21.5. – 25.05. – Aktionstage gegen den Coburger Convent 2015
It`s always the same!
Auch dieses Jahr wird in Coburg, einer Kleinstadt in der nordbayerischen Provinz, wieder das größte Treffen von pflichtschlagenden Verbindungen in Deutschland stattfinden: der Pflingstkongress des Coburger Convents (CC) . Vom 21-25. Mai kommen tausende Korporierte zusammen und feiern die eigene Identität. Dass alljährliche Heldengedenken, welches im Krieg gestorbene Verbindungsbrüder ehrt und dabei auf Verklärung der Geschichte nicht verzichtet, sowie ein nächtlicher Fackelmarsch durch die Innenstadt Coburg bilden dabei nur die gruseligen Highlights des Programms. Aber auch dieses Jahr werden wir es uns nicht nehmen lassen, den Burschis des CCs, ihren Freunden und der Stadt Coburg den Pfingstkongress, so gut es geht, zu vermiesen!
There´s something about Coburg
Coburg ist der Inbegriff des bayerischen Hinterlandes. So wird ein offensichtlich existierendes Neonaziproblem konsequent ignoriert oder geleugnet, obwohl nach wie vor bundesweit bekannte Neonazis wie Peter Dehoust (ehemaliger Chefredakteur des “Nation und Europa”-Verlages) dort residieren. Besonders an Pfingsten zeigen auch die Coburger Neonazis – natürlich angetan von solch widerlichen Spektakeln wie dem Fackelmarsch – verstärkt Präsenz in Coburg. Im vergangenen Jahr kam es im Anschluss an den Fackelmarsch zu einem Angriff auf unseren Infopunkt durch Neonazis aus dem Umfeld des vermeintlich aufgelösten “Fränkischen Heimatschutz”.
Währenddessen können sich die Repressionen gegen Antifaschist*innen an Absurdität nur gegenseitig überbieten. Gerade im Zusammenhang mit den Protesten gegen den CC kommt es immer wieder zu Repressionsfällen und Übergriffen seitens der Bullen auf Anwesende, die ein Problem mit deutschen Zusammenrottungen haben. Doch Antifaschist*innen werden nicht nur am Pfingstwochenende von den Bullen geradezu gestalked. Ist Mensch in Coburg erst mal als Antifa “bekannt”, folgen Observationen und andere Schikanen seitens der Cops. Immer wieder wird von den Bullen alles daran gesetzt einen Widerstand gegen den CC unmöglich zu machen. Nachdem dies nicht gelingt, wird versucht Leute einzuschüchtern und möglichst großer Repression auszusetzen. Eine Situation, die für Antifas in Coburg fast schon banal ist, aber am Pfingstwochenende auf ihren Höhepunkt gelangt. O-Töne wie “In Bayern regeln wird das eben anders” oder “Eigentlich will ich dir nur die Fresse polieren!” sind dabei nicht selten von den Bullen zu hören.
Und auch die Coburger Lokalpolitik verhält sich nicht anders. Alljährlich werden die Burschis mit einem Festakt der Stadt Coburg und Grußwort des Oberbürgermeisters willkommen geheißen.
Why we call it Burschis?!
Natürlich ist uns bekannt, dass sich die Burschis des Coburger Convent nicht gerne als Burschis sehen und nicht als solche bezeichnet werden wollen. Der CC setzt sich aus Landsmannschaften sowie Turnerschaften zusammen, deren vermeintlich wesentlicher Unterschied zu den Burschenschaften es sein soll, unpolitisch zu sein. Der CC und seine Korporierten jedoch sind keineswegs unpolitisch. So tummeln sich im CC viele politische Spektren, angefangen beim Öko-Deutschen bis hin zum Neonazi. Einig sind sie sich jedoch in ihrem Nationalismus, Geschichtsrevisionismus und Sexismus. Der CC vereinigt ausschließlich Männerbünde, diese sind allesamt pflichtschlagend und deutsch-national orientiert. So sind auch “volksdeutsche” Verbindungen aus Österreich Mitglied im CC.
Alljährlich wird beim Heldengedenken am Pfingstmontag in Formation
mitsamt Säbeln und Uniform aufmarschiert, um der angeblich unschuldigen,
in den beiden Weltkriegen gestorbenen, Verbandsbrüdern zu gedenken. In
etwa so, als würden sich die Burschis am liebsten neben ihren toten
Kameraden einreihen, um für Deutschland in den Krieg zu ziehen. Dabei
erscheint es auch niemanden paradox, dass die Burschis mit martialischer
Uniform aufmarschieren und dabei um vermeintliche einfache
“Kriegsopfer” trauern, wobei allerdings vorwiegend den deutschen
“Opfern” gedacht wird. Die Shoa oder gefallene Alliierte werden
allenfalls in einem Nebensatz erwähnt. Alljährlich wird bei den Reden zu
eben dieser Veranstaltung die Geschichte verkehrt und die deutsche
Vergangenheit zu einem militärischen Triumph verdreht. Am Abend
desselben Tages findet der traurige Höhepunkt dieser Veranstaltung
statt: Ein Fackelzug auf der ehemaligen “Straße der SA”. Das
anschließende Werfen der Fackeln in die Mitte des Marktplatzes errinnert
stark an die antisemitische Bücherverbrennung, die schon seit der Zeit
des Wartburgfestes in burschenschaftlicher Tradition stand. Dass eine
solche Symbolik Neonazis anzieht, wird vom CC regelmäßig geleugnet.
Oberflächlich distanziert man sich von diesen und, wie es in einer
Antwort auf einen Brief der Coburger “Grünen” heißt, eine vermeintlich
“basisdemokratische” Hierarchie im Verband pflegen würde. Doch geht es
Neonazis nicht darum, wie im CC intern abgestimmt wird, sondern vielmehr
um das Weltbild welches er nach außen vertritt.
So ist der Nationalismus auch eine der wichtigsten Attitüden im CC. Denn
immer wieder wird eine deutsche Identität als unabdingbar propagiert.
Unter anderem auch am CC-Ehrenmal, im Coburger Hofgarten, mit der
Inschrift “Ehre – Freundschaft – Vaterland”, an welchem das alljährliche
Heldengedenken stattfindet. Immer wieder wird eine deutsche Identität
konstruiert, die in ihrem völkischen Bewusstsein jenseits von
Staatsgrenzen gesehen wird.
Was der CC unter Basisdemokratie versteht wird vor allem bei der Betrachtung der internen Hierarchie deutlich: In der korporierten Erziehung lassen vor allem die Neumitglieder – Füxe – zahlreiche Schikanen über sich ergehen, um irgendwann mal ein richtiger Burschi zu werden. So wird schon mal der Gang auf die Toilette untersagt, um beweisen zu können, dass die Bedürfnisse der Gemeinschaft wichtiger sind als die des eigenen Körpers. Die “Kneipe” ist auch nicht als lustiger geselliger Abend zu verstehen, sondern dient ebenfalls als Erziehungsmethode, indem der Fuxmajor bestimmt wie schnell und wie viel getrunken werden muss. Dabei gilt es sich auch unter starkem Alkoholeinfluss unter Kontrolle zu haben und sich “gesittet” zu verhalten. Doch das kurioseste Instrument der burschenschaftlichen Erziehung stellt die Mensur dar, das tatsächliche “Kopf hinhalten”, also das Aufgeben der eigenen körperlichen Unversehrtheit, für die Verbindung. Jede der Verbindungen im Coburger Convent ist pflichtschlagend mit dem Ziel, ihre Mitglieder zu blindem Gehorsam zu trimmen.
Erst wer sich diesen Mechanismen unterwirft kann vollwertiges Mitglied werden, um die Vorzüge zu nutzen, die Nicht-Korporierten vorenthalten bleiben sollen. Mitglied ist man dann auf Lebenszeit, es gilt das “Lebensbundprinzip”. Untereinander hilft man sich vor allem wenn es um die Vergabe wichtiger Posten und Arbeitsplätze geht. Hierfür sorgen die Altherrenverbände, die ihren jungen Zöglingen wichtige Posten in Politik und Wirtschaft verschaffen, sofern ihr Einfluss dies zulässt. Dies widerspricht nicht nur dem Grundsatz der Gleichheit, welcher vom CC immer wieder geheuchelt wird, sondern manifestiert auch eine rechtskonservative vermeintliche Elite in Politik und Wirtschaft.
Alone among men!
Als Begründung warum sich der CC nur aus reinen Männerbünden zusammensetzt wird oft angeführt, dass diese “aus Tradition Männerbünde” seien, da zur Gründungszeit der Studentenverbindungen keine Frauen an Hochschulen erlaubt waren. Das solch eine “Tradition” keine Rechtfertigung ist, Frauen aus Verbindungen auszuschließen, liegt auf der Hand und zeugt nicht gerade von einem emanzipierten Menschenbild.
Auch weitere Äußerungen des CCs, wie etwa “bei bestimmten Veranstaltungen wollen wir auch mal unter uns sein. Wir wollen Beziehungskonflikte aus unseren Gemeinschaften heraushalten.”, sind klägliche Argumentationsversuche, das Konstrukt ausschließlich männlicher Verbindungen zu verteidigen und schlichtweg homophob, da so die Möglichkeit von Beziehungen zwischen Burschis geleugnet wird.
Doch auch durch die schon beschriebenen Erziehungsmaßnahmen (Mensur, Erziehung der Füxe) haben seit Ende des 19. Jahrhunderts ihren Ursprung in der sexistischen Tradition der Verbindungen und sollen die Studenten zu der damaligen Rolle des Mannes formen. Die damaligen Anforderungen an den Mann waren vor allem durch den Krieg gegen Frankreich geprägt. Er musste kampfbereit und wehrhaft sein, die Zeilen eines damals bei Studentenverbindungen beliebten Liedes: “Wer ist ein Mann? Dies ist ein Mann, der sterben kann für Gott und Vaterland” spiegeln dieses hegemoniale Mannesbild sehr gut wieder. Das Groteske hieran ist, dass nicht nur Menschen mit einem anderen Männerbild leidtragend sind, sondern auch alle, die nicht diesen Anforderungen entsprechen, insbesondere die damaligen Frauen. Damit gehen die Bestrebungen einher Menschen in zwei Geschlechter einzuzwängen, so werden die konsequent aus dem Kernbereichen des verbindungsstudentischen Lebens (Mensur, Kneipen,…) ausgeschlossenen Frauen bei “geselligen” Anlässen, wie dem Ball am Pfingstkongress, gerne gesehen und vor allem als Couleurdame und Schmuckstück vorgeführt. Mit ihrem elitären Ansinnen, unter dem Ausschluss von Frauen, unterstützen sie somit den Erhalt reaktionärer Geschlechterrollen, mit dem Mann als Soldaten und der Frau zu Hause.
Dass solche Werte in unserer heutigen Gesellschaft, nach Meinung des CC’s, bewahrt und fortgesetzt werden sollen, ist abscheulich und sollte für jeden aufgeklärten Menschen Grund genug sein, sich an den Protesten gegen den CC zu beteiligen.
Coburg und dem Convent den Pfingstkongress vermiesen!
Auf nach Coburg!
Weitere Infos:
Facebook: facebook.com/StudentischeVerbindungenAuflosen
Jingel: linksunten.indymedia.org/node/133284
21.-25. Mai 2015 Aktionstage gegen den Coburger Convent
Donnerstag 21.5. Freifilm-Kino auf dem Albertsplatz
Freitag 22.5. Rote-Hilfe Vortrag im Infopunkt
Samstag 23.5. Demo 14Uhr Bahnhofsvorplatz
Sonntag 24.5. Vorträge im Infopunkt
Montag 25.5. Abends Porteste gegen den Fackelzug
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wäre super wenn dieses Jahr antideutsche Parolen bzw. Musik auf der Demo nicht gerufen oder abgespielt werden
warum??
Ist doch gerade bei diesem Thema mehr als angebracht...
Spekulation
Vielleicht, weil dann bald keine anderen Linken mehr nach Coburg kommen?