Tödlicher Streit um Einstecktuch: War verletzter Verbindungsstolz der Grund?

Burschenschafter bei einem Marsch in Eisenach (Symbolbild)
Erstveröffentlicht: 
16.10.2014

Student in Marburg erstochen

 

Nach einer Erstsemesterparty in Marburg ersticht ein 26-Jähriger einen jungen Mann. Auslöser für den tödlichen Streit: Das Opfer stibitzte das Einstecktuch des anderen. Der mutmaßliche Täter soll Mitglied einer Verbindung sein – und das Tuch deren Erkennungszeichen.

 

Erstsemester-Party am vergangenen Wochenende in der beschaulichen Studentenstadt Marburg. In einem Club in der Oberstadt wird ordentlich gefeiert. Motto der Party: „Das Leben ist schön.“ Es ist schon früh am Morgen. Unter den Gästen ist eine Gruppe junger Männer in Anzug und mit Einstecktüchern – einem Erkennungszeichen für studentische Verbindungen. Auch ein 20-jähriger Studienanfänger feiert mit Freunden. Sie erlauben sich einen schlechten Scherz, klauen einem der Anzugträger das Einstecktuch. Es kommt zum ersten Streit. Die „Diebe“ geben das Tuch zurück, die Situation beruhigt sich wieder.

Gegen sechs Uhr morgens ist die Party vorbei, der Club schließt. Vor der Tür treffen die beiden Gruppen, zwischen zehn und 15 Personen, erneut aufeinander. Auf verbale Provokationen folgt ein Handgemenge. Ein 26 Jahre alter Pharmaziestudent hat auf einmal ein Messer in der Hand, sticht zu. Einmal. Direkt ins Herz. Das Opfer, der 20-Jährige, stirbt. Der Angreifer und seine Freunde flüchten, das Messer wirft er unterwegs weg.
Tatwaffe tagelang verschwunden

Aufgrund von Zeugenaussagen machen die Behörden am nächsten Tag den 26-Jährigen als Hauptverdächtigen aus. Er kommt einer Verhaftung knapp zuvor, stellt sich mit einem Anwalt an seiner Seite der Polizei.

„Er hat bestätigt, dass er bei der Auseinandersetzung ein Messer in der Hand hielt“, erklärt Oberstaatsanwältin Ute Sehlbach-Schellenberg FOCUS Online. Der mutmaßliche Täter sitzt in Untersuchungshaft. Es bestehe dringender Tatverdacht. Die Staatsanwaltschaft gehe nicht von Notwehr aus. Die Tatwaffe blieb tagelang spurlos verschwunden. Mit Hilfe des 26-Jährigen habe man sie aber am Mittwoch gefunden, so Sehlbach-Schellenberg.
Fechtwettkampf mit scharfen Waffen

Führte der verletzte Stolz des Verbindungs-Mitglieds zum tödlichen Racheakt? Vor der Bluttat führte der mutmaßliche Täter ein unbescholtenes Leben: Er sang als Junge in seinem Heimatort im Chor der Sängerknaben. An den Aktivitäten seiner Verbindung nahm er rege teil, taucht beispielsweise in Ergebnislisten von Wettkämpfen auf. Viele Verbindungen verzichten auf die sogenannte Mensur, ein Fechtwettkampf mit scharfen Waffen. Einige stellen ihren Mitgliedern die Teilnahme frei. In den pflichtschlagenden Verbindungen müssen alle die Mensur fechten. Dort versammeln sich die Hardliner - der Messerstecher gehört einer pflichtschlagenden an.

Marburger Studenten berichten, dass es in der Stadt schon häufiger Ärger mit Mitgliedern von Verbindungen gab. Auch der 26-jährige Pharmaziestudent sei schon an nächtlichen Streitereien beteiligt gewesen.

Lebenslange Freundschaft, Persönlichkeitswerte fördern, Geselligkeit: Das haben sich die Verbindungen auf die Fahnen geschrieben. Der 20-jährige Studienanfänger wurde offenbar Opfer der Hybris eines jungen Mannes in Anzug und mit Einstecktuch.

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Titel: Bild reloaded oder was? Mutmaßungen....