In die Offensive! Vom Widerstand gegen Gentrifizierung zum Aufbau von Gegenmacht.
Die Bezirke, in denen wir einst wohnten, haben sich verändert. Es wird teuer, zu teuer für uns und für viele andere, die aus Kreuzberg, Friedrichshain, Neukölln verdrängt werden. Freiräume verschwinden, gewachsene soziale Milieus, Freundeskreise, Nachbarschaften werden zerrissen. Es entstehen Luxusappar-tements, Carlofts, überteuerte Restaurants. Polizeiliche Maßnahmen sollen die Konformität in den Kiezen absichern, wer nicht ins Raster passt, soll weichen. Jenseits der Innenstadtbezirke lebt man in den Platten-bausiedlungen von Hellersdorf, Marzahn, Köpenick, Neukölln-Britz ohne den Charme, den Berlin sich so gerne auf die Fahnen schreibt, in einem noch viel graueren Alltag, der nicht selten von Armut und Perspektivlosigkeit geprägt ist.
Darauf, wie die Stadt, die wir als Bauar-beiterInnen, KellnerInnen, Kulturschaffende, ReinigungsarbeiterInnen und in vielen anderen Berufen produzieren, gestaltet wird, haben wir kaum Einfluss. Es sind diejenigen, die mit Grundstücken und Immobilien Profit machen, und deren politische Repräsentanten von Grün bis Schwarz, die entscheiden, wie die Stadt aussehen soll und wer wo zu leben hat. Bist du nicht wohlhabend genug, dann wohn eben nicht in Mitte oder Kreuzberg. Die Mieten werden unbezahlbar, die Löhne sind niedrig, viele haben überhaupt keine Arbeit, mit der sie über die Runden kommen. Wer nicht bezahlen kann, wird zwangsgeräumt oder findet erst gar keine Wohnung. Denn für den Kapitalismus sind nicht wir und unsere Bedürfnisse der Maßstab, sondern die endlose Anhäufung von Kapital.
Vom Widerstand ...
Gegen Gentrifizierung und Verdrängung gibt es seit langem Widerstand. Demonstrationen wie die antikapitalistische Walpurgisnacht und der revolutionäre 1. Mai haben das Thema aufgegriffen. Bündnisse wie "Zwangsräumung verhindern" versuchen, praktisch dort zu intervenieren, wo Menschen mit Gewalt aus ihren Wohnungen und Vereinsräumlichkeiten vertrieben werden sollen. Andere Gruppen wählen den Weg direkter Angriffe auf Luxusimmobilien oder die Büros der Verantwortlichen. Der Widerstand ist vielfältig, auch wenn er noch wachsen muss, um wirklich Wirkung zu zeigen.
Wollen wir einen Schritt weiter gehen, über die ersten Formen des Widerstands hinaus, hilft uns ein Blick in andere europäische Länder, von deren Bewegungen wir lernen können. Auch bei den Massenaufständen auf dem Athener Syntagma-Platz, der Puerta del Sol in Madrid und im Istanbuler Gezi-Park spielte der Kampf um das "Recht auf Stadt" eine wichtige Rolle. Dieser Kampf hat viele Ebenen: "Die Frage, welche Art von Stadt wir wollen, kann nicht getrennt werden von der Frage, welche sozialen Beziehungen, welche Beziehung zur Natur, welche Lebensweisen, Technologien und ästhetischen Werte wir uns wünschen. Der Kampf um das Recht auf Stadt ist weit mehr als das um den individuellen Zugang zu urbanen Ressourcen. Er ist der Kampf um das Recht, uns selbst zu verändern, indem wir die Stadt verändern", schreibt David Harvey.
Die Menschen begannen, sich öffentliche Plätze anzueignen, diskutierten in Stadtteilforen und Räten, und schufen so ihre eigenen Entscheidungs- und Organisationsstrukturen. Es entstanden Kooperativen und Formen der gegenseitigen Hilfe und Selbstermächtigung. In Istanbul wurde ein Haus besetzt und zur selbstorganisierten Klinik umfunktioniert, im Armenviertel Küçük Armutlu wird ohne Genehmigung und Zustimmung des Staats selbst gebaut und umgestaltet, die Errungenschaften werden militant verteidigt. In Griechenland schlossen sich AktivistInnen zu Nachbarschaftszentren zusammen und teilten ihre Fähigkeiten und Ressourcen.
... zur Offensive
Damit wir aus den defensiven Kämpfen in die Offensive kommen, brauchen wir ein Konzept von Gegenmacht. Wir müssen uns Infrastruktur schaffen, von der aus wir Kerben in das Bestehende schlagen können. Ein Projekt, das in diesen Bereich fällt, ist die Erkämpfung eines sozialen Zentrums. Viele Orte des gemeinsamen Lebens, Schaffens, Träumens sind uns über die Jahre genommen worden.
Es ist an der Zeit, das wir uns wieder mal etwas nehmen. Also: Wir wollen uns ein soziales Zentrum aneignen und gemeinsam aufbauen. Wir brauchen einen Ort, an dem es möglich ist, sich zu treffen, zu diskutieren, zu arbeiten, zu lachen, zu feiern - und vor allem zu kämpfen. Direkte Solidarität zu üben, sich zusammenzuschließen und sich zu unterstützen; einfach gesagt, einen Ort, um gemeinsam Pläne für eine bessere Zukunft zu schmieden und eine Gegenmacht zu dem, was wir so hassen, aufzubauen.
Dieser Ort soll nicht erbettelt, sondern genommen werden. Wir werden nicht mit Immobilienhaien in den Ring steigen, um ein überteuertes Haus zu kaufen. Wir werden auch keine Miete für einen Ort zahlen, in dem ArbeiterInnen, Studierende , Kinder - schlicht die Menschen dieser Stadt - zusammenkommen. Denn es gibt genügend Häuser, die nur zur Spekulation leerstehen. Die revolutionäre 1.Mai-Demonstration ist für uns der passende Anlass, um damit zu beginnen, unsere Forderungen in die Tat umzusetzen!
Wir holen uns gemeinsam das soziale Zentrum!
Wir holen uns die Stadt zurück!
Antikapitalistische-Demo "Organize!"
30.04.2015 | 18:30 Uhr | Leopoldplatz (Wedding)
DGB-Demo: Klassenkämpferischer Block
01.05.2015 | 10:00 Uhr | Hackescher Markt (Mitte)
Revolutionäre 1.Mai-Demo: "Wir sind überall"-Block
01.05.2015 | 18:00 Uhr | Spreewaldplatz (Kreuzberg)
wir sind sprachlos
voll geil, also nehmen wir mal viele leute an einem tag wie am ersten mai und geben ihnen ein gutes gefühl. das gefühl sie seien an was tolles verbunden, beteiligt. sprich die besetzung eines hauses. aber wer kontrolliert das haus? wer verwaltet es? aus welcher notwendigkeit entsteht es? ist die RLB eine gruppe die in berlin so dermaßen verankert ist, das es aus den bedürfnissen der menschen entsteht? kollektive bedürfnisse die aus kämpfen entstehen?
nein tut es nicht. aber soll das haus sofort geräumt werden, werden dann alle dieses haus (welches nicht ihres ist, sondern der RLB) verteidigen und sich verheizen lassen? ist das was die RLB denn will? scheint wohl so.
eine weitere avantgarde die lenkt. nicht nur die trottel der szene die ihre professionellen organizers braucht, sondern auch all deren die teil von was großen sein wollen, was aber noch nie ihres war.
danke RLB, ihr habt mir die augen aufgemacht
soviele schmunzler am frühen morgen....
also erst seid ihr sprachlos, aber dann hat dir die rlb die augen geöffnet, ich glaube du solltest, oder ihr solltet euch auf eine wahrnehmung einigen. ich weiß ist manchmal schwierig, hilft aber :) und na klar, das haus was sich dann kollektiv angeeignet werden könnte wird sofort vom zk der rlb für sich beansprucht, das ist doch so offensichtlich - gelle.... was die verankerung der rlb angeht, also ich kriege sie hier schon mit und habe sie in der letzten zeit auch auf mehreren bündnissen gesehen, ich glaube aber kaum das sie für sich beansprucht, alle bedürfnisse aller menschen in berlin zu kennen. ich glaube schon das sich die rlb wie andere politische strukturen auch als kollektiv versteht und damit dürften sie durchaus ihren eigenen kollektiven anspruch äußern, dass dieser keine allgemeingültigkeit besitzt dürftte doch klar sein. und hey.... ich hab auch noch nicht gehört das die rlb menschen zu ihren aktionen zwingen will, verstehe das eher als angebot - ber jetzt wo ich drüber nachdenke wäre das durchaus ein witziges plakat, getreu dem motto "auch du besetzt ein haus genosse/genossin". ich werde ihnen mal ne mail schreiben und es als vorschlag unterbreiten.
aber klar, manche menschen wollen alles nur so verstehen wie es in ihr weltbild passt. da können leider auch argumente wenig helfen, denn eine beschränkte sicht und eine vorurteilsbehaftete wahrnehmung (die haben wir ja alle - ist nur die frage wie weit wir sie auch ausleben möchten) lässt sich nicht von außen auflösen. d.h. und das sei mir verziehen, hoffe ich das du / ihr nicht zu lange in der ecke steht und schmollt und stattdessen einfach was eigenes macht. ich für meinen teil finde es sehr erfrischend das die rlb sagt, das sie keine fertigen antworten liefern können, aber versuchen in ihren möglichkeiten sich fragen anzunähern. das ist meines erachtens ein schritt auch die eigene beschränktheit hinter sich zu lassen.
naja ansonsten wünsche ich dir / euch noch einen schönen tag, hoffe ihr / du die kollektiven bedürfnisse der menschen in eure umwelt erfasst und dann natürlich revolutionär umsetzt. falls das zu schwierig wird, einfach weiter auf indy rumprollen - dann habe wenigstens ich was zum schmunzeln und du / ihr habt ein lächeln in die welt gezauber - ist doch auch was....
!
word
guter Ansatz!
Ich finde das eine gute Idee. Eine Gegengesellschaft und wirkliche Gegenmacht muss Instituionen bilden und wachsen - ob Kreuzberg dafür der richtige Ort ist, nun ja.
In jedem Fall freuen sich Alt-Autonome und VS dann über die Eingebundenheit der "Szene" in ein soziales Zentrum.
endlich
Endlich der Versuch einer Repolitisierung des 1. Mai. Gute Initiative, weiter so!
Hasselmann berichtet
4.4.15 / Tagesspiegel: 1. Mai in Berlin - Hausbesetzung statt Steinhagel?