild hat, auf dem sie keck den Hitlergruß macht, sich auch so ein „pazifistisches“ Bild findet. Brechen wir das „jüdische Joch“ und leben fröhlich in der Zollunion mit Russland? So ist es doch, oder?

Rechtsradikale antisemitische Agitation: "Verwandle den Bruderkrieg in einen Befreiungskrieg!" Rechtsradikale antisemitische Agitation: "Lasst uns den Bruderkrieg in einen Befreiungskrieg verwandeln!"
 

Wozu ging ein Mensch mit solchen Ansichten zu einem Freiwilligenverband? Um für die Unabhängigkeit und Freiheit der UkainerInnen zu kämpfen? Vielleicht kämpfte sie für das Recht, zu rauben und zu morden?

Zurzeit findet ein Gerichtsverfahren gegen zwei Mitglieder der Gruppe C14 statt, denen die Beteiligung am Mord am Journalisten Oleg Busina vorgeworfen wird. Die Angeklagten selbst und die Politiker Jury Nojewoj (Partei „Swoboda“) und Igor Lutzenko („Bat’kiwschina“), die ihnen ihre Karrieren verdanken, weisen alle Anschuldigungen von sich, obwohl im „patriotischen Segment“ des Internets einige fordern, die Beteiligten am Attentat auszuzeichnen. Die Rechten wollen die Mörder der „himmlischen Hundert“ bestrafen, arbeiten dabei für das Innenministerium, welches für dieses Massenmord verantwortlich ist, und sind bereit, „die Sache der Gerechtigkeit in die eigenen Hände zu nehmen“ und einen extravaganten Journalisten für sein Geschwätz hinzurichten, dessen Lebenswerk (die Einheit von Russland und der Ukraine) praktisch bereits tot ist. Sie machten aus einem „neurussischen“ Nationalisten einen Märtyrer. Eine mit Blut bespritzte Idee lebt länger. Und das ist nicht das erste Mal, wo die Gruppe C14 mit ihren Aktionen die Sache des Kreml sehr begünstigte.

Dieselbe C14 organisierte noch vor dem Maidan eine „patriotische“ Aktion in Moskau gegen den Redaktuer der Zeitung „Moskowskij Komsomolez“ Pawel Gussew. (22) Bezeichnend, dass die Aktion mit der Hetze der Partei „Einiges Russland“ gegen einen Journalisten zusammenfiel, der den Duma-Abgeordneten „politische Prostitution“ vorgeworfen hatte.


Wir wollen nur anmerken, dass Organisator jener Aktion Jewgeny Karas war, der jetzt behauptet, dass das Innenministerium ihm einen Prozess wegen Mordes „andrehen“ wolle und er der dritte Beschuldigte sei. Wie froh war Putin, als er von Businas Tod erfahren hat, wie viel einfacher konnte er dann die Fragen zum Mord an Nemzow beantworten! Für den Tyrannen war es noch angenehmer als die Aktion vor dem „Moskowskij Komsomolez“.


Man sollte nicht alle Rechten für Agenten des Kremls halten, obwohl es unter ihnen solche Subjekte schon geben wird. Das Fundament der rechten Idee ist nicht die Ordnung, sondern persönliche Freiheit auf Kosten der Freiheit anderer, d.h. die Allmacht und Willkür eines Tyrannen. Darin unterscheiden sie sich wenig von StalinistInnen, PutinistInnen, „watniki“ und weiteren, die uns in das glorreiches Vorgestern zurück zwingen wollen. Das sind fast identische Phänomene.

 

 

Fußnoten:


1) Witali Milonow – Abgeordneter der St. Petersburger Duma, Mitglied der Partei „Einiges Russland“, einer der Urheber des “Homosexuellen-Gesetze”. A.d.Ü.
2) Wyschiwatniki – von „wyschiwanka“ – ein kunstvoll besticktes ukrainisches Hemd, hier eine ironische Bezeichnung ukrainischer HurrapatriotInnen, angelehnt an den Ausdruck „watniki“ – ebenfalls ironische Bezeichnung für russische HurrapatriotInnen. A.d.Ü.
3) Ihor Kolomojskyj – einer der mächtigsten Politiker und Unternehmer in der Ukraine.https://de.wikipedia.org/wiki/Ihor_Kolomojskyj A.d.Ü.
4) Regionalisten – AnhängerInnen der pro-russischen Partei der Regionen, der z.B. der ehemalige Präsident Wiktor Janukowytsch angehörte. A.d.Ü.
5) Allerdings können alle inneren Freunde der Reaktion in einer kritischen Situation ihre Kräfte vereinigen. Beispiele dafür gibt es. Das Vichy-Regime in Frankreich wurde durch gemeinsame Anstrengungen von Konservativen, Faschisten und Sozialisten-Pazifisten etabliert, die noch kurz davor gegen die Judenverfolgung protestiert hatten. Ihnen trotze eine ähnliche rechts-linke Allianz „la France combattante“.
6) Wolodimir Parasjuk – bedeutender Aktivist des Maidan, einer der Befehlshaber des Freiwilligenbataillons „Dnepr“. A.d.Ü.
7) Gemeint ist die Folge der Sendung „Schuster LIVE“ vom 5.6.15. http://tv.112.ua/novosti-kanala/tok-shou-shuster-LIVE-na-kanale-112-ukraina-vypusk-ot-05062015-234720.html A.d.Ü
8) Erinnern wir uns, dass der heroische Abgeordnete es schaffte, nach der Schlacht unter Ilowajsk als Gefangener schleunigst eingetauscht zu werden, ohne dass sein Name auf der Liste auftauchte. Nach seinen Worten, erkannten die „Russisten“ den markanten Helden einfach nicht wieder. Danach posierte der frischgebackene Politiker in Verbänden und gab Interviews, im Herbst fuhr er unter Kolomojskyjs Aufsicht in die Westukraine, um dort Wahlkampf zu führen. Das Potenzial dieses Burschen war nicht zu übersehen. Ende Februar 2014 hing er am Parlamentsgebäude herum und schielte hoffnungsvoll zu JournalistInnen rüber, ob sie ihn nicht was fragen wollten. Der Ruhm des „Hauptexorzisten von Janukowitsch“ musste gefestigt werden. Der Bursche weiß eben, von welcher Seite man die Butter auf das Brötchen schmiert! Dabei hätten ihn die Separatisten von Ilowajsk „nicht erkannt“. Was soll man dazu noch sagen? Der junge Politiker hat einfach Glück gehabt.
9) http://hvylya.net/analytics/economics/nayomnyiy-rabotnik-rabochiy-klass-i-budushhee-ukrainyi.html 
10) DUK – Ukrainischer Frewilligencorps, eine 2014 vom „Rechten Sektor“ gegründete paramilitärische Organisation. A.d.Ü.
11) Die „Privat-Gruppe“ – eine der größten und einflussreichsten Finanz- und industriellen Vereinigungen in der Ukraine, gehört u.A. Ihor Kolomojskyj. https://de.wikipedia.org/wiki/Privat-Gruppe A.d.Ü.
12) Igor Plotnizkij – der Oberbefehlshaber der „Lugansker Volksrepublik“, Alexander Sacharchenko – der Oberbefehlshaber der „Donetzker Volksrepublik“. A.d.Ü.
13) Gennadyj Korban, einer der wichtigsten Männer in der Dnepropetrowser Administration unter Kolomojskyj, sprach sich Ende Januar für Verhandlungen mit den „Volksrepubliken“ aus.http://censor.net.ua/video_news/322589/korban_ukraina_hutorskaya_strana_a_rossiya_jivet_staeyi_nam_ne_nujen_tsar_i_prezident_nam_nujna_parlamentskayaA.d.Ü.
14) Die Schlacht unter Ilowajsk dauerte vom 10. August bis zum 2. September 2014 und markierte mit dem Sieg der pro-russischen Kräfte den Wendepunkt in der ukrainischen Antiterror-Operation.
15) https://vk.com/avtonom_in?w=wall-41824834_36465 
16) http://avtonom.in/?page_id=2 
17) Petro Fedun (1919 – 1951) – einer der politischen und militärischen Köpfe der ukrainischen nationalistischen Bewegung. A.d.Ü.
18) In seinen Werken ruft Fedun in weiser Voraussicht dazu auf, die Gewerkschaften in einer „organisierten Demokratie“ nicht zu politisieren. Erinnern wir uns, dass in der nach denselben Prinzipien aufgebauten Volksrepublik Polen der Zusammenbruch des System von der Gewerkschaftsbewegung „Solidarność“ herbei geführt wurde. Die Politisierung der Gewerkschaften leitete das Ende der heuchlerischen „Volksdemokratie“ und die Etablierung einer offenen Militärdiktatur unter General Jaruzelski ein.
19) http://www.gorod.cn.ua/blogs/zip-cn25_3116.html 
20) Arsenij Jazenjuk – ukrainischer Premierminister, Arsen Awakow – ukrainischer Innenminister, Walentin Naliwajtschenko – Chef des ukrainischen Inlandsgeheimdienstes SBU. 
21) Wita Sawerucha – eine ukrainische Neonazi-Braut, zeitweise Mitglied des Freiwilligenbataillon „Aidar“, wurde berühmt nach dem Überfall auf einen Posten der ukrainischen Polizei.
22) Im Juli 2013 führte eine Gruppe angeblich „ukrainischer Patrioten“ eine Protestaktion von dem Redaktionsgebäude der Zeitung. http://news.bigmir.net/ukraine/727116-Ukrainskie-nacionalisty-v-Moskve-napali-na-redakciju-gazety–VIDEO- A.d.Ü.

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nichts Neues, dass sich Nazis und Rassisten, die sich bekämpfen, genauso gut selbst bekämpfen könnten. Rechte gegen Rechte.

Wenn es nicht eine radikalisierung und nationalistische politisierung nach sich ziehen würde, könnte mensch sie ja machen lassen...

...noch so ein Artikel nach dem Motto: Alles Nazis, sollen sie sich doch die Köppe einschlagen!

Die faschistischen Akteure in der Ukraine werden zwar benannt, aber in jedem Absatz mit den Akteuren auf russischer Seite (sprich Putinisten) gleich gesetzt. Das ist eine Vernebelung der Situation, wie sie sich in der Ukraine darstellt. Verschleiert wird immer wieder der Grund der Auseinandersetzungen: Der militärische Angriff der ukrainischen Kräfte ab April 2014 auf die Bevölkerung in der Ost-Ukraine, die sich mit dem Putsch in Kiew nicht abfinden wollte und revoltierte. Zahlreiche Zivilisten kamen zu Tode, bevor der Konflikt ab dem Spätsommer 2014 in einen Bürgerkrieg mündete. Die Toten von Odessa (02.05.14) oder von Mariupol (09.05.14) waren die Vorzeichen, danach begann im Sommer 2014 die Bombardierung der Ost-Ukraine mit durch Militär-Jets. Unsere Medien berichteten kaum noch darüber, erst ab dem Absturz der MH17 waren sie wieder präsent, allerdings in einer üblen einseitigen Form der Berichterstattung.

Was mir fehlt ist ein Hinweis darauf, wie der Ukraine geholfen werden kann. Die dargestellten Visionen der Faschisten scheiden als Lösungsansätze wohl aus. Und ich glaube da liegt das Problem der Linken. Die wenigen, die sich im Donbass aktiv oder auch passiv für eine linke Alternative einsetzen, gehen im allgemeinen "Alles Nazis"-Geschrei unter oder werden der Zusammenarbeit mit russischen Nationalisten verdächtigt, was wiederum zur Folge hat, dass viele sagen: Mit denen wollen wir nichts zu tun haben.

Aber ich hatte es schon mal früher geschrieben: Die Bevölkerung im Donbass hat das Recht, sich gegen eine Putsch-Regierung zur Wehr zusetzen. Dass der Konflikt derart kriegerisch wurde liegt einzig und allein im brutalen Vorgehen Kiews begründet und sollte erst recht ein Anlaß für linke Unterstützung für die Ost-Ukraine sein. 

www.odessa-mahnung.de

...vor allem wir so getan, als ob der ukrainische Nationalismus irgendwie vom Himmel gefallen ist (imbesten Fall) und ansonsten eher eine putinsche Erfindung ist, so wie hier schon wieder anklingt, der rechte Sektor sein ein Gebilde des FSB. Das diese Sichtweise völliger Blödsinn ist, weiss jeder, der einen Funken Ahnung von der Ukraine hat.

 

In Osteuropa im Allgemeinen und in der Ukraine im Besonderen (wie auch in Russland) lebte nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion die Suche von OBEN nach einem ideologischen Kit ganz massiv wieder auf: in den Universitäten und vor allem bei den Intellektuellen (darum gibt es auch diesen Gegensatz zwischen Stadt und Land in der Wahrnehmung in Ukraine) und wurde im Nationalismus - in der Ukraine in einer tiefen  antirussischen und russophobe  Variante - gefunden. 

 

Und diese Nationalisierung von Oben gibt es seit fast 25 Jahren dort in seinen verrücktesten Formen. Die Menschen in den Dörfern verstehen gar nicht, warum die sich nun gegenseitig abknallen sollen, weil für jene immer noch das Bild der Brüderlichkeit der Sowjetunion vorherrscht. Das von Oben ist auch der Grund warum es in Kiev keinen Funken Widerstand gegen die schlimmsten Auswüchse des eigenen Nationalismus gab und gibt. 

 

Auf die Idee, es könnte einen eigenen ukrainischen und tödlichen Faschismus geben, kommen viele der blau-gelben Fahnenschwenker trotz Banderahistorie gar nicht. Da ist dann auch wieder Putin und Russland schuld. Völlig irre, was dort los ist.

und was die wetlische Länden gemacht haben Spiel keine Rolle  https://www.freitag.de/autoren/hans-springstein/5-milliarden-dollar-fuer... und auch deutschen Stiftungen ? , der Putch haben sie gemacht , nicht Putin , Putin ist Später gekommen ...

Was in Ost Ukraine ist mehr als ein Kampf zwischen zwei faschisten Gruppen ...

Sicheher die bei den Gruppen die in Ost Ukraine sind , gibt es nicht Gute Menschen , aber mich entschiden Lieber von Donnbas weil die Gruppen die von Kiew kommen , sind am 95% faschisten ...

und für mich Putin ist ein schweine ...

...mit deiner Auffassung, dass der Putsch von den westlichen Ländern (EU und USA) massiv befeuert wurde. Dazu muss man sich nur die Entwicklung von November 2013 bis zum 22.02.2014 anschauen. Wer da alles auf dem Maidan vorbei schaute. Und wie Klitschko - finanziert von der Konrad-Adenauer-Stiftung und hofiert von der westlichen Presse - zum Oppositionsführer hochgejubelt wurde, bis er am 21.02.2015 von den Faschisten von der Bühne auf dem Maidan verjagt wurde und sie dann das Kommando übernahmen und am nächsten Tag das Parlament stürmten, nachdem Janukowitsch - wie in der gerade unterzeichneten Vereinbarung mit den westlichen Vermittlern, u. a. Steinmeier, festgeschrieben seine Polizeieinheiten abgezogen hatte. Die Garantien, die diese Vermittler Janukowitsch gegeben hatten, waren plötzlich Geschichte und vergessen. Also ein Putsch unter EU-Gnaden.Die Rolle der faschistischen Truppen wird nach wie vor von unseren Politikern bis hin zu den Grünen geleugnet.

Nur zur Verdeutlichung: Ich bin kein Freund von Janukowitsch. Ich hasse das Oligarchentum, ob in der Ukraine oder in Russland, und wünsche mir für beide Länder eine andere Gesellschaftsform. Doch wenn Faschisten mit Unterstützung unserer Regierung putschen, sie danach Menschen verbrennen und mit Panzern und Raketen gegen die Menschen vorgehen, die diesen Putsch ablehnen, stehe ich natürlich auf der Seite der Aufständischen, genau so wie ich jetzt auch auf der Seite der Kurden stehe, auch wenn ich mir nicht sicher bin, ob die Peschmerga meine poitischen Visionen teilen.