Mit einer Theater-Performence machte heute eine Theatergruppe im Rostocker Peter-Weiss-Haus auf Überwachung, Zensur und Geheimdienstkooperationen aufmerksam. Anlass war eine Lesung mit anschließender Podiumsdiskussion zum Thema „Edward Snowden“. Auf dem Podium saßen u.a. die InitiatorInnen des Rostocker Ehrendoktor-Spektakels Frau Prof. Dr. Mackenthun und Herr Prof. Dr. Wensierski. Auf Flugblättern kritisierte das Theater-Kommando „Nebelkerze“ die Untätigkeit des Fakultätsrates der Philosophischen Fakultät angesichts von universitären Geheimdienstkooperationen und Überwachung von Studierenden. „Eine Philosophische Fakultät, die eine mutige Person wie Herrn Snowden ehren möchte, sollte auch selber „Snowden-Werte“ im Alltag vertreten. Davon ist leider nichts zu bemerken“ kritisiert , Willi Ensierski, einer der Beteiligten der Aktion.
Überwachungs-Theater
Den Beginn der Lesung begleitete die Gruppe in weisen Anzügen mit weisen Theatermasken als „antropromorphe Personalisierung“ der Überwachung. Mit überdimensionierten Ohren und Augen ausgestattet bespitzelten die als Überwachung in Person gestylten TeilnehmerInnen das Publikum. Außerdem überreichten die Verkleideten den beiden Profs die „Überwachungs-Nebelkerze 2014“ und verteilten entsprechende Ehrenurkunden. Auf diesem erklärte die Theatergruppe auch ihr Anliegen.
Nebelkerze als Preis
Die zweifelhafte Ehrung begründet die Theatergruppe mit dem Wegsehen des Fakultätsrates bei örtlichen Problemen. „Mit dem von ihnen inszenierten PR-Gag gelingt es den beiden von UNS als Überwachungs-NebelwerferInnen 2014 geehrten universitären Eliten, völlig davon abzulenken, dass die Uni Rostock an den Überwachungsplänen deutscher Geheimdienste beteiligt ist“. Auch über die Überwachung von StudentInnen durch Geheimdienste werde dank des Engagements der Geehrten nicht gesprochen. Ebenfalls werde von den Geehrten die alltägliche Überwachung, Zensur und Geheimdienstkooperation, mit der sich Studierende in Rostock auseinander setzen müssen, geschickt ignoriert. „Angesichts des beeindruckenden diskursiven Spektakels bei gleichzeitiger völliger Untätigkeit im eigenen Wirkungsbereich sind WIR schwer beeindruckt von den Fähigkeiten des Fakultätsrates, bei gleichzeitigen öffentlichen gegenteiligen Beteuerungen von der alltäglichen Überwachung geräuschlos abzulenken und stattdessen mit PR-Gags mediale Nebelkerzen zu werfen“.
Überwachungskooperation mit dem BND
In ihrem Schreiben weist die Gruppe u.a. auf die universitäre Ausgründung GRAWIS hin. Dieses Institut entwickelt Software, die vom Bundesnachrichtendienst und dem deutschen Militär zur Internet-Überwachung eingesetzt wird. Auch die geheimdienstliche Überwachung kritischer Studierender, der auf Verbindungen von Dozenten ins rechte Milleu hinweisen, thematisiert die Gruppe. „Und anstatt sich öffentlich gegen Geheimdienst in der Uni auszusprechen, fordern die Mitglieder des Fak-Rates die Gruppe auf, ihre Namen bekannt zu geben“ sagt Willi Ensierski.
Verbote kritischer Veranstaltungen
Darüber hinaus gehören Verbote von Veranstaltungen, die das Handeln von Dozierenden kritisieren, in Rostock zum Alltag. So habe das Rektorat seit 2009 mehrere Veranstaltungen der Grünen Hochschulgruppe und der Deutsch-Israelischen Hochschulgruppe sabotiert, ohne dass die „Anti-ÜberwachungskämpferInnen“ vom Philo-Fakultätsrat sich daran gestört hätten. Darüber hinaus gäbe es eine Vielzahl von Skandalen bei den Themen Videoüberwachung, Verheimlichung von Rüstungsforschung, rechtswidrige Erschwerung von Akteneinsicht und Komplettüberwachung des universitären Internets, zu denen sich Mitglieder des Rates für „nicht zuständig“. So lief aus heute in der Veranstaltung: „Herr Wensierski und Frau Mackenthun haben sich die Nebelkerze redlich verdient!“
Niemand beißt die Hand, die ihn füttert
Willi Ensierki kommentiert: „Auf der einen Seite geben Frau Mackenthun und Herr Wensierski vor, mit der Debatte um die Ehrendoktorwürde für Snowden etwas „gegen Überwachung“ tun zu wollen. Auf der anderen Seite verschließen beide konsequent die Augen zu den Vorgängen vor ihrer eigenen Bürotür“. Dieses Verhalten sei leider typisch für die liberale demokratische Funktionselite der Republik. Mit emanzipatorischen Antagonismen werde sich höchstens solidarisch erklärt, wenn sie möglichst weit weg seien, und möglichst keine praktische Relevanz für den eigenen Alltag hätten. „Nur so kann die wissenschaftlich-demokratische Elite ihrer Aufgabe gerecht werden, die bestehenden Herrschaftsverhältnisse auch diskursiv zu stabilisieren. Denn niemand beißt die Hand, die ihn füttert...“ analysiert Willi Ensierski.
Mehr Infos zur Kooperation der Uni Rostock mit dem BND: http://www.taz.de/Uni-Rostock-und-Spaehsoftware/!144255/
Mehr Infos zum Verfassungsschutz an der Uni Rostock: http://www.ostsee-zeitung.de/Region-Rostock/Rostock/Verfassungsschutz-St...
Mehr Infos zu Zensur und Überwachung an der Uni Rostock: http://kritischeunihro.blogsport.de/2014/ 01/19/ehrendoktor-fuer-edward-snowden-zensur-und-ueberwachung-an-der-uni-rostock/
Kreativität
Endlich mal kreative,ernsthaftige Aktion zu solch einem Thema....Weiter so.Respekt!
Kritik an der Kritik
Liebes Theater-Kommando,
Zuspruch für die gute Aktion und die Recherche zum Themenkomplex. Macht weiter so!
Kritik gibt es allerdings auch.
Interessant wäre es zu wissen, wie die Gäste und PodiumsteilnehmerInnen auf der Bühne damit umgegangen sind?!
Wie weit konnte eure Aktion parallel oder im Nachgang an der Universität verbreitet und somit bekannt gemacht werden?
Last but not least: Warum weißt der hier verfasste Indymediartikel von euch so viele Fehler und Holprigkeiten auf? Das zieht die Lesequalität stark nach unten.
Eins noch: Auf der einen Seite benutzt ihr höheres Vokabular wie "Antagonismus" und gleitet auf der anderen Seite in studentische Umgangssprache ab (Fak-Rat, Profs). Vom Schreibstil her, leider in seiner Gesamtheit nicht sonderlich prickelnd.