(B) Polizei-Schikanen und Festnahmen bei Protest gegen Pro-Olympia-Veranstaltung

No Olympia

Am gestrigen Abend (15.12.14) fand in der „VIP-Lounge“ der Max-Schmeling-Halle eine Veranstaltung im Rahmen der Pro-Olympia-Kampagne 2024 unter dem Titel „IOC-Reform Agenda 2020 – ein Fortschritt!?“ statt. Der Landessportbund zeigte sich unsportlich, die Stiftung Zukunft Berlin undemokratisch: Jede Form von grundsätzlicher Kritik an Olympia wurde auf der Veranstaltung konsequent verhindert.

 

Am Eingang zur Veranstaltung fanden rigide Taschenkontrollen statt, unterstützt von über 20 Hundertschafts-Polizeibeamten, um zu verhindern, dass Olympia-kritisches Material wie Flugblätter oder Plakate auf die Veranstaltung gelangt. Am Eingang zur Veranstaltung bzw. auf der Veranstaltung selbst wurden mindestens vier Olympia-Kritiker*innen durch die Polizei festgenommen, von denen einige bis zu sechs Stunden festgehalten und einer erkennungsdienstlichen Behandlung unterzogen wurden.

 

Petra Sundermeier vom Initiativkreis „Olympia 2024 verhindern“: „Mit Hilfe von Wachschutz und Polizei, mit Durchsuchungen, Zugangsverboten und Festnahmen haben die Veranstalter der angeblich offenen „Diskussionsveranstaltung“ gestern versucht, jeden sichtbaren Protest gegen die Olympia-Bewerbung für Berlin 2024 im Keim zu ersticken. Dass bereits gestern versucht worden ist, jeden öffentlichen Protest gegen die Olympia-Bewerbung umgehend durch einen brutalen Polizeieinsatz zerschlagen, lässt Schlimmeres für den weiteren Verlauf der Olympia-Bewerbung erahnen.

 

Petra Sundermeier weiter: „Trotz der Schikanen und massiver Polizei-Repression gestern wird der Protest gegen die von der Mehrheit der Bevölkerung in Berlin nicht gewollte Olympia-Bewerbung 2024 weitergehen – wütend und kreativ, jetzt erst recht!

 

Zugang zur Veranstaltung und Situation im Eingangsbereich


Der Zugang zur Veranstaltung war massiv durch private Security, unterstützt durch Hundertschafts-Einheiten der Berliner Polizei, überwacht. Während schick gekleidete Funktionär*innen mitsamt deren Akten- und Handtaschen herzlich willkommen geheißen wurden, wurden Rucksäcke und Taschen von normal gekleideten Menschen penibel durchsucht. Ein Security-Mitarbeiter begründete die Durchsuchungen damit, dass verhindert werden soll, daß olympia-kritisches Material auf die Veranstaltung gelange. „Pro-Olympia-Plakate dürfen Sie aber gerne mit hineinnehmen“, so der Security-Mensch.

 

Teilweise wurden aufgefundene Flugblätter und Informationsschriften durch die Security an die Veranstaltungsleitung weitergereicht, welche dann entschied, dass weder das Informationsmaterial noch die Menschen, die so etwas in Besitz hätten, auf der Veranstaltung willkommen seien und den Einlass kategorisch verwehrte.

 

Etwa 20 Olympia-Gegner*innen, denen der Einlass verwehrt worden war, protestierten vor dem Eingang zur Veranstaltung mit Flugblättern und Plakaten gegen die Bewerbung von Berlin für Olympia 2024 und den undemokratischen Ausschluß von Olympia-Gegner*innen von der als offen angekündigten Diskussionsveranstaltung in der Halle. Auch dieser Protest wurde nicht akzeptiert, sondern nach kurzer Zeit durch die Polizei unter Einsatz von körperlicher Gewalt in Form von Schlägen und Tritten zerschlagen. Hierbei wurden mindestens drei Menschen durch die Polizei festgenommen, denen u.a. Verstoß gegen das Versammlungsgesetz und Widerstand gegen Polizeimaßnahmen vorgeworfen wird. Die beiden letzten der festgenommenen Personen wurde erst am frühen Morgen des heutigen Tages gegen 0:30 bzw. 1:30 Uhr, nach über 6 Stunden in Polizei-Gewahrsam und einer unter Androhung von körperlicher Gewalt durchgeführten sog. „Erkennungsdienstlichen Behandlung“, wieder freigelassen.

 

Petra Sundermeier: „Dass sogar der friedliche Protest vor der Veranstaltung umgehend durch die Polizei zerschlagen wurde, zeigt, wie bedacht die Veranstalter der gestrigen Veranstaltung darauf sind, der Kritik an Olympia keinerlei Raum zu bieten. Damit sind sie auf einer Linie mit dem Senat, dessen lächerliche „Beteiligungsversuche“ im Rahmen von sogenannten „Pro-Olympia-Online-Umfragen“ ebenfalls keinerlei Kritik an Olympia zulassen.

Petra Sundermeier weiter: „Dass die Polizei gestern auch bei kleineren Vorwürfen wie dem angeblichen Verstoß gegen das Versammlungsgesetz Olympia-Kritiker*innen über viele Stunden festgehalten und unter Androhung von Gewalt einer erkennungsdienstlichen Behandlung unterzogen hat, zeugt davon, daß der Protest gegen Olympia offenbar von Beginn an eingeschüchtert und unterdrückt werden soll.

 

Die Veranstaltung


Aufgrund der Aussperrung der meisten Olympia-Gegner*innen waren auf der Veranstaltung die geladenen Olympia-Befürworter*innen, darunter offenbar viele Funktionär*innen aus Politik, Wirtschaft und Sport, weitgehend unter sich, bei Häppchen und Rotwein. Nachdem einer der wenigen Olympia-Gegner auf der Veranstaltung gegen den Ausschluß der Kritiker*innen protestierte, wurde ihm von Co-Veranstaltungsleiter Volker Hassemer („Stiftung Zukunft Berlin“) geantwortet, er verstehe unter Bürger*innen-Beteiligung, dass diejenigen beteiligt würden, die grundsätzlich für Olympia seien, die anderen nicht.

 

Laut Polizei wurde daraufhin ein Glas Rotwein in Richtung Podium entleert, es wurde Anzeige wegen „versuchter Sachbeschädigung am Anzug des Herrn Böger“ (Chef des Landessportbundes) gestellt, mindestens eine Person wurde direkt auf der Veranstaltung festgenommen.

 

Petra Sundermeier: „Der Senat und die Unterstützer der Olympia-Bewerbung wie Landessportbund und „Stiftung Zukunft Berlin“ zeigen mit dieser rigiden Einlasspolitik und dem repressiven Polizeieinsatz einmal mehr, dass die Berliner Olympiabewerbung eben nicht die Idee von normalen Berliner Bürger*innen ist, sondern dem immer gleichen Klüngel aus Lobbyist*innen, Sportfunktionär*innen und Politiker*innen entspringt. Mithilfe aufwändiger Medienkampagnen sollen dann die Berliner*innen von Olympia überzeugt werden. Wer artig Beifall klatscht, ist auch gern gesehen und eingeladen. Alle anderen – denn Proteste wird es defintiv geben – werden Ziel von Polizeimaßnahmen.“

 

Fazit und Ausblick: Die Proteste werden weitergehen!


Petra Sundermeier: “Diese Strategie ist schon einmal in Berlin, bei der Olympiabewerbung für Berlin 2000, eklatant gescheitert. Schon damals zeigte eine vielseitige Bewegung, dass sie wissen, was Olympia ist und wer der Senat war, der dieses milliardenschwere Mega-Event veranstalten wollte. Und das wird heute nicht anders sein: Ob Initiativen gegen die Räumung von Kleingärten, ob Obdachlose oder von Zwangsräumung Betroffene – sie alle wissen, dass sie bei Olympia nur verlieren können. Auch Geflüchteten-Aktivist*innen können das Motto „Die ganze Welt in unserer Stadt“ im Kontext repressiver Asylpolitik nur als zynisch einstufen und werden sich entsprechend gegen Olympia positionieren.

 

Es geht bei der gerade anlaufenden Olympia-Kampagne nie um das „Ob?“, sondern immer nur um das „Wie?“, und genau deshalb ist es eine „Bewerbung der Politik“ und keine der Berliner Bevölkerung. Während viele Menschen in Berlin sich aktiv in die Gesellschaft einbringen (gegen steigende Mieten und Zwangsräumungen, für Ökologie, gegen die Bebauung Tempelhofs etc.) waren am heutigen Abend lediglich Personen auf der Veranstaltung, die ein persönliches Interesse an Olympia haben: Lobbyist*innen, Sportfunktionär*innen, Politiker*innen – Menschen, die hoffen, durch Olympia zu profitieren.

Menschen, die beim „Ob?“ anderer Meinung waren als die Veranstaltungsleitung, wurden nicht hineingelassen. Auch deren Informationsmaterial wurde als Teil der Diskussion nicht zugelassen. Sie wurden durch Sicherheitsdienst und Polizei abgedrängt, teils mit Handschellen abgeführt.

 

Bei einer laufenden Umfrage der Berliner Zeitung, bei der sich schon über 25.000 Menschen beteiligt haben, haben bislang 60 Prozent der Teilnehmenden für die Anwortmöglichkeit „Olympia in Berlin? Nein, auf gar keinen Fall!“ votiert.

 

Petra Sundermeier: „All diejenigen, die Olympia um jeden Preis in Berlin im Interesse der herrschenden Politik und der profitierenden Konzerne durchpeitschen wollen, sollten sich schon mal warm anziehen. Mit weiteren kreativen und wütenden Protest-Aktionen darf gerechnet werden. Und es ist nicht unbedingt davon auszugehen, daß die Proteste, gerade nach den Erfahrungen mit dem brutalen Polizeieinsatz gestern abend, weiterhin so zurückhaltend und friedlich wie gestern bleiben werden!

 

http://olympiaverhindern.blogsport.de

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Hier die Lobbyist*innen, Sportfunktionär*innen, Politiker*innen, dort die Aktivist*innen, hier für, dort wider - und von keiner Seite ein Wort zu den Sportler*innen...

An die Sportler*innen denkt wohl am wenigsten der Landesportbund. Beispiel Schwimmbad-Eintrittspreise: Da wird jede Preiserhöhung vom LSB akzeptiert. Beispiel Tempelhof: Anstatt die Interessen der Sportler*innen, die schon heute die Freifläche vielfältig nutzen, zu unterstützen, hat der LSB beim Bürger*innen-Entscheid massiv für die Bebauungspläne des Senats getrommelt, glücklicherweise erfolglos. Mehr Infos dazu gibts auf dem o.g. Blog.

 

Von den wenigen Elite-Sportler*innen abgesehen, die auch heute schon gut finanziert sind und die von Olympia gleich mehrfach profitieren, dürfte der Breitensport von Olympia mehr Nach- als Vorteile haben. Beispiel Olympia London: einzelne große Sportstätten wurden neu gebaut, diverse einfach Sportplätze wurden und werden privatisiert...

die können doch sport betreiben, wie sie sie lustig sind... vielleicht sollte mensch diesen ganzen zirkus mal kritisch betrachten?

sport im olympischen rahmen ist in erster linie ein seichtes unterhaltungsformat für die breite unsportliche masse und eine riesige verwertungsmaschinerie, wovon die meisten athlet*innen, die dafür ihre körper ruinieren, wenig akriegen, außer ein wenig "nationalem ruhm" (brrr...) in form von blech um den hals und mit etwas glück sponsoring-verträgen, wenn sie photogen in die kamera lächeln können.

in den meisten olympia-teams sind rund 50% der athlet*innen (meist die der randsportarten) angehörige des militärs oder der polizei im rahmen nationaler sportförderprogramme, um bei olympia die nationale leistungsfähigkeit unter beweis zu stellen.

warum sollte ich als linker sowas gut finden?

 

für mehr sports in the streets!

?

Wie willst du die denn einorden? Ich halte da eine Ambivalente Position für sinnvoll. Einerseits sind sie in Teilen ja Opfer von einer Leistungssteigerungsideologie bei der selbst nach eigendtlich unschaffbaren Leistungen und Anstregnungen noch gefragt wird "warum haben sie heute nicht ihre Topleistung gebracht?" auf der anderen Seite machen die das ja auch mit. Es gibt ja auch politische Elemente (wie zb. die erhobene Faust der Black Panter damals) auf der anderen Seite ließen sich die Weltmeisterschaftschauvinisten lächelnd mit den Deathsquads der brasilianischen Personen/Sicherheitskräfte ablichten.  Hier gibt es vielleicht so viele mögliche Positionierungen, wie es Sportler_innen gibt, also lass uns doch an deiner teilhaben.

Das nächste offene Treffen des Initiativkreises "Olympia verhindern - überall!" ist am Dienstag, 06.01.2015, um 19:30 Uhr in der NewYorck im Bethanien.