Folgendes kurzes Interview soll aus Sicht eines anonymen Antifaschisten aus der Region Dresdens berichten.
Wie war die Lage in Dresden vor PEGIDA?
Nunja, es war halt bekannt, dass es gewisse rechtgerichtete Gruppierungen gibt, es gab auch immer mal wieder Zusammenstöße in meinem Vorort (bei öffentlichen Veranstaltungen oder am örtlichen Jugendclub), aber es war keine besonders hohe "Gefahrenstufe", also man hat sich nicht unbedingt ne Platte gemacht, man wusste ungefähr, wo die Leute wohnen und wer das ist, aber interessiert hat das so richtig niemanden. Es wurde sich eher über das Umland beschwert, wie braun es doch dort ist.
Größere antifaschistische Initiativen, welche auch vom bürgerlichen Spektrum wahrgenommen wurden, gab es eigentlich nur zum 13. Februar, dort gab es auch immer wieder Streit, ob die Stadt in der Täter-oder Opferrolle war. Übergriffe gab es immer wieder, z.B. wurde eine Kneipe nach einem Spiel gegen St.Pauli auseinandergenommen, auch auf dem Stadtfest gab es immer wieder kleinere Zwischenfälle. Das Potential der Rechten wurde einfach unterschätzt.
Wie reagierte die lokale linke Szene auf das Erscheinen von PEGIDA?
Bei der ersten Demo waren alle überrascht, dass die einfach so 300 Leute auf die Straße gestellt hatten. Die hatten was eine Woche vorher vage angekündigt, hatten eine Facebook-Veranstaltung gemacht usw. Also sind wir am Montag mal hin, um uns das anzugucken und waren schockiert, wir waren in einer 16:300 Unterzahl. Dann wurde anderthalb Wochen geforscht, wer das war und beim dritten Mal gab es dann eine organisierte Gegendemo.
Verlief die Organisierung der ersten Gegendemonstration langsam und gab es Streitigkeiten über die Vorgehensweise?
Weniger Streit als Unklarheit mit wem man es zu tun hat. Die ersten Demos bestanden fast nur aus Menschen, welche dem Umfeld von Dynamo Dresden zuzuordnen waren, es gab auch einen Übergriff auf eine mir bekannte Person, welcher von einer Landtagsabgeordneten der Linkspartei öffentlich gemacht wurde. Die musste die Veröffentlichung wieder zurückziehen, weil ihr mit einer Klage gedroht wurde. Es war eine sehr angespannte Atmosphäre und es gab aus kleinere Probleme, aber es ging voran.
Was hat sich seit dem Erscheinen von PEGIDA verändert?
Die Stadt spaltet sich: Pro und Contra-PEGIDA, auf der Pro-Seite noch in zwei Lager, die eine Seite will mit PEGIDA reden und die andere nicht. Asylsuchende und Menschen mit Migrationshintergrund werden laut eigenen Aussagen öfters attackiert oder angepöbelt, viele trauen sich Montags nicht mehr auf die Straße.
Das verbessert sich in keinster Weise?
Das muss man noch abwarten. Traurige Höhepunkte waren bis jetzt der 22.12, als kurdische und türkische Jugendliche von Rechten mit Messern und Tasern angegriffen wurden, dabei gab es auch Verletzte und einen Beifall von Bürgern. Als Khaled getötet wurde, waren die Kommentare auf PEGIDA-Seiten einfach nur grauenhaft z.B. "wieder einer weniger" etc.
Wie sollte man gegen PEGIDA vorgehen und was hältst du davon, dass einige Leute den Dialog, darunter Politker, mit PEGIDA suchen?
PEGIDA sollte rhetorisch und mit Aktionen wie Blockaden bekämpft werden, leider war das nach dem Erscheinen von "Dresden für Alle" nicht mehr möglich. Die wollten nur "Zeichen" setzen, wie das kehren. Da ist PEGIDA an denen vorbeigelaufen und die standen da in ihren Warnwesten...es wären genug Leute zum blockieren gewesen. Viele haben am Anfang versucht, durch Dialog rauszufinden, was PEGIDA will, war alles zwecklos. Der Spruch "Mit Rassisten redet man nicht" hat sich auch hier bewahrheitet.
Kann man jetzt schon erkennen, ob PEGIDA schwächelt und wie denkst du, wird sich das Ganze noch entwickeln?
Ich hoffe einfach nur, dass die sich weiter selbst zerfetzen, das Orgateam hat sich schon gespalten, die Meinungen von denen gehen auch mittlerweile insgesamt sehr auseinander. Es bleibt abzuwarten. Es wird sich wahrscheinlich verlaufen, aber die Meinungen bleiben trotzdem bestehen, nur weil die Leute nicht auf die Straße gehen, heißt das nicht, dass sie nicht diese Meinungen unterstützen und verbreiten.
Danke, dass du uns darüber berichtet hast.
facebook.com/EmancipativeAntifa
fragen
was soll uns das interview sagen?
und was denn nun:
"PEGIDA sollte rhetorisch (...) bekämpft werden" oder "Mit Rassisten redet man nicht" ???
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Das Interview soll aussagen, dass, entgegen der Meinung diverser Gruppierungen und Personen, PEGIDA nicht aus dem Nichts enstanden ist, die Gegendemonstranten gespalten sind und dass PEGIDA sich spaltet und vielleicht zerfällt, aber die Leute dann nach wie vor da sein werden und es nur eine Frage der Zeit ist, bis das braune Dresden wieder noch brauner wird. Zu deiner zweiten Frage: Rhetorisch kann man in dem Fall auch durch verbal austauschen, weil in dem Fall das gemeint war. Verbal angreifen heißt z.B., das Positionspapier analysieren und seinen reaktionären Charakter offenbaren, wie es bereits getan wurde. Verbal bekämpfen heißt auch, die "Fakten" der PEGIDA Leute zu entkräften.
???
Als ob das nicht längst passiert wäre und ok setzen wir uns rhetorisch auseinander während weiter die Angsträume wachsen. Klasse idee. Kennt man schon aus den 90igern, sehr erfolgsversprechend. Aber gut das is eben der Grund warum hier in DD nix geht, man müßte ja aus seiner Komfortzone herauskommen. Vielen Dank. Dazu fällt mir nix mehr ein.
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solche leute gibts in dresden zur genüge.
mit rhetorik ist nicht der dialog gemeint. der ist völlig sinnlos.
damit ist gemeint, dass theoretisch an jeder straßenecke auf nem plakat erläutert werden müsste, warum pegida scheiße ist.
mehr erhofft
das soll jetzt echt nicht unsolidarisch sein, aber ich hoffe, das dieses Interview nur einen Ausschnitt der Reflexion dessen spiegelt, was sich in Dresden abgespielt hat und noch abspielt. Wenn nach so langer Zeit noch nicht mehr an Analyse und auch Strategien für die Zukunft rausspringen, sieht das echt düster aus... Positionen und Analysen sind zwar wichtig, aber wie bringt man sie nach Außen? Wie lässt sich jetzt Gegenmacht aufbauen? z.B. Man hört von praktischer Unterstützung der Refugees wenig aus Dresden. Vielleicht berichtet ihr aber auch nicht alles, was läuft. Zum anderen: was läuft an ideologischer Arbeit mit den NachbarInnen und anderen? Man muss da Überzeugungsarbeit leisten noch und nöcher. Ist bestimmt nicht einfach, aber man muss da echt bei der guten alten Basisarbeit ansetzen meiner Meinung nach.