Nachbericht zum Prozess gegen einen Antifaschisten in Göppingen

fahrer links im bild

Am 6. Ok­to­ber 2012 wurde in Göp­pin­gen wäh­rend des Na­zi­auf­marschs ein Ge­gen­de­mons­trant von einem Zi­vil­po­li­zis­ten ge­zielt mit dem Auto an­ge­fah­ren. In der Fried­rich­stra­ße hielt sich eine Grup­pe von meh­re­ren Zi­vil­be­am­ten bei ihren Fahr­zeu­gen auf, um Ge­gen­de­mons­tran­ten zu be­ob­ach­ten und ab­zu­fil­men. Un­ge­ach­tet der Tat­sa­che, dass sich meh­re­re De­mons­tran­ten auf der Fahr­bahn auf­hiel­ten, fuhr einer der Po­li­zis­ten plötz­lich zu­nächst in Schritt­ge­schwin­dig­keit an, wobei er einem De­mons­tran­ten, der mit dem Rü­cken zum Fahr­zeug stand, von hin­ten in die Beine fuhr.

 

Die­ser tau­mel­te nach vorne, wor­auf der Fah­rer plötz­lich Voll­gas gab, den De­mons­tran­ten auf die Mo­tor­hau­be nahm und mit ihm ca. 50m in Schlan­gen­li­ni­en die Stra­ße run­ter raste, um an der Kreu­zung Markt­stra­ße schließ­lich zum Hal­ten zu kom­men. Nur durch enor­mes Glück ge­lang es dem De­mons­tran­ten hier­bei, nicht in vol­ler Fahrt von der Mo­tor­hau­be auf die Stra­ße oder unter das Auto ge­schleu­dert zu wer­den. Hier­bei nahm der Zi­vil­be­am­te bil­li­gend schwe­re Ver­let­zun­gen des An­ge­fah­re­nen oder sogar des­sen Tod in Kauf.

 

Das Un­fall­op­fer, das wie durch ein Wun­der nur mit leich­ten Knie­ver­let­zun­gen und einem Schock davon kam, war dar­auf­hin einer Re­pres­si­on in Per­fek­ti­on sei­tens der Staats­macht aus­ge­setzt. Gegen den Ge­schä­dig­ten wurde ein Er­mitt­lungs­ver­fah­ren wegen Nö­ti­gung und Sach­be­schä­di­gung ein­ge­lei­tet. Durch den Tat­vor­wurf der Nö­ti­gung und Sach­be­schä­di­gung ver­such­te die Po­li­zei das Opfer in die Tä­ter-​Rol­le zu drän­gen und den Ge­schä­dig­ten ge­zielt ein­zu­schüch­tern.

 

Die Kri­mi­na­li­sie­rung von Op­fern po­li­zei­li­cher Ge­walt und die be­wuss­te Ver­dre­hung von Sach­ver­hal­ten ge­hört schon seit lan­gem zur ju­ris­ti­schen Tak­tik der Po­li­zei. Durch die Kon­fron­ta­ti­on des Op­fers mit die­sen völ­lig halt­lo­sen Tat­vor­wür­fen wurde auch in die­sem Fall ver­sucht, den fälsch­li­cher­wei­se Be­schul­dig­ten in die De­fen­si­ve zu drän­gen, ge­treu dem Motto ‚An­griff ist die beste Ver­tei­di­gung‘. Dies war ein tak­ti­sches Ma­nö­ver der Po­li­zei, um von Ihrem kras­sen Fehl­tritt ab­zu­len­ken und eine kom­plett kon­stru­ier­te An­kla­ge zu er­he­ben.

 

Der straf­recht­li­che Pro­zess

 

Im straf­recht­li­chen Pro­zess am 25.​03.​2014 im Amts­ge­richt Göp­pin­gen wurde das Ver­fah­ren gegen Zah­lung einer Geld­stra­fe in Höhe von 300€ gegen den An­ge­klag­ten ein­ge­stellt. Be­zeich­nend war, dass die Zeu­gen, die gegen das Opfer aus­sag­ten, logen, dass sich die Bal­ken bogen und sich da­durch in Wi­der­sprü­che ver­wi­ckel­ten.


Bei dem Pro­zess wur­den acht Zeu­gen ge­hört, die sehr un­ter­schied­li­che Wahr­neh­mun­gen wie­der­ga­ben. Unter ihnen war der Füh­rer des Zi­vil­fahr­zeugs der Po­li­zei und sein Kol­le­ge aus Ess­lin­gen. Die Wahr­neh­mun­gen der bei­den Po­li­zis­ten war je­doch sehr un­ter­schied­lich. Der eine sprach von einer sehr gro­ßen Be­dro­hung, der an­de­re emp­fand die Lage als gar nicht be­droh­lich. Eine Zeu­gin aus Bad Boll er­klär­te, der Wa­gen­len­ker habe ge­fähr­lich und bru­tal ge­han­delt. Sie wuss­te zu­nächst nicht, dass der Fah­rer des Autos ein Po­li­zist war.

 

Es gab wei­te­re Zeu­gen­aus­sa­gen, denen zu­fol­ge der An­ge­klag­te auf das Auto sprang und lä­chelnd auf der Mo­tor­hau­be vor den an­de­ren Pas­san­ten po­siert. Das Ver­fah­ren glich wahr­lich einer dif­fu­sen Ver­an­stal­tung.

 

Als der Rich­ter durch­bli­cken ließ, dass er dem ,,sich be­droht füh­len­den und in Panik ge­ra­te­nen“ Po­li­zei­haupt­kom­mis­sar glau­ben werde, ent­schloss sich der An­ti­fa­schist zum Schutz sei­ner ei­ge­nen Zeu­gen, einer Ein­stel­lung des Ver­fah­rens, auch unter Auf­la­ge, zu­zu­stim­men.

 

Das Fazit des Pro­zes­ses war je­doch klar: Ein Po­li­zist, der ein Fahr­zeug als Waffe be­nutzt, vor­sätz­lich einen Pas­san­ten in Fahrt auf die Mo­tor­hau­be nimmt, und durch ab­rup­tes Brem­sen ver­letzt, geht straf­frei aus. Je­doch soll der Pas­sant als An­ge­klag­ter dafür büßen.

 

Das Zi­vil­recht­li­che Ver­fah­ren steht hin­ge­gen noch aus, in wel­chem dem Opfer die Sach­be­schä­di­gung des zi­vi­len Po­li­zei­au­tos in Höhe von ca. 1200€ zur Last ge­legt wird.

 

An­ti­fa­schis­mus ist nicht bil­lig:
300€ Auf­la­ge
1000€ An­walts­kos­ten (Straf­pro­zess)
1200€ Scha­dens­er­satz
100€ An­walt (Vor­be­rei­tung Zi­vil­pro­zess)
5 Tage Ur­laub (Zeu­gen in Be­reit­schaft)

 

→ Po­li­zei­ge­walt kann jeden tref­fen!
→ Wir dür­fen uns durch sol­che An­grif­fe der Jus­tiz nicht ein­schüch­tern las­sen, son­dern müs­sen so­li­da­risch zu­sam­men ste­hen und wei­ter­hin aktiv gegen Nazis vor­ge­hen.
→ Gegen Po­li­zei­ge­walt!
→ Gegen die Kri­mi­na­li­sie­rung von An­ti­fa­schis­mus!
→ An­ti­fa­schis­mus ist und bleibt le­gi­tim!

 

Quelle: http://aasha.blogsport.de/2014/08/18/nachbericht-prozess-goeppingen/

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noch ein artikel zum vorfall

https://linksunten.indymedia.org/node/68593

 

der täter steht links im bild

https://linksunten.indymedia.org/en/node/68594

Hat der Bulle auch einen Namen? Weil wenn er einen Namen hat, hat er auch eine Adresse :)

"Als der Rich­ter durch­bli­cken ließ, dass er dem ,,sich be­droht füh­len­den und in Panik ge­ra­te­nen“ Po­li­zei­haupt­kom­mis­sar glau­ben werde, ent­schloss sich der An­ti­fa­schist zum Schutz sei­ner ei­ge­nen Zeu­gen,einer Ein­stel­lung des Ver­fah­rens, auch unter Auf­la­ge, zu­zu­stim­men."

- Wie soll das etwas mit dem Schutz der eigenen Zeugen zu tun haben? Geht es um welche, die schon vernommen wurden oder darum, dass nicht noch weitere Personen vernommen werden. Bei ersterem Fall: Warum sollte es für die Verfolgung einer "Falschaussage" einen Unterschied machen, ob das Verfahren eingestellt wird oder nicht?

 

(Ich will nicht, dass ihr euch für die Annahme der Einstellung rechtfertigt, ich würde die rechtlichen Überlegungen gerne verstehen)

 

Solidarische Grüße

-

kurz gesagt: den zeugen, die den vorfall bestätigen könnten, wurde durch die einwilligung zur einstellung eine aussage im zeugenstand erspart.  wenn du vor gericht als zeuge aussagst, das endgültige urteil aber deiner aussage widerspricht, läufst du immer gefahr dass gegen dich im anschluss ein verfahren wegen falschaussage angestrengt wird.